Predigt: Psalm 23,1-6 — Ostern 2024

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Der Herr ist mein Hirte

„Der Herr ist mein Hirte, mir wird nichts mangeln.“

(Psalm 23,1)

Frohe Ostern! Millionen von Christen feiern heute Jesus, der von den Toten auferstanden ist! Unser heutiger Text ist wohl der bekannteste der 150 Psalmen und eines der berühmtesten Kapitel in der Bibel. Dafür gibt es wahrscheinlich mehrere Gründe. Denn in diesem Psalm beschreibt der König David in nur sechs Versen mit poetischen Worten, als wen er Gott in seinem Leben erfahren hat. Dieser Psalm hat wohl gerade deshalb so eine starke Anziehungskraft, weil hier nicht etwas allgemein über Gott gelehrt wird, sondern weil David seine ganz persönliche Erfahrung mit Gott wiedergibt. Und gleichzeitig gilt das, was dieser Psalm bezeugt, nicht nur in Bezug auf David, sondern beschreibt Gottes Wesens, das für jeden erfahrbar ist.

Manche fragen sich vielleicht, warum wir diesen Psalm zu Ostern studieren. Diejenigen von uns, die auch an Karfreitag hier waren, haben mit M. gemeinsam den Psalm 22 betrachtet. Dieser Psalm enthält etliche Verse, die das Leiden Jesu am Kreuz genau beschreiben bzw. die sich bei der Kreuzigung Jesu wortwörtlich erfüllt haben; zum Beispiel der Vers: „Sie teilen meine Kleider unter sich und werfen das Los um mein Gewand“ (Ps 22,19)
Der Psalm 22 wird deshalb auch der messianische Leidenspsalm genannt. Während der Verfasser David im Psalm 22 in bedrückender Anschaulichkeit das Leiden Jesu vorausgesagt hat, beschreibt derselbe David im darauf folgenden Psalm 23 sein gesegnetes Leben mit Gott, seinem Hirten. Lasst uns heute Davids Glaubenszeugnis über sein gesegnetes Leben mit Gott, seinem Hirten und dadurch Gott selbst besser kennenlernen! Gott möge uns helfen zu verstehen, inwiefern auch der Psalm 23 prophetisch auf Jesus hinweist und wie seine Aussagen durch Jesu Tod und Auferstehung in vollem Maße in unserem Leben in Erfüllung gehen!

Was hat David über Gott bezeugt? Betrachten wir den Text! Der Psalm beginnt mit den Worten: „Der Herr ist mein Hirte, mir wird nichts mangeln.“ David beschreibt hier zusammenfassend seine Erfahrung in seinem Leben mit Gott. Davids Leben war eigentlich alles andere als einfach oder geradlinig. Wie viele wissen, war David der siebte und jüngste Sohn seines Vaters Isai. Damals spielte das Alter und die Körpergröße noch eine viel größere Rolle als heute. David war relativ klein und sowieso der Jüngste; er musste von klein auf lernen, demütig zu sein, weil seine älteren Brüder alles besser wussten und besser konnten, und er musste oft die Arbeit machen, die kein anderer machen wollte. David musste vor allem Tag und Nacht die Schafe seines Vaters hüten. Dabei zeigte sich, dass er ein mutiger junger Mann mit einem echten Hirtenherz war. Denn wenn ein Löwe oder Wolf kam und eines der Schafe raubte, kämpfte David mit der bloßen Faust gegen das Raubtier und schlug auf es ein, bis es das erbeutete Schaf wieder freigab. Eines Tages kam der Prophet Samuel auf Gottes Befehl hin zu lsais Familie und goss – zur Überraschung aller – Salböl auf Davids Kopf und verkündete ihm, dass Gott ihn zum Fürsten über sein Volk Israel erwählt hatte.

Diese persönliche Verheißung Gottes klang großartig, aber sie bedeutete gar nicht, dass Davids Leben von da an besser oder gar glänzend wurde. Als die Philister das Land belagerten, musste David weiter zu Hause die Schafe hüten und hatte den Job, seinen Brüdern an der Front ab und zu ein Essenspaket zu bringen. Als er bei dieser Gelegenheit über die Lästerungen des riesengroßen Philisters Goliath in heiligen Zorn geriet und ihn zum Kampf herausforderte und ihn mit einer Schleuder und einem Kieselstein tötete, wurde der König Saul auf ihn aufmerksam. David wurde an Sauls Hof geholt und wurde sein persönlicher Diener. Obwohl David alles gab, um Saul als Musiker und als Soldat treu zu dienen, wurde Saul wegen Davids Erfolg im Kampf und seiner wachsenden Popularität eifersüchtig und fing an, ihn zu hassen. Für David begann eine leidvolle Zeit von etwa zehn Jahren, in denen er ständig auf der Flucht leben musste, weil Saul ihn mit seinen Leuten überall im Land verfolgte und ihn umbringen wollte. David wusste nie so recht, wem er vertrauen konnte, weil der König alle im Volk angewiesen hatte, seinen Aufenthaltsort zu verraten. Manchmal konnte David Sauls Männern nur um Haaresbreite entkommen. Wie konnte David so viele Jahre lang in einem relativ kleinen Land wie Israel der Verfolgung durch Sauls Truppen entgehen? Wie konnte David all das auch psychisch aushalten – die ständige Verfolgung und Lebensgefahr, die Tatsache, dass er fast niemandem vertrauen konnte und auf sich selbst gestellt war? Wie konnte David den Widerspruch zwischen der Verheißung Gottes, dass er der König von Israel sein sollte, und der Realität, dass er jahrelang wie der schlimmste Staatsfeind im ganzen Land gejagt wurde ertragen? Wir würden erwarten, dass er an diesem scheinbaren Widerspruch zwischen Gottes Wort und seiner sichtbaren Realität schon längst verzweifelt wäre und seinen Glauben aufgegeben hätte.

Aber was sagte David in Wirklichkeit über Gott? Er bekannte: „Der Herr ist mein Hirte, mir wird nichts mangeln. Er weidet mich auf einer grünen Aue und führet mich zum frischen Wasser. Er erquicket meine Seele. Er führet mich auf rechter Straße um seines Namens willen.“ (Ps 23,1-3)

David bekannte, dass Gott sein guter Hirte ist, der ihn auf grüne Auen und zum frischen Wasser führt. David sagte damit, dass Gott sich immer um ihn gekümmert und ihn versorgt hat. Das ist sowohl geistlich als auch praktisch zu verstehen. Gott hat ihn jahrelang während der Verfolgung versorgt, so dass er immer eine Zuflucht fand und etwas zu essen und zu trinken bekam. Gott hat ihn auch geistlich immer wieder auf eine grüne Aue geführt und ihn in seinem Kummer getröstet und ihn mit seinem Wort und seiner Gegenwart erquickt. Selbst als sich einmal Davids eigene Leute gegen ihn wandten, weil während ihres Feldzugs die Feinde ihre Frauen und Kinder überfallen und getötet hatten, heißt es, dass David sich im Herrn stärkte. David suchte gerade in der Not Gottes Nähe und seine Hilfe, und er empfing von Gott immer neu Trost, Weisheit, Orientierung und Kraft. Wegen unzähliger solcher Erfahrungen hatte David die feste Zuversicht auf Gott: „Der Herr ist mein Hirte, mir wird nichts mangeln.“

Obwohl David solchen Glauben lernte, wurde sein Leben nach Sauls Tod und seiner Einsetzung als König über ganz Israel keineswegs einfach. David musste jahrelang gegen verschiedene Feinde kämpfen, die sich den Israeliten entgegenstellten und sie unterjochen wollten. Er musste Intrigen in seiner Armeeführung und schwere Verbrechen wie Vergewaltigung und Mord durch seine eigenen Söhne erleben. Davids Leben war oft so dramatisch; er muss auch innerlich oft an seine Grenzen gestoßen sein.

Aber in allen Situationen erlebte er, dass Gott bei ihm war und ihn nicht im Stich ließ, dass Gott ihn hörte, wenn er ihn anrief, und ihm treu aus allen Nöten heraus half. Aufgrund unzähliger solcher Erfahrungen bekannte David: „Der Herr ist mein Hirte, mir wird nichts mangeln.“ Er hatte eine feste Zuversicht darauf, dass Gott sein Hirte ist, der ihn nie im Stich lässt. Aufgrund dessen hatte er die Gewissheit, dass es ihm auch in der Zukunft an nichts Wichtigem fehlen wird – anders ausgedrückt hatte er die Zuversicht, dass alles gut werden wird.

Dieses Glaubensbekenntnis war nicht nur oberflächlich, sondern wurde immer wieder auf die Probe gestellt. Es gab in Davids Leben wiederholt auch Zeiten, die für ihn wie ein dunkle Täler waren. Einmal machte sein Sohn Absalom einen gut vorbereiteten Aufstand gegen ihn, sodass David mit seinen Leuten aus Jerusalem fliehen musste. Er wurde vom eigenen Sohn vom Thron gestoßen und aus der Stadt gejagt und musste gegen ihn und seine Landsleute um sein Leben kämpfen, wobei der Ausgang dieses Bürgerkriegs lange ungewiss war. Diese Situation war wirklich traurig und wirklich dramatisch. Das war wohl ziemlich sicher eine der Zeiten, an die David gedacht hat, als er im Vers 4 vom finsteren Tal spricht, oder anders übersetzt vom Tal des Todesschattens. David muss so enttäuscht und so traurig über seinen Sohn und die ganze Situation gewesen sein. Außerdem war sein Leben akut bedroht, weil Absaloms Truppen ihm nachjagten. Aber auch in dieser massiven Notlage half Gott ihm und lenkte die Entwicklung so, dass David zurückkehren und wieder als König eingesetzt werden konnte. So bekennt er im Vers 4: „Und ob ich schon wanderte im finstern Tal, fürchte ich kein Unglück; denn du bist bei mir, dein Stecken und Stab trösten mich.“ David hatte noch etliche andere Probleme erlebt, die wie finstere Täler waren. Aber er geriet nicht in Furcht, weil Gott bei ihm war.

Manche unterstellen den Christen, dass sie nur so lange glauben, wie nichts wirklich Schlimmes in ihrem Leben passiert. Tatsächlich kann vieles im Leben eintreten, was uns wie ein dunkles Tal vorkommt: Wenn wir ein so großes Problem haben, dass wir keine Lösung dafür sehen können; wenn innere oder praktische Nöte so groß werden oder so lang dauern, dass wir kein Licht am Ende des Tunnels sehen; oder wenn wir wegen verschiedener Erfahrungen nach und nach die Vision für unser Leben verlieren und in Traurigkeit geraten, aus der wir gar nicht mehr allein herauskommen.

Der Vers 4 hilft uns zu erkennen, dass es bei Nöten zwei verschiedene Faktoren gibt, nämlich einmal das Problem an sich und zum anderen, wie wir damit umgehen. David spricht vom finsteren Tal, vom Tal der Schatten des Todes, also von Wegstrecken in seinem Leben, bei denen es sehr ernste Probleme gab, die auch bedrohlich aussahen, sogar lebensbedrohlich. Aber im Kontrast dazu betont David, dass er kein Unglück fürchtete. Das heißt, er geriet nicht in Furcht. Was große, scheinbar unlösbare große Probleme wirklich schrecklich macht, ist, wenn wir ihretwegen im Herzen den Glauben an Gott verlieren und deswegen in Furcht geraten, die uns alles fraglich erscheinen lässt und uns in Gefühle der Hilflosigkeit und Verzweiflung stürzt. Dann wird das finstere Tal wirklich schrecklich. Aber David geriet auch im dunklen Tal, wo er keinen Ausweg sehen konnte, nicht in Furcht, sogar auch angesichts des Todesschattens nicht. Warum nicht? Er bekannte: „Denn du bist bei mir, dein Stecken und Stab trösten mich“ (4b). David geriet deshalb nicht in Furcht, weil er bewusst daran festhielt, dass Gott bei ihm ist und dass Gott sein Hirte ist. Er sah in der Not auf Gott, seinen Hirten, und wurde beim Anblick seines Steckens und seines Stabs getröstet. Viele haben schon überlegt, was mit Gottes Stecken und Stab gemeint ist.

lch halte die Auslegung für am überzeugendsten, dass mit Gottes Stecken und Stab sein Wort und sein Heiliger Geist gemeint sind, die uns in jeder Situation an Gottes Gegenwart erinnern und uns trösten. Davids Bekenntnis, dass er auch im finsteren Tal kein Unglück befürchtete, ermutigt uns, in allen Situationen und erst recht bei ernsten Problemen, bewusst an Gottes Gegenwart zu denken und uns durch sein Wort und die Gemeinschaft im Gebet von ihm trösten zu lassen.

Was bezeugte David noch über Gott? Betrachten wir Vers 5: „Du bereitest vor mir einen Tisch im Angesicht meiner Feinde. Du salbest mein Haupt mit Öl und schenkest mir voll ein.“ Hier beschreibt David, wie weit die Güte und Liebe Gottes, seines guten Hirten, geht. Gott schützte ihn nicht nur vor Gefahren oder rettete ihn aus Notlagen. Gott deckte für ihn sogar auch einen Tisch im Angesicht seiner Feinde, salbte sein Haupt mit Öl und schenkte ihm voll ein. Dieser Vers ist offensichtlich gleichnishaft zu verstehen; es wird nirgends in der Bibel berichtet, dass Gott diese Dinge praktisch für David getan hätte, also vor ihm auf dem Schlachtfeld einen Tisch aufgebaut und ihm einen Kelch mit Wein voll einschenkt. Dass diese ausdrücke etwas Geistliches beschreiben, macht die Aussage in diesem Vers nicht weniger faszinierend. Das Haupt mit Öl zu salben, war etwas, was man für sehr geschätzte Gäste tat. Das und für den anderen einen Tisch vorzubereiten und ihm voll einzuschenken, und das trotz Kriegszustand im Angesicht der Feinde zu tun, bringt die verwöhnende Liebe Gottes zum Ausdruck, die David von Gott erfuhr. Gott war der gute Hirte Davids und er rettete ihn nicht nur in akuter Lebensgefahr, sondern er ließ David seine wohltuende Liebe auch darüber hinaus erfahren, die ihn erfreute und erquickte.

Welche Zuversicht hatte David aufgrund all dieser Erfahrungen für seine Zukunft? Er schreibt abschließend im Vers 6: „Gutes und Barmherzigkeit werden mir folgen mein Leben lang, und ich werde bleiben im Haus des Herrn immerdar.“ Weil David wusste und immer wieder erfahren hatte, dass Gott sein guter Hirte ist, hatte er in seiner Gegenwart keine Angst vor einem Unglück, sondern hatte eine positive Sicht auf seine Zukunft. Praktisch gesehen war Davids Zukunft zu keinem Zeitpunkt sichergestellt, weder was seine eigene Gesundheit anging noch familiär noch politisch-militärisch. Aber durch den Glauben an Gott, der sein guter Hirte war, hatte David eine feste Zuversicht, dass ihm auch in der Zukunft sein Leben lang Gutes und Barmherzigkeit folgen würde. Er hatte insbesondere die Zuversicht, dass er immer im Haus des Herrn bleiben würde. Damit drückte er seine Zuversicht aus, dass er immer in einer richtigen Beziehung zu Gott bleiben und ewig mit ihm Gemeinschaft haben würde. War David so sicher, dass ihn keine Angriffe oder Gefahren von außen bedrohten? Oder war er sicher, dass er von sich aus nie sündigen würde und dadurch sein Bleiben im Haus Gottes bzw. in der Beziehung zu ihm gefährden könnte? David konnte sich weder des einen noch des anderen sicher sein. Im Gegenteil: Seine Erfahrung hatten ihn gelehrt, wie viele Gefahren und Problem in seinem Leben jederzeit auftauchen konnten. Er konnte sich keineswegs auf sich selbst verlassen, sondern er war schwach und für Versuchung anfällig und potenziell jederzeit fallen konnte. Aber David war sich trotzdem so sicher, dass ihm sein Leben lang Gutes und Gottes Barmherzigkeit folgen würden. Er war sich gewiss, dass er für immer bei Gott bleiben würde, weil er wusste, dass Gott sein guter Hirte ist, der ihn nie im Stich lassen, sondern ihn immer schützen, führen und leiten würde; und dass Gott dafür sorgen würde, dass er ewig bei ihm bleibt.

Wir sind beeindruckt, wie treu Gott tatsächlich mit König David war und wie Zuverlässig er ihn in seinem Leben begleitet, beschützt und aus den unterschiedlichsten Nöten gerettet hat. Und hier kommt die für uns wichtige Frage? Können wir dieselbe Zuversicht haben? An sich nicht. David war in vieler Hinsicht kein gewöhnlicher Mann, mit dem wir uns einfach vergleichen können. David war ein vielseitig talentierter Mensch, er war ein begnadeter Dichter und Musiker, ein erfolgreicher Feldherr und König über das Volk Israel, das es vierzig Jahre lang weise regierte. Er war ein treuer und mutiger Mann, der für die Gerechtigkeit und den Schutz seines Volks auf Leben und Tod kämpfte. Vor allem liebte David Gott von ganzem Herzen und diente ihm in vorbildlicher Weise. David ist die Hauptperson im Buch Samuel und wurde selbst der Autor vieler Psalmen und damit ein Mitautor der Bibel. David wurde und wird bis heute in Israel als der beste König verehrt und galt als ein Sinnbild für den wahren König, den Messias den Gott zu senden verheißen hat. Tatsächlich gab Gott David, als er alt war, die Verheißung eines Nachkommen, dem Gott den Thron ewig bestätigen würde. Die Juden verstanden es so, dass sich diese Verheißung auf den Messias bezog, den von Gott verheißenen König und Retter, der ein Reich mit Gerechtigkeit aufrichten und ewig regieren würde. Deshalb haben die Juden den Messias auch „den Sohn Davids“ genannt. David war ein Hinweis auf den wahren König und Retter, der kommen sollte. David war also eine Art Ausnahme-Mensch, jemand, mit dem wir uns nicht so leicht vergleichen können. Wer kann einfach sagen, dass er wie David Gott lieben und ihm dienen und sein Leben lang in der Liebesbeziehung zu ihm leben kann?

Andererseits haben wir vorhin schon festgestellt, dass David keineswegs vollkommen war, dass er auch Schwächen hatte, sich gerirrt hat und zum Teil in schwere Sünde geriet. Dass David sein Leben lang in einer Liebesbeziehung zu Gott und unter seiner Führung leben konnte, war also nicht wegen Davids Treue oder seine anderen Qualitäten. Es war wegen Gottes Barmherzigkeit, aus der er ihn treu liebte und sein guter Hirte war.

David war auch ein Sünder, der es nicht verdient hatte, dass Gott ihn ansieht, geschweige denn dass er immer bei ihm ist und ihm sein Leben lang hilft. Dass Gott sein Hirte war und ihn sein ganzes Leben lang leitete und schützte, wie es Psalm 23 beschreibt, war allein Gottes Barmherzigkeit. Diese Barmherzigkeit war es, worauf David vertraute und woraus er die Zuversicht schöpfte, dass ihn sein Leben lang Gutes und Barmherzigkeit begleiten und er immerdar im Haus des Herrn bleiben würde. Deshalb weist Davids Leben auf das Bedürfnis der Menschen nach dem guten Hirten hin, der die schwachen, fehlbaren Menschen mit Gottes Barmherzigkeit schützt und leitet.

Deshalb wird in Psalm 23 nicht David, seine Treue oder andere Eigenschaften gepriesen, sondern Gott, der mit seiner Güte und Barmherzigkeit David geliebt und sein guter Hirte gewesen ist. Der Psalm beschreibt das gesegnete Leben, das David trotz vieler Probleme führen konnte, weil Gott sein Hirte war und ihn mit seiner Liebe und Barmherzigkeit führte. Dieses gesegnete Leben Davids war ein Hinweis, dass wir Menschen alle den guten Hirten brauchen, den wahren König, der kommen sollte. Gottes Barmherzigkeit mit den Sündern trieb Gott dazu, nach seinem Plan schließlich tatsächlich seinen einzigen Sohn in die Welt zu senden. Das tat Gott, damit er für uns und alle gewöhnlichen Menschen der gute Hirte wird, der uns aus der Sünde rettet und uns auf den rechten Weg mit ihm leitet und in die ewige Gemeinschaft mit ihm führt. Jesus kam als ein schwaches Kind auf die Erde und wohnte mitten unter uns. Er ging gerade nicht zu den Frommen, den Reichen und Erfolgreichen, sondern predigte dem Volk die frohe Botschaft von Gottes Liebe und seinem Reich. Jesus offenbarte sich selbst im Johannesevangelium mit den Worten: „lch bin der gute Hirte. Der gute Hirte lässt sein Leben für die Schafe.“ (Joh 10,11)

Jesus ist der gute Hirte für alle Menschen – auch die gewöhnlichen. Jesus half den Schwachen und Kranken und wurde ein Hirte für die Menschen, die ihr Leben nicht auf die Reihe bekamen, wie Zöllner und Prostituierte. Er half einer Frau, die fünfmal geheiratet hatte, weil sie bei einem idealen Partner ihr Glück suchte, bis sie Jesus als Messias erkannte und ihn anbetete. Er half einem Mann, der schon so lange krank war, dass er selbst den Wunsch und die Hoffnung auf Heilung verloren hatte. Jesus half Zolleintreibern, von ihrer Geldgier frei zu werden, und Soldaten, barmherzig zu sein. Mit seiner Barmherzigkeit wurde Jesus der gute Hirte für alle Menschen. Jesus sagte: „lch bin der gute Hirte. Der gute Hirte lässt sein Leben für die Schafe.“ Um allen Arten von Sündern wirklich ein Leben in einer beständigen und heilen Beziehung zu Gott zu ermöglichen, wie es im Psalm 23 beschrieben ist, musste Jesus unsere Sünden auf sich nehmen und am Kreuz dafür sterben. Aus seiner göttlichen Barmherzigkeit nahm Jesus tatsächlich unsere Sünde auf sich und bezahlte dafür am Kreuz die Strafe mit seinem eigenen Blut (d.h. Leben). So hat er sich als der gute Hirte offenbart. Am Kreuz trug er die Sünde aller Menschen, der ganzen Welt, damit die Sünde, die auch ein Hindernis zwischen David und Gott war und die uns von Gott getrennt hat, zu tilgen, sodass wir ein gesegnetes Leben unter Gottes Leitung führen können. Dadurch dass er am Kreuz starb und auferstand, ist er der gute Hirte für uns alle geworden, damit wir unter seinem Schutz und unter seiner Leitung täglich mit Gott und für ihn leben und in Ewigkeit mit ihm Gemeinschaft haben können. Jesus ist der gute Hirte, der durch seinen Tod am Kreuz und durch seine Auferstehung unser guter Hirte geworden ist und uns auf täglich auf die grüne Aue und zu seinem frischen Wasser führt! Jesus leitet uns auf der rechten Straße, indem wir allein aus dem Glauben an ihn leben können. Selbst wenn wir durch ein finsteres Tal gehen müssen, wo wir keinen Ausweg sehen, dürfen wir 100%ig sicher sein, dass er bei uns ist, und uns täglich durch sein Wort und seinen Geist trösten lassen, bis er uns aus dem Tal herausgeführt hat. Weil Jesus als unser guter Hirte am Kreuz für uns gestorben ist, brauchen wir uns nie vor Unglück zu fürchten, sondern dürfen Ruhe haben, weil er uns schützt und uns vollständig in der Hand hat. Weil Jesus der gute Hirte ist und für unsere Sünde gestorben und auferstanden ist, dürfen wir sicher sein, dass uns unser Leben lang Gutes und Barmherzigkeit begleiten wird. Weil Jesus am Kreuz gestorben ist und auferstanden ist, dürfen wir Zuversicht haben, dass wir immerdar in seinem Haus bleiben und ihn in Ewigkeit in seinem Reich anbeten werden. Dank sei Jesus, der unser guter Hirte geworden ist. Halleluja!

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Fragebogen: Psalm 23,1-6 — Ostern 2024

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Der Herr ist mein Hirte

„Der Herr ist mein Hirte; mir wird nichts mangeln.“

(Psalm 23,6)

  1. Dieser Psalm ist eine Art Glaubensbekenntnis von David. Was bedeutet es, dass er Gott als seinen Hirten bezeichnet hat? Denke darüber nach, was er damit über Gott aussagt. Welche Zuversicht hatte er aufgrund dessen für sein Leben (1b)?
  2. Was tut der gute Hirte für ihn nach den Versen 2 und 3? Was ist damit gemeint?
  3. Warum fürchtet sich der Verfasser auch im finsteren Tal vor keinem Unglück (4)? Was ist damit gemeint?
  4. Was tut Gott noch für ihn und was ist damit gemeint (5)? Welche feste Zuversicht hat der Verfasser deshalb für seine Zukunft (6)?
  5. Jesus hat im Johannesevangelium verkündet: „Ich bin der gute Hirte“ (Johannes 10,11). Denke darüber nach, inwiefern sich die Aussagen in diesem Psalm auf Jesus beziehen. Inwiefern hat Jesus durch seinen Tod und seine Auferstehung ermöglicht, dass wir in vollem Maß erleben können, was im Psalm 23 gesagt wird? Inwiefern hast du das in deinem Leben bisher erfahren, und welche Zuversicht darfst du für die Zukunft haben?
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Predigt: Markus 16,1-20 — Sonderlektion Ostern 2023

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Der Glaube an die Auferstehung

„Er aber spricht zu ihnen: Entsetzt euch nicht! Ihr sucht Jesus, den Nazarener, den Gekreuzigten. Er ist auferweckt worden, er ist nicht hier. Siehe da die Stätte, wo sie ihn hingelegt hatten“

(Markus 16,6)

Frohe Ostern! An Ostern feiern wir jährlich eines der bedeutungsvollsten Ereignisse der Menschheitsgeschichte: die Auferstehung Jesu Christi. Mit ihr wurde ein jahrtausendealter, bis dahin unbesiegbarer Feind aller Menschen besiegt: der Tod. Die Auferstehung Jesu Christi schaffte den Durchbruch für die Auferstehung vieler anderer Menschen. Doch wie großartig die Auferstehung Jesu Christi auch ist, ist sie doch auch gleichzeitig eines der Ereignisse, das von der Mehrheit nicht geglaubt wird. Nicht nur der moderne, aufgeklärte Mensch zweifelt die Auferstehung an, sondern selbst die Jünger hatten Schwierigkeiten damit gehabt. Doch der heutige Text aus Markus 16 macht deutlich, wie Jesus seinen Jüngern half, an die Auferstehung zu glauben. Durch diesen Text bekommen wir Antworten auf zwei wichtige Fragen bzgl. des Glaubens an die Auferstehung:
1. Was gebraucht Jesus, um zum Glauben an die Auferstehung zu verhelfen?
2. Warum ist es notwendig, an die Auferstehung zu glauben?

1. Zeugnisse der Auferstehung (V.1-14)
Der heutige Text aus Markus 16 beinhaltet drei Zeugnisse von der Auferstehung Jesu. Zuallererst berichtet Vers 6 von jemandem, der die Auferstehung bezeugt. Ein junger Mann im Grab Jesu, bekleidet mit einem weißen Gewand. Aus den anderen Evangelien wissen wir, dass es sich bei dem weißen Gewand um ein strahlendes Gewand handelte. Dieser junge Mann war eindeutig ein Engel. Sein Zeugnis von der Auferstehung lautet so:
Entsetzt euch nicht! Ihr sucht Jesus, den Nazarener, den Gekreuzigten. Er ist aufer-weckt worden, er ist nicht hier. Siehe da die Stätte, wo sie ihn hingelegt hatten.
Das Zeugnis des Engels ist klipp und klar. Es gab mehrere Menschen, die Jesus hießen. Aber der Engel macht deutlich, genau der Jesus, der aus Nazareth kommt, der Jesus, der vor drei Tagen gekreuzigt worden ist, eben der Jesus ist auferstanden und lebt! Sie suchten Jesus als den Gekreuzigten, also sie suchten Jesus als den Toten. Aber der Engel sagte: „Er ist nicht hier“. Sie sollten Jesus als den Lebenden suchen. Das Zeugnis eines Engels hat natürlich mehr Gewicht als das eines Menschen. Schon allein diese Tatsache machte sein Zeugnis glaubwürdig. Nichtsdestotrotz wurde das Zeugnis des Engels durch zwei wundersame Tatsachen bekräftigt: 1. Der weggerollte Stein vor dem Grab. So ein Grabstein hatte die Größe eines Wagenrades (vgl. POHL 1986: 580 [1]). So ein Wagenrad konnte einen Durchmesser bis zu knapp einem Meter haben. Der Stein vor dem Grab musste also ein ordentliches Gewicht gehabt haben. Doch ohne Zutun von menschlicher Kraft war der Stein auf einmal weggerollt. Eine große Kraft hatte gewirkt. Es war eben dieselbe Kraft, die Jesus von den Toten auferstehen ließ. Der weggerollte Stein bezeugt also die Kraft der Auferstehung; 2. das leere Grab. Der Engel sagt: „Siehe, da die Stätte, wo sie ihn hingelegt hatten.“ Der Ort, wo Jesus gelegen hatte, war aufgeräumt. Johannes 20,7 berichtet: „… das Schweißtuch, das auf seinem Haupt war, nicht zwischen den Leinentüchern liegen, sondern für sich zusammengewickelt an einem ⟨besonderen⟩ Ort.“ Das aufgeräumte Grab machte also einen Diebstahl unwahrscheinlich, erstrecht, weil das Grab bis vor Kurzem noch mit einem schweren Stein verschlossen war. Die einzige sinnvolle Erklärung für die Abwesenheit des Leichnams von Jesus ist, dass er tatsächlich auferstanden war.
Das zweite Zeugnis von der Auferstehung Jesu erfahren wir in Vers 11. Es ist das Zeugnis von Maria Magdalena. Maria liebte den Herrn Jesus sehr. Daher war Maria sehr traurig gewesen. Wie froh muss sie gewesen sein, als sie erfahren hatte, dass Jesus auferstanden ist. Sie konnte diese Freude nicht für sich behalten. Sie bezeugte: Jesus lebt! Sie legte dieses Zeugnis vor denen ab, die mit Jesus waren, trauerten und weinten, wie es in Vers 10 steht. Bestimmt war sie vor der Begegnung mit dem auferstandenen Jesus unter ihnen gewesen und hatte mit ihnen viel geheult, wie so auf einer Beerdigung. Orientalische Beerdigungen können so richtig laut sein. Oft werden da nicht nur einfach ein paar Tränen vergossen, wird nicht einfach nur leise vor sich hin geschnieft. Zwei Mal habe ich es erlebt, dass dort wie am Spieß geschrien wird. Weil Maria Jesus so sehr lieb hatte, hat sie vielleicht am lautesten geschrien. Aber nach der Begegnung mit Jesus bezeugte sie voller Freude: „Jesus lebt!“ Ihre krasse Veränderung bekräftigte ihr Zeugnis. Denn sie lässt sich nur damit erklären, dass sie Jesus tatsächlich begegnet war.
Vom dritten Zeugnis erfahren wir in Vers 13. Hier ist offenbar von den Emmaus-Jüngern die Rede. Darüber berichtet das Lukas-Evangelium ausführlich (Lukas 14,13-53). Das Zeugnis der Emmaus-Jünger ist auch ein sehr glaubwürdiges Zeugnis. Als Jesus ihnen begegnete, gab er sich ihnen nicht sogleich zu erkennen. Jesus legte ihnen zuerst die Schrift aus. Er machte ihnen deutlich, dass seine Kreuzigung und Auferstehung in der Bibel klar belegt sind. Erst danach gab er sich ihnen zu erkennen. Nach der Begegnung mit Jesus bezeugten sie den Jüngern: „Der Herr ist wirklich auferweckt worden.“ Die Zeugnisse von der Auferstehung Jesu sind keine mystischen oder spirituellen Erlebnisse und Erfahrungen. Nein, sie sind fundiert, und zwar in der Schrift. Sie decken sich mit dem, was die Bibel sagt. Sollte dies nicht so sein, sollte man ihnen auch nicht glauben.
Schließlich wurden auch die Jünger Zeugen der Auferstehung. Dass ausgerechnet die, die trotz vieler Zeugnisse nicht geglaubt hatten, schließlich selber zu Zeugen der Auferstehung wurden, ist wohl eines der glaubwürdigsten Zeugnisse für die Auferstehung.
Alle diese Zeugnisse bezeugen ein und dieselbe Botschaft: Jesus ist wahrhaftig auferstanden! Jesus lebt! Es gibt Hoffnung, die niemand nehmen kann. Vor der Begegnung mit dem auferstandenen Jesus waren die Jünger voll von Enttäuschung, Traurigkeit, Frustration, Schuldgefühlen und Angst. Doch diesem allem bereitete die Hoffnung kraft der Auferstehung Jesu ein Ende. Wie groß auch eine Traurigkeit sein mag, die Hoffnung in der Auferstehung Jesu steht drüber. Wie groß auch eine Enttäuschung sein mag, die Hoffnung in der Auferstehung Jesu steht drüber. Wie groß auch Schuldgefühle und Ängste sein mögen, die Hoffnung in der Auferstehung Jesu steht drüber. Durch sie können alles Leid, Traurigkeit und Schuld überwunden werden.
Im Vers 14 tadelte Jesus seine Jünger, dass sie denen nicht geglaubt hatten, die ihn als auferweckt gesehen hatten. Jesus wollte die Zeugnisse über seine Auferstehung gebrauchen, um seinen Jüngern zu helfen, an die Auferstehung zu glauben. Die Zeugnisse über die Auferstehung Jesu können helfen, Schwierigkeiten an die Auferstehung zu glauben, zu überwinden. Übrigens gibt es diese Zeugnisse ja nicht allein in der Bibel, sondern auch in zahlreichen Lebensgeschichten. Es gibt unzählige Zeugnisse von Menschen, die bezeugen, dass Jesus auferstanden ist. Weder die Frauen noch die Emmaus-Jünger waren dabei gewesen, als Jesus auferstanden war. Sie sind keine Augenzeugen von dem Auferstehungsvorgang selbst gewesen, sondern eher davon, dass Jesus lebt. Das ist mit den Lebenszeugnissen von Gläubigen heute nicht anders, sofern sie im Einklang mit der Schrift stehen. Auch diese möchte Jesus gebrauchen, um Menschen zum Glauben an die Auferstehung zu verhelfen. Dein Zeugnis zählt!

Mein persönliches Zeugnis war ein Erlebnis vor schätzungsweise 12 Jahren. Damals studierten wir die Verfolgung Davids durch Saul. Durch die Person von Saul erkannte ich mich bzw. meine Sündhaftigkeit tiefer, sodass ich in ein großes Weinen ausbrach. Kurze Zeit später, ich glaube, es war noch derselbe Tag, floss ein Strom der Liebe Gottes in mein Herz. Diese Liebe bezeugte mir: „Ich bin von Gott geliebt, einfach, weil ich sein Kind bin, nicht weil ich dies oder jenes für ihn getan habe“. Vorher hatte ich in einem christlichen Buch gelesen, dass man das, was man mit Gott erlebt hat, nicht besser beschreiben kann, als wie es die Bibel beschreibt. Und so war es auch. Ich konnte dieses Erlebnis biblisch sofort zuordnen. Ich erlebte das, was in Römer 5,5 beschrieben wird: „… denn die Liebe Gottes ist ausgegossen in unsere Herzen durch den Heiligen Geist, der uns gegeben worden ist.“ Dieses damalige Erlebnis erinnert mich heute an die Strophe eines Liedes: Du fragst: „Wie weißt du’s, dass er lebt? Er lebt im Herzen mir!“
Manche Menschen halten was von Jesus, finden ihn interessant, sind bereit, ihn kennenzulernen, aber sie glauben nicht an seine Auferstehung. Sie suchen sozusagen Jesus bei den Toten. Solchen würde der Engel sagen: „Er ist nicht hier.“ Man soll Jesus bei den Lebenden suchen. Man kann dies tun, indem man den Zeugnissen der Auferstehung Gehör schenkt, sie ernst nimmt. Wofür kann das hilfreich sein? Es kann eine Hilfe oder eine Art Vorbereitung dafür sein, dem auferstandenen Herrn Jesus selbst zu begegnen.
Sowohl bei den Jüngern als auch bei den Frauen als auch bei den Emmaus-Jüngern blieb es nicht nur bei einem Zeugnis. In allen drei Fällen kam es auch zu einer persönlichen Begegnung mit dem Herrn Jesus. Dies wissen wir z. T. aus den anderen Evangelien. Die persönliche Begegnung mit dem auferstandenen Jesus ist immer anders, aber doch so, dass man hernach im Herzen weiß: „Jesus lebt!“ In Römer 10,9 heißt es: „… und glaubst in deinem Herzen, dass ihn Gott von den Toten auferweckt hat, so wirst du gerettet.“ Jeder braucht die Begegnung mit dem auferstandenen Jesus. Und das Wunderbare ist, jeder kann und darf die Begegnung mit dem auferstandenen Jesus haben. Jeder, der will, darf sein persönliches Ostern erleben. Suche daher den Herrn nicht bei den Toten, sondern bei den Lebenden!

Allerdings waren die Jünger, was den Glauben von Auferstehungszeugnissen angeht, kein gutes Beispiel gewesen. Mehrfach heißt es über sie: „und sie glaubten nicht“. Was war das Problem? War die Beweislage nicht klar genug gewesen? Waren die Zeugen unglaubwürdig? Waren sie vom Typ her halt eben Skeptiker? Lag es daran, dass die Auferstehung halt schwer vorstellbar ist? Vielleicht haben diese Gründe in irgendeiner Weise mitgespielt. Aber sie waren nicht das eigentliche Problem. Das eigentliche Problem war ein geistliches Problem. Am Ende von Vers 14 steht: „[Jesus] schalt ihren Unglauben und ihre Herzenshärtigkeit …“ Unglauben und Herzenshärte waren das Problem. Unglaube ist nicht dasselbe wie Zweifel, sondern der Unwille zu glauben. Ein hartes Herz ist gegenüber dem Wort Gottes und seinen Offenbarungen unempfindlich [2]. Einfach gesagt: Das, was Gott einem sagt, und das, was Gott einem zeigt, ist einem hartherzigen Menschen schnuppe. Was könnte das Herz der Jünger hart und sie so unwillig gemacht haben, an die Auferstehung zu glauben? Die Jünger waren Jesus drei Jahre lang nachgefolgt und hatten alles für ihn verlassen. Sie hatten große Hoffnungen in Jesus gesetzt. Doch dann wurde er ermordet: ihr Held am Kreuz. Und sie waren ohne Jesus nichts mehr gewesen. Die Kreuzigung war ja nur wenige Tage her gewesen, noch am selben Wochenende. Alles war noch sehr frisch. Sie waren voll von Enttäuschung, Traurigkeit, Frustration, Schuldgefühle, Angst usw. Möglicherweise waren es diese Dinge, die sie unwillig machten, weiter zu glauben. Schmerzhafte Erfahrungen können das Herz hart und unwillig machen, weiter zu glauben. Einmal lud ich eine Studentin zum gemeinsamen Bibellesen ein. Aber daraufhin fing sie an zu weinen. Es war ein Weinen aus tiefster Seele. Sie lehnte die Einladung ab, weil sie bzgl. des christlichen Glaubens schmerzhafte Erfahrungen gemacht habe. Auch heute gibt es viele Menschen, die schmerzhafte Erfahrungen mit Gott gemacht haben. Gott handelte und reagierte anders in ihrem Leben, als sie es sich vorgestellt haben. Aber es sind nicht nur schmerzhafte Erfahrungen, die das Herz hart und ungläubig gegenüber der Auferstehung machen. Die Jünger hatten bzgl. Jesus irdische Hoffnungen gehabt. Sie konnten mit einem himmlischen Messias nichts anfangen. Wer seine Hoffnung auf irdische Ziele setzt, macht sein Herz hart und ungläubig gegenüber der Botschaft der Auferstehung. Man hat dann kein Interesse an die Auferstehung. Wenn es den Zwölfen passieren konnte, dann kann es auch heute gläubigen Menschen passieren, dass mit der Zeit ihr Herz hart und ungläubig wird. Die Folge ist, dass die Freude und Hoffnung, die die Botschaft der Auferstehung mit sich bringt, verblasst. Umgekehrt kann man aber auch sagen: Die Auferstehung Jesu ist so großartig und so wunderbar, dass sie harte Herzen aufschmelzen kann. Möge dies gerade in der Osterzeit in vielfacher Weise unter uns geschehen.
Jesus hatte den Jüngern eine mehrfache Hilfe gegeben, um ihnen zum Glauben an die Auferstehung zu verhelfen. Ihm lag sehr viel daran, dass sie einen persönlichen Glauben an die Auferstehung haben. Warum war ihm das so wichtig?

2. Der Missionsauftrag (V.15-20)
Nachdem Jesus ihnen geholfen hatte, an seine Auferstehung zu glauben, gab er ihnen den Auftrag: „Geht hin in die ganze Welt und predigt das Evangelium der ganzen Schöpfung!“ Die Botschaft des Evangeliums ist so großartig, dass die ganze Welt davon erfahren soll. Sie ist so gnädig, dass sie für die ganze Schöpfung gilt, kein Mensch ist davon ausgeschlossen. Jeder Mensch darf an dieser Gnade teilhaben. Was muss daher mit dem Evangelium gemacht werden? Jesus sagt: „Geht hin … und predigt“. Hin zu den verlorenen Menschen, hin zu ihnen und ihnen das Evangelium predigen. Den Kern des Evangeliums macht ja die Botschaft von Jesu Kreuzigung und Auferstehung aus. Nun nach dem die Jünger zum persönlichen Glauben an die Auferstehung Jesu gekommen waren, konnten und sollten sie das weitergeben, was sie selbst empfangen hatten. Sie sollten es nicht für sich behalten, sondern allen Menschen davon erzählen.
Warum ist das so wichtig, das Evangelium weiterzugeben? Vers 16 verrät es uns: „Wer gläubig geworden und getauft worden ist, wird gerettet werden; wer aber ungläubig ist, wird verdammt werden.“ Die Reaktion auf das Evangelium entscheidet, ob man errettet wird oder nicht, entscheidet über die Frage der Ewigkeit bzw. über die Frage von Himmel und Verdammnis. Menschen sind von Natur aus verdammt. Sie brauchen Rettung. Sie wissen nicht einmal, dass sie Rettung brauchen. Aber wenn sie nur der gehörten Botschaft glauben, werden sie schon errettet werden. Wie schade wäre es, wenn sie nicht einmal die Botschaft hören würden!
Jesus hatte sich bei seinen Jüngern sehr um den Glauben an die Auferstehung bemüht, weil sie ohne diesen Glauben nicht in der Lage gewesen wären, das Evangelium weiterzugeben. Wer zum persönlichen Glauben an die Auferstehung Jesu gefunden hat, soll diesen nicht für sich behalten, sondern weitergeben bzw. die Botschaft des Evangeliums verbreiten.
Im Vers 20 erfahren wir, dass die Jünger diesen Auftrag befolgten. Sie predigten überall das Evangelium, obgleich sie viel Widerstand erfahren hatten. Wie konnten sie diesen Auftrag erfüllen? Durch den Glauben an die Auferstehung wussten die Jünger, dass Jesus nun zur Rechten Gottes sitzt, wie es in Vers 19 steht. Damit wussten sie auch, dass sie einen gottgleichen, einen starken, einen allmächtigen Herrn haben, dass Jesus alles unter Kontrolle hat und dass Jesus seine göttliche Allmacht für den Missionsauftrag zur Verfügung stellt. Jesus enttäuschte diesen Glauben nicht. Vers 20 berichtet, dass Jesus den Dienst der Jünger mit seiner Wirksamkeit segnete und die Botschaft des Evangeliums mit Zeichen bekräftigte. Diese Zeichen werden in den Versen 17 und 18 aufgelistet. Diese Zeichen wären natürlich nicht möglich, wenn Jesus nicht auferstanden wäre. Diese Zeichen bewiesen, dass Jesus lebt und mächtig am Wirken ist.
Durch den Glauben an die Auferstehung Jesu können wir im Wissen leben, dass wir einen Herrn haben, der zur Rechten Gottes sitzt, dass wir einen Herrn haben, der über alles erhaben ist, dass wir einen Herrn haben, der alles unter Kontrolle hat und dem nichts unmöglich ist. Dies zu wissen befähigt uns, mit Mut und Zuversicht das Evangelium zu verkündigen, allem Widerstand zum Trotz. Dies zu wissen, befähigt uns auch getrost zu sein, auch wenn alles gerade außer Kontrolle gerät. Es befähigt uns, Ruhe und Frieden in den heftigsten Stürmen zu haben.
In diesem Sinne wünsche ich uns allen eine fröhliche, friedliche und trostvolle Osterzeit.

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1 POHL, A. 1986: Das Evangelium des Markus. Erklärt von Adolf Pohl. In: Wuppertaler Studienbibel, S. 580. SCM. R. Brockhaus.
2 Mit „hartes Herz“ meint die Bibel nicht, was wir unter „Hartherzigkeit“ verstehen. Letzteres meint eher Unbarmherzigkeit.

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Fragebogen: Markus 16,1-20 — Sonderlektion Ostern 2023

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Zeichensatz

Er ist auferstanden

„Er aber sprach zu ihnen: Entsetzt euch nicht! Ihr sucht Jesus von Nazareth, den Gekreuzigten. Er ist auferstanden, er ist nicht hier. Siehe da die Stätte, wo sie ihn hinlegten.“

(Markus 16,6)

  1. Warum gingen die hier erwähnten Frauen am Sonntagmorgen zum Grab (1.2)? Warum entsetzten sie sich, als sie in Jesu Grab hineingingen (5)?
  2. Denke über die Nachricht nach, die der Engel verkündete (6). In welcher Hinsicht ist diese Nachricht die Hauptbotschaft der Bibel (1. Mose 3,15; Apg 2,23-28)? Welche Hoffnung bewirkt sie (Apg 2,32.33)? Welchen Auftrag gab der Engel den Frauen, und wie reagierten sie darauf (7.8)?
  3. Wer war der erste Mensch, dem der auferstandene Jesus erschien (9)? Wie reagierten die Elf auf die Nachricht (11)? Wer brachte ihnen die gute Nachricht von Jesu Auferstehung noch (Lukas Kap. 24) und wie reagierten sie darauf (12.13)?
  4. Wie half Jesus seinen ungläubigen Jüngern (14)? Welchen Befehl gab er ihnen (15)? Welche Bedeutung hat das Evangelium für alle Menschen (16)? Welche Macht und welchen Schutz versprach Jesus den Evange­liums­arbeitern (17.18)?
  5. Was tat Jesus, nachdem er mit ihnen geredet hatte (19)? Was taten die Jünger? Was hatte sie so verändert (20)?
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