Predigt: Lukas 8,1-21

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Das Gleichnis vom Sämann

„Das in der guten Erde aber sind die, welche in einem redlichen und guten Herzen das Wort, nachdem sie es gehört haben, bewahren und Frucht bringen mit Ausharren“

(Lukasevangelium 8,15)

Viele, wohl die meisten von uns haben den Wunsch, ein bedeutungsvolles Leben zu führen. Was aber macht ein bedeutungsvolles Leben konkret aus? Nach der Bibel ist ein bedeutungsvolles Leben ein Leben, das viel Frucht bringt. Frucht ist all das, was Gott wohlgefällig ist. Darunter fallen Taten der Liebe und der Barmherzigkeit, ebenso die im Galaterbrief (5,22) erwähnte Frucht des Geistes, aber auch durch uns zum Glauben gekommene Menschen können als Frucht gesehen werden. Das bekannte Gleichnis vom Sämann spricht von einem Fall, wo es zu hundertfacher, also zu unfassbar viel Frucht kommt. Es verrät uns, wie wir sehr viel Frucht in unserem Leben bringen können, beschreibt aber auch die Fälle, in der es nicht zur Frucht gekommen ist. In der Predigt werden wir das Gleichnis unter diesen drei Gesichtspunkten näher betrachten:

I.    In welchen Fällen kommt es nicht zur Frucht, in welchem Fall schon?
II.  Was ist in allen Fällen die gemeinsame Ursache dafür, dass es zur Frucht kommt oder nicht?
III. Wie kann unser Leben zu dem Fall werden, in dem es zu viel Frucht kommt?

I. Vier verschiedene Fälle bei der Verkündigung des Evangeliums (V. 4 – 15)

Im Vers 4 erfahren wir, was Jesus Anlass gab, das Gleichnis vom Sämann zu erzählen. Der Anlass war, dass aus jeder Stadt Menschen zu Jesus kamen und sich in Massen um ihn versammelt hatten. Dem ersten Eindruck nach ein gutes Zeichen. Die meisten Evangelisten würden sich wohl freuen, wenn so viele Menschen bei ihrer Predigt anwesend sind, und das möglicherweise lobend anerkennen. Aber anstatt eine Lobrede zu halten, lehrte Jesus das ernsthafte Gleichnis vom Sämann. Warum? Viele von denen, die zu Jesus kamen, hörten zwar sein Wort, aber die Frucht blieb in ihrem Leben aus. Diese Erfahrung hatte Jesus offenbar gemacht, als er -wie Vers 1 berichtet- Dorf und Stadt durchzog, um das Evangelium zu verkündigen. Wenn wir einmal Vers 1 mit Vers 5 vergleichen, wird deutlich, dass Jesus gerade so wie der Sämann gehandelt hatte. Vielleicht spricht Jesus in dem Gleichnis aus seiner Erfahrung mit den Menschen, als er das Evangelium verkündigte. Jedenfalls, beschreibt Jesus in dem Gleichnis vier verschiedene Fälle, die bei der Verkündigung des Evangeliums auftreten können. Es ist wertvoll, jedes dieser vier Fälle im Einzelnen unter die Lupe zu nehmen:

Der erste Fall: Der Same fällt auf dem Weg. Als der Sämann in den Beutel griff und großzügig Samen über den Acker warf, fiel einiges von den Samen auf dem Weg. Wenn man die heutigen Äcker vor Augen hat, kann man sich das nicht so gut vorstellen. Aber in Galiläa gab es keine breitflächig angelegte Äcker. Man muss sich diese Äcker wie schmale Handtücher vorstellen, die sich an den Abhängen hinunterschlängelten. Man konnte sie nicht umgehen, daher entstanden hier und da Trampelpfade. Diese Trampelpfade konnte der Bauer beim Aussäen unmöglich berücksichtigen. Daher fiel so einiges der Samen auf die Pfade (vgl. POHL, A. 20112: 183)1. Durch das ständige Betreten wurde der Boden vom Weg so richtig hart. Daher blieben die Samen auf der Oberfläche, anstelle in den Boden einzudringen. So konnten die Samen auf dem Weg von Saatkrähen leicht gesehen und aufgepickt werden und/oder von Fußgängern leicht zertreten werden.
Wofür stehen die Samen, die auf dem Weg fallen? Im Vers 12 erfahren wir, dass der Wegboden für solche steht, die das Wort hören, der Teufel es ihnen aber sogleich wieder wegnimmt. Der Teufel kennt die Kraft des Wortes, das Menschen retten kann. Wie kann man sich diese Wegnahme des Wortes durch den Teufel vorstellen? Es gibt hierfür mehrere Möglichkeiten, die sich der Teufel einfallen lässt – eine davon ist sicherlich die Beeinflussung unserer Gedankenwelt, wie z.B.: „Dir passiert dieses oder jenes, wenn du…“, „Was werden die anderen von dir denken, wenn du…“, „Du hast keine Zeit, dich mit dem Wort zu beschäftigen, du musst ja noch dieses oder jenes erledigen…“, „beschäftige dich lieber mit…“. Als „Vater der Lüge“ (Joh. 8,44) macht er uns Lügen über Gott glaubhaft, wie: „Gottes Wort ist langweilig“. Vielen hat der Teufel auch das Wort dadurch weggenommen, dass er kritische Gedanken sät, wie er es bei Eva tat (1. Mo. 3,4f). Wenn der Hörer des Wortes gegenüber dem Verkünder des Wortes kritisch oder eingestellt ist, kann der Teufel das gehörte Wort ziemlich leicht wegnehmen. Aber auch Menschen, die die Botschaft des Evangeliums schlecht reden („den Samen sozusagen zertreten“), bringen andere davon ab, sich näher mit dem gehörten Wort zu beschäftigen.
Wie listig und gefährlich auch das Handeln des Teufels sein mag, es gibt im Vers 12 eine Sache, die unsere Aufmerksamkeit noch mehr verdient – ist euch schon aufgefallen, wie leicht hier die Wegnahme des Wortes hier in diesem Vers geschieht? Man hört es, dann kommt der Teufel und nimmt es weg. Da ist von überhaupt keinem Widerstand die Rede. Es klingt so, als ob der Teufel in dem ersten Fall überhaupt keine Schwierigkeit hat, das Wort wegzunehmen. Wenn man den ersten Fall mit den anderen Fällen vergleicht, fällt auf, dass der Same im ersten Fall am schnellsten sein Ende findet.
Der erste Fall spricht von Menschen, bei denen das Wort in das eine Ohr reingeht und ins andere Ohr wieder raus. Kaum gehört, schon wieder vergessen (woran das liegt, werden wir hernach noch erfahren). Sie sind sozusagen für den Teufel eine leichte Beute.

Betrachten wir nun den zweiten Fall – Vers 6: Der Same fällt auf felsigem Boden. Dass Samen auf felsigem Boden fielen war in Galiläa gar nicht so unwahrscheinlich: An mehreren Stellen des galiläischen Ackers ging der Boden nicht so tief. Darunter befanden sich viele Gesteinsbruchstücke des sogn. Galiläischen Plattenkalks. Der steinige Untergrund hatte Auswirkungen auf das Wachstum des Samens. Man kann sich gut vorstellen, dass wenn am Morgen der Tau auf solch einen Boden fiel, der Boden ziemlich schnell durchnässt war, weil das Wasser nicht in die Tiefe versickern konnte. Und wenn es nachts kühl wurde, war der Boden trotzdem noch warm, weil sich der steinige Untergrund nicht so schnell abkühlt. Der steinige Untergrund bewirkte ein feuchtes und warmes Keimbett für den Samen (vgl. POHL, A. 20112: 184)1. So gesehen, eigentlich optimal für das Aufkeimen des Samens. Daher spricht Vers 6 davon, dass der Samen aufging – im Markus-Evangelium ist es noch deutlicher: und ging alsbald auf (Mk. 4,5). Warum aber verdorrt der Samen auf felsigem Untergrund so schnell? Insbesondere in heißen Gebieten wie Galiläa war es wichtig, dass die Saat einen tiefgründigen Boden hat – das aus drei Gründen: 1. Der Boden kann ähnlich wie ein Schwamm, Wasser speichern; 2. Der Boden diente als Wärmeschutz und 3. brauchen Wurzeln einen tiefgründigen Boden, damit sie sich ausbreiten können und dadurch möglichst viel Wasser aufnehmen können (vgl. POHL, A. 20112: 184). Wenn also die Sonne über eine Saat schien, die nicht auf mächtigen Boden gewachsen war, dann verbrannte diese Saat sehr schnell, weil die Feuchtigkeitsreserven schnell aufgebraucht waren und es auch keine Wurzeln hatte, die genügend Wasser aufnehmen konnten. Daher heißt es im Vers 6: „und als es aufging, verdorrte es, weil es keine Feuchtigkeit hatte.“ Die Formulierung in Vers 6 macht klar: So wie der Same aufging, so verdorrte er auch. Kaum war der Same aufgegangen, vertrocknete er schon.
Wofür stehen die Samen, die auf felsigem Boden fallen? Betrachten wir hierzu Vers 13: Diejenigen, die auf dem felsigen Boden gesät sind, sind solche Menschen, die das Evangelium, sobald sie es hören, aufnehmen, ja sogar mit Freuden aufnehmen und zum Glauben kommen – allerdings alles nur für eine Zeit. Sobald sie wegen ihres Glaubens in Bedrängnis geraten, fallen sie vom Glauben ab, spätestens dann, wenn es sich um eine gravierendere Bedrängnis handelt. So schnell wie sie zum Glauben kamen, so schnell fallen sie auch wieder vom Glauben ab. Wenn Menschen rasch zum Glauben kommen, ist das nicht immer ein gutes Zeichen. In diesem Fall haben das schnelle Kommen zum Glauben und das schnelle Abfallen vom Glauben ein- und dieselbe Ursache. Im Vers 13 steht sie: „diese haben keine Wurzel“. Keine Wurzeln haben ist ein Bild für Oberflächlichkeit und Unbeständigkeit. Der Glaube solcher Menschen ist unbeständig, weil er oberflächlich ist. Als sie das Evangelium aufnahmen, hatten sie es nur oberflächlich getan – sie hatten sich darüber gefreut, dass sie mit Jesus auferstehen werden, verstanden aber nicht die Kehrseite davon: nämlich mit Jesus auch zu leiden – wie es im Röm. 8,17 heißt: Wenn aber Kinder, so auch Erben, Erben Gottes und Miterben Christi, wenn wir wirklich mitleiden, damit wir auch mitverherrlicht werden. In Mt. 8 erfahren wir ein Beispiel für solche Menschen, die Jesus hier beschreibt. Ein Schriftgelehrter sagte zu Jesus: Meister, ich will dir folgen, wohin du gehst. Wow, was für ein Bekenntnis – aber Jesus sagte nicht: „Wow“, sondern: „Die Füchse haben Gruben und die Vögel unter dem Himmel haben Nester; aber der Menschensohn hat nichts, wo er sein Haupt hinlege“ (V. 19-20). Dieser Schriftgelehrte war sich nicht darüber im Klaren, dass die Nachfolge Jesu mit einem unbequemen Leben einhergeht. Er sagte überschnell ja zur Nachfolge, wusste aber nicht, worauf er sich einließ. Menschen, bei denen der Samen auf Felsenboden gesät ist, verstehen nicht, worauf sie sich einlassen, wenn sie das Evangelium aufnehmen. Das Evangelium ist wie der neue Wein (Lk. 5,37-39). Es ist eine köstliche und schöne Botschaft, aber auch gleichzeitig eine, dynamische, radikale Botschaft, die das alte Leben auf den Kopf stellen kann und für Jesus nichts zu schade hält.

Betrachten wir nun den dritten Fall – Vers 7: Einige der Samen fielen unter die Dornen. Mit „Dornen“ ist hier wahrscheinlich ein Sammelbegriff für stachelige Unkräuter gemeint. Die Wurzeln von solchen Dornen konnten 30 cm in die Tiefe gehen. Kein Pflug leistete es, ihre Wurzeln zu roden. Da der Bauer sie nur abbrennen konnte, trieben sie immer wieder neu aus. An manchen Stellen bildeten sie ein dichtes Geflecht. Die Samen in so einem Geflecht konnten zwar schon aufkeimen und emporwachsen, aber oft blieben sie mickrig und setzten keine Körner an (vgl. POHL, A. 20112: 184)1. Im Gegensatz zu den anderen Fällen wird die Pflanze hier nicht zerstört. Sie bleibt innerhalb des Dornengestrüpps am Leben, kann vielleicht sogar Frucht bringen, aber nicht zur Reife. Denn die Dornen rauben ihnen die Ressourcen des Bodens (Nährstoffe und Wasser) und versperrten ihnen den Zugang zum Sonnenlicht. Daher heißt es am Ende von Vers 7, dass die Dornen die aufgehenden Samen erstickten.
Wofür stehen die Samen, die unter den Dornen geraten sind? Betrachten wir hierzu Vers 14. Diejenigen, bei denen unter die Dornen gesät ist, sind solche, die das Evangelium durchaus in ihrem Herzen aufnehmen. Sie bringen sogar Frucht, aber nicht zur Reife. Woran liegt das? Jesus nennt drei Gründe: Sorgen, Reichtum und Vergnügen. Seien es die Sorgen um die bevorstehende Prüfung, oder Sorgen um die Kinder oder Sorgen wegen der Arbeit, was auch immer für Sorgen – sie haben eins gemeinsam: Wie die Dornen die Ressourcen des Bodens für sich aufbrauchen, so saugen auch sie unsere gesamte Aufmerksamkeit und lenken den Fokus weg von Gottes Wort. So viele Menschen können dem Wort Gottes nicht einmal richtig zuhören, weil ihr Kopf voller Sorgen ist. Nicht anders ist es mit dem Wunsch, reich oder zumindest wohlhabend zu werden. Dieser Wunsch wird oftmals damit gerechtfertigt, sich und den Kindern eine sichere Zukunft zu gewährleisten. In Wirklichkeit aber lässt der Wunsch nach Reichtum Menschen für das falsche Ziel leben und führt dazu, dass sie keine Zeit mehr für Gott und Seine Anliegen zu haben. Ständig geht es nur noch darum, hier und da Gewinn zu machen und Geld anzuhäufen. Und wie ist es mit dem Vergnügen? Die typischen Vergnügen der Welt sind: sex, drugs, alcohol and… popmusik. Christen hingegen, die anständig sein wollen, finden sozusagen frommere Wege, um ständig ihr irdisches Vergnügen zu bekommen. Hierzu gehört bspw., dass man ständig als Tourist unterwegs ist, ständig auf kulinarischen Genuss aus ist, ständig nach Unterhaltung durch die Medien sucht, ständig darauf aus ist, etwas zu unternehmen, viele Sachen kauft, die man eigentlich nicht benötigt, immer wieder auf den neusten Spaß aus ist, indem man dies und jenes ausprobieren möchte usw. Die vielen Möglichkeiten an Vergnügen auf der Welt haben eine hohe Anziehungskraft – viele geben dem nach, sodass sie viel Zeit und Geld dafür ausgeben. Da Jesus wusste, wie mächtig Sorgen und Vergnügungen uns einnehmen können, warnte er davor mit den Worten: Hütet euch aber, dass eure Herzen nicht beschwert werden mit Fressen und Saufen und mit täglichen Sorgen (Lk. 21,34). Anders als in den vorherigen Fällen, kann es durchaus sein, dass man Frucht bringt, aber nicht zur Reife. Bei Gläubigen, die sich ständig Sorgen machen, sich nach Reichtum und/oder ständigem Vergnügen sehnen, kommt der Glaube nie wirklich zum Durchbruch, nie wirklich zur vollen Entfaltung. In ihrem Leben sind lediglich Ansätze von einem christlichen Dasein zu finden. Was bringt eine unreife Frucht? Nichts. Man isst sie ja nicht. Nach der Darstellung von Mt. und Mk. ist auch im dritten Fall die Rede davon, dass Frucht ausbleibt. Unreife Frucht ist eben praktisch so, als ob keine Frucht da wäre. Knapp daneben ist auch vorbei.

Der 4. Fall: Der Same fällt auf gutem Boden – Vers 8. Der Same fällt auf gutem Boden, geht auf und bringt Frucht. In dem Gleichnis bringt der Same hundertfache Frucht. Das durchschnittliche Verhältnis zwischen Aussaat und Frucht lag bei 1:8. Ein Verhältnis von 1:10 wurde als außergewöhnlich angesehen. Der von Jesus angesprochene hundertfache Ertrag war also ein buchstäblich sagenhafter Ertrag.
Wofür stehen die Samen, die auf gutem Boden gefallen sind? Betrachten wir hierzu Vers 15: Wie die anderen haben auch die Menschen, von denen in diesem Fall die Rede ist, das Wort gehört und nehmen es auf – einzigartig aber ist, dass sie das Wort bewahren, sie behalten es im Herzen. Und dann geschieht das, was in allen anderen Fällen ausblieb: Es kommt zur Frucht. Am Ende von Vers 15 heißt es, dass sie Frucht bringen mit Ausharren. Sie bringen nicht nur für eine Zeit, sondern mit Geduld bringen sie beständig Frucht. Auch zu ihnen kommen „die Vögel“, aber dennoch bringen sie weiter Frucht. Auch auf sie scheint „die Sonne“ mal zu heiß: Aber anstelle zu verdorren, bringen sie weiter Frucht. Weil sie ausharren, bringen sie auch unter widrigen Umstände Frucht.
Aus Vers 8 wissen wir, dass sie nicht nur ein bisschen, sondern sagenhaft viel Frucht bringen! Woran liegt das aber, dass es in dem 4. Fall zu so viel Frucht kommt, in den anderen drei Fällen aber gar nicht? Was ist das Geheimnis davon, viel Frucht zu bringen? Und was ist die Ursache davon, wenn man keine Frucht bringt? Wir wollen das im zweiten Teil der Predigt betrachten.

II. Das Geheimnis des Frucht Bringens

Das, was mit dem Samen in den vier Fällen geschieht, ist sehr unterschiedlich. Aber doch hängt es letztendlich von einer Sache ab, was aus dem Samen wird. Diese eine Sache, von der alles abhängt, ist die Beschaffenheit des Bodens. Dies kann man in allen vier Fällen sehen: Im ersten Fall ist der Boden hart. Gerade deswegen wird der Same eine leichte Beute für die Vögel. Im zweiten Fall ist der Boden felsig, also nicht tiefgründig genug. Aus diesem Grund verdorrt der Same. Im dritten Fall ist der Boden mit Wurzeln von Dornen versetzt. Er bringt immer wieder neue Dornen hervor, weil die Wurzeln der Dornen nie beseitigt wurden. Der vierte Boden ist ein guter Boden. Jesus beschreibt zwar nicht, wie dieser gute Boden beschaffen ist. Aber von dem Kontext her können wir zumindest sagen, dass ein guter Boden all das nicht ist, was die anderen Böden sind. Er ist nicht hart, sondern locker, mächtig (tiefgründig) und treibt keine Dornen aus. Der Boden speicherte die Feuchtigkeit wie ein Schwamm. Und in solch einem Boden konnte der Samen aufgenommen werden, zur rechten Zeit aufkeimen, Wurzeln bilden, sie ausbreiten und mit deren Hilfe Feuchtigkeit und Näherstoffe aus dem Boden entnehmen.
Wofür steht der Boden? Er steht für das Herz des Menschen. Im ersten Fall ist das Herz hart wie der Weg auf dem Acker. Was sind harte Herzen? Gewöhnlich denken wir bei hartherzigen Menschen an unbarmherzige Menschen. Die Bibel meint aber etwas anderes. Ein hartes Herz hart jemand, der gegenüber dem Wort Gottes unempfindlich ist. Zum Beispiel beschreibt Gott das Herz von Josia als „weich geworden“, weil Josia sehr betroffen auf Sein Wort reagierte (siehe 2. Chr. 34,27). Gegenteil davon ist das Verhalten des Pharaos, der Gottes Wort trotz Androhung schlimmer Plagen nicht gehorchte. Daher spricht 2. Mo. 8,28 davon, dass der Pharao sein Herz verhärtete. Menschen mit einem harten Herzen bleiben von einer Predigt unberührt. Ob sie ein Wort der Gnade oder ein Wort des Gerichts hören, es geht an ihnen vorbei. Was das Herz hart macht, ist Unglaube. Menschen mit einem harten Herzen sind für den Teufel eine leichte Beute. Solchen kann der Teufel ganz leicht das gehörte Wort vergessen lassen und sie sogar für seine Zwecke gebrauchen. Im zweiten Fall ist das Herz so, dass das Wort nicht tiefe Wurzeln schlagen kann. So wie die Wurzeln einfach nicht durch den felsigen Untergrund hindurchdringen können, so gibt es etwas in dem Herzen dieser Menschen, das den Durchbruch des Evangeliums nicht zulässt. Das Evangelium wird daher nur oberflächlich angenommen und verstanden. Solch ein felsiger Untergrund kann Verschiedenes bedeuten, wie etwa die Unwilligkeit für den Glauben zu leiden. Sobald Christen mit Leiden konfrontiert oder gar mit Unbequemlichkeiten konfrontiert werden, ziehen viele von ihnen schnell einen Schlussstrich. Gewisse Ängste machen sich breit. Daher spricht Jesus davon, dass sie in der Zeit der Versuchung abfallen. Im dritten Fall haben Menschen ebenfalls andere Dinge im Herzen als Gott. Ihr Herz schlägt zwar auch für Gott, aber nicht nur! Es schlägt auch für irdische Dinge, wie etwa für Vergnügen und Reichtum. Wenn das Herz für irdische Dinge schlägt, wird das auch dazu führen, dass man sich viel Sorgen macht. Denn wir sind um das besorgt, was uns wichtig ist. Solche Herzen, von denen im 3. Fall die Rede ist, sind geteilte Herzen. Deswegen bringen sie allenfalls unreife Frucht hervor. Wie ist aber das Herz im vierten Fall? Vers 15 beschreibt es als fein und gut, nach NIV nobel und gut. Was dieses Herz so gut und nobel macht ist, dass es keine Hindernisse für das Wort Gottes stellt, sondern Raum zur Entfaltung bietet. Es bietet Raum für das Wort Gottes, weil es nicht von Unglauben, Ängsten, der Begierde nach Vergnügen und Reichtum oder anderen Götzen beherrscht ist. Das macht das Herz weit für das Wort Gottes. So ein Herz kann das Wort nicht nur aufnehmen, sondern auch bewahren.
– Fazit: Ob wir viel oder keine Frucht bringen, steht und fällt damit, wie es mit unserem Herzen steht. Bleibt die Frucht in unserem Leben aus, ist das ein Herzensproblem. Man kann es aber auch positiv formulieren: Ist erst einmal das Herzensproblem gelöst, so kann man sehr viel, ja sagenhaft viel Frucht bringen. Daher ist die Frage: Was macht unser Herz fein und gut? Von was sollte unser Herz stattdessen beherrscht sein? Betrachten wir dies im 3. Teil der Predigt.

III. Die Hauptsache: Das Reich Gottes

Wer einmal das Gleichnis vom Reich Gottes näher unter die Lupe nimmt, stellt fest, dass es letztendlich nicht um die vier Ackerböden geht. Es geht schon darum, aber nicht ultimativ. Ultimativ geht es um eine viel größere Sache. Was ist diese Sache? Jesus selbst bezeichnet das Gleichnis nicht als Gleichnis von den vier Ackerböden, sondern als das Gleichnis vom Sämann. Es geht um den Sämann bzw. um sein Interesse und Anliegen. Dies sehen wir auch in der Struktur des Gleichnisses:
5 Der Sämann ging hinaus, seinen Samen zu säen; und indem er säte, fiel einiges an den Weg, und es wurde zertreten, und die Vögel des Himmels fraßen es auf. 6 Und anderes fiel auf den Felsen; und als es aufging, verdorrte es, weil es keine Feuchtigkeit hatte. 7 Und anderes fiel mitten unter die Dornen; und indem die Dornen mit aufwuchsen, erstickten sie es. 8 Und anderes fiel in die gute Erde und ging auf und brachte hundertfache Frucht.

Es geht ständig darum, was der Same tut oder was mit dem Samen geschieht. Das Schicksal des Samens ist unzertrennbar mit dem Interesse des Sämanns verbunden. Deswegen geht es in dem Gleichnis letztendlich um den Sämann bzw. um sein Interesse. Was ist sein Interesse? Als die Jünger Jesus nach der Bedeutung des Gleichnisses fragten, spricht Jesus im Vers 10 auf einmal vom Reich Gottes. Das Interesse des Sämanns bzw. das Interesse von Jesus ist die Ausbreitung des Reiches Gottes. In den Versen 19 bis 21 sehen wir, dass sich Jesus mit diesem Interesse so sehr identifiziert hat, dass er diejenigen als seine wahre Verwandte nennt, die Gottes Wort hören und tun. Als man Jesus meldete, dass seine Mutter und Brüder zu ihm kommen wollen, hatten die meisten wohl erwartet, dass Jesus seine Predigt unterbricht und nach dem Anliegen seiner Familie fragt. Dies zu ignorieren, galt als Schande, insbesondere wenn es um ein Anliegen der Eltern ging. Aber Jesus tat dies in diesem Fall, und zwar auch noch vor aller Öffentlichkeit. Das zeigt, wie sehr ihm die Verkündigung des Reiches Gottes am Herzen lag. Wir sehen dies auch in den Versen 16 und 17. Jesus hatte den Jüngern das Geheimnis vom Reich Gottes offenbart. Und was sollten sie damit machen? Es vor anderen geheim halten? Nein, auf keinen Fall. Mit dem Gleichnis von der Lampe ermutigte Jesus sie, die Geheimnisse von Gottes Reich zu verkündigen. Jesus hatte ihnen viel Licht, also viel Offenbarung anvertraut, dies geheim zu halten, wäre genauso widersinnig wie eine Lampe unters Bett zu stellen. Was bringt das?
Die Frage war ja: „Von was sollte unser Herz beherrscht sein?“ Einfach gesagt: Von dem, wovon auch der Sämann beherrscht ist: Nämlich vom Reich Gottes. Unser tägliches Anliegen sollte sein: Dein Reich komme – in uns und in den anderen! Ist das Herz nicht von diesem Anliegen beherrscht, bietet es Raum dafür, von anderen Dingen beherrscht zu werden – sei es der Reichtum oder das Vergnügen, seien es die Sorgen oder der Unglaube, spielt letztendlich keine Rolle: In allen Fällen kommt es nicht zur Frucht und damit auch nicht zur Ausbreitung des Reiches Gottes in uns und den anderen.
In den Versen 2 und 3 erfahren wir ein Beispiel von Menschen, die begriffen haben, worum es im Leben eigentlich geht. In diesen Versen ist von mehreren Frauen die Rede. In ihrer Vergangenheit hatten sie das Gegenteil von Gottes Reich erfahren und erlebt: Nämlich die Herrschaft von bösen Geistern. Eben gerade durch diese negative Erfahrung wussten sie, dass es nichts Besseres gibt als unter der Herrschaft Gottes zu sein. Was war das Resultat davon? Vers 3 berichtet am Ende, dass sie Jesus und den Jüngern mit ihrem Vermögen dienten. Als Frau eines Beamten war Johanna vermutlich ziemlich wohlhabend gewesen. Aber iIhr Herz war nicht vom Verlangen nach Reichtum beherrscht, sondern davon, ihr Hab und Gut für das Reich Gottes einzusetzen, ebenso auch die anderen Frauen. Ihr . Ihr Herz war auch nicht davon beherrscht, ständig nach weltlichem Vergnügen zu trachten, sondern davon, zu dienen. Sie wollten der Ausbreitung des Reiches Gottes mit dem, was sie hatten, unterstützen. Sie hatten eine Sache sehr gut verstanden: : ES GEHT NICHT UM MICHEs geht nicht um mich, sondern um eine viel höhere Sache, nämlich um das Reiches Gottes. Wie wir wissen, haben die Apostel hernach hundertfach, ja unzählige Frucht gebracht. Viele Menschen sind durch sie zum Glauben gekommen. Aber was wären die Jünger ohne diese Frauen gewesen? Indirekt haben sie zu der vielfachen Frucht der Jünger beigetragen.
Ich kann mir gut vorstellen, dass ihnen dies in der Ewigkeit angerechnet wird.
Gewöhnlich fällt es uns leichter, unser Verhalten zu ändern, als unser Herz. Denn beim Herzen geht es immer um etwas Grundlegendes. Grundlegendes in seinem Leben zu ändern, bereitet Angst. Was kann uns aber helfen, dass wir unser Herz von der richtigen Sache beherrschen lassen? In dem heutigen Text kommt ein Wort ziemlich häufig vor:
4 Als sich aber eine große Volksmenge versammelte und sie aus jeder Stadt zu ihm hinkamen, sprach er in einem Gleichnis: 5 Der Sämann ging hinaus, seinen Samen zu säen; und indem er säte, fiel einiges an den Weg, und es wurde zertreten, und die Vögel des Himmels fraßen es auf. 6 Und anderes fiel auf den Felsen; und als es aufging, verdorrte es, weil es keine Feuchtigkeit hatte. 7 Und anderes fiel mitten unter die Dornen; und indem die Dornen mit aufwuchsen, erstickten sie es. 8 Und anderes fiel in die gute Erde und ging auf und brachte hundertfache Frucht. Als er dies sagte, rief er aus: Wer Ohren hat zu hören, der höre! 9 Seine Jünger aber fragten ihn, was dieses Gleichnis bedeute. 10 Er aber sprach: Euch ist es gegeben, die Geheimnisse des Reiches Gottes zu wissen, den Übrigen aber in Gleichnissen, damit sie sehend nicht sehen und hörend nicht verstehen. 11 Dies aber ist die Bedeutung des Gleichnisses: Der Same ist das Wort Gottes. 12 Die aber an dem Weg sind die, welche hören; dann kommt der Teufel und nimmt das Wort von ihren Herzen weg, damit sie nicht glauben und gerettet werden. 13 Die aber auf dem Felsen sind die, welche, wenn sie hören, das Wort mit Freuden aufnehmen; und diese haben keine Wurzel; für eine Zeit glauben sie, und in der Zeit der Versuchung fallen sie ab. 14 Das aber unter die Dornen fiel, sind die, welche gehört haben und hingehen und durch Sorgen und Reichtum und Vergnügungen des Lebens erstickt werden und nichts zur Reife bringen. 15 Das in der guten Erde aber sind die, welche in einem redlichen und guten Herzen das Wort, nachdem sie es gehört haben, bewahren und Frucht bringen mit Ausharren. Gleichnis von der Lampe16 Niemand aber, der eine Lampe angezündet hat, bedeckt sie mit einem Gefäß oder stellt sie unter ein Bett, sondern er stellt sie auf ein Lampengestell, damit die Hereinkommenden das Licht sehen. 17 Denn es ist nichts verborgen, was nicht offenbar werden wird, auch ⟨ist⟩ nichts geheim, was nicht bekannt wird und ans Licht kommt. 18 Seht nun zu, wie ihr hört! Denn wer hat, dem wird gegeben werden, und wer nicht hat, von dem wird selbst, was er zu haben meint, genommen werden. Die wahren Verwandten Jesu19 Es kamen aber seine Mutter und seine Brüder zu ihm; und sie konnten wegen der Volksmenge nicht zu ihm gelangen. 20 Und es wurde ihm berichtet: Deine Mutter und deine Brüder stehen draußen und wollen dich sehen. 21 Er aber antwortete und sprach zu ihnen: Meine Mutter und meine Brüder sind die, welche das Wort Gottes hören und tun.

Jesus schließt sein Gleichnis mit der Ermahnung ab: „Wer Ohren hat zu hören, der höre!“ Herzensveränderung beginnt damit, dass man Gottes Wort hört. Allerdings muss man hierzu sagen, dass in dem Gleichnis vom Sämann in allen vier Fällen das Wort gehört wurde, doch nur im letzten Fall führt das Hören auch tatsächlich zur Frucht. Hören ist nicht gleich Hören. Deswegen sagt Jesus im Vers 18: „Seht zu, wie ihr hört!“ Wie wir wissen, haben die Jünger hernach viel Frucht gebracht. Nicht immer, aber wohl oft hörten sie dem Wort Jesu in einer anderen Weise zu als es die meisten aus dem Volk taten. Wir sehen das in Vers 9. Die Jünger fragten nach der Bedeutung des Gleichnisses. Ihr Hören war ein Hören, das Jesus verstehen, sein Wort begreifen möchte, und zwar so wie es Jesus wirklich meint. Ihr Hören, war ein Hinhören, ein Zuhören. Jesu Ausruf: „Wer Ohren hat zu hören, der höre!“ ist vielmehr als eine akustische Wahrnehmung dessen, was er sagt. Es bedeutet so viel wie: „Gib dem, was ich sage, alle Achtung, höchste Aufmerksamkeit. Denke mal darüber ernsthaft nach!“ Kommen wir noch einmal auf Vers 18 zurück. Nachdem Jesus sagte: „Seht zu, wie ihr hört!“, setzt Jesus mit einer Verheißung, die uns zum rechten Hören ermutigen soll, sowie einer Warnung, die uns vor oberflächlichem Hören abhalten soll, fort: Wer da hat, also reich ist an Erkenntnis, Verständnis, geistlicher Kraft usw., bekommt auch mehr Erkenntnis, Verständnis, Kraft usw. Und wer nicht hat, d.h. sich vom Wort Gottes nichts sich sagen lässt, nicht treu damit umgeht, es nicht praktiziert, der verliert auch das, was er noch hatte, nämlich seinen vermeintlichen Glauben (viele sagen: „ich glaube an Gott“, obwohl ihr Leben dem widerspricht), sodass er in die verschiedensten Zweifel gerät und sich schlimmstenfalls von Gott ganz und gar abwendet. Haben und nicht haben beginnt damit, ob man recht oder oberflächlich hört. Durch das rechte Hören geschieht das Verinnerlichen von Gottes Wort bis dahin, dass es zum eigenen persönlichen Besitz wird. Dann gehört man zu denen, die haben.
Ein Grund dafür, warum man nicht ernsthaft dem Wort Gottes zuhört, liegt daran, dass man nicht an dessen Veränderungskraft glaubt. In Vers 12 sehen wir, dass der Teufel bemüht ist, das Wort wegnehmen – warum? Gerade weil er weiß, wie kraftvoll das Wort ist. Sein Verhalten zeugt von der Kraft des Wortes. Dynamit hat eine ungeheure Sprengkraft, sodass man damit sogar Berge zersprengen kann, um Tunnel zu bauen. Aber angenommen man würde den Sprengsatz neben dem Berg, anstelle in dem Berg positionieren. Obgleich Dynamit eine ungeheure Kraft hat, würde der Berg recht unverändert bleiben. Ebenso ist es mit dem Wort. Es hat Kraft, selig zu machen und zu verändern. Doch wenn wir davon nichts erfahren, liegt es nicht an dem Wort, sondern daran, dass es falsch positioniert ist, nämlich in einem Herzen, welcher in den Fällen 1 bis 3 beschrieben wird.
Einmal erzählte ein Gemeindeleiter davon, dass er einen Besucher des Gottesdienstes fragte, was letzte Woche in der Predigt vorkam. Er konnte die Frage nicht beantworten. Dann fragte er, was es letzte Woche nach dem Gottesdienst zum Essen gab. Diese Frage hingegen konnte der Besucher ziemlich leicht beantworten.
Vor diesem Hintergrund möchte ich die Predigt mit einigen Fragen schließen: Wie hören wir Gottes Wort, wie hören wir es in der Stillen Zeit? Wie hören wir Gottes Wort in der Predigt? Wie hören wir Gottes Wort bei der Vorbereitung auf das Bibelstudium? Wie hören wir es beim Bibelstudium usw.

 

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