Predigt: 1. Samuel 1,1-28 – Gebet

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Hannas Gebet

„Hanna war ganz in ihrem Kummer versunken und weinte bitterlich, während sie zum HERRN flehte.“

(1. Samuel 1,10)

Wer von euch hat Vorsätze für das neue Jahr? Wer von euch glaubt, mit seinen Vorsätzen jetzt bereits gescheitert zu sein? Ich glaube, die meisten Menschen haben Vorsätze für das neue Jahr. Und bei fast allen Christen ist eines der Vorsätze, mehr zu beten. Ich gehe daher fest davon aus, dass die thematische Serie über das Gebet, mit der wir das Jahr beginnen, allen sehr willkommen ist.
Der Anfang macht dabei eine Frau namens Hanna. Von Hanna können wir drei Dinge über das Gebet lernen. Erstens, weshalb Hanna betete; zweitens, wie Hanna betete; und drittens, was durch ihr Gebet geschah. In der Hoffnung, dass diese Predigt sofort auf uns angewendet werden kann, können wir die drei Teile auch folgendermaßen ausdrücken: erstens, weshalb du beten solltest; zweitens, wie du beten solltest; und drittens, was geschieht, wenn du betest.

1. Weshalb solltest du beten
Der Text sagt, dass Hanna die Ehefrau von einem Mann namens Elkana war. Hanna war eine von zwei Ehefrauen. Ein frommer Mann, der mit mehreren Frauen gleichzeitig verheiratet war. Kurze Randnotiz: manche könnten meinen, dass wir hier einen weiteren Hinweis darauf finden, dass die Bibel polygame Ehen befürwortet. Alle diejenigen, die das denken, zeigen, dass sie die Bibel nicht wirklich gelesen haben. Es gibt in der Bibel keine einzige polygame Beziehung, die wirklich glücklich ist. Jede Vielehe, von der die Bibel etwas mehr als nur die Namen erzählt, ist immer eine Katastrophe für alle Beteiligten, für den Ehemann, die Ehefrauen und die Kinder. Das sehen wir auch in dieser Ehe. Die beiden Frauen Hanna und Peninna haben sich einander gehasst. Es herrschte ein richtig ekliger Konkurrenzkampf zwischen den beiden.
Vers 2 sagt, dass Peninna Kinder hatte, während Hanna keine Kinder hatte. Und das ist wirklich signifikant. Sich Kinder zu wünschen, aber nicht in der Lage zu sein, Kinder zu bekommen, kann für Paare auch in heutiger Zeit unglaublich bedrückend sein. Vielleicht kennt ihr das: wenn man Mitte 20 ist, kommt man in die Phase, in der alle Freunde und Bekannte anfangen zu heiraten. Und wenige Jahre später sind praktisch alle verheiratet. Wenn man Anfang 30 ist, kommt man in die Phase, in der alle Freunde anfangen, Kinder zu haben. Wenige Jahre später haben fast alle Kinder. Eine gute Freundin von Grace und von mir hatte über viele Jahre versucht, schwanger zu werden. Um sie herum haben alle Kollegen in ihrem Alter angefangen Kinder zu bekommen. Es war ein regelrechter Babyboom. Aber bei ihr klappte es nicht mit dem Kinderwunsch. Das waren wirklich harte Jahre für sie und ihren Partner und für alle Mitmenschen, die mit ihr zu tun hatten. Vor eineinhalb Jahren sind die beiden endlich Eltern geworden. Und ihr Kind ist das Kostbarste, das sie im Leben haben.
Während es in heutiger Zeit schon sehr belastend sein kann, wenn der Kinderwunsch unerfüllt bleibt, war es damals für die Frauen ein Desaster. Von Kindern hing Wohl und Wehe ab der ganzen Familie und Sippschaft ab. Das lag an drei Gründen. Mehr Kinder zu haben, bedeutete schlicht und einfach mittelfristig mehr Arbeitskräfte zu haben. Mehr Arbeitskräfte wiederum bedeutete mehr Ernte, mehr Produktion, mehr Umsatz und am Ende mehr Wohlstand. Der zweite Grund: Kinder waren außerdem die einzige einigermaßen verlässliche Altersvorsorge. Je mehr Kinder, desto höher die Rente. Und schließlich waren vor allem Söhne auch wichtig zur Verteidigung. Die Sippschaft, die mehr Söhne hatte, hatte die größere Streitmacht, so einfach war das. Aus diesen Gründen waren Kinder in der damaligen Kultur und Gesellschaft von einer essenziell wichtigen Bedeutung. Man kann die Wichtigkeit dessen kaum überbetonen. Diejenigen Frauen, die viele Kinder hatten, wurden in der Gesellschaft geehrt und geachtet. Diejenigen Frauen, die keine Kinder hatten, hatten wirklich ein Problem.
Wie äußerte sich Hannas Problem? Vers 6 sagt: „Ihre Rivalin aber kränkte und demütigte sie sehr, weil der HERR ihren Schoß verschlossen hatte.“ Als ob es nicht schlimm genug war, dass Hanna keine Kinder hatte, hatte sie eine Rivalin, die genau dieses Problem nicht hatte. Peninna, ihre Konkurrentin, hatte nichts Besseres zu tun, als sie deshalb zu kränken und zu demütigen. Das sind starke Ausdrücke. Sie verachtete Hanna, sie machte sich über Hanna lustig, die rieb ihr die Kinderlosigkeit immer wieder unter die Nase. So unnötig das war, was Peninna tat, war Peninna wiederum nichts anderes als das Echo der Gesellschaft. Was sagte die Gesellschaft über Hanna? Die Gesellschaft sagte folgendes: „So lange du keine Kinder großziehst, erfüllst du nicht deine Daseinsbedeutung. Dein Leben hat keinen Wert. Du hast keinen Wert.“
Wenn jemand über dein Leben sagt „Es macht keinen Unterschied, ob es dich gibt oder nicht. Du bist überflüssig. Niemand braucht dich.“, dann ist das heute genauso deprimierend und genauso zerstörerisch und vernichtend wie gestern. Was macht unser Leben dann lebenswert? Mit Blick auf Hanna und ihre Zeit denken sich vielleicht manche von euch: „Frauen hinterm Herd, die einfach nur Kinder großziehen sollen und sonst nichts: was für eine männerdominierte, altbackene und überholte Gesellschaft! Wie gut, dass wir das endlich hinter uns haben!“ Ja, vielleicht ist es gut, dass wir das zu einem gewissen Grad hinter uns gelassen haben. Aber niemand von uns lebt in einem Werte-Vakuum. Unsere Gesellschaft diktiert uns ebenfalls, welches Leben gut und lebenswert ist und welches nicht. Unsere Kultur sagt uns ebenfalls, dass wir etwas tun und erreichen müssen, damit unser Leben Wert hat, z.B.: „du musst dich selbst verwirklichen! Folge deinen Träumen!“ Und was wir in den meisten Hollywood-Filmen und in allen Disney-Filmen immer und immer wieder eingetrichtert bekommen: „Du musst den Traumprinzen oder die Traumprinzessin fürs Leben finden. Wenn du keine Romanze in deinem Leben hast, dann ist dein Leben nicht lebenswert.“
Tim Keller erzählte einmal von einer Frau, die dachte, dass ihr Leben nur dann Sinn hatte, wenn sie das Herz eines Mannes erobert hatte. Ihr Leben war ein völliges Desaster: Sie hatte eine Beziehung nach der anderen, sie ließ alles mit sich machen, sie wurde von Männern missbraucht, sie war nicht in der Lage in ihren Beziehungen die Notbremse zu ziehen. Später kam sie zum Glauben und wurde auch therapeutisch behandelt. Der Therapeut hörte sich ihre Lebensgeschichte an. Er meinte dann zu ihr: „Das Problem deines Lebens ist, dass du dein ganzes Leben lang einfach nur einen Mann an deiner Seite haben wolltest. Die Lösung ist, dass du anfangen musst, dein eigenes Leben zu haben: finde einen Beruf, in welchem du so richtig aufgehen kannst, mach Karriere, verdiene Geld.“ Sie sagte sich: „Moment einmal, … mein ganzes Leben hatte ich einen Götzen in meinem Leben, dem viele Frauen zum Opfer fallen, nämlich den Mann fürs Leben zu finden. Und die Lösung soll sein, einen neuen Götzen zu haben, dem viele Männer zum Opfer fallen?“ Die Frau hat den Nagel auf den Kopf getroffen.
Wir leben zwar in anderen Zeiten wie Hanna. Aber eigentlich haben wir genau das gleiche Problem wie sie. Wir kommen zur ursprünglichen Frage zurück: Warum also sollten wir beten? Hier ist die Antwort: Wir sollten beten, weil wir ein Dasein haben, das nicht selbsterklärend ist. Wir haben ein existentielles Problem. Wir haben ein Sinnproblem. Wir wollen, dass unser Leben gut ist, dass es einen Wert hat; unabhängig davon, was die Welt uns sagt, unabhängig von dem, was die Gesellschaft uns diktiert und unabhängig von dem, was wir in unserem Leben alles vermasselt und in den Sand gesetzt haben.
C.S. Lewis sagte einmal: „Ich bete, weil ich mir selbst nicht helfen kann. Ich bete, weil ich hilflos bin. Ich bete, weil die Not ständig aus mir herausfließt, Tag und Nacht.“
Das ist der Grund, weshalb wir beten sollten, jeder einzelne von uns.

2. Wie solltest du beten
Man könnte vieles zu Hannas Gebet sagen: die Tatsache, dass sie beim Gebet viel weinen musste und emotional aus tiefster Verzweiflung heraus betete. Wir könnten erwähnen, dass sie lange Zeit betete. Wir könnten darüber reden, dass sie in der Stille betete und doch ihre Lippen bewegte. Und wir könnten auf die Tatsache eingehen, dass ihr Gebet von außen verrückt aussah: Der Priester Eli dachte, dass Hanna betrunken ist. Wir könnten die Tatsache betrachten, dass Hanna ein Gelübde ablegte. Das sind alles gute und wichtige Punkte, über die wir nachdenken könnten.
Ich würde gerne nur auf zwei Punkte eingehen. Der erste Punkt ist in Vers 9 und wird gerne von den meisten überlesen. Vers 9: „Nachdem man in Silo gegessen und getrunken hatte, stand Hanna auf.“ Hanna stand auf! Das ist der erste Punkt. Natürlich musste Hanna aufstehen. Aber das Aufstehen an sich ist ja so banal, dass es nicht der Rede wert ist; es sei denn natürlich, hier wäre mehr als einfach nur „Aufstehen“ gemeint. Und das ist in der Tat der Fall. Die Hebräisch-Experten, wie beispielsweise Robert Alter, sind sich darin einig, dass das ziemlich signifikant ist. Hier ist von einer entschiedenen Aktion die Rede, von einer Person, die etwas wollte.
Betrachten wir die Umstände: Vers 3 sagt, dass wir uns in einem jährlichen Ritual befinden. Jedes Jahr zogen sie nach Silo, um zu opfern und um anzubeten. Jedes Jahr gab Elkana Hanna eine doppelte Portion: zwei Ribeye-Steaks statt einem. Jedes Jahr kränkte und demütigte Peninna sie. Jedes Jahr weinte Hanna dann und aß keines der beiden Ribeye-Steaks. Und jedes Jahr sagte ihr Mann Elkana: „Hanna, warum weinst du, und warum isst du nichts, warum ist dein Herz betrübt? Bin ich dir nicht viel mehr wert als zehn Söhne?“ Die Frage ist so gestellt, dass man auf diese Frage antwortet mit: „Doch, du bist mir mehr wert als zehn Söhne.“ Und dieses Trauerspiel wiederholte sich jedes Jahr: „The same procedure as every year, James!“ Aber nicht dieses Jahr. Dieses Jahr stand Hanna auf. Dieses Jahr sagte Hanna: „Nein. Mein Ehemann ist kein Ersatz für zehn Söhne. Er ist nicht die Lösung für die Leere meines Herzens!“ Und Hanna sagte: „Es reicht! Genug ist genug! Jetzt wird sich etwas ändern.“
Vielleicht war das vergangene Jahr für euch auch eine Art „same procedure …“ Wir sind immer noch in der Pandemie. Die alten Probleme sind immer noch die Gleichen. Und vor allem sind wir immer noch dieselben. Von Hanna lernen wir, aufzustehen. Aufstehen ist ein Aktionswort. Und es braucht Aktion für Gebet. Welche Aktionen braucht es bei dir fürs Gebet? Vielleicht ist es der Tritt in den Hintern, den man sich verpasst; der entscheidende Ruck. Vielleicht ist es konkrete die Entscheidung, nicht einfach nur einen Vorsatz zu treffen, mehr zu beten; sondern daran zu arbeiten, neue Gewohnheiten fürs Gebet zu etablieren, angefangen mit ein paar ungestörten Minuten am Tag. Vielleicht ist Aufstehen bei uns sprichwörtlich „aufstehen“ in der Frühe, um Gott zu suchen. Vielleicht braucht es einen konkreten Entschluss, sich mit anderen Brüdern und Schwestern zusammenzuraufen, um gemeinsam zu beten.
Der zweite Punkt, den man von Hannas Gebet lernen kann, ist, wofür sie betet. Vers 11: „HERR der Heerscharen, wenn du das Elend deiner Magd wirklich ansiehst, wenn du an mich denkst und deine Magd nicht vergisst und deiner Magd einen männlichen Nachkommen schenkst, dann will ich ihn für sein ganzes Leben dem HERRN überlassen; kein Schermesser soll an sein Haupt kommen.“ Hanna bittet Gott um einen Sohn. Aber hier ist das Interessante: wenn dieser Sohn geboren wird, sollte er Gott geweiht werden. Als Zeichen dessen sollte ihm das ganze Leben lang nicht die Haare geschnitten werden (weder die Haare auf dem Kopf noch der Bart). Außerdem sollte er sein ganzes Leben lang kein Alkohol trinken. Im Gesetz war vorgeschrieben, dass man sich eine Zeitlang Gott weihen konnte. Aber Hanna wollte ihren Sohn sein Leben lang Gott weihen. Man nennt das auch Nasiräer.
D.h., Hanna bittet zwar um einen Nachkommen, aber nicht für sich selbst, nicht um ihr ihre Krise gelöst zu bekommen. Sie bittet um einen Nachkommen für Gott. Jeden mütterlichen Anspruch, den sie auf ihr Kind hätte, tritt sie ab, ohne irgendetwas zurückzubehalten. J.D. Greear schreibt. „Ihr Sohn würde nicht in ihrem Zuhause aufwachsen. Er würde kein emotionaler Support für sie sein. Er wäre nicht verfügbar, sie in ihrem Alter zu versorgen. Er hätte kein Land und Erbteil, wie auch die Leviten kein Land in Israel hatten. Hanna betete für einen Sohn, aber gab jeden Nutzen ab, den ein Sohn ihr gegeben hätte.“
Das ist erstaunlich. Wir hatten vorhin gesagt, dass wir beten sollen, weil wir eine existentielle Not haben, nicht zu wissen, wer wir sind und woher unser Wert des Lebens kommt. Hanna zeigt uns, dass wenn wir beten, unser Blick sich wegbewegt von unserer Not hin zu Gott. Sie wird Gott-zentriert. Die Implikationen dessen sind gewaltig. Ein wesentlicher Punkt, den wir mitnehmen können, ist die Frage, wofür wir beten. Oder noch etwas grundlegender gefragt: Die Frage ist, was wir wollen. In Johannes 15,7 machte Jesus ein gewaltiges Versprechen: „Wenn ihr in mir bleibt und meine Worte in euch bleiben, dann bittet um alles, was ihr wollt: Ihr werdet es erhalten.“ Gott will uns alles geben, was wir wollen. Und an dieser Stelle würden wir vermutlich Rückfragen: Das muss ein Irrtum sein. Meinte Jesus nicht: „Bittet um alles, was Gott will: Ihr werdet es erhalten.“ Gott erhört alle Anliegen, die seinem Willen entsprechen und nicht unserem Willen, oder? Und die Antwort lautet: Genau. Aber der entscheidende Punkt ist, dass Gott will, dass wir es ebenfalls wollen. Dallas Willard hatte es so formuliert: Gott will, dass wir zu den Menschen werden, denen er alles geben kann, was sie wollen, weil sie so sind wie Jesus.
Wie sollen wir dann also beten? Hanna zeigt mit uns, dass es dafür Aktion braucht, weil Gebet nicht von selbst kommt. Und sie zeigt uns, dass es im Gebet um Gott geht, nicht um uns, obwohl es unsere innere Not ist, die uns zu Gott bringt.

3. Was geschieht, wenn du betest
Zwei Antworten auf diese Frage finden wir im Text. Die erste Antwort ist (wie im Zitat von C.S. Lewis schon erwähnt): Das Gebet verändert uns. Viele Menschen beten, wenn sie in Nöten sind; auch dann, wenn sie eigentlich nicht an einen Gott glauben. Wir beten in der Regel, um etwas von Gott zu bekommen. D.h., der Haupteffekt, den wir erwarten, ist, dass wir etwas von Gott empfangen; dass Gott uns aus der Patsche hilft; dass Gott uns aus der Not befreit. Gott tut das auch. In Vers 18 lesen wir: „Sie sagte: Möge deine Magd Gnade finden vor deinen Augen. Dann ging sie weg; sie aß wieder und hatte kein trauriges Gesicht mehr.“
J.D. Greear schrieb in seinem Kommentar, dass die Reihenfolge, die wir erwarten würden, folgende ist: Hanna betet; Hanna wird schwanger; Hanna freut sich. Aber diese Reihenfolge stimmt nicht mit dem überein, was wir im Text sehen: Hanna betet; Hanna freut sich; und erst später wird sie schwanger. Auf der einen Seite hatte sich nach dem Gebet nichts verändert. Sie war immer noch eine kinderlose Frau. Auf der anderen Seite hatte sich nach dem Gebet alles verändert. Sie war nicht länger von Kindern abhängig, um jemand zu sein. Sie hatte Gott erfahren, der ihr wahrer Trost ist, mehr als alle Kinder und Ehemänner der Welt. Das ist die Veränderung, die wir in Hanna sehen.
Die zweite riesige Veränderung, die geschieht, wenn wir beten, ist: wir fangen an, unseren Platz in Gottes unendlich großer Geschichte einzunehmen. Hannas Furcht war es, als ein Niemand vergessen zu werden, weil sie keine Kinder hatte. Hannas Gebet war es, einen Sohn zu bekommen, den sie Gott weihen würde. Gottes Antwort ist es, dass Hanna das genaue Gegenteil wird von einem Niemand. Hanna war eine unglückliche, kinderlose Ehefrau im Nahen Osten. Wenn jemand ihr erzählt hätte, dass eines Tages jemand ihre Geschichte aufschreiben würde, dann wäre das wahrscheinlich schon extrem unglaubwürdig gewesen. Wenn ihr dann noch jemand gesagt hätte, dass unzählige Millionen von Menschen tausende Jahre später noch ihre Geschichte lesen würden und durch ihr Gebet inspiriert werden würden, was hätte sie darauf geantwortet?
Aber Gott tut noch viel mehr als das. Der Sohn, den sie bekommt, heißt Samuel. Hanna wird die Mutter vom letzten und größten Richter des Volkes Israel. Sie war die Mutter von dem Mann, der eines Tages David zum König über Israel salben würde. D.h., durch ihr Gebet nimmt sie ihren Platz innerhalb der kosmischen Geschichte ein, die Gott schreibt. Hanna wird zu einer Heldin! Wer hätte das erwarten können? Ihr Mann Elkana dachte, dass er der Held der Familie ist, weil er zwei Frauen versorgte. Aber in Wirklichkeit hatte er eine Nebenrolle. Eli dachte, dass er der Held ist, weil er Priester war. Er spielt auch nur eine Nebenrolle. Peninna dachte, saß sie Heldin ist, weil sie Kinder hatte. In Wirklichkeit ist sie nur die Widersacherin, weil, und das ist ja ganz klar, jeder Held in jeder Geschichte einen Antagonisten braucht. Jeder Held braucht widrige Umstände, die er oder sie überwindet, um Geschichte zu schreiben.
Noch ein extrem wichtiger Punkt zur Geschichte Gottes: die Geschichte, die Gott erzählt, ist eine Geschichte der Gnade. Zweimal erwähnt unser heutiger Text, dass Gott derjenige war, der Hanna unfruchtbar gemacht hatte (Verse 5 und 6). Tatsächlich sind wir Menschen für das allermeiste Leid verantwortlich, in dem wir uns befinden. Aber hier war es Gott. Gott hatte sie kurzzeitig unfruchtbar gemacht, weil er ihr etwas viel Größeres und Besseres schenken wollte. Hannas Sieg ist nicht der Sieg der Starken, der Fähigen, der Gesunden, der Privilegierten, der Stolzen. Hannas Sieg ist der Sieg der Schwachen, der Unfähigen, der Kranken, der Ausgestoßenen, der Demütigen. Hannas Sieg ist der Sieg der Gnade Gottes. Und das ist ein sich wiederholendes Muster in Gottes Geschichte. Mehr als 1.000 Jahre später gab es eine andere junge Frau, die aus Hannas Loblied ihr eigenes Magnificat macht. Sie wird die Mutter von Jesus: der Retter, der wie kein anderer durch größte Schwachheit rettet.

Freunde, was ist die Geschichte, die Gott durch dein Leben schreiben will? Wer sind die Samuels, die unter uns geboren werden sollen? Wer sind zukünftigen Davids, die durch uns gesalbt werden sollen? Wer sind die Menschen, die sich durch uns bekehren sollen? Das weiß niemand als Gott allein. Aber eine Sache, die wir wissen dürfen, ist die: wenn wir beten, wie Hanna gebetet hat, werden wir Teil von Gottes Gnadengeschichte.

 

 

 

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Fragebogen: 1. Samuel 1,1-28 – Gebet

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Hannas Gebet

„Und sie war von Herzen betrübt und betete zum Herrn und weinte sehr und gelobte ein Gelübde und sprach: Herr Zebaoth, wirst du das Elend deiner Magd ansehen und an mich gedenken und deiner Magd nicht vergessen und wirst du deiner Magd einen Sohn geben, so will ich ihn dem Herrn geben sein Leben lang, und es soll kein Schermesser auf sein Haupt kommen.“

(1.Samuel 1,10.11)

  1. Was sagen die Verse 1-3 über Elkanas Familie? Wie sehr litt Hanna unter ihrer Kinderlosigkeit, besonders wenn sie nach Silo reisten, um Gott zu opfern (4-8)? Versuche ihren großen Kummer zu verstehen, in dem sie niemand trösten konnte.
  2. Betrachte Hannas Gebet. Mit welcher Haltung kam sie zu Gott und wie betete sie (9.10)? Warum legte sie vor Gott ein Gelübde ab (11)?
  3. Wie missverstand der Priester Eli Hannas Gebet? Was erklärte sie ihm und wie ermutigte er sie daraufhin (12-17)?
  4. Wie ging es Hanna nach ihrem Gebet (18)? Was passierte daraufhin (19-20)? Wie hat Gott ihr flehentliches Gebet erhört?
  5. Welche Entscheidung verkündete Hanna, als ihre Familie wieder nach Silo zog, und wie führte sie sie aus (21-28)? Warum war das wohl nicht einfach, aber sehr wichtig? Wie hat Gott ihre Entscheidung gesegnet?
  6. Was kannst du von Hannas Gebet lernen?
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Predigt: Die Gemeinde, die Jesus unter uns bauen will – Berufen zur Gemeinschaft 7 – Sprüche 17,17 u.a, Johannes 15,12-15

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Echte Freundschaft

Und es geschah, als er aufgehört hatte mit Saul zu reden, da verband sich die Seele Jonathans mit der Seele Davids, und Jonathan gewann ihn lieb wie seine eigene Seele

(1. Samuel 18,1)

Zurzeit als ich studiert hatte, war studivz sehr beliebt gewesen. Kennt das noch jemand von euch? Ist so ähnlich wie facebook oder Instagram. Als ich mich auf dieser Plattform angemeldet hatte, bekam ich erst einmal die Mitteilung: „Du hast 0 Freunde“. Das hörte sich nicht nett an. Aber schon bald danach bekam man eine Freundschaftseinladung nach der anderen, und bald hatte man dann auf einmal Hunderte von Freunden. Aber waren das alle wirklich Freunde gewesen? Sagen wir mal, dir geht es so richtig schlecht. Wer von diesen Freunden würde dich besuchen? Oder wer von denen würde dich anrufen? Wem von denen würdest du überhaupt erzählen, wie es dir geht? Was auf diesen sozialen Plattformen mit „Freunden“ gemeint ist, sind eigentlich nicht „Freunde“, sondern „Bekannte“. Das sind Leute, die du kennst. Aber Freunde sind noch mal etwas anderes. Heutzutage, im Zeitalter der Social Media, wird das Wort „Freund“ zunehmend oberflächlich benutzt. Was aber eine echte Freundschaft ist, erfahren wir in der Bibel. In der Bibel erfahren wir auch, dass echte Freundschaft etwas Besonderes ist, etwas besonders Schönes. Zum Beispiel heißt es in Psalm 133: „Siehe, wie fein und wie lieblich ist’s, wenn Brüder in Eintracht beisammen sind! Wie das feine Öl auf dem Haupt, das herabfließt in den Bart, den Bart Aarons, das herabfließt bis zum Saum seiner Kleider usw.“ David sagte über die Freundschaft mit Jonathan: „Wunderbar war mir deine Liebe, mehr als Frauenliebe!“ (2. Sam. 1,26)
Jeder von uns wünscht sich echte Freundschaft. Gleichzeitig fällt es uns selbst schwer, für andere ein echter Freund zu sein. Und eben das ist das Dilemma: Wer anderen kein echter Freund ist, hat oft auch selbst keine. Denn der Grund warum man keine echten Freunde hat, liegt daran, dass man es selbst anderen nicht ist. Echte Freundschaften sind nicht nur der Wunsch von einem jeden von uns, sondern auch unentbehrlich für eine lebendige und liebevolle Gemeinschaft in der Gemeinde, unentbehrlich für das gesunde Wachstum einer Gemeinde. Daher ist es gut, dass wir uns mit dem Thema der Freundschaft auseinandersetzen. Wir werden es anhand von drei Fragen tun:

1. Was ist die Voraussetzung für echte Freundschaft?
2. Was sind die Kennzeichen echter Freundschaft?
3. Wie können wir unter uns echte Freundschaft haben?

1. die Voraussetzung echter Freundschaft (1. Samuel 18,1-4)

Damit wir anderen ein echter Freund sein können, müssen wir verstehen, was die Voraussetzung zur Entstehung von echter Freundschaft ist. Eine Antwort hierauf erfahren wir durch die Freundschaft von Jonathan mit David. Hierzu sollten wir uns in Erinnerung rufen, wer noch mal Jonathan war. Jonathan war der, der sich zu zweit mit 20 Philistern angelegt hatte. Sein Argument war: „es ist dem HERRN nicht schwer, durch viele oder durch wenige zu retten!“ (1. Sam 14,6) Jonathan war ein Mann des Glaubens. David war nicht anders. David sagte zu Goliath:

Du kommst zu mir mit Schwert, Lanze und Kurzschwert. Ich aber komme zu dir mit dem Namen des HERRN der Heerscharen, des Gottes der Schlachtreihen Israels, den du verhöhnt hast. Heute wird der HERR dich in meine Hand ausliefern, und ich werde dich erschlagen und dir den Kopf abhauen. Und die Leichen des Heeres der Philister werde ich heute noch den Vögeln des Himmels und den wilden Tieren der Erde geben. Und die ganze Erde soll erkennen, dass Israel einen Gott hat. Und diese ganze Versammlung soll erkennen, dass der HERR nicht durch Schwert oder Speer rettet. Denn des HERRN ist der Kampf, und er wird euch in unsere Hand geben! (1. Sam 17,45-47)

In dem Kampf gegen Goliath bewies David vor der Öffentlichkeit Israels klaren Glauben und Eifer für Gott. Jonathan muss das alles mitbekommen haben. Und was war das Resultat davon? In 1. Samuel 18,1 heißt es: „Und es geschah, als er aufgehört hatte, mit Saul zu reden, verband sich die Seele Jonatans mit der Seele Davids; und Jonatan gewann ihn lieb wie seine eigene Seele“ Das Resultat war echte Freundschaft. Aber warum? Warum fing Jonathan auf einmal an, David wie seine eigene Seele zu lieben? Durch die Begebenheit mit Saul erkannte Jonathan: „David brennt für dieselbe Sache wie ich, nämlich für Gott!“ Jonathan erkannte: „David denkt genauso wie ich: er glaubt auch, dass Gott auch durch wenig helfen kann. David findet das wichtig, was mir auch wichtig ist: die Ehre Gottes.“ Der Grund dafür, dass sich Jonathans Herz mit Davids Herz verband, war, dass beide für dieselbe Sache brannten, dass beide das Herz für dieselbe Sache hatten und folglich ähnlich dachten und glaubten. Dies ist die Voraussetzung zur Entstehung echter Freundschaft.
Übrigens gilt das nicht nur für die Freundschaft unter Gläubigen. Sicherlich entstanden auch unter Nazis und Kommunisten tiefe Freundschaften – eben weil sie für dasselbe, nämlich für dieselbe Ideologie brannten. Der Unterschied zur Freundschaft unter Gläubigen ist, dass sie für die richtige Sache brennen, nämlich für Jesus, für das Kommen seines Reiches. Wer echte brüderliche Freundschaft möchte, sollte für Jesus und sein Reich brennen. Dann werden sich um ihn auch solche versammeln, die dasselbe Anliegen haben.
In der Predigt habe ich immer wieder das Wort „echt“ benutzt. Was bedeutet aber „echt“ im Kontext von Freundschaft? Was macht denn eine echte Freundschaft aus? Lasst uns das im zweiten Teil der Predigt betrachten.

2. Kennzeichen echter Freundschaft (Spr. 17,17; 18,24; 27,5-6; 9-10)

Bemerkenswert ist, dass das Buch der Sprüche sehr viel über wahre Freundschaft spricht. Warum? Das Buch der Sprüche ist ja von Salomo geschrieben. Salomo hatte viele Frauen gehabt – sage und schreibe 1000. Sicherlich hatte Salomo deswegen viele Kinder gehabt. Daher ist es kein Zufall, dass das Buch der Sprüche viele Themen aufgreift, die Jugendliche betreffen, wie etwa das Bedürfnis nach Zugehörigkeit bzw. Cliquenbildung; sexuelle Beziehungen, Erziehung, Faulheit und eben auch das Thema „Freundschaft“. Immer wieder heißt es im Buch der Sprüche: „Mein Sohn“. Als Salomo dieses Buch schrieb, hatte er sicherlich seine Kinder im Blick. Es gibt so manche Trickfilmserien, die schauen sich sowohl Kinder als auch Erwachsene gerne an. Das Buch der Sprüche ist so ein Buch, das zwar in erster Linie für Jugendliche geschrieben wurde, aber gleichzeitig auch für Erwachsene hochrelevant ist.
Wir wollen daher einige Verse aus dem Buch Sprüche zu dem Thema „Freundschaft“ betrachten. Der erste Vers ist aus Spr. 17,17: „Ein Freund liebt allezeit, und ein Bruder wird für die Not geboren.“ Ein Freund liebt allezeit – ein wahrer Freund liebt nicht nur in guten Zeiten, sondern auch in schlechten Zeiten. Jemandem auch in schlechten Zeiten ein Freund zu sein, ist alles andere als selbstverständlich. Freundschaften werden oft geknüpft, weil man sich einen Nutzen davon erhofft. Kommt der Freund aber in Not, kann es sein, dass dieser Nutzen wegfällt. Zum Beispiel kennen wir Geschichten von reichen Leuten, die alle ihre Freunde verloren, als sie verarmten. Aber bei Freundschaften geht es nicht nur immer um Geld und Güter. Den Nutzen, den man sich erhofft, kann auch immaterieller Natur sein, z.B. dass man sich durch die Gemeinschaft mit dem Freund fun und action wünscht. Wir kennen das ja auch aus unserem Leben: Wenn wir fröhlich und happy sind, dann haben die Leute gerne Gemeinschaft mit uns. Was ist aber, wenn wir down sind? Klar, das heißt nicht, dass auf einmal niemand mehr was mit uns zu tun haben will. Wir werden sicherlich von dem einen und anderen die Frage hören: „Was ist mit dir?“, „Kann ich dir helfen?“. Aber wenn sich die down-Phase über eine längere Zeit hinzieht, wird man die Erfahrung machen, dass sich immer weniger Leute bei einem melden. Mal Hand aufs Herz: Wer von uns, hat schon gerne mit depressiven Leuten zu tun? Intuitiv meidet man solche Leute eher. Jonathan liebte David nicht nur, als David im Hof Sauls diente. Jonathan liebte David nicht nur, als er vom Volk als Held gefeiert wurde. Im Gegenteil, er liebte Jonathan auch dann, als er vom eigenen Vater als Staatsfeind Nr. 1 erklärt wurde. In Spr. 18,24b heißt es: „es gibt Freunde, die hangen fester an als ein Bruder.“ Ein Kennzeichen wahrer Freundschaft ist also Beständigkeit. Beständigkeit setzt aber voraus, dass die Freundschaft nicht auf einen gewissen Nutzen gegründet ist.
Jonathan erhoffte sich durch die Freundschaft mit David keinen Nutzen. Im Gegenteil – vielmehr gab Jonathan für David die wertvollsten Dinge hin – seine fürstliche Kleidung, seine Waffenausrüstung sowie sein Anspruch auf das Königtum. Jonathan riskierte für David seine Beziehung zu seinem Vater – er riskierte für David sogar sein Leben. Anders war es in der Beziehung mit Saul. Über Saul heißt es zuerst: „Und ⟨Saul⟩ gewann ihn sehr lieb, und er wurde sein Waffenträger“ (1. Sam 16,21). Saul hatte David lieb, sogar sehr lieb. Aber später wollte er ihn umbringen. Wie kann das sein, dass sich seine Einstellung zu David so sehr ins Gegenteil verkehrte? Sauls Beziehung zu David gründete auf ein Nutzen, das er in David sah. Als aber Saul meinte, David sei ihm mehr Schaden als Nutzen, wurde aus der Freundschaft eine Feindschaft.
Ein weiteres Kennzeichen echter Freundschaft erfahren wir in Spr. 27,5: „Besser Zurechtweisung, die aufdeckt, als Liebe, die verheimlicht. Treu gemeint sind die Schläge des Freundes, aber reichlich sind die Küsse des Hassers.“ Die Verse 5 und 6 sind parallel aufgebaut. Das ist ein rhetorisches Stilmittel, um eine Aussage zu verdeutlichen. Im Vers 5 ist von Zurechtweisung die Rede, die Fehlverhalten aufdeckt. Vers 6 spricht von Schlägen des Freundes. Diese sind ein Bild für Worte, die schmerzlich sind, aber die der Freund braucht und unbedingt hören muss. Es sind eben Worte der Zurechtweisung. Diese Worte kommen nicht vom Feind, sondern vom Freund. David erfuhr vom Propheten Nathan Zurechtweisung, als er zu ihm sagte: „Du bist der Mann“ (2. Sam. 12,7). Es muss für David sehr hart gewesen sein, diese Worte zu hören. Aber im Psalm 141,5 sagte er: „Der Gerechte schlage mich, das ist Gnade; und er züchtige mich, das ist Öl für mein Haupt, und mein Haupt soll sich nicht dagegen sträuben, wenn es auch wiederholt geschieht.“ Ein weiteres Kennzeichen echter Freundschaft ist also Aufrichtigkeit. Eine echte Freundschaft gibt einander die Freiheit, dem anderen die Wahrheit sagen zu können.
Was ist das Gegenteil von so einer Freundschaft? Im Vers 5 ist von einer Liebe die Rede, die verheimlicht. Was ist damit gemeint? Manche Menschen sagen: „Ich liebe diese Person zu sehr, als dass ich ihm die Wahrheit sagen könnte. Ich will ihm nicht wehtun.“ Das ist eine Liebe, die verheimlicht. Aber womit ist so eine Liebe vergleichbar? Vers 6 macht es deutlich: Solch eine Liebe sind genauso wie die Küsse des Hassers, also in Wirklichkeit gar keine Liebe, sondern Hass. Weil es mir unangenehm ist, dem Freund schmerzvolle Worte zu sagen, lasse ich ihn lieber ins Verderben laufen. Wie kann das Liebe sein? In Wirklichkeit liebe ich nicht den Freund zu sehr, sondern mich. Nicht Freunde, sondern Leute, die einen hassen, lassen einen ins Verderben laufen. Wenn mich jemand in meinem Fehlverhalten bestätigt und mir sagt: „Du hast recht“, dann ist das sehr angenehm, ebenso angenehm wie ein Kuss. Er fühlt sich an wie Liebe zu mir, aber in Wirklichkeit ist es Hass mir gegenüber. Denn es ist dem anderen nicht so wichtig, ob ich ins Verderben laufe oder nicht. Er treibt ihn sogar dorthin. In Sprüche 29,5 heißt es: „Wer seinem Nächsten schmeichelt, der stellt seinen Füßen ein Netz.“ Man könnte einwenden: Ist es nicht zu übertrieben, von Hass zu sprechen? Aber nach der Bibel gibt es nur „Liebe“ oder „Hass“. Deswegen fängt Hass bereits damit an, wenn mir das Wohlergehen meines Nächsten gleichgültig oder nicht so wichtig ist.
Das dritte Kennzeichen einer wahren Freundschaft lesen wir in Sprüche 27,9: „Öl und Räucherwerk erfreuen das Herz, so auch die süße Rede eines Freundes aus dem Rat seiner Seele.“ Um diesen Vers gut zu verstehen, ist es hilfreich weitere Übersetzungen heranzuziehen: „Öl und Räucherwerk erfreuen das Herz, und die Süße seines Freundes die bekümmerte Seele.“ Oder: „Öl und Räucherwerk erfreuen das Herz, aber von Betrübnis zerreißt sich die Seele.“ Dieses Wort zeigt auf, wie wohltuend der Rat eines Freundes für einen ist, der bekümmert ist. Es ist regelrecht ein Medikament für den Betrübten.
Die letzte Übersetzung macht die schreckliche Alternative deutlich: Man wird von Betrübnis zerrissen. Das kann eben dann passieren, wenn man sein Leid für sich behält bzw. sich nicht den Rat des Freundes einholt. Ein Seelsorger sagte einmal, dass es Leute gibt, die mit vielen abhängen und zu tun haben, aber sich doch einsam fühlen. Er erklärte, dass es daran läge, dass sie niemanden haben, dem sie sich mitteilen können oder wollen. Sich jemand anders mitzuteilen ist von der Befürchtung begleitet, dass man den anderen enttäuscht und von ihm abgelehnt wird. Man macht sich verletzlich. Daher ist es nicht so leicht, sich jemandem mitzuteilen. Aber das Wort aus Sprüche 27,9 ermutigt dazu, sein Leid dem Freund mitzuteilen, anstelle es für sich zu behalten. Bemerkenswert ist, dass Jesus selbst Vertrautheit in Verbindung mit Freundschaft bringt. In Joh. 15,15b heißt es: „Ich nenne euch nicht mehr Sklaven, denn der Sklave weiß nicht, was sein Herr tut; euch aber habe ich Freunde genannt, weil ich alles, was ich von meinem Vater gehört, euch kundgetan habe.“ Jesus Worte zeigen, dass gerade Offenheit ein Kennzeichen von Freundschaft ist. Auch andere Stellen machen deutlich, dass Jesus seinen Jüngern immer wieder sein Herz mitgeteilt hat, zum Beispiel sprach Jesus ganz offen über seine Ängste vor dem Kreuzestod. In Lk. 12,49 und 50 sagte er: „49 Ich bin gekommen, Feuer auf die Erde zu werfen, und wie wünschte ich, es wäre schon angezündet! 50 Ich habe aber eine Taufe, womit ich getauft werden muss, und wie bin ich bedrängt, bis sie vollbracht ist!“ Im Garten Gethsemane sagte er zu seinen Jüngern: „Meine Seele ist betrübt bis an den Tod“ (Mk. 14,34). Ein weiteres Kennzeichen wahrer Freundschaft ist also Offenheit bzw. dass man sich einander transparent macht. Erst dadurch kann man einander hilfreichen Rat, Trost und Ermutigung geben.
Aus der Johannes 15-Stelle lässt sich noch ein weiteres Kennzeichen wahrer Freundschaft ableiten. Jesus spricht davon, dass niemand größere Liebe hat, als dass er sein Leben hingibt für seine Freunde. Echte Freundschaft hat „mit Leben lassen“ zu tun. Dieses Leben lassen kommt nicht immer dadurch zum Ausdruck, dass man für den anderen stirbt. Es kann sich auch darin zeigen, dass man bereit ist, für den Freund Verzicht auf sich zu nehmen, und zwar selbst auf Dinge, die einem sehr wichtig sind. Wie bereits erwähnt, sehen wir dies sehr gut in der Freundschaft von Jonathan mit David. Echte Freundschaft opfert für den anderen – nicht nur materielle Dinge, sondern auch Zeit. Sich für einen Freund, der in Not ist, Zeit zu nehmen, obwohl man selber keine Zeit hat, ist ebenfalls ein Ausdruck davon, sein Leben zu lassen. Das Gedeihen einer Freundschaft erfordert auf jeden Fall auch Zeit.
Beständigkeit, Aufrichtigkeit, Offenheit und „Leben lassen“ sind Voraussetzungen für echte Freundschaft – alles Dinge, die gar nicht so leicht sind. Wie können wir anderen ein echter Freund sein? Betrachten wir dies im dritten Teil der Predigt.

3. Jesu Freundschaft mit uns (Joh. 15,12-16)

Um in der Gemeinde einander ein echter Freund sein zu können, müssen wir verstehen, was die Grundlage dieser Freundschaft ist. Wie erfahren sie in Joh. 15. Im Vers 12 erfahren wir: Jesu Liebe zu uns ist die Grundlage der Liebe untereinander. Oder mit anderen Worten: Jesu Freundschaft zu uns ist die Grundlage der Freundschaft untereinander. Und was ist die Grundlage von Jesu Freundschaft zu uns? Im Vers 13 steht, dass Jesus Sein Leben für uns gegeben hat. Als Jesus sein Leben für uns gab, waren wir ja Feinde Gottes. Jesu behandelte seine Feinde wie Freunde, indem er sein Leben ließ für uns. Daher basiert die Freundschaft Jesu zu uns nicht auf irgendetwas Gutes von uns. Sie basiert auf das Kreuz. Jeder, der diese Liebestat Jesu am Kreuz für sein Leben in Anspruch nimmt, wird von einem Feind zum Freund Jesu. Vers 14 ist nicht so gemeint, dass wir dadurch Freunde Jesu werden, indem wir seine Gebote halten. Wäre das so, wäre Jesu Verständnis von Freundschaft wie das von kleinen Kindern. Sobald der Freund nicht das macht, was einem gefällt, heißt es: „Jetzt bist du nicht mehr mein Freund.“ Vielmehr will Jesus sagen: „Dass ihr wirklich meine Freunde seid, zeigt sich daran, dass ihr meine Gebote haltet.“ Diese neue Beziehung, die jeder Gläubige hat, ist ja nicht sichtbar. Dass wir wirklich Freunde Jesu geworden sind, zeigt sich darin, dass man das tut, was Jesus sagt. Vers 16 bestätigt, dass nicht etwas Gutes von uns die Grundlage für die Freundschaft mit Jesus ist, sondern Jesu Erwählung.
Wenn ich verstanden habe, dass meine Freundschaft zu anderen auf die Freundschaft mit Jesus basiert, wird es einfacher, anderen ein echter Freund zu sein. Hierzu einige Beispiele:
Manchen fällt es schwer anderen ein echter Freund zu sein, zumal man zu sehr um sich selbst besorgt ist. Wenn man aber im Herzen verstanden hat, dass Jesus sich um einen kümmert, weil er sein Freund ist, kann man mehr für andere da sein. Manchen fällt es schwer anderen ein wahrer Freund zu sein, weil es erfordert, dass man sich persönliche Dinge anvertrauen. Man macht sich dadurch verletzlich. Aber wenn man verstanden hat, dass man in Jesus einen Freund hat, von dem man immer angenommen ist, braucht man die Ablehnung nicht mehr zu fürchten. Manchen fällt es schwer, anderen ein Freund zu sein, weil man befürchtet, dass andere das Vertrauen missbrauchen und über einem die Kontrolle bekommen können. Aber wenn man verstanden hat, dass man in Jesus einen Freund hat, der alles unter Kontrolle hat, alles zu seinem Besten gebraucht und man bei ihm sicher ist, kann man sich mehr auf andere einlassen. Manchen fällt es schwer, anderen ein wahrer Freund zu sein, da die Fehler anderer bei ihnen schnell Anstoß erregen. Aber wenn ich verstanden habe, dass ich in Jesus einen Freund habe, der ich über alles liebt, kann ich auch andere mehr lieben. Spurgeon sagte einmal: „Fehler sind immer dick, wo die Liebe dünn ist.“ Erst durch die Freundschaft mit Jesus kann ich selber ein wahrer Freund für andere sein.

Aber warum kann es sein, dass man im Alltag zu wenig von der Freundschaft mit Jesus spürt? Manchmal könnte man meinen, diese Freundschaft wäre nur Theorie. Liegt das an Jesus? Ist Jesus etwa ein schlechter Freund? Natürlich nicht – es gibt ja keinen besseren Freund als der, der sein Leben für seinen Freund lässt. Es liegt eher daran, dass die Freundschaft mit Jesus oft zu wenig ausgelebt, also dass diese Freundschaft mit Jesus zu wenig in Anspruch genommen wird. Wenn wir diese Freundschaft im Alltag in Anspruch nehmen, wird diese Freundschaft im Alltag mehr und mehr zur Realität. Was bedeutet es aber Jesu Freundschaft in Anspruch zu nehmen? Ich möchte mit dem bekannten Lied „Welch ein Freund ist unser Jesus“ antworten:

1) Welch ein Freund ist unser Jesus, o wie hoch ist Er erhöht!
Er hat uns mit Gott versöhnet und vertritt uns im Gebet.
Wer mag sagen und ermessen, wie viel Heil verloren geht,
wenn wir nicht zu Ihm uns wenden und Ihn suchen im Gebet!
2) Wenn des Feindes Macht uns drohet und manch Sturm rings um uns weht,
brauchen wir uns nicht zu fürchten, stehn wir gläubig im Gebet.
Da erweist sich Jesu Treue, wie Er uns zur Seite steht
als ein mächtiger Erretter, der erhört ein ernst Gebet.
3) Sind mit Sorgen wir beladen, sei es frühe oder spät,
hilft uns sicher unser Jesus, fliehn zu Ihm wir im Gebet.
Sind von Freunden wir verlassen und wir gehen ins Gebet,
o, so ist uns Jesus alles: König, Priester und Prophet.

Ein wichtiger Aspekt davon, wie wir die Freundschaft mit Jesus ausleben können, ist, dass wir mit ihm im Alltag über alles sprechen und besprechen. Nicht ohne Grund heißt es: „Betet ohne Unterlass“ (1. Thess. 5,17).
Als Jesus am Kreuz starb, wurde er vom Vater verlassen, damit Gott mit uns sein kann – in Jesus ist Gott unser Freund, unser Immanuel (Mt. 1,23). Ein großes Geschenk, das wir im Alltag ausleben, das wir im Alltag immer wieder in Anspruch nehmen sollten.

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Predigt: 1.Samuel 7,2-17 (Sonderlektion)

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DIE GEISTLICHE ERWECKUNG IN MIZPA

1.Samuel 7,2-17

Leitvers 7,3

„Samuel aber sprach zum ganzen Hause Israel: Wenn ihr euch von ganzem Herzen zu dem Herrn bekehren wollt, so tut von euch die fremden Götter und die Astarten und richtet euer Herz zu dem Herrn und dient ihm allein, so wird er euch erretten aus der Hand der Philister.“

Im heutigen Text geht es um die geistliche Erweckung Israels in Mizpa. Diese Erweckung in Israel konnte geschehen, weil Samuel Gottes Wort lehrte und für das Volk betete. Gott möchte uns gerne geistlich erwecken und in seiner Heilsgeschichte wie Samuel gebrauchen. Eine Erweckung ist auch in Heidelberg und in unserem Land möglich, wenn wir selbst von ganzem Herzen Buße tun, und wenn wir für unsere Freunde beten und ihnen mit dem Wort Gottes dienen. Möge Gott uns durch sein Wort zur Buße führen und uns in Heidelberg und in Deutschland für sein Werk gebrauchen. Möge Gott jedem von uns helfen, zuerst das eigene Herz von allen Götzen zu reinigen und dann wie Samuel für die geistliche Erneuerung Deutschlands zu wirken.

1. Samuel führt die Israeliten zur Buße (2-11)

Das Ereignis im heutigen Text hat eine Vorgeschichte, an die wir uns zuerst einmal erinnern wollen. Der Priester Eli und seine Söhne dienten vor allem sich selbst anstatt Gott. Deshalb wurde das Wort Gottes selten in Israel. Die Israeliten lebten in geistlicher Finsternis und sie wurden zu Götzenanbetern. Gott wurde darüber zornig und beschloß, das Haus Eli und das götzendienerische Volk zu richten. Die Bundeslade galt als das Symbol für die Gegenwart Gottes. Als die Israeliten von den Philistern angegriffen wurden, holten sie die Bundeslade aus Silo, um mit ihrer Hilfe einen Sieg gegen die Philister zu erringen. Aber ihr Vorhaben misslang. Weil die Israeliten nicht aufrichtig Buße taten und weil sie die Bundeslade nur wie einen Glücksbringer verwendeten, gab Gott ihnen keine Hilfe, stattdessen wurden sie vernichtend geschlagen. Im Kampf bei Afek töteten die Philister 30.000 Israeliten und erbeuteten darüber hinaus die Bundeslade und brachten sie in ihr eigenes Land. Elis zwei Söhne starben und die Herrlichkeit Gottes wurde hinweggenommen aus Israel. Die Beziehung zwischen Gott und den Israeliten war zerbrochen und eine geistlich dunkle Ära begann. Politisch gesehen wurden die Israeliten durch die Philister unterdrückt. Geistlich gesehen konnten sie Gott nun nicht mehr wie früher dienen und sie litten ernsthaft darunter. Gott selbst war es, der die Bundeslade wieder zurück auf israelitisches Gebiet führte. So landete die Bundeslade schließlich in Kirjat-Jearim, das nahe an der Grenze zum Land der Philister lag. Hier blieb sie zwanzig Jahre. Was geschah in diesen zwanzig Jahren? Betrachten wir Vers 2: „Aber von dem Tage an, da die Lade des Herrn zu Kirjat-Jearim blieb, verging eine lange Zeit; es wurden zwanzig Jahre. Dann wandte sich das ganze Haus Israel zum Herrn.“ Wie wurde es möglich, daß das ganze Haus Israel sich zu Gott wenden konnte?

In der geistlich dunklen Zeit hatte Gott sich Samuel, einen zwölfjährigen Jungen, als einen treuen Priester erweckt. Von Samuel heißt es, daß er keines von den Worten Gottes zur Erde fallen ließ. D.h. er begegnete dem Wort Gottes mit Ernst und Respekt und er hatte eine gehorsame Haltung gegenüber dem Wort Gottes. Kap 3,21 sagt: „Und der Herr erschien weiter zu Silo, denn der Herr offenbarte sich Samuel zu Silo durch sein Wort. Und Samuels Wort erging an ganz Israel.“ Wie wir hier sehen können, betrachete Samuel sein Glaubensleben nicht als eine nur private Sache, sondern er gab Gottes Wort an die Israeliten weiter. Als Samuel dem Volk zwanzig Jahre lang Gottes Wort gegeben hatte, waren die Israeliten wieder bereit, dem Herrn zu dienen. Sie fingen wieder an, nach Gott zu suchen und sehnten sich nach der Gemeinschaft mit ihm. Bis dahin hatte Samuel sie Gottes Wort treu gelehrt und unaufhörlich für sie gebetet.

Nun ließ Samuel das ganze Volk Israel in Mizpa zusammenkommen. Es wurde eine große Versammlung bei der Samuel ihnen half, ihre Beziehung zu Gott wiederherzustellen. Wie wir schon erfahren haben, hatten die Israeliten nun Sehnsucht nach Gott. Sozusagen hatten sie einen geistlichen Wunsch. Aber sie haben daraus keine praktischen Konsequenzen gezogen. Welche konkreten Schritte unternahm Samuel, um diesen Israeliten zu helfen? Betrachten wir Vers 3: „Samuel aber sprach zum ganzen Hause Israel: Wenn ihr euch von ganzem Herzen zu dem Herrn bekehren wollt, so tut von euch die fremden Götter und die Astarten und richtet euer Herz zu dem Herrn und dient ihm allein, so wird er euch erretten aus der Hand der Philister.“

Zuerst forderte Samuel sie dazu auf, die fremden Götter und Astarten von sich zu tun. Hierdurch wird uns klar, daß die Israeliten Gott keineswegs verneinten. Sie beteten Gott an, hatten aber zugleich den fremden Göttern und Astarten gedient. Sie dienten also sowohl Gott als auch den Götzen. Hier beziehen sich die fremden Götter auf die Baale. Die heidnischen Nachbarvölker Israels beteten den Baal an. Die Israeliten ließen sich davon beeinflussen und fingen ebenfalls an, die Baale der Heiden anzubeten, weil diese ihnen Regen und gute Ernten versprachen. Die Baalsgötzen von damals entsprechen dem heutigen Mammon, oder mit anderen Worten ausgedrückt, dem Materialismus. Es gibt viele Dinge, die uns zum Götzen werden können. Allgemein kann man sagen, dass alles, was wir mehr als Gott lieben, uns letzten Endes zum Götzen wird. Heutzutage sind viele junge Menschen vom Materialismus beeinflusst und werden von ihm beherrscht. Sie denken, dass Geld die Antwort auf alles sei. Oberflächlich gesehen, scheint Geld die Lösung aller Probleme zu sein. Auch wir sind von diesem Denken stark beeinflusst. Obwohl wir Gott lieben, vertrauen wir ihm nicht hundertprozentig, sondern trachten viel mit unserer eigenen Kraft nach der Verbesserung unserer Lebensbedingungen und wollen den weltlichen Menschen in materieller Hinsicht in nichts nachstehen. Daher räumen wir dem Geld in unserem praktischen Leben einen höheren Stellenwert ein als Gott. So leben wir theoretisch ein gottzentriertes Leben, aber in der Realität führen wir ein materialistisch gesinntes Leben. Geld ist jedoch nicht in der Lage, unsere grundlegenden Lebensprobleme zu lösen. Mit Geld kann man weder sein Sündenproblem lösen, noch den Tod überwinden. Mit Geld kann man sich weder die Wahrheit kaufen noch ewiges Glück und den wahren Sinn des Lebens erlangen. Von Klein auf sind wir mit dem Materialismus groß geworden. Jeden Tag sind wir seinem Einfluss ausgesetzt. Wenn wir uns von diesem Einfluss des Materialismus nicht reinigen, fängt unser geistlicher Leib an zu faulen und zu stinken. Statt die weltlichen Menschen zu beneiden, die in materiellem Überfluss leben, sollen wir geistlich einsichtig bleiben und die geistliche Not ihrer Herzen sehen und für sie beten.

Wer sind die Astarten? Sie sind die Gottheiten des Himmels, die als Göttinnen der Liebe und der Fruchtbarkeit angebetet wurden. Die Kulte der Astarten waren immer mit sexuellen Ausschweifungen verbunden. Ihresgleichen können wir immer wieder in jeder Phase der Geschichte finden. Z.B. auch im ersten Jahrhundert in Korinth. Damals befand sich der Tempel der Aphrodite nur etwa 300 Meter von der Gemeinde in Korinth entfernt. Man sagt, dass dort mehr als 1000 Priesterinnen als Tempeldirnen tätig waren. Was damals geschah, entspricht den sexuellen Ausschweifungen, nach denen heute viele junge Menschen suchen. Heutzutage braucht man jedoch nicht mehr zum Tempel der Aphrodite zu gehen, sondern man geht einfach von zu Hause aus ins Internet, um dort seinen sexuellen Gelüsten und anderen Vergnügungen nachzugehen. Der Grund weshalb wir Götzenanbeter werden ist der, dass wir den Kontakt mit solchen Götzen zulassen, dass wir anfangen, uns in Gedanken mit ihnen zu beschäftigen und auf diese Weise schließlich eine Beziehung mit ihnen eingehen.

Wie sollen wir uns verhalten, um uns vor diesen Götzen zu schützen? Wir müssen die Richtung unseres Lebens ändern und Gott allein dienen. Vers 3b sagt: „und richtet euer Herz zu dem Herrn und dient ihm allein, so wird er euch erretten aus der Hand der Philister.“ Als Erstes sollten wir die Gemeinschaft mit denen meiden, die solchen Götzen dienen. Oder anders gesagt, sollen wir danach suchen, Gemeinschaft mit denen zu haben, die Gott lieben und ihm allein dienen. Zweitens sollen wir durch das Wort Gottes die Wahrheit verkündigen, dass diese oder jene Dinge Götzen sind, die die Menschen letzten Endes zu ihren Sklaven machen und ihr Leben zerstören. Wir als Christen sollen nicht dem allgemeinen Trend der Zeit folgen und uns auch nicht vom Zeitgeist treiben lassen. Vielmehr müssen wir aktiv die Initiative ergreifen, indem wir den Hedonismus und den Materialismus durch das Wort Gottes herausfordern und gegen den Strom der Zeit schwimmen.

Wenn wir unsere Herzen von den fremden Göttern und Sünden abkehren und uns Gott zuwenden, dann können wir ihm allein dienen. Dann können wir geistlich wachsen und Frucht bringen. Manch einer denkt, dass das Leben eines Menschen um 180 Grad gedreht wird, wenn er eine bußfertige Stellungnahme schreibt. Aber das ist in der Regel ein Irrtum. Einige sagen, dass sie Buße getan haben, aber in Wahrheit haben sie nur wie der Pharao ihre Sünden für ein paar Tage bedauert. Wenn wir eine persönliche Stellungnahme schreiben, wird unsere Lebensrichtung vielleicht um 90 Grad verändert. Wenn wir einige Jahre lang Stellungnahme schreiben, schaffen wir vielleicht eine Veränderung von 180 Grad. Aber das Problem liegt darin, daß wir leicht wieder in die Sünde geraten können. Deswegen müssen wir – nachdem wir Buße getan haben – mit klarer Entscheidung in der Buße bleiben. In der Buße zu bleiben bedeutet, daß wir die Entscheidung, nur Gott allein zu dienen, in unserem Herzen täglich erneuern.

Wie reagierte das Volk als Samuel sie aufforderte, Buße zu tun? Betrachten wir Vers 4: „Da taten die Israeliten von sich die Baale und Astarten und dienten dem Herrn allein.“ Die Reaktion der Israeliten ist überraschend. Das Volk nahm Samuels Herausforderung an und tat gründlich und aufrichtig Buße. Wie half Samuel ihnen weiter?

In den Versen 5-11 wird uns von der Versammlung in Mizpa berichtet. Samuel rief alle Israeliten nach Mizpa, weil er ihnen dort geistlich helfen und für sie beten wollte. Wie konnte Samuel dem ganzen Volk helfen, Buße zu tun? Betrachten wir Vers 6: „Und sie kamen zusammen in Mizpa und schöpften Wasser und gossen es aus vor dem Herrn und fasteten an demselben Tage und sprachen dort: Wir haben an dem Herrn gesündigt: So richtete Samuel die Israeliten zu Mizpa.“ Das Ausschütten von Wasser bedeutet hier, dass sie sich von ihren Sünden abkehrten. Es war ein Symbol ihrer Buße. Das Fasten zeigt ihre ernsthafte und demütige Haltung gegenüber Gott. Schließlich sprachen sie: „Wir haben an dem Herrn gesündigt“, und Samuel legte stellvertretend Fürbitte für sie ab. Auf einer täglichen Basis müssen wir selbst vor Gott Buße tun und unsere Beziehung zu Gott stets erneuern. Und dann sollen wir wie Samuel auch für unsere sündenkranken Freunde beten, dass sie über die Götzen des Materialismus und des Hedonismus Buße tun. Wie Samuel sollen wir das Wort Gottes weitergeben, bis Gott dadurch zuerst unseren Freunden zur Buße hilft und dann eine geistliche Erneuerung in unserem Volk bewirkt.

Wie reagierten die Philister? Betrachten wir Vers 7: „Als aber die Philister hörten, dass die Israeliten zusammengekommen waren in Mizpa, zogen die Fürsten der Philister hinauf gegen Israel. Und die Israeliten hörten es und fürchteten sich vor den Philistern.“ Als die Philister hörten, dass die Israeliten sich in Mizpa versammelt hatten, dachten sie, dass die Israeliten sie herausfordern wollten. Als sie hörten, dass sich das ganze Volk unter Samuel zusammengefunden hatte, um Buße zu tun, dachten sie, dass sich Israel für einen heiligen Krieg gegen sie rüsten würde. Darum wollten sie ihnen zuvorkommen und machten sich zum Kampf bereit. Was tat Samuel in dieser schwierigen Situation?

Erstens: Er schrie für das Volk zu Gott im Gebet (8). Sehen wir uns Vers 8 an: „Und sie sprachen zu Samuel: Lass nicht ab, für uns zu schreien zu dem Herrn, unserm Gott, dass er uns helfe aus der Hand der Philister.“ Nachdem die Israeliten Buße getan und sich entschieden hatten, Gott allein zu dienen, hörten sie von dem Angriff der Philister. Viele Jahre waren die Israeliten hilflos und verzweifelt, weil sie von den Philistern gejagt wurden und ihr Land besetzt war. Nun aber waren sie nicht mehr hilflos und verzweifelt. Als sie angegriffen wurden, schrieen sie zu Gott. Nach ihrer aufrichtigen Buße glaubten sie daran, dass der allmächtige Gott ihr Gebet erhören und die Philister besiegen würde.

Zweitens: Samuel opferte ein Brandopfer (9-10a). „Samuel nahm ein Milchlamm und opferte dem Herrn ein Brandopfer – als Ganzopfer – und schrie zum Herrn für Israel, und der Herr erhörte ihn.“ Ein Milchlamm ist ein Lamm ohne Fehler. Ein Ganzopfer bedeutet, dass man Gott sein ganzes Herz gibt. Beim Brandopfer wird das Opfer völlig verbrannt und ganz Gott geweiht. Das Brandopfer bezieht sich auf die aufrichtige Buße und auf die Entscheidung des Volkes, sich Gott ganz und gar unterzuordnen. Während Samuel und das Volk Gott ein Brandopfer darbrachten, bewaffneten sich die Philister und marschierten nach Mizpa. Ihr Ziel war es, die ganze Versammlung, in ein Blutbad zu verwandeln. Samuel aber fürchtete sich nicht, sondern vertraute auf den lebendigen und allmächtigen Gott, indem er das Brandopfer darbrachte und mit den Israeliten zu Gott betete.

Sehen wir uns Vers 10 an: „Und während Samuel das Brandopfer opferte, kamen die Philister heran zum Kampf gegen Israel. Aber der Herr ließ donnern mit großem Schall über die Philister am selben Tage und schreckte sie, dass sie vor Israel geschlagen wurden.“ Gott antwortete auf Israels Opfer und Gebet mit einem lauten Donner. Gott gebrauchte den lauten Donner als Waffe, um die Philister zu schlagen. Als Samuel und das Volk Gott opferten und von ganzem Herzen beteten, wurden die Philister unsicher und ängstlich. Sie müssen gedacht haben, dass Gott die zehn Plagen, mit denen einst der Pharao in Ägypten geschlagen worden war, über sie kommen lassen würde. Als Gott es schließlich laut donnern ließ, erschraken sie so sehr, dass sie wie Angsthasen ihre Beine in die Hand nahmen und davonliefen.

Wer ist Gott, daß er seinem Volk so helfen kann? Die Philister waren ein sehr großes Problem und eine sehr reale Bedrohung für die Israeliten. Auch wir werden immer wieder mit vielen Problemen konfrontiert. Dann kann es uns sehr leicht passieren, daß wir Gott vergessen. Aber wie große und wie viele Probleme es auch gibt, sind solche Probleme aus der Sicht Gottes in Wirklichkeit doch gar kein Problem. Gott nimmt solche Bedrohungen und Schwierigkeiten überhaupt nicht zum Problem, sondern es sind die Sünden seines Volkes, die ihm nicht gefallen. Als die Israeliten Buße taten und sich entschieden, Gott allein zu dienen, reagierte Gott sofort; so als ob er die ganze Zeit nur darauf gewartet hätte. Gott erhörte das Gebet der Israeliten und ließ es donnern und schlug das große Heer der Philister in die Flucht. So einfach befreite Gott das Volk Israel aus der Hand der Philister, die ihnen zu mächtig erschienen. Gott hat sie errettet und sich dadurch selbst offenbart. Gott, der die geistliche Erweckung herbeigeführt hatte, antwortete nun so auf die Buße des Volkes.

Und was taten die Israeliten weiter? Als sie sahen, dass Gott ihr Gebet erhört hatte, wurde ihre Kampfmoral wieder hergestellt (11). Sie jagten den Philistern nach und schlugen sie. Als sie Buße taten und allein auf Gott vertrauten und ihn um Hilfe baten, konnten sie an einem so großen Sieg teilhaben wie er seit dem Sieg Simsons über die Philister, nicht mehr geschehen war. Gottes Herrlichkeit, die aus Israel hinweggenommen worden war, kehrte wieder nach Israel zurück. Die geistliche Finsternis endete und Gott wurde wieder der gute Hirte der Israeliten, der sie führte und beschützte.

Götzendienst ist eine sehr ernste Sache, weil Gott geboten hat (2.Mose 20,3) „Du sollst keine anderen Götter haben neben mir.“ Dies ist eine klare Anweisung. Gottes Volk soll nur den einen wahren Gott haben. Durch ihre Buße sollten die Israeliten diesen Zustand wiederherstellen. Das meinte Samuel als er zu ihnen sagte: „so tut von euch die fremden Götter und die Astarten und richtet euer Herz zu dem Herrn und dient ihm allein.“

Und was ist mit uns? Wie sollen wir Buße tun? Wie sollen wir unsere Götzen weg tun und uns ganz zu dem Herrn wenden? Zuerst sollen wir finden, was außer Gott wir in unserem Leben wichtig nehmen bzw. was wir wichtiger nehmen als Gott. Vielleicht ist es der Wunsch nach Sicherheit und Wohlstand in dieser Welt. Vielleicht meinen wir, wir müßten viel Geld verdienen, um uns diesen Wohstand leisten und unser Leben absichern zu können. Wenn es so ist, sollen wir dafür Buße tun. Denn Wohlstand und Sicherheit in dieser Welt zum Ziel unseres Lebens zu machen wäre sehr dumm. Jeder von uns, der schon einmal Donald-Duck-Hefte gelesen hat, hat längst gelernt, daß viel Geld seinen Besitzer nicht glücklich sondern höchstens krank macht und ihm viele Sorgen bereitet.

Was geschieht mit uns, wenn wir auf materiellen Reichtum anstatt auf Gott vertrauen? Wir wollen einmal hören, was Jesus darüber sagt. Er erzählte die Geschichte, von einem Mann, der viel verdient hatte und dachte, daß er nun ausgesorgt hätte und sein Leben viele Jahre lang genießen könnte. „Aber Gott sprach zu ihm: Du Narr! Diese Nacht wird man deine Seele von dir fordern; und wem wird dann gehören, was du angehäuft hast? (21) So geht es dem, der sich Schätze sammelt und ist nicht reich bei Gott.“ (Lk 12,20.21) Dieser Mann ist wirklich bedauernswert. Er war ein Götzendiener, weil er auf seinen Reichtum anstatt auf Gott vertraut hatte. Er hatte die Sorge für sein Wohlergehen und seine Sicherheit im irdischen Leben und im ewigen Leben nicht in die Hand Gottes gelegt.

Worauf vertrauen wir? Auf die Macht des Geldes, welches uns Sicherheit für unser Leben verspricht oder auf die liebevolle Fürsorge unseres Himmlischen Vaters, den wir jederzeit um alles bitten dürfen und der seinen Kindern gerne alles gibt, was sie benötigen.

Was geschieht mit uns, wenn wir unsere Lust und Freude in den Dingen der Welt suchen und nicht bei Gott? Eine andere Geschichte Jesu handelte von einem Mann, „der kleidete sich in Purpur und kostbares Leinen und lebte alle Tage herrlich und in Freuden.“ (Lk 16,19)  Dieser Mann konnte sich alles leisten, was er wollte. Er kleidete sich immer nach der neuesten Mode und tat nur das, was ihm Spaß machte. Er hatte Freude an dem Leben im Luxus und genoß es in vollen Zügen. Da blieb natürlich keine Zeit für Gott. Dieser Mann interessierte sich nicht im Geringsten dafür, was Mose und die Propheten über Gott zu sagen hatten. Er brauchte Gott nicht, denn auch ohne Gott sah sein Leben in dieser Welt wie ein voller Erfolg aus. Schließlich aber kam auch für ihn der Tag, an dem er starb und begraben wurde.

Als er in der jenseitigen Welt wieder erwachte, befand er sich am Ort der Qual. Nun als es zu spät war, erkannte er, was es bedeutet, von Gott getrennt sein zu müssen, für den er sich in seinem ganzen Leben nie interessiert hatte.

Möge Gott uns helfen, nicht den Götzen unserer modernen Zeit zu dienen. Möge Gott uns helfen, sein Wort zu hören und Buße zu tun und ihn allein anzubeten.

2. Eben-Eser (12-17)

Was tat Samuel unmittelbar nach dem Sieg über die Philister. Betrachten wir Vers 12: „Da nahm Samuel einen Stein und stellte ihn auf zwischen Mizpa und Schen und nannte ihn Eben-Eser und sprach: Bis hierher hat uns der Herr geholfen.“ Samuel richtete einen Gedenkstein auf. Warum tat er dies? Er tat dies, um Gott seine Dankbarkeit zu erweisen, der ihnen in der Krisenzeit beigestanden und ihnen diesen Sieg geschenkt hatte. Noah baute auch nach der Sintflut einen Dankaltar. Er dankte Gott, dass er ihn und seine Familie vor der Flut errettet hatte. Josua nahm zwölf Steine und baute damit ein Denkmal nachdem er und die Israeliten mit Gottes Hilfe den Jordan überquert und das verheißene Land erreicht hatten. In gleicher Weise richtete Samuel den Stein „Eben-Eser“ auf. Nachdem Samuel den Stein aufgerichtet hatte, wurde Israel nicht mehr von den Philistern angegriffen. Solange Samuel lebte, hatte Israel Frieden. Jeder, der Gottes Segen empfangen hat, aber der nicht weiß, wie er Gott in seinem Herzen danken soll, der wird den Segen Gottes auch wieder schnell verlieren.

Wir sollten uns immer an Gottes Gnade erinnern, Gott danken und Gott die Ehre geben. Durch Gottes Gnade sind wir zum Bibelstudium eingeladen worden. Bis hierher hat Gott uns im Studium, in unserem selbstständigen Leben und bei der Kindererziehung geholfen. Wir leben nicht unter solch widrigen Bedingungen wie die ersten Christen, unter Verfolgung und Armut. Wir sind privilegiert, das Evangelium nicht im Untergrund, sondern öffentlich und frei weitersagen zu können und leben in guten Bedingungen. Daher ist es für uns sehr wichtig, dass wir Gedenksteine in unserem Herzen aufrichten, statt uns wie demenzkranke alte Leute zu verhalten, die Gottes Gnade schnell vergessen. Um Gottes Gnade in unserem Herzen stets zu erneuern, sollten wir Gedenksteine in unserer Wohnung aufrichten, Gottes Worte oder Fotos aufhängen, die uns an Gottes Gnade erinnern. Auch das Schreiben unseres Lebens- und Glaubenszeugnisses kann ein solcher Gedenkstein sein.

In den Versen 13-14 wird davon berichtet, dass sich die Philister ganz zurückzogen. Auch die Städte und Gebiete, die die Philister einst an sich genommen hatten, wurden zurückerobert. Die Israeliten lebten für die nächsten 50 Jahre in Frieden ohne irgendeine Bedrohung. In den Versen 15-17 wird beschrieben, wie Samuel weiter Richter über Israel war. Er reiste jährlich von Bethel über Gilgal nach Mizpa. Er war eifrig und aufrichtig und erfüllte seine Aufgabe als Richter treu und gewissenhaft. In ihm sehen wir das Bild des guten Hirten.

Durch den heutigen Text haben wir kennengelernt, dass eine geistliche Erweckung immer mit der Buße beginnt. Buße bedeutet nicht nur die Abkehr von allen Götzen in unserem Herzen, sondern auch die Hinwendung zu Gott mit der Entscheidung, Gott allein zu dienen. Die Herrlichkeit Gottes ist aus Deutschland hinweggenommen. Der säkulare Humanismus hat das Wort Gottes aus den meisten Kirchen und aus den Herzen der Menschen geraubt. Inmitten dieser geistlichen Finsternis hat Gott uns berufen, wie Samuel zu sein. Gott helfe uns, dass wir selbst täglich über unseren Götzendienst aufrichtig Buße tun und Gott allein dienen. Möge Gott dadurch eine geistliche Erweckung in Heidelberg und in Deutschland erlauben.

Lesen wir zum Schluß noch einmal den Leitvers 3:

„Samuel aber sprach zum ganzen Hause Israel: Wenn ihr euch von ganzem Herzen zu dem Herrn bekehren wollt, so tut von euch die fremden Götter und die Astarten und richtet euer Herz zu dem Herrn und dient ihm allein, so wird er euch erretten aus der Hand der Philister.

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