Das große Finale
„Aus diesem Grund habe ich darum gebeten, euch sehen und sprechen zu dürfen. Denn um der Hoffnung Israels willen trage ich diese Fesseln.“
(Apostelgeschichte 28,20 [EHÜ])
Das Buch Apostelgeschichte berichtet, wie Gott durch die christliche Gemeinde seine Verheißungen an Israel erfüllte. Gottes Plan war es, dass alle Völker auf Erden durch Israel gesegnet werden. Apostelgeschichte erzählt davon, wie das eingetroffen ist. Das Buch begann mit der Frage der Jünger an Jesus: „Herr, stellst du in dieser Zeit das Reich für Israel wieder her?“ Und es endet damit, wie Apostel Paulus die Hauptstadt der damaligen Welt Rom erreicht. Und in Rom bekennt er, dass er um der Hoffnung Israels willen gefesselt ist. Hier schließt sich der Kreis.
Paulus in Rom ist das große Finale. Und der Text gibt uns Aufschluss über drei Dinge: Erstens, wie kam Paulus nach Rom? Zweitens, wozu kam er nach Rom? Und drittens, wie endete sein Dienst in Rom?
1. Wie kam Paulus nach Rom?
Wenn wir uns an einige Kapitel zurückerinnern, sehen wir den Apostel Paulus in der Stadt Ephesus. Er hatte lange Zeit in dieser Stadt gewirkt, und es war eine gewaltige Erweckung ausgebrochen. Unzählige Menschen hatten sich bekehrt, neue Gemeinden wurden gegründet, der Götzendienst und die Zauberei in der Stadt kamen zu erliegen, es geschahen Wunder und Zeichen und sehr viele Heilungen. Hier war Paulus auf dem Höhepunkt seiner Wirksamkeit. In Kapitel 19,21 heißt es dann: „Als sich diese Geschehnisse erfüllt hatten, fasste Paulus im Geist den Beschluss, über Mazedonien und Achaia nach Jerusalem zu reisen. Er sagte: Wenn ich dort gewesen bin, muss ich auch Rom sehen.“ Paulus sieht, wie mächtig und wie unaufhaltsam die Botschaft von Jesus Christus ist. Und er denkt sich, dass er dieses Evangelium auch ins Zentrum des römischen Reiches bringen will. Der Entschluss ist gefasst, der Plan ist konkret. Was kann jetzt eigentlich noch schiefgehen?
Es stellt sich heraus: ziemlich viel. Paulus‘ Leben davor war auch schon alles andere als ein Zuckerschlecken. Aber sobald er in Jerusalem ist, geht so ziemlich alles schief in seinem Leben. Er löst unbeabsichtigt einen Aufruhr aus, er wird verhaftet, er wird verhört, er wird fast ermordet, er wird verlegt und er kommt in längere Haft, während er auf ein faires Gerichtsverfahren wartet. Zwei Jahre ist er in Cäsarea, und dort scheint sich erst einmal gar nichts zu tun: keine weiteren Reisen, kein großes Predigen und vor allem kein Fortschritt. Er scheint dort erst einmal richtig festzustecken.
Und schließlich beruft sich Paulus auf den römischen Kaiser. Der Statthalter Felix entscheidet, dass dem stattgegeben wird, und Paulus darf nach Rom reisen, aber er tut es nicht als freier Mann, sondern als Gefangener. Letzte Woche haben wir dann gelesen, dass die Reise nach Rom ein einziges Drama war: Das Schiff kommt nur mühsam vorwärts, Paulus warnt die Besatzung: „bitte nicht weiterreisen, das wird ansonsten ganz schlimm für uns alle“. Niemand hört auf ihn, dann Riesensturm, Katastrophe, Paulus sagt „hättet ihr mal auf mich gehört“ und „Gott wird euch trotzdem alle retten“, gefolgt von Schiffbruch und der versprochenen Rettung. In Kapitel 28,14 dann die Schlussfolgerung: „Und so kamen wir nach Rom.“ Und das klingt lakonisch, wie ein Understatement. Ja, in der Tat, Paulus kam nach Rom. Und gleichzeitig war es eine Reise mit so vielen Umwegen, mit so viel Leid und Schmerzen.
Und dieser Punkt sollte uns zu denken geben. Frage ist: „Regiert Gott nicht die Welt? Wenn Gott alles in seiner Hand hält, warum dieses unglaubliche Chaos?“ Und diese Frage lässt sich auch noch persönlicher stellen: „Wenn Gott diese Welt regiert, warum ist mein Leben dann ein solches Desaster? Warum geht so viel in meinem Leben schief?“ Das Sprichwort sagt „alle Wege führen nach Rom“, und gleichzeitig stimmt das überhaupt nicht. Vielleicht hattest du in deinem Leben auch diese Momente, in denen du dich gefragt hast: „Ich scheine irgendwie nicht voranzukommen. Ich stecke fest. Nichts von den guten Plänen, die ich hatte, scheint sich in irgendeiner Weise zu materialisieren. Ich wollte Gott dienen, und ich habe so unglaublich wenig erreicht. Warum? Ich habe doch alles richtig gemacht. Warum scheine ich dafür bestraft zu werden?“
In der Fernsehserie Cobra Kai gibt es einen Karate-Meister namens Johnny Lawrence, der ein Alkoholiker ist und nichts auf die Reihe kriegt. Aber er findet eine neue Lebensaufgabe darin, einen jungen Schüler namens Miguel zu unterweisen. Miguel bewundert ihn von ganzem Herzen. Eines Tages gerät Miguel in eine große Schulschlägerei. Anstatt seinen Erzfeind Robby krankenhausreif zu schlagen, lässt er von ihm ab. Robby nutzt die Chance, gibt Miguel einen Tritt. Miguel fällt die Treppe herunter und liegt bewusstlos am Boden. Schließlich kommt er ins Krankenhaus und ist gelähmt. Das Tragische ist, dass er nicht deshalb im Krankenhaus lag, weil er ein aggressiver Schläger war, sondern deshalb, weil er Barmherzigkeit gezeigt hatte. Und in einer sehr bewegenden Szene besucht ihn sein Meister. Der Schüler fragt: „Sensei… ich habe alles getan, was du mich gelehrt hast. Ich habe Barmherzigkeit ausgeübt. Warum ist mir das passiert?“ Und wir sehen seinen Lehrer, sein Herz ist zerbrochen, er ist verzweifelt, und er ist mit seinem Latein völlig am Ende. Und er sagt einfach nur: „Ich weiß es nicht.“
Für uns mag zunächst etwas enttäuschend sein, dass wir keine wirkliche Antwort auf das „warum“ finden. Vor kurzem hatte ich ein sehr ermutigendes Gespräch mit E. E. wird auf der europäischen Konferenz Johannes 14 predigen. Und er meinte zu mir, dass er dafür betet, dass in den nächsten Wochen Johannes 14 zu einem Unterstrom in seinem Leben wird. Dieses Bild von einem Unterstrom fand ich richtig schön. Stellen wir uns vor, dass egal wo wir stehen, unter uns ein Fluss fließt. Häufig bekommen wir nichts davon mit, weil zwischen uns und dem unterirdischen Fluss drei Meter Erde sind. Aber dann gibt es andere Momente, in denen der Fluss sich wieder bemerkbar macht: Wir hören das Plätschern, unsere Füße werden nass.
Paulus hatte es sich vorgenommen, nach Rom zu gehen. Jesus hatte diesen Wunsch bestätigt und ihm die Verheißung gegeben, dass Paulus nach Rom gehen wird. Wir finden keine Erklärung dafür, weshalb die Reise so schwierig war. Es gibt keine Erklärung für den Stillstand, die Umwege, den Schiffbruch. Aber wir finden aber etwas viel Besseres. Die Tatsache, dass Paulus Rom erreicht, ist die Erfüllung von Jesu Versprechen in seinem Leben. D. h., der Text zeigt, dass Gott seine Versprechen erfüllt. Gott erfüllt seine Zusagen, die er dir gemacht ganz egal wie chaotisch die Lebensumstände sind. Gott macht seine Versprechen wahr. Wenn du diesem Gott vertraust, dann wird er dich ans Ziel bringen. Er wird dafür sorgen, dass du dein Lebenswerk vollendest. Gottes Güte und Gottes Treue sind wie der Unterstrom in deinem Leben. Gott lässt dich nicht allein, nicht eine Sekunde lang. Er ist unser großes Finale.
2. Wozu kam Paulus nach Rom?
Vers 16 sagt, dass Paulus die Erlaubnis bekam, eine Wohnung zu beziehen. D. h., er lebte in Rom in einer Mietwohnung. Solange er auf sein Verfahren wartete, stand er unter Hausarrest. Ein Soldat war immer an ihn gekettet. Die übliche Missionsstrategie von Paulus war es, in die Synagoge zu gehen und den Juden von Jesus zu erzählen. Das ging jetzt natürlich nicht. Da der Prophet nicht zum Berg konnte, musste der Berg zum Propheten. Er lässt die führenden Männer der Juden zusammenrufen. Historiker schätzen, dass es zum Zeitpunkt als Paulus in Rom eintraf, dort 10 Synagogen gab und ca. 40.000 Juden. Nachdem der Kaiser Claudius die Juden vertrieben hatte, hatte sein Nachfolger Nero dessen Befehl wieder aufgehoben. Viele Juden waren seitdem wieder zurückgekehrt (unter anderem auch Priska und Aquila).
In Vers 23 vereinbaren sie einen Termin. Die Leiter kommen in großer Zahl zu Paulus. Vermutlich war die ganze Wohnung voll von Menschen. Und dann lesen wir: „Vom Morgen bis in den Abend hinein erklärte und bezeugte er ihnen das Reich Gottes und versuchte, sie vom Gesetz des Mose und von den Propheten aus für Jesus zu gewinnen.“ Was tut Paulus also? Von morgens bis abends predigt er das Evangelum von Jesus Christus aufgrund von dem, was die Bibel lehrt. Es ist das, was wir bereits vielfach in der Apostelgeschichte gesehen haben, angefangen mit der Predigt von Petrus an Pfingsten, die Rede des Stephanus und verschiedene Predigten, die Paulus gehalten hat: Jesus aus dem AT predigen.
Ein Kommentator schreibt dazu: „Wahrscheinlich könnten wir Paulus‘ Zeilen für ihn entwerfen, mit Psalmen und Propheten und Mose und Abraham, die alle die große Geschichte erzählen, und den verschiedenen kleineren Geschichten, die dazu beitragen, und die alle den Blick auf einen Messias lenken, der leiden und von den Toten auferstehen musste; einen Messias, der die Botschaft seiner souveränen Herrschaft zu allen Völkern sandte, genau in Erfüllung seiner Verheißung an Abraham; einen Messias, in dessen Antlitz Paulus die Herrlichkeit des lebendigen Gottes erblickt hatte.“ Die Schlussfolgerung dieser Predigt war: „Jesus ist der König Israels und als solcher, der König des ganzen Universums.“ Alle Schrift erfüllt sich in ihm. Und wir sind eingeladen, an diesen Jesus zu glauben, unser Vertrauen auf ihn zu werfen, uns von ihm retten zu lassen. Wir sind berufen, diesem König zu folgen und ihm zu gehorchen.
Zwei Punkte können wir hier mitnehmen. Wir alle haben unser kleines Reich, das wir regieren. Hier ist eine Illustration, die ich persönlich hilfreich fand. Stellen wir uns vor, wir unterhalten uns nach dem Gottesdienst. In der Regel halten wir einen gewissen Abstand voneinander. Das klingt jetzt etwas seltsam, aber so ist es ja. Der Abstand ist ungefähr so groß, dass wenn wir unseren Arm ausstrecken, wir unser Gegenüber nicht ganz berühren können. (In Japan und in Korea tendiert dieser Abstand vielleicht noch eine Ecke größer zu sein). Warum halten wir einen solchen Abstand? Und kennt ihr Leute, die sich null daranhalten und uns immer näher auf die Pelle rücken? Wie reagieren wir darauf? Meistens, indem wir einen Schritt zurückgehen. Was hat es damit auf sich? Die Sphäre, die dich umgibt, ist dein Reich. Und wenn eine Person uns ganz nahe kommt, (auch wenn sie uns nicht direkt berührt), haben wir das Gefühl, dass jemand in unser Reich eindringt. Wir mögen es auch nicht, wenn jemand vor unserer Nase die Faust schwingt, auch wenn die Faust uns nicht trifft.
Ein anderes Beispiel: Habt ihr schon einmal ungefragt den Rucksack oder die Handtasche einer anderen Person aufgemacht und durchgeschaut? Wenn wir das tun, dann sollten wir dabei in mulmiges Gefühl haben. Und dieses schlechte Gewissen, das wir in diesem Moment zu Recht haben, liegt daran, dass die Tasche des anderen ein Teil seines Reiches ist, und wir darin erst einmal nichts verloren haben. Diese kleinen Beispiele zeigen, dass wir kleine Könige sind. Das Problem ist nicht, dass wir kleine Könige sind. Das Problem ist, dass wir als kleine Könige keine Autorität über uns akzeptieren wollen, zumindest nicht bewusst. Das Problem ist, dass wir uns das Recht herausnehmen, über Dinge zu entscheiden, die uns nicht zustehen („Ich entscheide für mich, was richtig und falsch ist. Ich entscheide für mich, wer ich bin.“)
Was bedeutet es, das Evangelium von Jesus anzunehmen? Das Evangelium anzunehmen bedeutet, dass unsere Sünden vergeben werden. Es bedeutet, mit Gott versöhnt zu werden. Aber es bedeutet vor allem, dass ein neuer König über unser Leben regiert. In der Offenbarung gibt es ein wunderbares Bild von dem Thronsaal Gottes. 24 Älteste, die selbst mächtige Könige sind, legen vor dem Lamm Gottes ihre Kronen nieder. D. h., sie hören nicht auf, Könige zu sein, aber sie geben dem wahren König ihre Ehrerbietung. Jesus als König zu haben, bedeutet nicht, dass wir aufhören zu regieren. Das Regieren an sich ist etwas, was wir von ihm geerbt haben; weil wir eigentlich himmlische Prinzen und Prinzessinnen sind. Aber es bedeutet, dass wir unsere Herrschaft der Seinen unterstellen. Wir legen unsere Kronen vor seinem Thron ab. Wir leben unter seiner gerechten Herrschaft.
Der andere Punkt ist, wie Paulus dazu berufen war, in Rom das Evangelium von Jesus zu predigen, haben auch wir die Aufgabe Jesu Zeugen zu sein. Und vielleicht ist die Mietwohnung, in der er wohnte, ein gutes Bild dafür. Nicht jeder hat die Berufung, die sieben Weltmeere zu bereisen und vor Tausenden von Zuhörern zu predigen. Es hat seinen Grund, warum es nur einen Apostel Paulus gab, oder einen Luther, einen Calvin, einen Whitefield, einen Billy Graham. Aber wie Paulus haben wir eine Unterkunft, die wir zeitweilig während unserer kurzen Zeit auf Erden bewohnen.
Frage an dich: Welches Zimmer, welche Mietwohnung, welches Haus kannst du öffnen, um anderen das Evangelium weiter zu sagen? Es kann sprichwörtlich oder metaphorisch sein. Und wer sind die Nachbarn und die Mitmenschen um uns herum, denen wir von Jesus erzählen können?
3. Wie endet sein Dienst in Rom?
Wir sehen zum einen, dass Paulus seine jüdischen Zuhörer verliert. Sie sind sich uneins und gehen schließlich weg. Wir lesen in den letzten Versen von Apostelgeschichte: „Er blieb zwei volle Jahre in seiner Mietwohnung und empfing alle, die zu ihm kamen. Er verkündete das Reich Gottes und lehrte über Jesus Christus, den Herrn – mit allem Freimut, ungehindert.“ Die Art und Weise, wie Lukas sein Evangelium beendet ist etwas seltsam und mysteriös. Das Ende ist so offen. Eigentlich ist es kein richtiges Ende. Lukas scheint mitten in der Erzählung aufzuhören. Fragen, die uns wichtig erscheinen, bleiben unbeantwortet, wie z. B.: was geschah nach den zwei Jahren mit Paulus? Wie ging die Gerichtsverhandlung aus? Wurde Paulus freigesprochen?
Drei Gedanken zum Schluss. Zum einen, Lukas macht den Unterschied zwischen seinem Evangelium und seiner Apostelgeschichte deutlich. Zwischen dem Lukas-Evangelium und der Apostelgeschichte gibt es so viele Parallelen (z. B. die Festnahme in Jerusalem, das Ausgeliefertwerden an die Römer, der Verhör vor dem Sanhedrin, vor Herodes, vor dem Statthalter usw.). Und gleichzeitig gibt es einen Schlüsselunterschied. Ich glaube, dass der Grund weshalb Lukas uns auf alle diese Parallelen aufmerksam gemacht hat, der ist, dass er den Unterschied zeigen wollte. Paulus‘ Drama ging glimpflich aus. Paulus wurde gerettet. Paulus erfuhr, wie Gott an seiner Seite stand. Für Jesus ging das Drama nicht gut aus. Jesus wurde nicht gerettet. Jesus erfuhr, wie er von allen verlassen wurde: verraten von einem der 12 Jünger, verleugnet von Petrus, dem Anführer seiner Jünger, und am Ende von Gott verlassen. Paulus ist nach christlicher Tradition den Märtyrertod gestorben. Aber er ist nicht für uns gestorben.
So sehr wir Paulus lieben und respektieren, macht Lukas absolut deutlich, dass es nur einen wahren Helden gibt und nur einen Retter: Jesus Christus, der Sohn Gottes, der für uns und an unserer Stelle gestorben ist. Wir werden gerettet durch das, was Jesus für uns getan hat, genauso wie Paulus gerettet wurde.
Zweiter Gedanke, das Ende von Apostelgeschichte ist ein gutes Ende basierend auf Hoffnung. Wir kennen ja alle den Spruch „Ende gut, alles gut.“ Es gibt keinen Zweifel daran: Die Apostelgeschichte hat ein Happyend, auch wenn das Happyend etwas anders aussieht, als was wir uns vorgestellt hätten. Das Happyend, das wir uns gewünscht hätten, wäre Paulus‘ Freispruch gewesen; und dass die jüdischen Zuhörer alle die frohe Botschaft angenommen hätten. Aber das sagt der Text nicht. Der Text endet aber mit der Erwähnung der Hoffnung Israels. Und das ist besonders.
In dem StarWars Film Rogue One wird die Vorgeschichte von der originalen Trilogie erzählt. Es geht darum, wie eine kleine Gruppe von Rebellen die Baupläne des Todessterns klaut. Der Todesstern ist die mächtigste Waffe der Galaxie und wurde vom bösen Imperium gebaut. Natürlich hängt die ganze Mission am seidenen Faden. Nur sehr knapp können die Pläne gerade noch rechtzeitig an Prinzessin Leia übergeben werden. Am Ende des Films, als die Helden, welche die Pläne geklaut haben, bereits gestorben sind, fragt Captain Raymus Antilles, was diese Pläne sind und was sie bedeuten. Prinzessin Leia lächelt und antwortet mit einem einzigen Wort: „Hoffnung.“ Es ist das Happyend einer etwas traurigen Vorgeschichte. Der erste Film der Trilogie heißt dann „Eine neue Hoffnung“. Und die epische Trilogie handelt davon, wie ein zahlenmäßig weit überlegenes Imperium von den sympathischen Underdogs besiegt wird und wie die Galaxie befreit wird. (Und danach hat Disney die Rechte an StarWars erworben und mit den folgenden Filmen alles kaputt gemacht).
Paulus verkörperte die Hoffnung Israels. Theologen sprechen von der Spannung des „Schon-jetzt-und-Noch-nicht“. In Jesus Christus, seinem Tod und seiner Auferstehung, ist das Reich Gottes schon jetzt angebrochen. Aber Jesu Reich ist noch nicht vollständig realisiert. Der Krieg ist bereits entschieden. Aber der Krieg ist noch nicht vorbei. Bis es so weit ist, haben wir Hoffnung: die Hoffnung, dass die Macht der Bosheit und die Macht des Todes vollständig gebrochen wird; die Hoffnung, dass der Fluch, der über dieser Welt liegt, aufgehoben wird; dass der Bann, der die Menschen verzaubert hat, aufgehoben wird; die Hoffnung, dass wahre Gerechtigkeit einkehren wird und diese Welt echten Frieden und Freude erfährt; die Hoffnung, dass die Schöpfung wiederhergestellt wird und Himmel und Erde eins werden.
Ein letzter Gedanke: Das Ende der Apostelgeschichte ist eine Einladung an uns. Wir sind eingeladen, die Geschichte fortzuführen. Wir sind eingeladen, in die Fußspuren der ersten Christen und der ersten Gemeinde zu treten. Wir sind durch unsere Nachfolge Jesu angehalten, Apostelgeschichte 29 und 30 und 31 zu schreiben.
Ein anglikanischer Bischof hat folgendes gesagt: „Jesus von Nazareth, Messias und Herr: Durch seine Diener, durch ihre Reisen und ihre Prüfungen, durch ihre Schmerzen und ihre Rätsel und ihre Leiden und ihre Schiffbrüche, erreicht er noch immer die Zukunft, über Rom und das erste Jahrhundert hinaus, über die Weiten der Zeit und der Geografie hinweg. Er konfrontiert noch immer Männer, Frauen und Kinder, Herrscher, Behinderte, lokale Behörden, Handwerker, Statthalter von Inseln, wandernde Zeltmachern, Philosophen auf dem Marktplatz und junge Männer, die auf Fensterbänken einnicken. Lukas hat sie alle in einer schillernden schriftstellerischen und theologischen Darstellung vor uns gebracht, die uns einbezieht und uns einmal mehr daran erinnert, dass dies ein Drama ist, in dem wir selbst dazu berufen sind, zu den Darstellern zu gehören. Die Reise gehört uns, die Anschuldigungen und Freisprüche gehören uns, die souveräne Gegenwart Jesu gehört uns, die Geschichte gehört uns, damit wir sie aufgreifen und weiterführen. Wie die Reise des Paulus ist nun auch das Schreiben des Lukas an seinem Ende angelangt, aber das Ende ist unser Anfang.“
Das große Finale gehört auch uns.