Predigt: Römer 15,1-13 – Lektion 1 zum Neuen Jahr 2023

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Einmütig mit einem Munde Gott loben

„Der Gott aber der Geduld und des Trostes gebe euch, dass ihr einträchtig gesinnt seid untereinander, Christus Jesus gemäß, damit ihr einmütig mit einem Munde Gott lobt, den Vater unseres Herrn Jesus Christus.“

(Römer 15,5.6)

Ich wünsche euch ein frohes neues Jahr! Viele Menschen beginnen das neue Jahr mit guten Vorsätzen, was sie darin besser machen wollen. Aber viele geben schon nach wenigen Tagen oder Wochen ihre guten Vorsätze wieder auf, weil sie es nicht schaffen, sie umzusetzen, sondern bald wieder nach ihren alten Gewohnheiten leben. Das ist wohl so verbreitet, dass neulich eine Psychologin einen Artikel mit dem Titel „Warum sie zum neuen Jahr keine guten Vorsätze fassen sollten“ veröffentlicht hat. Aber gar keine Vorsätze zu fassen, ist auch keine Lösung, weil wir ohne Entscheidungen kaum echte Verbesserungen erreichen können. Deshalb ist es gut, dass wir uns am Jahresanfang vor Gott prüfen und seine Orientierung suchen und dafür beten, dass er uns hilft, im neuen Jahr echte geistliche Fortschritte zu machen. Mit welcher Orientierung wollen wir als Gemeinde ins neue Jahr gehen? Als ich im Römerbrief Kapitel 15 die Verse 5 und 6 las und darüber betete, fand ich, dass diese Verse, die Pastor R. W. als Leitverse für unsere Gemeinde weltweit gefunden hat, auch für uns passend sind. In diesem Text geht es darum, wie wir in der Gemeinde wirklich eines Sinnes sein und Gott mit einem Mund loben und verherrlichen können. In der Gemeinde in Rom waren Menschen aus verschiedensten Ländern zusammen. Insbesondere gab es gläubig gewordene Juden, die an den jüdischen Traditionen festhielten, und Heiden, die das Evangelium anders aufnahmen. Wegen des unterschiedlichen kulturellen und religiösen Hintergrunds und der verschiedenen geistlichen Reife waren die Gläubigen in Rom in etlichen Dingen nicht eines Sinnes. Paulus betrachtete es als ein echtes Problem, dass es ihnen an Einmut mangelte.

Auch heute gibt es Themen, in denen Christen verschiedener Ansicht sind und die Gemeinde uneins werden lassen. Oft sind es Themen, die manchen persönlich Schwierigkeiten bereiten. Wenn wir nicht richtig damit umgehen, können Einzelne straucheln und das Gemeindewachstum wird gehindert. Lasst uns heute lernen, wie wir in der Gemeinde trotz unserer Verschiedenheit eines Sinnes sein können, sodass wir Gott mit einem Mund loben und verherrlichen können!

Wie beginnt Paulus dieses Kapitel? Der Vers 1 sagt: „Wir aber, die wir stark sind, sollen die Schwächen derer tragen, die nicht stark sind, und nicht Gefallen an uns selber haben“ (1). Hier spricht Paulus diejenigen an, die stark sind. Dabei geht es nicht um charakterliche Festigkeit oder um Willensstärke, sondern um Stärke im Glauben. Diejenigen in der Gemeinde, die im Glauben stark sind, sollen die tragen, die nicht stark sind. Was damit gemeint ist, können wir besser verstehen, wenn wir einen Blick in das vorangehende Kapitel werfen, in dem Paulus bereits darauf eingeht. Dort heißt es: „Den Schwachen im Glauben nehmt an und streitet nicht über Meinungen. Der eine glaubt, er dürfe alles essen. Der Schwache aber isst kein Fleisch“ (14,1.2). Damals aßen manche Gläubige kein Fleisch, weil das Fleisch, das man auf dem Markt kaufen konnte, oft von Tieren stammte, die zuvor Götzen geopfert wurden. Paulus war sich sicher, dass an sich nichts unrein ist; nur für den, der es für unrein hält, für den ist es unrein (14,14). In seinem 1. Brief an die Christen in Korinth, wo es das gleiche Problem gab, macht Paulus deutlich, dass es eigentlich vor Gott kein Problem ist, Fleisch zu essen, das vorher anderen Göttern geopfert wurde, weil es in Wirklichkeit keine anderen Götter gibt, sondern nur den einen wahren Gott (1. Kor 8,1-8). Aber nicht alle Christen konnten das durch den Glauben so sehen. Manche konnten es mit ihrem Gewissen nicht vereinbaren, solches Fleisch zu essen, weil sie es für sie irgendwie mit Götzenopfer verbunden war. Sie waren in der Gefahr, die andern, die Fleisch aßen, zu verurteilen. Und die im Glauben Starken waren versucht, die zu verachten, die es wegen ihres schwachen Glaubens nicht aßen. Aber stattdessen sollten sie die Schwachen im Glauben annehmen und nicht mit ihnen über solche Themen streiten.

Der Vers 1 in unserem Text sagt noch etwas mehr, nämlich dass wir die im Glauben Schwachen „tragen“ sollen. Die Schwachen zu tragen, bedeutet, sie weiter als Brüder und Schwestern in Jesus mit Liebe und Respekt zu behandeln und sie zu verstehen. Sie sollten Geduld mit ihnen haben und ihnen die Zeit lassen, um selbst zu größerer Einsicht zu kommen. Sie brauchen diesen Raum der liebevollen Annahme und brauchen Zeit, um geistlich wachsen und zu können. Inzwischen sollten sie darauf achten, dass sie sie nicht dazu verleiten, gegen ihr Gewissen etwas zu tun und dadurch in geistliche Schwierigkeiten zu geraten. Sie zu tragen, bedeutet aber nicht nur passiv zu warten, sondern dabei treu für sie zu beten und ihnen mit Liebe und Respekt mit dem Wort zu helfen, im Glauben zu wachsen, soweit sie dazu bereit sind.

Auch heute gibt es in vielen Gemeinden unterschiedliche Überzeugungen bei bestimmten Themen, zum Beispiel über die Form des Gottesdienstes, die Frage, wer predigen darf, welche Musik gesungen werden soll, die Kleidung, die Haartracht und die Kopfbedeckung der Frauen, ob und wie bestimmte Feiertage gefeiert werden, ob Christen alles essen dürfen, und viele andere Fragen des Gemeindelebens und des persönlichen Lebens als Christen. Auch bei uns gab einige solche Fragen, manche sind noch nicht ganz geklärt. Es geht dabei nicht um essenzielle Lehren der Bibel, die für das Heil der Menschen entscheidend sind. Trotzdem sollten wir sie nicht einfach ignorieren. Manche Ansichten haben eine tiefe Wurzel in der Kultur oder in der persönlichen Prägung und sind daher für die Betreffenden wichtig. Es ist wichtig, dass wir diejenigen, die mit bestimmten Dingen Probleme haben, nicht allein lassen, sondern uns um sie kümmern, sie gut verstehen und ihnen helfen. Es ist wichtig, dass wir mit problematischen Themen gut umgehen, damit das Wachstum der Gemeinde nicht gehindert wird.

Der Vers 2 sagt: „Ein jeder lebe so, dass er seinem Nächsten gefalle zum Guten und zur Erbauung.“ Es entspricht unserer natürlichen Neigung, so zu leben, wie wir es wollen bzw. wie wir es selbst vor Gott für richtig halten. Als Christen sollen wir aber die Freiheit, die wir in Jesus erkannt haben, nicht einfach ausleben, sondern Rücksicht auf die nehmen, die im Glauben nicht so weit sind. Wir sollen darauf achten, dass wir sie nicht dazu verleiten, gegen ihr Gewissen zu handeln. Wir sollen in allen Bereichen unseres Lebens so leben, dass unsere Brüder und Schwestern dadurch erbaut werden. Wenn jeder so lebt, werden alle im Glauben ermutigt und gestärkt, und die Gemeinde kann sich gut entwickeln.

Aber wie können wir dauerhaft so leben und die Schwachen in der Gemeinde tragen? Betrachten wir Verse 3 und 4: „Denn auch Christus hatte nicht an sich selbst Gefallen, sondern wie geschrieben steht: Die Schmähungen derer, die dich schmähen, sind auf mich gefallen. Denn was zuvor geschrieben ist, das ist uns zur Lehre geschrieben, damit wir durch Geduld und den Trost der Schrift Hoffnung haben.“ In diesen Versen verweist uns Paulus auf Jesus, weil wir es nur im Blick auf Jesus tun können. Jesus ist der König der Könige. Er hatte die Freiheit, auf der Erde zu leben, wie er wollte. Aber Jesus lebte sein ganzes Leben so, wie es für die anderen Menschen gut war. Er gebrauchte seine Freiheit, um sich besonders um die schwachen Menschen zu kümmern, und diente denen, die krank oder wegen ihrer Sünde hilflos und verachtet waren. Für seine Liebe zu den Schwachen wurde er von den Menschen verachtet und geschmäht. Schließlich starb er am Kreuz für ihre Sünden und die Sünden der ganzen Welt, und wurde für seine völlige Hingabe noch verhöhnt. Aber gerade dadurch brachte Jesus uns das Heil und allen, die an ihn glauben.

Viele Worte in der Schrift erinnern uns an Jesu Liebe und Hingabe für die Schwachen, damit wir dadurch getröstet werden, wenn es uns schwerfällt, die Schwäche anderer zu tragen. Niemand kann die Schwächen seiner Bibelschüler und Glaubensgeschwister aus eigener Kraft tragen, ohne irgendwann müde und erschöpft zu werden. Aber wenn wir täglich auf Gottes Worte hören, die uns an Jesu Liebe und Hingabe für uns Sünder erinnern, tröstet Gott uns immer neu und schenkt uns die Geduld, die wir brauchen, um sie weiter zu tragen, bis sie schließlich durch Gottes Wirken verändert werden.

Was will Gott dadurch bewirken? Betrachten wir die Verse 5 und 6: „Der Gott aber der Geduld und des Trostes gebe euch, dass ihr einträchtig gesinnt seid untereinander, wie es Christus Jesus entspricht, damit ihr einmütig mit einem Munde Gott lobt, den Vater unseres Herrn Jesus Christus.“ Paulus betet zu dem Gott der Geduld und des Trostes, der ihnen zum Tragen der Schwachen alle nötige Geduld und Trost schenken kann. Er betete, dass sie untereinander einträchtig gesinnt sein mögen, wie es Jesus Christus entspricht; das heißt dass sie einander so annehmen und tragen, wie Jesus sie angenommen hat, sodass einträchtig werden und Gott mit einem Mund loben können. Die NIV-Übersetzung ist hier vielleicht noch etwas leichter verständlich: „May the God who gives endurance and encouragement give you the same attitude of mind towards each other that Christ Jesus had, so that with one mind and one voice you may glorify the God and Father of our Lord Jesus Christ.“

Was sagt das über Gottes Willen für uns? Gott will, dass wir untereinander einträchtig sind, und zwar mit einer Gesinnung, die Jesus Christus entspricht, sodass wir Gott einmütig mit einer Stimme loben. Anders gesagt will Gott, dass wir einmütig werden, indem wir jeder die Gesinnung Jesu lernen und einander demütig annehmen, wie er uns angenommen hat. Wenn wir das tun, können wir einander verstehen und kommen in die Lage, Gottes Willen wirklich zu erkennen und darin eines Sinnes zu werden. Hier erkennen wir, wie sehr Gottes Werk, uns von der Sünde zu retten und ihm ähnlich zu machen, nicht nur eine individuelle Komponente hat, sondern auch durch die Einmütigkeit in der Gemeinde zum Ausdruck kommen soll. Gott will, dass wir mit den Glaubensgeschwistern eins werden, indem wir einander mit der Gesinnung Jesu begegnen, bis wir alle einträchtig werden und Gott mit einem Mund loben können. Das verherrlicht Gott! So eine herzliche Einmütigkeit gibt es nirgends in der Welt, weder in der Firma noch im Verein oder Freundeskreis, sogar nicht einmal in der eigenen Verwandtschaft. Sie ist eine Frucht von Gottes Erlösungswerk, die wir tragen sollen. Wenn wir als Gemeinde eines Sinnes sind und Gott mit einer Stimme loben, wird Gott wirklich geehrt. Darum heißt es in Vers 7: „Darum nehmt einander an, wie Christus euch angenommen hat zu Gottes Ehre“ (7). Der Weg dazu, eines Sinnes zu werden, ist nicht, dass wir miteinander streiten, wer recht hat, sondern dass wir jeder den anderen mit Jesu Gesinnung demütig annehmen und tragen, bis wir selbst und die anderen fähig werden, Gottes Willen klar zu verstehen und anzunehmen. Dann können wir Gott mit einer Stimme loben. Das gilt auch für die Frage, was Gottes Wille bezüglich seiner Mission für die Gemeinde ist. Wenn wir einander mit Jesu Gesinnung annehmen, werden wir sicher auch darin Einmütigkeit erlangen. Lasst uns im neuen Jahr ernsthaft dafür beten, dass wir die Gesinnung Jesu lernen und aneinander praktizieren können, sodass wir eines Sinnes werden und Gott einmütig loben und verherrlichen können!

Wie half Paulus der Gemeinde in Rom weiter, in dieser Hinsicht Fortschritte zu machen? Betrachten wir die Verse 8 und 9: „Denn ich sage: Christus ist ein Diener der Beschneidung geworden um der Wahrhaftigkeit Gottes willen, um die Verheißungen zu bestätigen, die den Vätern gegeben sind; die Heiden aber sollen Gott die Ehre geben um der Barmherzigkeit willen, wie geschrieben steht: Darum will ich dich loben unter den Heiden und deinem Namen singen.“ Die Gemeinde in Rom bestand wie erwähnt aus Christen, die ursprünglich Juden waren, und solchen, die Heiden waren. Damals konnte man sich eigentlich keine größere Verschiedenheit und keine größere Kluft zwischen Menschen vorstellen als die zwischen Juden und Heiden. Wie konnten sie in der Gemeinde eines Sinnes werden? Besonders den Judenchristen fiel es schwer, mit den Heidenchristen eins zu werden, weil sie von der jüdischen Vorstellung, dass nur sie von Gott geliebt und die Heiden von Gott verworfen wären, tief geprägt waren. Außerdem neigten sie wohl dazu, ihr Verständnis in geistlichen Fragen grundsätzlich für richtiger zu halten, weil sie ja das Alte Testament kannten, von dem die meisten Heiden erst einmal keine Ahnung hatten. Paulus erinnert deshalb durch verschiedene Zitate aus dem Alten Testament daran, dass Christus zwar als Diener des Volkes Israel gekommen war, wie er es den Glaubensvätern verheißen hatte (1. Mose 12,3; 22,8); dass er aber auch schon lange geplant hatte, aus seiner Barmherzigkeit auch die Heiden zu retten.

Darum fuhr Paulus fort, diesen Willen Gottes durch Zitate aus dem Alten Testament zu belegen: „Und wiederum: Lobet den Herrn, alle Heiden, und preisen sollen ihn alle Völker! Und wiederum spricht Jesaja: Es wird kommen der Spross aus der Wurzel Isais, und der wird aufstehen, zu herrschen über die Völker; auf den werden die Völker hoffen“ (11.12). Alle diese Worte der Schrift sollten ihnen helfen, Gottes Willen, auch die Heiden zu retten, tief anzuerkennen und die Heidenchristen vollständig anzuerkennen und mit ihnen eins zu werden. Gleichzeitig sollten die Heidenchristen erkennen, was für eine Gnade Gottes es war, dass sie durch Jesus zu Gott gehören durften, und sollten ihrerseits auch bereit sein, mit den Judenchristen eines Sinnes zu sein.

Paulus war darin guter Zuversicht und lenkte ihren Blick auf den Gott: „Der Gott der Hoffnung aber erfülle euch mit aller Freude und Frieden im Glauben, dass ihr immer reicher werdet an Hoffnung durch die Kraft des Heiligen Geistes“ (13). Gott ist der Gott der Hoffnung, der uns Hoffnung schenkt, unabhängig davon, wie unsere aktuelle geistliche Lage auch sein mag. Gott erfüllt uns zunehmend mit Freude und Frieden im Glauben und macht uns durch die Kraft des Heiligen Geistes an Hoffnung reicher, was uns wiederum dabei hilft, die Glaubensgeschwister anzunehmen und mit ihnen eins zu sein. Möge Gott uns einen neuen Wunsch geben, Gott im neuen Jahr als Gemeinde Gott zu verherrlichen, indem wir die Gesinnung Jesu lernen und einander annehmen, bis wir einmütig sind und Gott mit einer Stimme loben können! Dadurch wird Gott verherrlicht und unsere Gemeinde zu einem Ort, an dem alle herzlich willkommen wissen und dem lebendigen Gott begegnen können!

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