Predigt: Lukas 4,1 – 13

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Jesus überwindet die Versuchungen des Teufels für uns

„Jesus antwortete ihm und sprach: Es steht geschrieben: Du sollst den Herrn, deinen Gott, anbeten und ihm allein dienen.“

Lukas 4,8

Der Titel von der aktuellen Spiegelausgabe lautet: Die letzten Zeugen. Manfred Ertel, einer der Redakteure, schrieb ein kurzes Editorial: „Auschwitz und die deutsche Geschichte lassen uns nicht los. … Am 27. Januar jährt sich also die Befreiung des größten Vernichtungslagers in Auschwitz-Birkenau, sie jährt sich zum 70. Mal. Meine Kollegen und Kolleginnen vom Spiegel haben sich zu diesem Anlass von 19 ehemaligen KZ-Häftlingen, die meisten an die 90 Jahre alt oder älter, ihre Geschichte, ihr Leiden erzählen lassen. … Sie gehören zu den letzten Zeugen, die aus eigenem Erleben vom Überleben in dieser Vernichtungsmaschinerie berichten können, und es werden immer weniger.“ Das ist aktuelles Beispiel für die unersetzliche Wichtigkeit von Augenzeugen.

Am Anfang von Lukas, sagt der Verfasser, dass er sein Evangelium nach sorgfältiger Recherche geschrieben hatte. Das bedeutet, dass er sich mit schriftlichen Quellen beschäftigt hatte, die es damals schon gab. Aber Lukas musste zusätzlich mit einer ganzen Reihe von Zeitzeugen geredet habe: Menschen, die Jesus noch mit eigenen Augen gesehen hatte. Was das angeht, ist unser Text heute ein etwas spezieller Fall. Im heutigen Text gibt es vor allem zwei Personen, Jesus und der Teufel. Jesus war der einzige Mensch, der dabei war. D.h., diese Episode musste Jesus seinen Jüngern erzählt haben. (Der Teufel scheidet als verlässlicher, wahrheitsliebender Augenzeuge ganz klar aus). Das zeigt uns, dass Jesus dieses Ereignis wichtig war.

Unser Text heute handelt von der Versuchung Jesu. Etliche Kommentatoren haben angemerkt, dass dieser Text nicht einfach ist. Dieser Text ist schwer verdaulich für diejenigen, die nicht an die Bibel glauben. Viele Menschen in der heutigen Zeit glauben nicht an den Teufel. Allein der Gedanke, dass es ihn geben würde, ist lächerlich. Das hat vielleicht auch etwas damit zu tun, wie der Teufel karikiert wird: Hörner, Dreizack, Hufen und Ochsenschwanz. Das kann man ja nicht ernst nehmen. Den Ursprung des Bösen auf so eine Person zu reduzieren, scheint geradezu naiv. Das Ironische ist jetzt natürlich, dass es aus christlicher Sicht gesehen, geradezu naiv ist, nicht daran zu glauben, dass es einen Teufel gibt.

Aber selbst für diejenigen, die an die Bibel glauben, ist das kein einfacher Text. Hier sind zwei Probleme, mit denen ich zu kämpfen hatte. Der Teufel versucht Jesus dazu zu bringen, aus Steinen Brote zu machen, um seinen Hunger zu stillen. Ich hatte Probleme zu verstehen, warum das Sünde sein sollte. Bei den anderen zwei Versuchungen sollte Jesus einmal den Teufel anbeten und das andere Mal sich vom Tempel stürzen lassen. Beides kann als Sünde durchgehen. Aber beide Versuchungen scheinen auch unglaublich plump zu sein. Warum sollte sich Jesus auf so etwas Dämliches einlassen? Ist diese Versuchung nicht viel zu einfach? Bei näherer Beschäftigung stellt man fest, dass diese Versuchungen alles andere als plump waren.

Über drei Fragen möchten wir heute nachdenken. (Diese Fragen sind ebenfalls nicht ganz so plump, wie sie klingen). Erstens, wer wurde versucht? Zweitens, worum ging es in den Versuchungen? Drittens, was ist das Resultat für uns?

Erstens, wer wurde versucht?

Natürlich lautet die Antwort auf diese Frage „Jesus“. Aber der Kontext ist wirklich unentbehrlich wichtig hier. Der Text der letzten Woche endete mit einem Stammbaum. Der Stammbaum von Lukas unterscheidet sich ganz stark, von dem von Matthäus. Matthäus listet die königliche Linie von David; Lukas die priesterliche, bzw. die nicht königliche Linie. Matthäus geht zurück bis zu Abraham; Lukas geht noch viel weiter zurück und zwar bis hin zu Adam, dem allerersten Menschen. Bei Matthäus ist die Kernaussage von seinem Stammbaum, dass Jesus der rechtmäßige König der Juden ist. Bei Lukas ist die Hauptaussage, dass Jesus ein Nachfahre Adams ist. Jesus ist der zweite Adam. Hier ist noch ein finaler Unterschied: Matthäus bringt seinen Stammbaum ganz zu Beginn des Evangeliums; Lukas zwischen Jesu Taufe und seiner Versuchung. Direkt nachdem wir erfahren haben, dass Jesus der zweite Adam ist, geht es los: „Jesus aber, voll Heiligen Geistes, kam zurück vom Jordan und wurde vom Geist in die Wüste geführt und vierzig Tage lang von dem Teufel versucht.“

Was mag die Absicht von Lukas gewesen sein? Ich denke, dass Lukas bewusst die beiden Adams miteinander vergleichen und kontrastieren wollte. Welche Kontraste sehen wir dann? Die Umgebungen der Versuchungen unterschieden sich. Als der erste Mensch versucht wurde, befand er sich im Paradies. Als Jesus versucht wurde, befand er sich an einem der unangenehmsten und lebensfeindlichsten Orte, die man sich vorstellen kann, in der Wüste. Die Voraussetzungen unterschieden sich. Der erste Mensch hatte alles, was er sich hätte wünschen können. Es gab nichts, was ihm fehlte. Er lebte in Fülle. Als Jesus versucht wurde, hatte er eine 40-tägige Fastentortur hinter sich. Vers 2 sagt lapidar: „Und er aß nichts in diesen Tagen, und als sie ein Ende hatten, hungerte ihn.“ Das Wort Hunger in Vers 2 hatte eine völlig andere Bedeutung als alles, was wir mit Hunger assoziieren. Körperlich war Jesus am Verhungern.

Die Qualität und Quantität der Versuchungen unterschieden sich. Der erste Mensch wurde mit einer einzigen Versuchung konfrontiert. Adam sollte vom Baum der Erkenntnis des Guten und Böse nicht essen. Das war die einzige Sache, die er nicht tun sollte allein aufgrund der Tatsache, dass Adam nicht Gott ist. Und gleich bei der ersten Versuchung knickte er ein. Er versagte auf der ganzen Linie. Jesu Versuchungen befanden sich auf einer ganz anderen Ebene. Vers 2: „und vierzig Tage lang von dem Teufel versucht.“ 40 Tage lang war Jesus unter Beschuss des Teufels. 40 Tage lang musste er sich seine Lügen anhören, seine Angriffe parieren, den perfiden Strategien des Teufels nicht auf den Leim gehen und alles das zu einer Zeit, als er allein und verletzlich war.

Wir sehen noch einen krassen Unterschied, zwischen Adams Versuchung und Jesu Versuchung. Wir Menschen sind allesamt schwach. Wir sind anfällig. Wir geben nach, wo wir nicht nachgeben sollten, wir knicken ein, wo wir hätten standhaft sein müssen. Jesus lehrte uns im Vater Unser, dass wir allezeit beten sollen: „und führe uns nicht in Versuchung sondern erlöse uns von dem Bösen…“ Wir tun so gut daran, jeden Tag dafür zu beten. Wir werden ungewollt und ungefragt versucht (obwohl wir oft selbst schuld dran sind, dass wir versucht werden). Der erste Mensch wurde unvorbereitet und unverhofft getroffen. Aber Jesus tat genau das Gegenteil. Der Geist führte ihn in die Wüste, um versucht zu werden. Der Kampf gegen den Teufel war ein gewollter Kampf. Es war eine völlig beabsichtigte Auseinandersetzung. Der letzte und entscheidende Unterschied: der Ausgang der Schlacht war ein ganz anderer. Der erste Adam verlor den Kampf. Jesus, der zweite Adam, überwand siegreich.

Wir sind sehr leicht versucht zu denken, dass Jesus eine Art Superman war und dass es für ihn einfacher gewesen sein muss, die Versuchungen zu überwinden. Immerhin war Jesus doch ohne Sünde. C.S. Lewis antwortete folgendermaßen auf diesen Einwand: „Es gibt den albernen Gedanken, dass gute Menschen nicht wissen, was Versuchung bedeutet. Das ist eine ganz offensichtliche Lüge. Nur diejenigen, die der Versuchung widerstehen, wissen, wie stark sie ist. Zum Beispiel findet man heraus wie stark die Armee der Deutschen ist, in dem man gegen sie kämpft, nicht in dem man sich ihr ergibt. Ein Mensch, der nach fünf Minuten einer Versuchung nachgibt, weiß ganz einfach nicht, wie sich die Versuchung eine Stunde später anfühlt. Das ist der Grund, weshalb böse Menschen, zumindest in gewisser Hinsicht, ziemlich wenig über das Böse wissen: sie haben sich davor „bewahrt“, indem sie ihm immer nachgegeben haben. Wir werden niemals herausfinden, wie stark der böse Impuls in uns ist, es sei denn wir kämpfen dagegen an: und weil Christus der einzige Mensch ist, der niemals einer Versuchung nachgegeben hat, ist er der einzige Mensch, der wirklich weiß, was Versuchung bedeutet – er ist der einzige, wahre Realist.“ Hebräer 4,15 sagt daher: „Denn wir haben nicht einen Hohenpriester, der nicht könnte mit leiden mit unserer Schwachheit, sondern der versucht worden ist in allem wie wir, doch ohne Sünde.“ Jesus, der zweite Adam, wurde als Mensch versucht, wie wir.

Zur Frage „wer wurde versucht“ gibt es eigentlich noch ziemlich viel zu sagen. Mehrere Ausleger haben erwähnt, dass Jesus das wahre Israel repräsentiert. Es gibt klare Hinweise dafür im Text. Ich möchte hier nur einen weiteren Aspekt nennen. Jesus wurde als Sohn Gottes versucht. Als Jesus getauft wurde, lesen wir, wie sich der Himmel auftat. Der Heilige Geist kam sichtbar auf Jesus herab. Gott, der Vater, sprach: „Du bist mein lieber Sohn, an dir habe ich Wohlgefallen.“ Wir haben hier bei der Taufe die ganze Trinität versammelt: Gott, der Vater, Gott, der Sohn, und Gott, der Heilige Geist. Die ganze Gottheit war vereint, um gemeinsam den Beginn von Jesu öffentlichem Dienst zu feiern. Der Vater bestätigte sichtbar und hörbar, dass Jesus sein Sohn war. Als Jesus versucht wurde, war Jesus zu 100% Mensch, der zweite Adam. Gleichzeitig ist er auch zu 100% der Sohn Gottes.

Wir kommen damit zum zweiten Teil.

Zweitens, worum ging es in der Versuchung Jesu?

Man kann hier mindestens zwei Punkte anführen. Beide Punkte haben mit dem zu tun, was man geradezu als Essenz der Sünde bezeichnen könnte.

Zum einen, in allen drei Versuchungen ging es darum, Gott mit etwas zu substituieren, was nicht Gott ist. Wir lesen in Vers 2, dass Jesus hungrig war. Vers 3: „Der Teufel aber sprach zu ihm: Bist du Gottes Sohn, so sprich zu diesem Stein, dass er Brot werde.“ Ganz offensichtlich war Jesus völlig ausgehungert. Jeder Mensch in seiner Situation hätte vermutlich das gleiche getan: anstatt aus einem Stein ein Brot zu machen, hätten wir aus der ganzen Wüste eine Bäckerei gemacht. In der zweiten Versuchung zeigte der Teufel ihm alle Reiche der Welt. Vers 5: „Und der Teufel führte ihn hoch hinauf und zeigte ihm alle Reiche der Welt in einem Augenblick.“ Das muss ein gigantischer special effect gewesen sein. Auf einem Schlag zeigte er ihm die ganze Hochkultur, die es damals gab. Das ist, wie wenn wir den ganzen Reichtum, die ganze Macht, Kultur, Glanz, Glamour und Gloria von New York, Paris, London, Shanghai, Tokyo auf einen Schlag sehen würden. Es wäre auf jeden Fall atemberaubend. Der Teufel bot Jesus an, ihm das alles zu schenken. Es ging hier um Herrlichkeit. Bei der dritten Versuchung führte der Teufel Jesus nach Jerusalem auf den Tempel. Und dann sagte er: „Bist du Gottes Sohn, so wirf ich von hier herunter; denn es steht geschrieben: Er wird seinen Engeln deinetwegen befehlen, dass sie dich bewahren.“ Der Teufel wollte hier, dass Jesus Gott testen würde. Und das, was Jesus testen sollte, war, ob Gott ihn bewahrt, wenn er sich vom Tempel herunterschmeißt. Das Stichwort hier ist Bewahrung. Es ging hier um Sicherheit, die Garantie, dass alles gut gehen würde.

Wenn wir uns alle diese Punkte vor Augen führen, müssen wir eines unbedingt verstehen: Brot, Herrlichkeit und Bewahrung sind keine in sich schlechten Dinge. Überhaupt nicht. Jeder Mensch hat eine Sehnsucht danach. Diese Sehnsucht ist etwas von Gott gegebenes. Denken wir noch einmal über das Brot nach. Brot ist nicht einfach nur eine Sehnsucht. Brot ist ein Grundbedürfnis des Menschen. Ohne Essen gehen wir ein und sterben; das ist offensichtlich. Aber in allen diesen Punkten, einschließlich Essen, ging es um die Frage, ob es ein Bedürfnis des Menschen gibt, dass noch essentieller, noch grundlegender, noch wichtiger ist, als unser Tägliches Brot. Und die Antwort lautet: „Absolut ja.“ Jesus konterte die Versuchung des Teufels mit den Worten: „Der Mensch lebt nicht allein vom Brot.“ Gott ist wichtiger. Die Bibel sagt, dass unser Hunger nach Gott, unser Bedürfnis nach Gott, noch grundlegender ist, als unser Hunger nach Essen. Gott zu haben ist wichtiger als Essen, wichtiger als Trinken, wichtiger als Schlafen, wichtiger als Atmen. So gut und so wichtig alle diese Dinge sind, nichts ist so lebensnotwendig wie Gott.

Wir kommen noch einmal auf die Frage zurück: warum wäre es Sünde gewesen, wenn Jesus einen Stein zu Brot verwandelt hätte und sich ein leckeres Sandwich gemacht hätte? Es ging nicht darum, dass es für Jesus Sünde gewesen wäre, zu essen. Es ging darum, dass er seine Macht dazu gebraucht hätte, um unabhängig von zu Gott zu sein. Darrell Bock kommentierte: „Jesus verstand, dass diese Forderung keine Herausforderung war, stark zu sein, sondern unabhängig zu sein. Solch eine Unabhängigkeit wäre Schwachheit und Versagen gewesen.“ Jesus hätte eigenmächtig ohne den Vater gehandelt. Und gerade damit hätte Jesus zu verstehen gegeben, dass sein Bedürfnis nach Essen größer und wichtiger ist als Gott.

Das hat unmittelbare Konsequenzen für uns. Als Menschen sind wir allesamt bedürftige Wesen. Wir müssen essen, trinken, uns bewegen, ausruhen, schlafen. Wenn wir das nicht tun, werden wir krank. Es hat auch seelische Auswirkungen. Wir merken das daran, dass unsere Fähigkeit geduldig zu sein, sich mit jeder Stunde, die wir zu wenig geschlafen haben, halbiert. Unser Bedürfnis nach Herrlichkeit und Bewahrung ist zwar nicht körperlich aber nicht weniger real. Nichts von dem ist intrinsisch schlecht. Aber wenn irgendeines von diesen Dingen sich an die Stelle Gottes schiebt, dann wird das zu unserem Götzen. Ein Götze ist alles das, dem wir uns zuwenden, um das zu bekommen, was nur Gott uns schenken kann. Wenn es Dinge in unserem Leben gibt, von denen wir sagen „wenn ich das nicht habe, dann macht mein Leben keinen Sinn; wenn ich das habe, dann ist mein Leben endlich erfüllt; wenn ich das erreicht habe, dann bin ich endlich jemand“, und wenn das, wonach wir streben nicht Gott ist, dann tun wir genau das: wir haben einen Götzen. Gott ist dann nicht länger das Ziel, sondern lediglich unser Mittel zum Ziel. Wir versuchen unabhängig von Gott aus Steinen Brot zu machen. Wir versuchen etwas Gutes auf illegitime Art und Weise zu erreichen. Bei allen drei Versuchungen wollte der Teufel Jesus dazu verführen, Gott mit etwas anderem zu substituieren. Das ist der eine Punkt, um den es in den Versuchungen Jesu ging.

Der andere Punkt ist, dass der Teufel durch seine Versuchungen die Sohnschaft von Jesus in Frage stellte. Zweimal leitete der Teufel seine Versuchung mit den Worten ein: „bist du Gottes Sohn.“ Vers 3: „Bist du Gottes Sohn, so sprich zu diesem Stein, dass er Brot werde.“ Vers 9: „Bist du Gottes Sohn, so wirf dich von hier hinunter.“ Wir haben vorhin gesehen, dass Jesus bei der Taufe das Wort des Vaters über ihn hörte: „Du bist mein lieber Sohn, an dir habe ich Wohlgefallen.“ Als Gott sagte: „an dir habe ich Wohlgefallen“, war das sein Ausdruck von Wertschätzung, sein Ausdruck von ewiger Liebe, die Tatsache, dass er unendliche Freude an seinem Sohn hatte. Genau das stellte der Teufel in Frage. Zwei Dinge sagte der Teufel. Zum einen: „Wenn du wirklich Gottes Sohn bist, warum befindest du dich in solch einer erbärmlichen Situation, völlig ausgehungert? Wenn du Gottes Sohn bist, dann mach dir doch etwas zu Essen.“ Und das andere, war folgendes: „Wenn du wirklich Gottes Sohn bist, dann zeig das doch. Demonstriere wie mächtig du bist. Zeig doch, wie groß dein Glaube ist, wie sehr Gott der Vater hinter dir steht. Wer sollte dir sonst glauben wollen, dass du Gottes Sohn bist?“ Der Teufel stellte damit die Identität Jesu in Frage.

Was ist unsere Identität? Johannes 1 sagt, dass alle, die Jesus aufnehmen und die an seinen Namen glauben, Gottes Kinder werden. Weil Gott Jesus am Kreuz so behandelte, wie wir es verdient hätten, betrachtet und behandelt Gott uns so, wie nur Jesus es verdient hätte. Mit anderen Worten, wenn wir an Jesus glauben, dann spricht Gott zu jedem einzelnen von uns: „Du bist mein lieber Sohn. Du bist meine liebe Tochter. An dir habe ich Wohlgefallen!“ Wir alle haben eine Identität. Viele von uns sind Ehemänner, Ehefrauen, Väter und Mütter. Viele von uns haben eine Identität als Missionare. Aber es gibt eine Identität, die grundlegender ist als alle anderen. Egal was wir sonst sind, zu allererst sollten wir Kinder Gottes sein. Der Teufel tut alles, um diese Identität zu untergraben. J.D. Greear schrieb: „Satans primäre Verführungsstrategie besteht darin, zu versuchen, uns vergessen zu lassen, was Gott über uns gesagt hat, damit wir unseren Stand vor Gott durch anderen Kriterien bewerten. … Er attackiert unsere Identität im Evangelium.“

Das ist es, was der Teufel in unser Ohr flüstert: „Bist du wirklich Gottes Kind? Warum steckst du dann in dieser Misere? Wenn du Gottes Kind bist, warum bist du dann so ein Versager?“ Und das hat desaströse Folgen für unser Leben und unsere Beziehungen. Hier sind ein paar Beispiele. Wenn wir verstanden haben, dass wir allein durch Christus Kinder Gottes sind, warum werden wir so leicht stolz und überheblich? Warum schauen wir so leicht auf andere Menschen herab, weil sie nicht so viele Bibelverse auswendig können wie wir, weil sie vielleicht Schwächen haben, die wir nicht haben? Oder, wenn wir verstanden haben, dass wir als Kinder Gottes von ihm angenommen und geliebt sind, warum leiden wir immer noch an einer nagenden Unsicherheit? Warum sind wir so abhängig davon, wie andere uns betrachten? Warum fällt es uns so schwer, mit Kritik umzugehen, so dass wir nicht einfach nur beleidigt sind, sondern dass es uns regelrecht zerbricht, wenn Leute etwas Negatives über uns sagen?

Sowohl Stolz, als auch Minderwertigkeitsgefühle sind beides eine Form von Ichbezogenheit. In beiden Fällen geht es darum, dass unsere Identität nicht in Gott gegründet ist, sondern in etwas anderem. Wenn wir stolz sind, haben wir die Tendenz unabhängig von Gott sein zu wollen. Wenn wir uns minderwertig fühlen, haben wir die Tendenz Gott versuchen zu wollen. In beiden Fällen geht es darum, dass wir versuchen Gott zu kontrollieren, anstatt ihm zu vertrauen. Das ist die Strategie Satans. Er griff Jesu Identität an. Und er greift unsere Identität an, die wir durch Jesus in Gott haben.

Drittens, was bedeutet Jesu Sieg für uns?

Vers 13: „Und als der Teufel alle Versuchungen vollendet hatte, wich er von ihm eine Zeit lang.“ Wir lesen hier, dass der Teufel Jesus zumindest eine Zeit lang in Ruhe ließ. Aber er kam wieder. Jesus wurde während seiner ganzen messianischen Wirksamkeit immer wieder versucht. Die größte Versuchung kam, als für Jesus die Zeit gekommen war, zu sterben. Wir haben vorhin gesehen, dass der Teufel Jesu Identität als Sohn Gottes angriff. Earle Ellis schrieb Folgendes: „Die Versuchungen waren so ausgelegt, dass Jesus seine Identität als Messias ‚beweisen’ sollte und auf diese Weise fehlleiten sollte. Der Teufel stellt die Rolle des Messias als eine Möglichkeit, sich selbst zu verherrlichen und sich selbst zu ehren.“ Jesus demonstrierte hier, dass der wahre Messias gekommen war, um genau das Gegenteil zu tun. Jesus bekam das Angebot, die Herrschaft über die Welt anzutreten, ohne sterben zu müssen, wenn er den Teufel anbeten würde. Der wahre Messias herrscht, gerade weil er gestorben ist.

Diese Worte „bist du der Sohn Gottes“, waren die Worte, die wir in etwas abgeänderter Form vor dem Kreuz zu hören bekommen. Die religiösen Leiter verspotteten Jesus: „Er hat anderen geholfen; er helfe sich selber, ist er der Christus, der Auserwählte Gottes.“ Die römischen Soldaten verspotteten Jesus mit den Worten: „Bist du der Juden König, so hilf dir selber.“ Und selbst der Verbrecher am Kreuz verspottete Jesus: „Bist du nicht der Christus? Hilf dir selbst und uns!“ Genau dieselbe Versuchung. Jesus sollte seine Macht des Messias dadurch zur Schau stellen, indem er vom Kreuz herabkommen sollte. Was wir in Lukas 4 bei der Versuchung Jesu sehen ist nichts anderes als ein Schatten des Kreuzes. Die Art und Weise wie Jesus den Teufel in letzter Instanz überwand, war durch seinen Tod am Kreuz.

Ich möchte mit drei Anwendungen abschließen.

Anwendung 1: Jesu Überwinden der Versuchung ist frohe Botschaft für uns. Wir haben vorhin gesehen, dass Jesus als zweiter Adam versucht würde. Der erste Adam knickte ein. Er hat die ganze Welt in Chaos und Verzweiflung gestürzt. Aber genauso wie das Versagen vom ersten Menschen für uns Konsequenzen hat, hat Jesu Sieg Konsequenzen für uns. Letzte Woche hatte Toni einen wundervollen Titel für seine Predigt. Jesus wurde für uns getauft. Und die gute Nachricht heute ist: Jesus wurde versucht, für uns. Jesus überwand alle Anschläge des Teufels, für uns. Jesus starb am Kreuz für uns. Und Jesus stand von den Toten auf, für uns. Es ist alles für uns. Es kommt alles uns zu Gute. Wir sind diejenigen, die nach Jesu Arbeit die Früchte genießen dürfen; die nach Jesu Sieg die Feinde plündern dürfen.

Luther wurde gefragt, wie er die Versuchungen des Teufels überwindet. Luther gebrauchte dann folgende Illustration: In unserem Leben gibt es Momente, an denen Teufel an unsere Herzenstür anklopft. Der Teufel frägt nach, ob wir da sind. Luther sagte dann: ‚der Herr Jesus geht an die Tür und antwortet: Martin Luther hat hier einmal gewohnt. Aber er ist ausgezogen. Jetzt lebe ich hier.’ Der Teufel sieht die durchbohrten Hände Jesu und seine durchstochene Seite und ergreift sofort die Flucht.“ Das ist ein wunderbares Beispiel dafür, wie Jesu Sieg zu unserem Sieg wird.

Anwendung 2: Durch Jesu Überwinden der Versuchung ist er uns alles. Wir haben gesehen, dass es bei den Versuchungen darum ging, Gott mit etwas zu substituieren, was nicht Gott ist. „Sei unabhängig von Gott für dein Tägliches Brot. Bete den Teufel an und bekomme dafür alle Herrlichkeit der Welt. Versuche Gott und bekomme Sicherheit und Bewahrung.“ In allen drei Versuchungen ging es darum, was wir von Gott bekommen können und nicht um Gott selbst. Aber ich habe auch betont, dass weder unser Hunger nach dem Täglichen Brot, noch unsere Sehnsucht nach Herrlichkeit noch unsere Hoffnung auf Sicherheit schlecht sind. Nichts von den Dingen ist in sich schlecht. Und die Tatsache, dass wir uns das wünschen, ist auch nicht schlecht.

Am Kreuz sehen wir aber, wie Jesus das alles aufgab. Jesus gab sein Leben auf. Jesus legte seine ganze Herrlichkeit ab. Und Jesus gab alle seine Bewahrung auf. Der Grund weshalb Jesus das alles aufgab, ist nicht nur der, dass er uns Brot, Herrlichkeit und Sicherheit schenken will. Es ist noch viel krasser: Jesus will uns alles das sein. Jesus ist unser Brot des Lebens, so dass alle die sein Fleisch essen und sein Blut trinken, ewiges Leben haben. Jesus selbst ist unsere Herrlichkeit, unsere Krone und unsere Gerechtigkeit. Jesus selbst ist unsere Bewahrung und unsere Sicherheit. Der Hunger unserer Seele ist ein Hunger für Jesus. Die Sehnsucht, die wir haben, ist in Wirklichkeit eine Sehnsucht nach Jesus.

Anwendung 3: Die Art und Weise, wie Jesus die Versuchung überwand, war durch das Wort Gottes. In allen drei Fällen parierte Jesus die Anschläge des Teufels durch Gottes Wort. Alle Textstellen, die Jesus zitierte waren aus 5. Mose. Jesus war immer zu allezeit geradezu mit Gottes Wort durchtränkt. Tim Keller sagte: „Wenn man Jesus geschnitten hat, dann blutete er Schrift.“ Die Anwendung für uns könnte und sollte sein, dass wir ebenfalls von Gottes Wort durchtränkt sein sollten. Jemand brachte einmal den Spruch: „Entweder die Bibel hält dich ab von der Sünde. Oder Sünde hält dich ab von der Bibel.“ Und das ist sicherlich sehr richtig. Die meisten von uns haben es sich zu einer Gewohnheit gemacht, täglich in der Bibel zu lesen. Das ist etwas, was ich auf jeden Fall ermutigen möchte. Es gibt kaum etwas Wichtigeres und Notwendigeres für uns als tägliche Bibellese und tiefe Gemeinschaft mit Gott im Gebet.

Es ist nur eine Sache, die uns stutzig machen sollte. Der Teufel zitierte ebenfalls das Wort Gottes. Der Teufel kennt ebenfalls die Bibel. Es gibt eine Sache, der wir uns sicher sein können: der Teufel kennt die Bibel weit besser als wir sie jemals kennen werden. Der Teufel ist mit Sicherheit ein weit besserer Theologe als die besten und größten Theologen der Welt. Die Tatsache, dass sowohl der Jesus als auch der Teufel Gottes Wort zitierten, zeigt uns, dass es eine Art gibt, die Bibel zu lesen, die gut und richtig ist, und eine andere Art die Bibel zu lesen, die falsch ist. Die Frage ist dann: wie sollen wir die Bibel lesen? Wie sollen wir die Bibel studieren? Oder anders gefragt: was sollte das finale Ziel unseres Bibelstudiums sein? Wozu sollte es führen?

Die Antwort ist Anbetung. Jesus und die Apostel lasen das AT absolut Christus- und Evangeliums-zentriert. Wenn wir in der Schrift immer wieder aufs Neue erfahren, wer Jesus ist und was er für uns getan hat, sein Tod am Kreuz und seine Auferstehung; wenn wir erfahren, wie Gott uns in seine Familie adoptiert hat, dass wir seine Kinder sein dürfen, dass wir mit allem geistlichen Segen gesegnet sind; wenn wir lernen, dass Jesus uns alles ist, Brot des Lebens, unsere Herrlichkeit und unsere Sicherheit in Ewigkeit, was geschieht dann? Unser Herz fängt an zu singen. Wir loben und wir preisen diesen wunderbaren und wundervollen Gott.

Und Gottes Licht scheint in unsere Finsternis.

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