Predigt: Apostelgeschichte 25,23 und 26,9-29

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Warum Jesus?

„Darauf sagte Agrippa zu Paulus: Bald überredest du mich und machst mich zum Christen. Paulus antwortete: Ich wünschte mir von Gott, dass bald oder später nicht nur du, sondern alle, die mich heute hören, das werden, was ich bin, freilich ohne diese Fesseln.“

(Apostelgeschichte 26,28.29 [EHÜ])

Der Text, der gerade vorgelesen wurde, ist ein Ausschnitt aus Paulus‘ Verteidigungsrede. Wir könnten denken: „Schon wieder eine Rede!“ Genau, schon wieder eine. Aber nichts in dieser Rede ist in irgendeiner Form leblos oder langweilig.Vor 17 Jahren war ich Doktorand und hatte zum ersten Mal an einem wissenschaftlichen Kongress teilgenommen. Wissenschaftliche Konferenzen sind ziemlich langweilig, wenn man nicht auf dem Gebiet arbeitet und wenn man sich nicht brennend für die Materie interessiert. Aber dieser erste Kongress ist mir in Erinnerung geblieben, weil er wirklich aufregend war. Einer der geladenen Ehrengäste war ein Virologe namens Robert Gallo, der einer der Mitentdecker von HIV war. Während seines Vortrags gab es ein Paar, das plötzlich mitten drin den Redner unterbrach: „Das stimmt alles gar nicht, was du erzählst! Du bist ein Lügner!“ Dieses Paar saß nur ein oder zwei Reihen vor mir. Robert Gallo war kein Kind von Traurigkeit und hatte die zwei Leute mit wenigen scharfen Worten ziemlich schnell zum Schweigen gebracht. Das war alles andere als langweilig.
Während der Rede von Paulus gab es ebenfalls einen Zwischenruf. Der römische Statthalter Festus unterbrach Paulus‘ Rede und rief laut: „Paulus, du bist wahnsinnig! Du hast nicht mehr alle Tassen im Schrank!“ Paulus war nicht eingeschüchtert. Mit ruhigen, nüchternen Worten sagte er: „Ich bin nicht verrückt, ehrwürdigster Festus. Was ich sage, ist wahr und meine Worte sind vernünftig.“ (Apg 26,25 [NLB]) Die Rede von Paulus ist unglaublich dicht gepackt und tief. Wir wollen seine Rede aus folgendem Blickwinkel betrachten: Warum war Paulus ein entschiedener und auch radikaler Anhänger Jesu? Nicht radikal im Sinne von gewalttätig, sondern radikal in seiner Hingabe, radikal im Sinne von, wie viel er bereit war, für Jesus zu leiden. Warum also Jesus?
Aus mindestens vier Gründen: erstens, Jesus begegnete ihm persönlich; zweitens, Jesus machte ihn frei; drittens, Jesus gab ihm einen neuen Auftrag; viertens, Jesus gab ihm eine Zukunft.

1. Jesus begegnete Paulus persönlich
In Vers 13 [EHÜ] beschreibt Paulus seine Begegnung mit Jesus: „Da sah ich unterwegs, König, mitten am Tag ein Licht, das mich und meine Begleiter vom Himmel her umstrahlte, heller als die Sonne.“ Es ist das dritte Mal in der Apostelgeschichte, dass dieses Ereignis beschrieben wird. Saulus befand sich mitten auf einer radikalen Mission, Christen zu verfolgen: Sie gefangenzunehmen, den Behörden auszuliefern, dafür zu sorgen, dass ihnen der Prozess gemacht wurde. Und hier wird er von einem übernatürlichen Ereignis überrascht. Jesus spricht zu ihm auf Hebräisch: „Saul, Saul, warum verfolgst du mich?“ Diese Begegnung war die Grundlage für Saulus Bekehrung. Saulus wurde von neuem geboren.
Der große Erweckungsprediger George Whitefield wurde einmal gefragt: „Warum predigst du ständig, dass wir von Neuem geboren werden müssen?“ Und seine Antwort war: „Weil du von neuem geboren werden musst!“ Und hier ist der Punkt, den wir mitnehmen können: Das christliche Leben beginnt mit einer persönlichen Begegnung mit Jesus. Das christliche Leben beginnt mit einer neuen Geburt. Das christliche Leben ist nicht einfach ein Glaubenssystem, obwohl es klare Aussagen gibt, die wir glauben (z. B. das Apostolische Glaubensbekenntnis, das wir Woche für Woche bekennen). Es ist nicht einfach eine Form von religiöser Praxis, obwohl es Praktiken gibt, zu denen wir für das christliche Leben ermutigen. Es ist nicht einfach eine Gemeinschaft oder Kultur, obwohl die Gemeinde Jesu und das christliche Leben untrennbar miteinander verbunden sind. Das christliche Leben ist das Leben mit Jesus, in Gemeinschaft mit Jesus, unter seiner dynamischen Herrschaft. Und damit dieses Leben starten kann, braucht es eine persönliche Begegnung mit Jesus. Es braucht eine neue Geburt.
Wenn wir Jesus begegnen, dann wird aus leerem Glauben Vertrauen in eine Person; aus religiösen Konzepten wird eine gelebte Beziehung. Wir treten ein in eine Gemeinschaft mit dem auferstandenen Jesus: Jesus der selbst der Weg, die Wahrheit und das Leben ist. Und die Frage, die jeder von uns natürlich beantworten muss, ist: Bist du diesem Jesus begegnet? Hattest du deinen Damaskus-Moment? Gab es diesen Moment in deinem Leben, ab welchem du angefangen hast, in einer persönlichen Beziehung zu Jesus zu leben, weil du erkannt hast, dass Jesus wirklich lebt und dass er da ist?

2. Jesus machte ihn frei
In dieser dritten Erzählung von Paulus‘ Bekehrung finden wir einen interessanten Zusatz, den die anderen Berichte nicht erwähnen. Jesus sagte in Vers 14: „Saul, Saul, warum verfolgst du mich? Es wird dir schwerfallen, gegen den Stachel auszuschlagen.“ Was ist mit dem Stachel gemeint? Das Bild, das hier gebraucht wurde, war ein Stachelstock. Und dieser Stachelstock wurde gebraucht, um Tiere anzutreiben. Zum Beispiel hatten manche Hirten einen Stachelstock, um Schafe daran zu hindern, sich selbst zu schaden. Wir können uns vorstellen, dass es für ein Tier extrem unangenehm und schmerzhaft ist, gegen einen solchen Stachelstab auszuscheren.
In welcher Hinsicht war Paulus wie ein stures Tier, das immer wieder gegen einen solchen Stachelstab ausgeschlagen hatte? Paulus beschrieb sein vorheriges Leben mit folgenden Worten in Vers 9: „Ich selbst meinte, ich müsste den Namen Jesu, des Nazoräers, heftig bekämpfen.“ Und in Vers 11: „Und in allen Synagogen habe ich oft versucht, sie durch Strafen zur Lästerung zu zwingen; in maßloser Wut habe ich sie sogar bis in Städte außerhalb des Landes verfolgt.“ Wir sehen hier einen Mann, der ein absoluter Fanatiker ist, ein religiöser Terrorist, jemand der mit Hass und Wut erfüllt war. Das ist kein Mann, mit dem wir gerne zu Abend gegessen hätten oder mit dem wir gerne Gemeinschaft gehabt hätten. Das war definitiv nicht der Mann, der von den Epheser Ältesten geliebt wurde, der sie in seiner Abschiedsrede alle zum Weinen gebracht hatte, der von ihnen umarmt wurde bis zu dem Punkt, dass Paulus sich von ihnen losreißen musste. Saulus war kein Mensch, der mit sich und mit Gott im Reinen war. Das ist kein Mensch, der mit Liebe, Freude und Frieden erfüllt war. Hier war ein Mann, der trotz seines religiösen Eifers zutiefst unglücklich war.
Gestern hatte ich mit den Jungs der Kinderstunde den Anfang von 1. Samuel gelesen. Sie hatten sich dieses Buch gewünscht. In Kapitel 1 ist von einer jungen Frau namens Hanna die Rede. Hanna war unfruchtbar und sie hatte eine Rivalin, die ständig gegen sie stichelte und ihr Leben zu einem einzigen Elend machte. Aber das wirklich interessante Detail ist in 1. Samuel 1 in den Versen 5 und 6. Der Text macht uns zweimal darauf aufmerksam, dass ihre Kinderlosigkeit von Gott kam. Und das bedeutet nicht, dass Gott für jede Form von Unfruchtbarkeit verantwortlich gemacht werden kann. Definitiv nicht. Aber in Hannas Fall war es so. Und das war der Stachel in ihrem Leben. Jahrein jahraus bereitete ihr das Kummer und Schmerz. Warum? Weil Gott von Hanna etwas wollte. Eines Tages, trifft sie die Entscheidung, dass sie weder ihre Kinderlosigkeit noch die Hänseleien hinnehmen wollte. Sie ging zu Gott ins Gebet. Und im Gebet, in der persönlichen Beziehung zum Gott Israels, erfährt sie Trost und wahre Erfüllung. Sie findet ihren Sinn des Lebens, ihren Wert und ihre Würde und schließlich den Segen Gottes. Der Stachel in ihrem Leben hatte sie in die Arme Gottes getrieben: der Ort, zu dem sie ohnehin berufen war.
Hier ist der Punkt: Du und ich, wir sind zu einem Leben in Gemeinschaft mit Jesus berufen. Jesus ist das Brot des Lebens. Unser Platz ist an seinem Tisch, an welchem wir ihn essen und trinken. Jesus ist der Weinstock. Unser Platz ist, als Rebe mit diesem Weinstock organisch verbunden zu sein. Jesus ist der Bräutigam. Unser Platz ist es, seine Braut zu sein. Dazu wurden wir geschaffen. Und wenn wir in dieser Beziehung zu Jesus stehen – und nur dann – geht unsere Seele auf. Dann geht es uns wirklich gut!
Vielleicht haben wir ebenfalls einen Stachel in unserem Leben. Vielleicht gibt es einen Bereich in deinem Leben oder auch mehrere, in welchem es so überhaupt nicht läuft; in welchem du dich wie der völlige Versager fühlst, wo einfach alles auf die schlimmste Weise schiefzugehen scheint. Und das müssen noch nicht einmal aktuelle Probleme sein, es können auch Ereignisse weit in der Vergangenheit sein: „Die härtesten drei Jahre meines Lebens waren die 8. Klasse“; „Ich war noch nie gut in Sport, weil ich einfach zu dick bin“; „Alle haben mir gesagt, dass ich schief singe und völlig unmusikalisch bin“; „Ich habe es nicht geschafft, mein Traumfach an der Traum-Uni zu studieren oder in meinen Traumjob zu landen, weil ich zu schlecht bin.“ Vielleicht gibt es in deinem Leben Beziehungen, die dich ständig belasten: Du brauchst nur an die Person zu denken, und schon merkst du, wie dein Herz schwer wird. Oder vielleicht ist es ein extrem wichtiges Ereignis in der Zukunft, von dem ganz viel abzuhängen scheint; und wenn du daran denkst, bekommst du Kopfschmerzen oder Schnappatmung.
Vielleicht hast du einen Stachel in deinem Leben: das, was dir die Freude und den Frieden raubt; und vielleicht auch das, was dich bitter und wütend macht; vielleicht auch etwas, was dich mit Hass erfüllt, so wie bei Paulus. Der Stachel ist das, was er ist. Der Stachel ist nicht das eigentliche Problem. Er soll uns hin zu etwas lenken, nämlich zu einer tieferen Beziehung mit Jesus. Das ist es, worum es geht.
Was passiert dann mit uns? Was ist mit Paulus passiert? In den Vers 23 spricht Paulus davon, dass Jesus die Propheten und das Gesetz erfüllte. Jesus litt und stand als Erster von den Toten auf. Deshalb ist Jesus das Licht der Welt. Vor wenigen Wochen gab es in den USA eine totale Finsternis, wie von den Medien ausführlich berichtet wurde. Wenn man sich in der Zone der totalen Finsternis befand, konnte man erleben, wie mitten am Tag für mehrere Minuten die Sonne nicht zu sehen war. Als Jesus am Kreuz starb, gab es eine Sonnenfinsternis. Sie war nicht in wenigen Minuten vorbei. Sie hielt Stunden an, mitten am Tag. Diese übernatürliche Finsternis steht sinnbildlich für das, was Jesus am Kreuz erdulden musste. Jesus erfuhr die totale Finsternis, das Abgeschnittensein von Gottes Liebe, das verdunkelte, verborgene Antlitz Gottes. Jesus ging in die Finsternis, damit wir das Licht haben können. Am Kreuz erfuhr Jesus den wahren Stachel, als er die Konsequenz unserer Sünde trug. Er wurde sprichwörtlich für uns durchbohrt. Jesus gab am Kreuz sein Leben hin, damit wir durch ihn leben können.
Das war der Jesus, den Paulus erfahren hatte. Paulus hatte in Jesus das Licht des Lebens gesehen. Er hatte die Liebe Jesu persönlich erfahren. Er hatte Gnade empfangen: alle seine Vergehen, alle seine Sünden, alle seine Fehltritte, ganz egal wie schlimm sie waren, wurden ihm vergeben, weil Jesus für ihn gestorben war. Jesus wurde zu seinem persönlichen Befreier. Jesus wurde zu seinem persönlichen Retter.
Am Kreuz zeigt Jesus, dass wir ihm wirklich vertrauen können; dass er es unendlich gut mit uns meint; dass es echte Heilung und Wiedergutmachung für unser verkorkstes Leben gibt. Und das will Jesus auch in deinem Leben. Er will uns befreien.

3. Jesus gab ihm einen neuen Auftrag
Paulus berichtet als nächstes, wie Jesus ihm einen völlig neuen Lebensinhalt gab. Vers 16 und folgende: „Steh auf, stell dich auf deine Füße! Denn ich bin dir erschienen, um dich zum Diener und Zeugen dessen zu erwählen, was du gesehen hast und wie ich mich dir noch zeigen werde. Ich will dich aus dem Volk und den Heiden aussondern, zu denen ich dich sende, um ihnen die Augen zu öffnen. Denn sie sollen sich von der Finsternis zum Licht und von der Macht des Satans zu Gott bekehren und sollen durch den Glauben an mich die Vergebung der Sünden empfangen und mit den Geheiligten am Erbe teilhaben.“ (26,16-18) Jesus gab Paulus einen neuen Lebensinhalt. Paulus sollte ab sofort andere Menschen die Augen öffnen, ihnen helfen von der Finsternis ins Licht zu kommen, freizuwerden aus der Macht des Teufels, umzukehren zu Gott, durch den Glauben an Jesus Vergebung der Sünden zu empfangen und mit anderen Gläubigen zu Erben Gottes zu werden. Das alles ist sehr reichhaltige Theologie. Man könnte über diese Verse mehrere Predigten halten. Aber Paulus fasst es selbst in einem knappen Wort zusammen: Er wünschte sich, dass andere Menschen das werden, was er selbst geworden war, nur ohne die Ketten.
Paulus Reaktion auf diese Berufung war entschieden: „Daher, König Agrippa, habe ich mich der himmlischen Erscheinung nicht widersetzt, sondern zuerst denen in Damaskus und in Jerusalem, dann im ganzen Land Judäa und bei den Heiden verkündet, sie sollten umkehren, sich Gott zuwenden und der Umkehr entsprechende Taten tun.“ (26,19.20)
Und am Ende des Tages ist das der Grund, weshalb wir hier sind. C.S. Lewis hat es etwas vereinfacht auf den Punkt gebracht: „Es ist leicht zu denken, dass die Kirche viele verschiedene Ziele hat – Bildung, Bau, Mission, Gottesdienste. Genauso wie man leicht denken kann, dass der Staat viele verschiedene Ziele hat – militärische, politische, wirtschaftliche und so weiter. Aber in gewisser Weise sind die Dinge viel einfacher. Der Staat ist lediglich dazu da, das normale Glück der Menschen in diesem Leben zu fördern und zu schützen: Ein Ehepaar, das sich am Kamin unterhält, ein paar Freunde, die in einer Kneipe eine Partie Dart spielen, ein Mann, der in seinem Zimmer ein Buch liest oder in seinem Garten gräbt – dafür ist der Staat da. Und wenn er nicht dazu beiträgt, solche Momente zu vermehren, zu verlängern und zu schützen, sind alle Gesetze, Parlamente, Armeen, Gerichte, Polizei, Wirtschaft usw. reine Zeitverschwendung. In gleicher Weise existiert die Kirche für nichts anderes als dafür, die Menschen zu Christus zu ziehen, sie zu kleinen Christussen zu machen. Wenn sie das nicht tut, sind alle Kathedralen, Kleriker, Missionen, Predigten, sogar die Bibel selbst, einfach nur Zeitverschwendung.“
Paulus zog die Menschen zu Christus wie kaum ein anderer Mensch und verfolgte das Ziel, dass Menschen so werden wie Jesus. Das ist auch unser Ziel.

4. Jesus gab ihm eine Zukunft
Der Dreh- und Angelpunkt von Paulus Rede ist die Auferstehung Jesu. In Vers 6 spricht er von der Hoffnung auf die Verheißung. In Vers 7 davon, dass er wegen dieser Hoffnung angeklagt ist. Und in Vers 8 spricht er aus, was hinter der Hoffnung steht: „Warum haltet ihr es für unglaubhaft, dass Gott Tote auferweckt?“ In Vers 23 verkündet Paulus, dass Jesus als Erster von den Toten auferstanden ist. Und das Wort „Erster“ impliziert, dass ganz viele folgen werden. Wir können uns das mit einem großen Lauf vorstellen, wie der New York Marathon, bei dem Zehntausende Menschen teilnehmen. Der schnellste Läufer schafft das in zwei Stunden und ein paar Minuten. Aber er ist „nur“ der Erste. Nach und nach überqueren mehr als 50,000 Menschen die Ziellinie. Jesus ist als Erster auferstanden. Und es wird die Zeit kommen, in der alle Menschen, die an diesen Jesus glauben und die zu diesem Jesus gehören, ebenfalls auferstehen werden. Paulus ist einer von ihnen. Und das ist die Zukunft, die Jesus ihm geschenkt hatte.
In September 2022 ist ein Pianist namens Lars Vogt verstorben, den ich auch schon mal zitiert hatte. Ich hatte mehrere Interviews mit diesem Pianisten gehört und gelesen, und ich muss sagen, dass ich selten einen so herzlichen, menschlichen und authentischen Musiker erlebt hatte. Eines seiner Interviews gab er, nachdem er an Krebs erkrankt war, wenige Monate vor seinem Tod. Der Titel des Interviews lautete: „Ich mag den Gedanken, dass das Leben weitergeht.“ Auf eine ganz ehrliche Weise spricht er darüber, wie seine Krankheit seine Beziehungen beeinflusst hatte. Es war ihm wichtig, seinen engen Freunden sagen zu können: „Wusstest du, dass du in meinem Leben wirklich wichtig warst? Dass du mir wirklich wichtig bist?“ Sein Gespräch ist ein Ringen damit, im Angesicht des Todes Bedeutung zu finden.
Oder ein anderes Beispiel. Tim Keller erzählte von der Bekehrung von einem britischen Schriftsteller namens Andrew Wilson. Die Art wie er zum Glauben kam, war ein längerer Prozess. Er erzählt, wie er mit einem atheistischen Freund zu Abend gegessen hatte. Während des Abendessens unterhielten sie sich darüber, wie sie mit fortschreitendem Alter anfingen, Namen zu vergessen. Und das fanden sie irgendwie lustig und mussten darüber lachen. Wilson erzählt: „Wie überzeugte Darwinisten es oft tun, behauptete mein Freund bei jeder Gelegenheit: ‚Das liegt daran, dass wir, als wir einfach nur Menschenaffen waren, keine Notwendigkeit hatten, uns durch Namen voneinander zu unterscheiden.‘ Dieses ‚Glaubensbekenntnis‘ erschien mir genauso abergläubisch wie der Glaube an die Historizität der Arche Noah. Eigentlich sogar noch mehr.“
D. h., Wilson fing an, an seinem Atheismus zu zweifeln: Glaube ich wirklich, dass Menschen keine Namen brauchen, weil Menschen nichts anderes als Tiere sind? Glaube ich wirklich daran, dass Menschen keine Bedeutung haben, die über dieses kurze Leben hinausgeht?
In Kapitel 25,23 heißt es: „So kamen am folgenden Tag Agrippa und Berenike mit großem Gepränge und betraten die Audienzhalle, zusammen mit den Obersten und den vornehmsten Männern der Stadt. Auf Befehl des Festus wurde Paulus vorgeführt.“ Bisher habe ich noch nicht viel darüber gesagt, vor wem Paulus stand. Wer war dieses Königspaar? Beide entstammten der berüchtigten Familie von Herodes; sie waren Enkel von Herodes dem Großen und Kinder von Herodes Agrippa I., der in Apostelgeschichte 12 sein Unwesen getrieben hatte. Fairerweise muss man sagen, dass Agrippa der II. in der Geschichte etwas besser wegkommt als seine Vorgänger. Aber es gab das Gerücht, dass er mit seiner Schwester Berenike in einer inzestuösen Beziehung lebte. Vom Bekanntheits- und Beliebtheitsgrad könnte man sagen, dass Agrippa und Berenike das Äquivalent von Prinz Harry und Meghan Markle waren: die Mischung aus Royals, Stars, Reichtum, Beliebtheit beim Volk und Skandale. Worauf ich hinaus will: Die Rede von Paulus fand vor der High Society statt. Der römische Statthalter, König Agrippa und Berenike und alles, was in der Provinz Rang und Namen hatte, waren anwesend.
Und wisst ihr was? Der ganze Reichtum, die große Bühne, die politische Macht, die militärische Stärke, der Pomp und die Pracht: das war alles nur Show. Nichts davon war annähernd echt. Unter einer hauchdünnen Schicht von Blattgold war nichts, was Wert hatte. In diesem Raum war eine Person, die alles das übertraf und alles in den Schatten stellte: der alte Apostel Paulus in Ketten, der an die Auferstehung Jesu glaubte. Und die Geschichte zeigt das. So ziemlich der einzige Grund, weshalb wir heute Agrippa und Berenike und Festus kennen, liegt daran, dass sie einen kurzen Moment das Privileg hatten, Paulus zu begegnen und mit ihm zu sprechen. Paulus ist der eigentliche Mann der Stunde, der eigentliche Star.
Jeder von uns will Bedeutung haben. Niemand von uns will ein Leben führen, das sinnlos ist, in dem es um gar nichts geht. Jesus will dir begegnen. Er ist dein Befreier und Retter. Er füllt dein Leben mit wahrem Inhalt. In ihm findest du ewige Bedeutung und ewige Zukunft.