Predigt: Römer 8,12-17 — Sonderlektion zu Pfingsten 2023

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Kinder Gottes

„Der Geist selber bezeugt unserem Geist, dass wir Kinder Gottes sind.“

(Römerbrief 8,16)

Kurze Frage zu Beginn: Ist das christliche Leben einfach oder schwer? Was würdet ihr sagen?
In Römer 8 zeigt uns Paulus, dass es zwei grundsätzlich unterschiedliche Art und Weisen gibt, sein Leben zu führen. Und in unserem Text gebraucht Paulus zwei unterschiedliche Personengruppen, um das zu illustrieren: Sklaven und Kinder. Drei Dinge können wir dann mitnehmen: erstens, wie es ist, als Sklaven zu leben; zweitens, wie es ist als Kinder zu leben; drittens, wie der Heilige Geist uns hilft, Kinder Gottes zu sein.

1. Sklaven
Mindestens zwei Dinge lernen wir hier über das Leben als Sklaven. In Vers 12 lesen wir: „Liebe Brüder, ihr seid also nicht mehr dazu gezwungen, euch von den Wünschen eurer menschlichen Natur beherrschen zu lassen.“ Das ist die Übersetzung nach der „Neues Leben“ Version. Die Einheitsübersetzung spricht davon, dass wir nicht verpflichtet sind, nach dem Fleisch zu leben. Die Luther übersetzt das sehr gut: „So sind wir nun, liebe Brüder und Schwestern [das ist geschlechtergerechte Sprache, die hier sehr sinnvoll ist], nicht dem Fleisch schuldig, dass wir nach dem Fleisch leben.“ Luther übersetzt den Zwang hier mit „Schuld“. Und das trifft es vermutlich am besten. Sklaven haben eine Schuld im Sinne von: sie schulden etwas.
In der Antike gab es verschiedene Umstände, durch die man versklavt werden konnte. Nach einem Krieg zum Beispiel wurden die Überlebenden häufig versklavt. Aber, und das ist der Punkt hier, die Sklaverei hatte sehr häufig direkt etwas mit Verschuldung zu tun. Freie Menschen, die mit ihren Verpflichtungen so stark im Rückstand waren, dass sie nicht mehr in der Lage waren, ihre Schulden zu begleichen, hatten sich und/oder ihre Familienmitglieder in die Sklaverei verkauft. Zu einem gewissen Grad funktionierte dieses Prinzip auch umgekehrt. Vielen Sklaven war es später möglich, sich durch ihre Arbeit irgendwann freizukaufen. Schulden zu haben war sprichwörtlich Unfreiheit.
Paulus spricht hier von einer Schuld, die wir hatten: Die Schuld, sich von den Wünschen unserer sündigen Natur beherrschen zu lassen. In dem Oscar-prämierten Marvel Film „Black Panther“ gibt es einen Bösewicht, der Killmonger genannt wird. Wie es sich für einen Superheldenfilm gehört, wird Killmonger am Ende besiegt. N’Challa schafft es seine undurchdringliche Rüstung zu überwinden und ihn zu erstechen. Während Killmonger im Sterben liegt, bietet der noble König N’Challa seinem Feind an: „Du weißt, dass wir dich vermutlich immer noch heilen können.“ Killmonger fragt: „Wozu? Nur um mich dann einzusperren? Nein. Begrabe mich einfach im Ozean, in das meine Vorfahren von den Schiffen gesprungen sind, weil sie wussten, dass der Tod besser ist, als Gefangenschaft.“ So stirbt er dann.
Das ist das Verständnis von Freiheit heutzutage: frei zu sein von negativen, restriktiven Faktoren, um das zu tun und das zu lassen, was man will. Zum Beispiel Freiheit von kulturellen und gesellschaftlichen Zwängen, was immer sie sein mögen; Freiheit von bestimmten Moralvorstellungen; Freiheit von den Erwartungen anderer Menschen. Angenommen wir hätten das alles nicht mehr, ist das dann wirklich Freiheit? Um noch einmal kurz auf den Film zurückzukommen: Bevor er starb, war Killmonger ein freier Mensch gewesen. Er hatte den amtierenden König geschlagen, er saß auf dem Thron, er hatte eine große Armee, er hatte Macht und Einfluss. Auf der anderen Seite war er innerlich zerfressen von seiner eigenen Finsternis. Er war rachsüchtig, brutal und skrupellos. Er war ein Gefangener seiner eigenen Vergangenheit. Er war ein Charakter, der eine Schuld hatte: Er war seiner sündigen Natur schuldig, danach zu handeln. Auf der einen Seite war er frei von Restriktionen, aber war nicht frei von sich selbst.
Das zweite Anzeichen von Sklaven ist Furcht. In Vers 15 schreibt Paulus: „Deshalb verhaltet euch nicht wie ängstliche Sklaven.“ Das Bild, das Paulus hier verwendet, war den Zuhörern nur zu vertraut: Sklaven hatten Angst und das mit gutem Grund. Die primäre Motivation für die Sklaven damals irgendetwas zu tun, musste tatsächlich Furcht gewesen sein. Abhängig davon wer ihr Herr war und wie ihr Herr war, konnten drakonische Strafe die Folge sein, wenn sie ihre Arbeiten nicht zur Zufriedenheit ihres Besitzers erledigten. Sie waren ihrem Herrn ausgeliefert.
Was bedeutet das alles dann für uns? Jeder von uns wird von etwas beherrscht. Die Frage ist nur, von wem oder von was wir beherrscht werden. Wir alle haben einen Herrn. Es gibt keine absolute Freiheit. Die Frage ist, welche Freiheit wir haben, und welchem Herrn wir dienen. Beides hängt unweigerlich zusammen.
Von wem wirst du regiert? Unsere Gefühlswelt ist ein ziemlich guter Indikator diesbezüglich. Wenn du daran zurückdenkst, wann du zum letzten Mal richtig wütend oder richtig frustriert warst, was war da der Anlass? Oder direkter noch: Wovor fürchtest du dich? Gibt es in deinem Leben Momente, in denen du von Furcht und Angst vor negativen Konsequenzen beherrscht wirst? Ich kann ein Beispiel aus meinem Leben erzählen. Letzte Woche war ich im Zug nach Darmstadt unterwegs. Weil ich etwas verschlafen hatte, musste ich einen späteren Zug nehmen. Kurz vor Darmstadt gab es dann eine Weichenstörung. Der Zug hielt an und stand still, und niemand konnte sagen, wann es weitergehen würde. Das wäre nicht weiter schlimm gewesen, wenn ich was arbeiten könnte. Aber ich hatte mein Laptop im Büro gelassen. Nix mit Arbeit. Das Einzige, was ich tun konnte, war in einem nichtfahrenden Zug festzusitzen und zu warten. Der Zug kam mit mehr als einer Stunde Verspätung in Darmstadt an.
Es war richtig frustrierend. Aber warum eigentlich? Weil ganz so schlimm war es ja eigentlich nicht. Die Erde hat sich immer noch weitergedreht. Es ist niemand ernsthaft zu Schaden gekommen. Warum war ich so frustriert? Warum habe ich mich so geärgert? Und hier sind ein paar typische Gedanken, die mir in einer solchen Situation durch den Kopf gehen: „Ich muss doch ein gutes Beispiel und Vorbild für mein Team sein; und wenn ich mit solcher Verspätung eintrudle, was sollen die anderen von mir denken? Bestimmt hat mein Chef mir eine E-Mail geschrieben und wartet gerade auf eine Antwort von mir, und er wundert sich, warum es mal wieder so lange dauert. Ich habe eigentlich so viel zu tun: Ich kann es mir nicht leisten, einfach eine Stunde lang stillzusitzen und nichts zu machen. Wie soll ich da meine Deadlines einhalten können?“ Wer von euch kann das nachvollziehen? Wer von euch hat ähnliche Sorgen? Das, was dahintersteht, ist Angst vor Konsequenzen, die ich nicht mag: „Was würden die anderen von mir denken? Was ist, wenn ich auf der Arbeit, nicht die Leistung bringen kann, die ich bringen muss? Komme ich dann auch auf das Abstellgleis? Werde ich bei der nächsten Umstrukturierung meine Stelle verlieren?“
Und alles das ist die Mentalität eines Sklaven in mir: regiert von der Arbeit, definiert durch meine eigene Leistung, abhängig von der Anerkennung anderer Menschen, unfrei von der sündigen Natur, die anstelle Gottes andere Prioritäten setzt. Und das ist ein elendes Leben.
Welche Schuld fühlst du? Und wovor hast du Angst?

2. Kinder
Der große Gegensatz dazu ist das, was Paulus in den Vers 14 und den folgenden beschreibt. Verse 14 und 15: „Denn alle, die vom Geist Gottes bestimmt werden, sind Kinder Gottes. Deshalb verhaltet euch nicht wie ängstliche Sklaven. Wir sind doch Kinder Gottes geworden und dürfen ihn ‚Abba, Vater‘ rufen.“ Und dann die Verse 16 und 17a: „Denn der Geist Gottes selbst bestätigt uns tief im Herzen, dass wir Gottes Kinder sind. Und als seine Kinder sind wir auch Miterben an seinem Reichtum – denn alles, was Gott seinem Sohn Christus gibt, gehört auch uns.“ Diese Verse sind wiederum so inhaltsreich, dass wir nicht alles entpacken können. Aber ein paar Gedanken dazu, die uns hoffentlich helfen werden.
Zum einen sollten wir hier verstehen, dass Paulus zwei verschiedene Wörter benutzt, die beide mit „Kinder“ übersetzt werden. In den Versen 14 und 15 wird das Wort hyios verwendet. In den Versen 16 und 17 hingegen wird das Wort teknon verwendet. Manche Übersetzer sind der Ansicht, dass diese Wörter praktisch gleichbedeutend sind. Aber tatsächlich gibt es hier Nuancen, die uns nicht entgehen sollten. Das Wort teknon bedeutet „Kind“ und kann auf beide Geschlechter angewendet werden, sowohl Mädchen als auch Jungs. Hyios hingegen bedeutet „Sohn“. D. h., es bezieht sich eigentlich auf einen männlichen Nachkommen. Die Elberfelder-Bibel übersetzt daher: „Denn so viele durch den Geist Gottes geleitet werden, die sind Söhne Gottes. Denn ihr habt nicht einen Geist der Knechtschaft empfangen, wieder zur Furcht, sondern einen Geist der Sohnschaft habt ihr empfangen.“
Unsere Gesellschaft legt ja sehr viel Wert auf eine genderneutrale Nutzung der Sprache. An dieser Stelle besteht dann aber die Gefahr, dass gewisse Aspekte unter den Tisch fallen, die wichtig sind. Warum verwendet Paulus mal das eine und dann das andere Wort? Und ich denke, dass wir die Antwort in Vers 15 finden: Wir haben den Geist der Sohnschaft empfangen. Wortwörtlich beschreibt das Wort „Sohnschaft“ einen Prozess des Sohnwerdens, oder um ein neues Wort zu erfinden die „Sohnifizierung“. Wir werden zu Söhnen Gottes. Warum ist das hier mit den Söhnen so wichtig? Der Grund ist, weil in der römischen Gesellschaft, der Status der Söhne so wichtig und so privilegiert war. Wenn ein reicher römischer Bürger keine leiblichen Nachkommen hatte, konnte er seinen Sohn adoptieren. Tim Keller schreibt in seinem wunderbaren Kommentar zum Römerbrief: „In dem Moment, in dem die Adoption stattfand, galten für den neuen Sohn sofort mehrere Dinge. Erstens waren seine alten Schulden und rechtlichen Verpflichtungen beglichen; zweitens bekam er einen neuen Namen und wurde auf der Stelle Erbe von allem, was der Vater besaß; drittens wurde sein neuer Vater ab sofort für alle seine Handlungen (z. B. seine Schulden, Verbrechen usw.) haftbar; aber viertens hatte der neue Sohn auch neue Verpflichtungen: seinen Vater zu ehren und ihm zu gefallen. All das steht hinter dem Text hier.
Sohnschaft bezog sich auf einen neuen rechtlichen Status. Und hier ist das, was Paulus dann sagt: Dieser neue Status der Sohnschaft wird allen Christen verliehen; nicht nur den Jungs und den Männern, sondern auch den Mädchen und den Frauen. Wenn wir den Heiligen Geist haben, sind wir alle Söhne Gottes. Das ist eine so wichtige Botschaft. D. h., liebe Frauen in der Gemeinde: Lasst euch nicht davon irritieren, dass euch die Bibel als Söhne Gottes bezeichnet; es hat einfach etwas mit einem rechtlichen Status zu tun. Liebe Männer in der Gemeinde: Unser Text handelt zwar nicht davon, aber lasst euch nicht davon stören, dass die Bibel euch „die Braut Christi“ nennt; es ist einfach eine unglaublich schöne Metapher.
Wie äußert sich die Tatsache, dass wir Kinder Gottes geworden sind? Vers 15b sagt: „Wir sind doch Kinder Gottes geworden und dürfen ihn ‚Abba, Vater‘ rufen.“ Das Wort ‚Abba‘ kommt aus dem Aramäischen. Und natürlich bedeutet es „Vater“. Aber wie wir uns denken können, bedeutet es noch etwas viel Intimeres und Vertrauteres. Es bedeutet „Papa“. Das Erstaunliche an dem Wort „Papa“ oder „Abba“ ist, dass die Laute für dieses Wort in so vielen verschiedenen Sprachen so ähnlich ist: auf Russisch ‚Papa‘, in Hindi ‚Abba‘, auf Mandarin oder Türkisch oder Griechisch ‚Baba‘, auf Koreanisch ‚Appa‘. Und das sind ja alles Sprachen die sonst nicht viel miteinander zu tun haben. Warum ist das so? Weil ‚Abba‘ nicht einfach ein Wort ist, sondern ein Brabbeln, das Babys von sich geben können, lange bevor sie anfangen, richtig zu sprechen.
G. und ich hatten bei unseren vier Jungs einen kleinen Wettstreit, im Bezug darauf, ob unsere Kinder zuerst ‚Mama‘ sagen oder ‚Papa‘. An dieser Stelle würde G. vielleicht sagen: „Schatz, es ist kein Wettbewerb. Zumindest kein Wettbewerb mit knappem Ausgang.“ Bei den ersten drei Jungs war es so was von eindeutig und so was von klar: ‚Mama‘ war der haushohe Gewinner. Das Wort ‚Papa‘ folgte mit sehr großem Abstand, wesentlich später. Da gab es nichts zu diskutieren. Etwas anders war es bei unserem jüngsten Kind E. Wie auf dem Beweis-Video eindeutig zu sehen und zu hören, hat E. noch vor seinem ersten Geburtstag „Abba“ zuerst gesagt. Bei aller Genugtuung, die ich über diese kleine ausgleichende Gerechtigkeit empfunden habe: Wenn man ein Baby, das noch nicht einmal ein Jahr alt ist, ‚Papa‘ sagen hört, das macht etwas mit einem. Es kann mich unmöglich kalt lassen. Natürlich fühlt man sich mit dem kleinen Wesen noch tiefer verbunden. Ein älterer Freund hat mir erzählt, dass seine Schwiegertochter angefangen hatte, ihn „Abba“ zu nennen. Er sagte, dass immer, wenn sie ihn „Abba“ nennt, sein Herz anfängt zu schmelzen. Sie kann alles haben, was sie will.
Und hier ist jetzt das absolut Erstaunliche und fast Unaussprechliche: Paulus sagt, dass wir mit dem Schöpfer von Himmel und Erde, mit dem Herrscher des Universums, mit dem ewigen und allmächtigen Gott dieselbe Vertrautheit und Intimität haben wie Kleinkinder zu ihrem Papa. Ein Kennzeichen von Kindern Gottes ist, dass wir uns an ihn wenden können, wie Kinder an ihren leiblichen Vater. Und wenn wir ihn „Abba, Vater“ rufen, dann macht es etwas mit dem Herzen Gottes. Er freut sich über uns, unendlich viel mehr als sich der beste Vater über sein goldigstes Baby freuen könnte. Sein Herz lässt sich durch unser Rufen anrühren. Er wendet sich uns zu.
Ein letzter Aspekt noch. Wir rufen Gott nicht nur als unseren Papa an. Vers 17 erwähnt noch etwas anderes: „Und als seine Kinder sind wir auch Miterben an seinem Reichtum – denn alles, was Gott seinem Sohn Christus gibt, gehört auch uns. Doch wenn wir an seiner Herrlichkeit teilhaben wollen, müssen wir auch seine Leiden mit ihm teilen.“ Es ist eigentlich wieder zu krass, als dass es sich in Worte fassen lässt. Wir sind Miterben Jesu Christi. Alles, was Jesus gehört, gehört auch uns.
Vor einigen Jahren war in der ‚Zeit‘ ein Artikel darüber, wie ungerecht unsere Gesellschaft ist. Der Autor berichtet davon, wie in seinem Bekanntenkreis sich jemand in Berlin einfach mal so eine Wohnung gekauft hatte. Was war so besonders daran? Die Anzahlung für die Wohnung war ein Batzen Geld, und die Familie war noch jung und hatte gerade angefangen zu arbeiten. Woher kam das Geld in so jungem Alter? Sie hatten es geerbt. Man könnte meinen: Wir gehen alle in die gleiche Grundschule, das gleiche Gymnasium, auf die gleiche Uni und haben daher die gleichen Chancen und die gleichen Möglichkeiten. Aber dem ist überhaupt nicht so. So vieles hängt davon ab, wer unsere Eltern sind und was sie uns vererben oder auch nicht vererben.
Und wisst ihr was? Selbst wenn wir Kinder von Elon Musk oder von Jeff Bezos wären, ist der ganze Reichtum, den sie uns vererben könnten, noch nicht einmal heiße Luft im Vergleich zu dem Erbe, das auf uns wartet in Jesus Christus. Alles, was Jesus gehört, wird auch uns mit gehören. Uns gehört die ganze Schöpfung, der neue Himmel und die neue Erde.
Aber gleichzeitig teilen wir seine Leiden und seine Schmerzen. Und das bringt uns zum letzten Punkt.

3. Wie wir als Kinder leben können
Zu Beginn habe ich die Frage gestellt, ob das christliche Leben schwer ist? Und die Antwort, die wir im Text finden, ist: Natürlich ist das christliche Leben schwer. Es ist unmöglich schwer. Vers 13 sagt: „Denn wenn ihr nach dem Fleisch lebt, müsst ihr sterben; wenn ihr aber durch den Geist die sündigen Taten des Leibes tötet, werdet ihr leben.“ (Einheits-Übersetzung). Vers 13 sagt, dass wir die sündigen Taten unseres Leibes töten müssen. Das klingt alles andere als angenehm. Es klingt nach einem anstrengenden Kampf. Vers 17 spricht von den Leiden Christi, die wir ebenfalls teilen müssen in diesem Leben. Die Frage natürlich ist, was ist die Alternative? Und ist ein Leben ohne Jesus so viel einfacher? Und vor allem, wenn das christliche Leben so unmöglich schwer ist, welche Hilfe bietet Gott uns an?
C.S. Lewis antwortete auf diese Frage in seinem Buch „Mere Christianity“: „Nun ist Buße überhaupt kein Spaß. Buße bedeutet, all den Selbstbetrug und den Eigenwillen zu verlernen, den wir uns über Tausende von Jahren antrainiert haben. Es bedeutet, einen Teil von sich selbst zu töten, eine Art von Tod zu erleiden.“ Lewis macht dann darauf aufmerksam, dass eigentlich nur vollkommene, perfekte Menschen in der Lage wären, überhaupt Buße zu tun und sich ganz der Herrschaft Gottes auszuliefern. Nur perfekte Menschen können Buße tun, aber sie sind diejenigen, die es nicht brauchen. Er fährt fort: „Dieselbe Schlechtigkeit, die Buße von uns erforderlich macht, macht uns auch unfähig, Buße zu tun. Können wir es tun, wenn Gott uns hilft? Ja, aber was meinen wir damit, wenn wir von Gott sprechen, der uns hilft? Wir meinen, dass Gott sozusagen ein Stück von sich selbst in uns hineinlegt. Er leiht uns ein wenig von seinem Verstand, und so denken wir; er legt ein wenig von seiner Liebe in uns, und so lieben wir einander.“
Um noch ein Bild von C.S. Lewis zu verwenden: Stellen wir uns ein Kindergartenkind vor, das gerne anfangen will zu schreiben. Es würde vermutlich nicht ausreichen, ihm einfach ein Bild von einem Buchstaben zu zeigen und dem Kind zu sagen: „Schreib es nach.“ Stattdessen nimmt ein Erwachsener die Hand des Kindes und führt es. Das Kind formt die Buchstaben, weil die Hand des Erwachsenen die Buchstaben für ihn und mit ihm formt. Das ist es, was der Heilige Geist in uns tut. Der Heilige Geist ist Gott selbst, der in uns wohnt. Er hilft uns das zu tun, was wir niemals könnten.
Vielleicht denkt ihr: „Ich wünschte, ich würde den Heiligen Geist mehr spüren; ich wünschte, er würde sich in meinem Leben stärker bemerkbar machen, um genau das zu tun, die sündigen Taten des Leibes zu töten; ich wünschte ich hätte mehr Gewissheit darüber, dass er in meinem Leben aktiv ist.“ Aber vielleicht hilft es uns, wenn wir den Sachverhalt folgendermaßen sehen: Jede Art von geistlicher Sehnsucht ist ein Werk des Heiligen Geistes in uns. Jedes Mal, wenn wir das Evangelium hören, und wenn es unsere kalten Herzen erwärmt oder sogar zu Tränen rührt; jedes Mal, wenn wir den Hunger verspüren, uns mit Gottes Wort zu beschäftigen; jedes Mal, wenn wir den Drang haben zu ihm zu kommen; jedes Mal, wenn wir vor einer wichtigen Entscheidung stehen und wir in der Lage sind, uns aus freien Stücken für die Option zu entscheiden, die Gott gefällt und ihn verherrlicht; jedes Mal, wenn wir den Wunsch in unseren Herzen haben, Gott zu loben und zu preisen – ist das ein Werk des Heiligen Geistes in uns. Wenn wir an Jesus glauben, dann ist der Heilige Geist da. Er wirkt bereits in uns.
Wie können wir also als Kinder Gottes leben? Tim Cox berichtete davon, wie er mit Tim Keller nach Korea reiste. Tim Keller predigte dort auf einer Konferenz für Pastoren. Er betonte: „Schau auf das, was Jesus für dich getan hat! Wenn du das siehst, dann wirst du verändert werden!“ Wenn wir auf Jesus schauen, verstehen wir, dass alle unsere Schuld durch ihn vergeben ist; dass wir frei sein dürfen von Sünde und Selbst; dass wir Gottes Kinder sein dürfen frei von Angst.
Tim Cox erzählte wie er Tim Keller fragte, ob das Schauen auf Jesus auch zu einer gesetzlichen Sache werden kann: dass ich nicht intensiv genug auf Jesus schaue und dass ich mich mehr anstrengen muss, um noch mehr und noch besser auf Jesus zu schauen. Aber in Wirklichkeit macht das der Heilige Geist für mich. Tim Keller sagte: „Ja, natürlich, das kann nur der Heilige Geist tun!“ Das war das Ende des Gesprächs. Am nächsten Tag predigte Tim Keller wieder, und er kam an die Stelle, wo er die Menschen dazu aufforderte auf Jesus zu schauen: „Wenn du siehst, was Jesus für dich getan hat …“ und dann schaute er Tim Cox direkt an und sagte: „… dann wirst du dich durch die Kraft des Heiligen Geistes verändern!“
Jesus wirkt in uns. Und er tut es durch seinen Heiligen Geist.

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Fragebogen: Römer 8,12-17 — Sonderlektion zu Pfingsten 2023

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Was der Geist in uns tut

„Denn welche der Geist Gottes treibt, die sind Gottes Kinder.“

(Römer 8,14)

  1. Das 8. Kapitel vom Römerbrief wird von vielen Auslegern als der Höhepunkt des Briefs gesehen (manche gehen so weit, dass sie vom größten Kapitel der Bibel sprechen). Was ist der Kontext des Textes? Wie kontrastiert Paulus die unter­schiedlichen Naturen? Betrachte dazu auch die Verse 12 und 13.
  2. Vers 14 beginnt mit dem Wort „denn“; das heißt, Vers 14 ist eine Begründung für das, was in Vers 13 steht. Welchen kausalen Zusammenhang gibt es hier? Denke über den Kontrast zwischen „Gottes Kinder“ und „Knechtschaft“ bzw. ängstlichen Sklaven nach. Fallen dir praktische Anwendungen dafür ein?
  3. Der Heilige Geist bezeugt unserem Geist, dass wir Kinder Gottes sind. Wie geschieht das in unseren Herzen? Was bedeutet das für unser alltägliches Leben?
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Predigt: Römer 15,1-13 – Lektion 1 zum Neuen Jahr 2023

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Einmütig mit einem Munde Gott loben

„Der Gott aber der Geduld und des Trostes gebe euch, dass ihr einträchtig gesinnt seid untereinander, Christus Jesus gemäß, damit ihr einmütig mit einem Munde Gott lobt, den Vater unseres Herrn Jesus Christus.“

(Römer 15,5.6)

Ich wünsche euch ein frohes neues Jahr! Viele Menschen beginnen das neue Jahr mit guten Vorsätzen, was sie darin besser machen wollen. Aber viele geben schon nach wenigen Tagen oder Wochen ihre guten Vorsätze wieder auf, weil sie es nicht schaffen, sie umzusetzen, sondern bald wieder nach ihren alten Gewohnheiten leben. Das ist wohl so verbreitet, dass neulich eine Psychologin einen Artikel mit dem Titel „Warum sie zum neuen Jahr keine guten Vorsätze fassen sollten“ veröffentlicht hat. Aber gar keine Vorsätze zu fassen, ist auch keine Lösung, weil wir ohne Entscheidungen kaum echte Verbesserungen erreichen können. Deshalb ist es gut, dass wir uns am Jahresanfang vor Gott prüfen und seine Orientierung suchen und dafür beten, dass er uns hilft, im neuen Jahr echte geistliche Fortschritte zu machen. Mit welcher Orientierung wollen wir als Gemeinde ins neue Jahr gehen? Als ich im Römerbrief Kapitel 15 die Verse 5 und 6 las und darüber betete, fand ich, dass diese Verse, die Pastor R. W. als Leitverse für unsere Gemeinde weltweit gefunden hat, auch für uns passend sind. In diesem Text geht es darum, wie wir in der Gemeinde wirklich eines Sinnes sein und Gott mit einem Mund loben und verherrlichen können. In der Gemeinde in Rom waren Menschen aus verschiedensten Ländern zusammen. Insbesondere gab es gläubig gewordene Juden, die an den jüdischen Traditionen festhielten, und Heiden, die das Evangelium anders aufnahmen. Wegen des unterschiedlichen kulturellen und religiösen Hintergrunds und der verschiedenen geistlichen Reife waren die Gläubigen in Rom in etlichen Dingen nicht eines Sinnes. Paulus betrachtete es als ein echtes Problem, dass es ihnen an Einmut mangelte.

Auch heute gibt es Themen, in denen Christen verschiedener Ansicht sind und die Gemeinde uneins werden lassen. Oft sind es Themen, die manchen persönlich Schwierigkeiten bereiten. Wenn wir nicht richtig damit umgehen, können Einzelne straucheln und das Gemeindewachstum wird gehindert. Lasst uns heute lernen, wie wir in der Gemeinde trotz unserer Verschiedenheit eines Sinnes sein können, sodass wir Gott mit einem Mund loben und verherrlichen können!

Wie beginnt Paulus dieses Kapitel? Der Vers 1 sagt: „Wir aber, die wir stark sind, sollen die Schwächen derer tragen, die nicht stark sind, und nicht Gefallen an uns selber haben“ (1). Hier spricht Paulus diejenigen an, die stark sind. Dabei geht es nicht um charakterliche Festigkeit oder um Willensstärke, sondern um Stärke im Glauben. Diejenigen in der Gemeinde, die im Glauben stark sind, sollen die tragen, die nicht stark sind. Was damit gemeint ist, können wir besser verstehen, wenn wir einen Blick in das vorangehende Kapitel werfen, in dem Paulus bereits darauf eingeht. Dort heißt es: „Den Schwachen im Glauben nehmt an und streitet nicht über Meinungen. Der eine glaubt, er dürfe alles essen. Der Schwache aber isst kein Fleisch“ (14,1.2). Damals aßen manche Gläubige kein Fleisch, weil das Fleisch, das man auf dem Markt kaufen konnte, oft von Tieren stammte, die zuvor Götzen geopfert wurden. Paulus war sich sicher, dass an sich nichts unrein ist; nur für den, der es für unrein hält, für den ist es unrein (14,14). In seinem 1. Brief an die Christen in Korinth, wo es das gleiche Problem gab, macht Paulus deutlich, dass es eigentlich vor Gott kein Problem ist, Fleisch zu essen, das vorher anderen Göttern geopfert wurde, weil es in Wirklichkeit keine anderen Götter gibt, sondern nur den einen wahren Gott (1. Kor 8,1-8). Aber nicht alle Christen konnten das durch den Glauben so sehen. Manche konnten es mit ihrem Gewissen nicht vereinbaren, solches Fleisch zu essen, weil sie es für sie irgendwie mit Götzenopfer verbunden war. Sie waren in der Gefahr, die andern, die Fleisch aßen, zu verurteilen. Und die im Glauben Starken waren versucht, die zu verachten, die es wegen ihres schwachen Glaubens nicht aßen. Aber stattdessen sollten sie die Schwachen im Glauben annehmen und nicht mit ihnen über solche Themen streiten.

Der Vers 1 in unserem Text sagt noch etwas mehr, nämlich dass wir die im Glauben Schwachen „tragen“ sollen. Die Schwachen zu tragen, bedeutet, sie weiter als Brüder und Schwestern in Jesus mit Liebe und Respekt zu behandeln und sie zu verstehen. Sie sollten Geduld mit ihnen haben und ihnen die Zeit lassen, um selbst zu größerer Einsicht zu kommen. Sie brauchen diesen Raum der liebevollen Annahme und brauchen Zeit, um geistlich wachsen und zu können. Inzwischen sollten sie darauf achten, dass sie sie nicht dazu verleiten, gegen ihr Gewissen etwas zu tun und dadurch in geistliche Schwierigkeiten zu geraten. Sie zu tragen, bedeutet aber nicht nur passiv zu warten, sondern dabei treu für sie zu beten und ihnen mit Liebe und Respekt mit dem Wort zu helfen, im Glauben zu wachsen, soweit sie dazu bereit sind.

Auch heute gibt es in vielen Gemeinden unterschiedliche Überzeugungen bei bestimmten Themen, zum Beispiel über die Form des Gottesdienstes, die Frage, wer predigen darf, welche Musik gesungen werden soll, die Kleidung, die Haartracht und die Kopfbedeckung der Frauen, ob und wie bestimmte Feiertage gefeiert werden, ob Christen alles essen dürfen, und viele andere Fragen des Gemeindelebens und des persönlichen Lebens als Christen. Auch bei uns gab einige solche Fragen, manche sind noch nicht ganz geklärt. Es geht dabei nicht um essenzielle Lehren der Bibel, die für das Heil der Menschen entscheidend sind. Trotzdem sollten wir sie nicht einfach ignorieren. Manche Ansichten haben eine tiefe Wurzel in der Kultur oder in der persönlichen Prägung und sind daher für die Betreffenden wichtig. Es ist wichtig, dass wir diejenigen, die mit bestimmten Dingen Probleme haben, nicht allein lassen, sondern uns um sie kümmern, sie gut verstehen und ihnen helfen. Es ist wichtig, dass wir mit problematischen Themen gut umgehen, damit das Wachstum der Gemeinde nicht gehindert wird.

Der Vers 2 sagt: „Ein jeder lebe so, dass er seinem Nächsten gefalle zum Guten und zur Erbauung.“ Es entspricht unserer natürlichen Neigung, so zu leben, wie wir es wollen bzw. wie wir es selbst vor Gott für richtig halten. Als Christen sollen wir aber die Freiheit, die wir in Jesus erkannt haben, nicht einfach ausleben, sondern Rücksicht auf die nehmen, die im Glauben nicht so weit sind. Wir sollen darauf achten, dass wir sie nicht dazu verleiten, gegen ihr Gewissen zu handeln. Wir sollen in allen Bereichen unseres Lebens so leben, dass unsere Brüder und Schwestern dadurch erbaut werden. Wenn jeder so lebt, werden alle im Glauben ermutigt und gestärkt, und die Gemeinde kann sich gut entwickeln.

Aber wie können wir dauerhaft so leben und die Schwachen in der Gemeinde tragen? Betrachten wir Verse 3 und 4: „Denn auch Christus hatte nicht an sich selbst Gefallen, sondern wie geschrieben steht: Die Schmähungen derer, die dich schmähen, sind auf mich gefallen. Denn was zuvor geschrieben ist, das ist uns zur Lehre geschrieben, damit wir durch Geduld und den Trost der Schrift Hoffnung haben.“ In diesen Versen verweist uns Paulus auf Jesus, weil wir es nur im Blick auf Jesus tun können. Jesus ist der König der Könige. Er hatte die Freiheit, auf der Erde zu leben, wie er wollte. Aber Jesus lebte sein ganzes Leben so, wie es für die anderen Menschen gut war. Er gebrauchte seine Freiheit, um sich besonders um die schwachen Menschen zu kümmern, und diente denen, die krank oder wegen ihrer Sünde hilflos und verachtet waren. Für seine Liebe zu den Schwachen wurde er von den Menschen verachtet und geschmäht. Schließlich starb er am Kreuz für ihre Sünden und die Sünden der ganzen Welt, und wurde für seine völlige Hingabe noch verhöhnt. Aber gerade dadurch brachte Jesus uns das Heil und allen, die an ihn glauben.

Viele Worte in der Schrift erinnern uns an Jesu Liebe und Hingabe für die Schwachen, damit wir dadurch getröstet werden, wenn es uns schwerfällt, die Schwäche anderer zu tragen. Niemand kann die Schwächen seiner Bibelschüler und Glaubensgeschwister aus eigener Kraft tragen, ohne irgendwann müde und erschöpft zu werden. Aber wenn wir täglich auf Gottes Worte hören, die uns an Jesu Liebe und Hingabe für uns Sünder erinnern, tröstet Gott uns immer neu und schenkt uns die Geduld, die wir brauchen, um sie weiter zu tragen, bis sie schließlich durch Gottes Wirken verändert werden.

Was will Gott dadurch bewirken? Betrachten wir die Verse 5 und 6: „Der Gott aber der Geduld und des Trostes gebe euch, dass ihr einträchtig gesinnt seid untereinander, wie es Christus Jesus entspricht, damit ihr einmütig mit einem Munde Gott lobt, den Vater unseres Herrn Jesus Christus.“ Paulus betet zu dem Gott der Geduld und des Trostes, der ihnen zum Tragen der Schwachen alle nötige Geduld und Trost schenken kann. Er betete, dass sie untereinander einträchtig gesinnt sein mögen, wie es Jesus Christus entspricht; das heißt dass sie einander so annehmen und tragen, wie Jesus sie angenommen hat, sodass einträchtig werden und Gott mit einem Mund loben können. Die NIV-Übersetzung ist hier vielleicht noch etwas leichter verständlich: „May the God who gives endurance and encouragement give you the same attitude of mind towards each other that Christ Jesus had, so that with one mind and one voice you may glorify the God and Father of our Lord Jesus Christ.“

Was sagt das über Gottes Willen für uns? Gott will, dass wir untereinander einträchtig sind, und zwar mit einer Gesinnung, die Jesus Christus entspricht, sodass wir Gott einmütig mit einer Stimme loben. Anders gesagt will Gott, dass wir einmütig werden, indem wir jeder die Gesinnung Jesu lernen und einander demütig annehmen, wie er uns angenommen hat. Wenn wir das tun, können wir einander verstehen und kommen in die Lage, Gottes Willen wirklich zu erkennen und darin eines Sinnes zu werden. Hier erkennen wir, wie sehr Gottes Werk, uns von der Sünde zu retten und ihm ähnlich zu machen, nicht nur eine individuelle Komponente hat, sondern auch durch die Einmütigkeit in der Gemeinde zum Ausdruck kommen soll. Gott will, dass wir mit den Glaubensgeschwistern eins werden, indem wir einander mit der Gesinnung Jesu begegnen, bis wir alle einträchtig werden und Gott mit einem Mund loben können. Das verherrlicht Gott! So eine herzliche Einmütigkeit gibt es nirgends in der Welt, weder in der Firma noch im Verein oder Freundeskreis, sogar nicht einmal in der eigenen Verwandtschaft. Sie ist eine Frucht von Gottes Erlösungswerk, die wir tragen sollen. Wenn wir als Gemeinde eines Sinnes sind und Gott mit einer Stimme loben, wird Gott wirklich geehrt. Darum heißt es in Vers 7: „Darum nehmt einander an, wie Christus euch angenommen hat zu Gottes Ehre“ (7). Der Weg dazu, eines Sinnes zu werden, ist nicht, dass wir miteinander streiten, wer recht hat, sondern dass wir jeder den anderen mit Jesu Gesinnung demütig annehmen und tragen, bis wir selbst und die anderen fähig werden, Gottes Willen klar zu verstehen und anzunehmen. Dann können wir Gott mit einer Stimme loben. Das gilt auch für die Frage, was Gottes Wille bezüglich seiner Mission für die Gemeinde ist. Wenn wir einander mit Jesu Gesinnung annehmen, werden wir sicher auch darin Einmütigkeit erlangen. Lasst uns im neuen Jahr ernsthaft dafür beten, dass wir die Gesinnung Jesu lernen und aneinander praktizieren können, sodass wir eines Sinnes werden und Gott einmütig loben und verherrlichen können!

Wie half Paulus der Gemeinde in Rom weiter, in dieser Hinsicht Fortschritte zu machen? Betrachten wir die Verse 8 und 9: „Denn ich sage: Christus ist ein Diener der Beschneidung geworden um der Wahrhaftigkeit Gottes willen, um die Verheißungen zu bestätigen, die den Vätern gegeben sind; die Heiden aber sollen Gott die Ehre geben um der Barmherzigkeit willen, wie geschrieben steht: Darum will ich dich loben unter den Heiden und deinem Namen singen.“ Die Gemeinde in Rom bestand wie erwähnt aus Christen, die ursprünglich Juden waren, und solchen, die Heiden waren. Damals konnte man sich eigentlich keine größere Verschiedenheit und keine größere Kluft zwischen Menschen vorstellen als die zwischen Juden und Heiden. Wie konnten sie in der Gemeinde eines Sinnes werden? Besonders den Judenchristen fiel es schwer, mit den Heidenchristen eins zu werden, weil sie von der jüdischen Vorstellung, dass nur sie von Gott geliebt und die Heiden von Gott verworfen wären, tief geprägt waren. Außerdem neigten sie wohl dazu, ihr Verständnis in geistlichen Fragen grundsätzlich für richtiger zu halten, weil sie ja das Alte Testament kannten, von dem die meisten Heiden erst einmal keine Ahnung hatten. Paulus erinnert deshalb durch verschiedene Zitate aus dem Alten Testament daran, dass Christus zwar als Diener des Volkes Israel gekommen war, wie er es den Glaubensvätern verheißen hatte (1. Mose 12,3; 22,8); dass er aber auch schon lange geplant hatte, aus seiner Barmherzigkeit auch die Heiden zu retten.

Darum fuhr Paulus fort, diesen Willen Gottes durch Zitate aus dem Alten Testament zu belegen: „Und wiederum: Lobet den Herrn, alle Heiden, und preisen sollen ihn alle Völker! Und wiederum spricht Jesaja: Es wird kommen der Spross aus der Wurzel Isais, und der wird aufstehen, zu herrschen über die Völker; auf den werden die Völker hoffen“ (11.12). Alle diese Worte der Schrift sollten ihnen helfen, Gottes Willen, auch die Heiden zu retten, tief anzuerkennen und die Heidenchristen vollständig anzuerkennen und mit ihnen eins zu werden. Gleichzeitig sollten die Heidenchristen erkennen, was für eine Gnade Gottes es war, dass sie durch Jesus zu Gott gehören durften, und sollten ihrerseits auch bereit sein, mit den Judenchristen eines Sinnes zu sein.

Paulus war darin guter Zuversicht und lenkte ihren Blick auf den Gott: „Der Gott der Hoffnung aber erfülle euch mit aller Freude und Frieden im Glauben, dass ihr immer reicher werdet an Hoffnung durch die Kraft des Heiligen Geistes“ (13). Gott ist der Gott der Hoffnung, der uns Hoffnung schenkt, unabhängig davon, wie unsere aktuelle geistliche Lage auch sein mag. Gott erfüllt uns zunehmend mit Freude und Frieden im Glauben und macht uns durch die Kraft des Heiligen Geistes an Hoffnung reicher, was uns wiederum dabei hilft, die Glaubensgeschwister anzunehmen und mit ihnen eins zu sein. Möge Gott uns einen neuen Wunsch geben, Gott im neuen Jahr als Gemeinde Gott zu verherrlichen, indem wir die Gesinnung Jesu lernen und einander annehmen, bis wir einmütig sind und Gott mit einer Stimme loben können! Dadurch wird Gott verherrlicht und unsere Gemeinde zu einem Ort, an dem alle herzlich willkommen wissen und dem lebendigen Gott begegnen können!

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Fragebogen: Römer 15,1-13 – Lektion 1 zum Neuen Jahr 2023

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Einmütig mit einem Munde Gott loben

„Der Gott aber der Geduld und des Trostes gebe euch, dass ihr einträchtig gesinnt seid untereinander, Christus Jesus gemäß, damit ihr einmütig mit einem Munde Gott lobt, den Vater unseres Herrn Jesus Christus.“

(Römer 15,5.6)

  1. Wie sollen sich die Starken gegenüber den Schwachen verhalten (1)? Wer sind die Starken und wer sind die Schwachen (14,1.5.6.22)? Was bedeutet es, die Schwächen derer zu tragen, die nicht stark sind? Warum müssen wir das tun (2)?
  2. Welches Beispiel hat Christus gegeben (3)? Wie hilft uns die Schrift, dem Beispiel Christi zu folgen (4)? Welche Hoffnung können wir haben?
  3. Wie beschreibt Paulus Gott, und wofür betet er (5–6)? Warum ist es notwendig, „einmütig mit einem Mund“ Gott zu loben, um ihn zu verherrlichen? Was müssen wir tun, wenn wir dafür beten, und wie können wir das tun (7)?
  4. Wie hat Jesus Gottes Verheißungen bestätigt (8-9a)? Was bedeutet es, dass Jesus ein Diener der Beschneidung wurde? Wie hat Paulus das von der Schrift her erklärt (9b-12)? Wie hilft uns „der Gott der Hoffnung“ (13)?
  5. Wie können wir als eine Gemeinschaft gemeinsam Gott im Jahr 2023 verherrlichen? Wofür sollten wir beten?

 

 

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