Predigt: Psalm 32 – Gebet

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Das Bekenntnisgebet

„Ich tat dir kund meine Sünde und deckte meine Schuld nicht zu. Ich sagte: Ich will dem HERRN meine Übertretungen bekennen; und du, du hast vergeben die Schuld meiner Sünde“

(Psalm 32, 5)

In der heutigen Predigt geht es um ein Thema, über das viele Menschen nicht sprechen wollen. Manche nehmen lieber große Nachteile in Kauf, als darüber zu sprechen. Andere werden sogar kriminell, um zu vermeiden, dass dieses Thema an die Oberfläche kommt. Viele verdrängen es bis zum Tod. Auch unter Gläubigen gibt es solche, die bereit sind mit Gott über alles und jenes zu sprechen, aber bloß nicht über dieses Thema. Gleichzeitig ist dieses Thema ein Thema, über das Gott unbedingt, auf jeden Fall sprechen möchte. Das Thema, von dem hier die Rede ist, ist die eigene Schuld. Wer eine gesunde Beziehung zu Gott haben will, muss bereit sein, mit Gott darüber zu sprechen. Anhand von Psalm 32 wollen wir drei Dinge über den Umgang mit der eigenen Schuld nachdenken:

1. Wie sollten wir mit unserer Schuld nicht umgehen?
2. Wie sollten wir mit Gott über unsere Schuld sprechen?
3. Welchen Segen bringt es mit sich, wenn wir mit unserer Schuld in rechter Weise umgehen?

1. Das Verschweigen von Schuld (V. 3 – 4)

Mit Mord und Ehebruch hatte David große Schuld auf sich geladen. Wie ging David anfangs mit dieser Schuld um? Zu Beginn von Vers 3 heißt es: „Als ich es verschwieg…“ David verschwieg zunächst seine Schuld. Er vertuschte und verheimlichte sein Vergehen. Er verdrängte seine Schuld. Er tat so, als wäre nichts gewesen. So mit der eigenen Schuld umzugehen ist eher typisch als untypisch. Die Medien sind voll von solchen Berichten. Nicht selten wird die Schuld selbst dann noch verschwiegen, obgleich sie offensichtlich geworden ist. Aber wie ist es mit uns? Sicherlich kennen wir es alle, Schuld zu verschweigen und zu verdrängen. Wir verschweigen Schuld, weil wir die Folgen fürchten. David bspw. müsste mit Strafe von Gott rechnen. Zudem war es eine große Schande, ja Blamage, als König des Volk Gottes Ehebruch und Mord begangen zu haben.
Was sollte da das Volk noch von ihm denken, wer würde ihn noch achten? Er würde ja seine eigene Autorität untergraben, seinen eigenen Ruf ermorden. Aber wurde es dadurch besser, dass David seine Schuld verschwieg? Welche Erfahrung machte David? Betrachten wir weiter die Verse 3 und 4. David schrie Tag und Nacht. Wer sich so verhält, empfindet nicht nur irgendwelche Schmerzen, sondern eher Qualen. Sein Schreien Tag und Nacht ließ seine Gebeine verschmachten, machte ihn also kraftlos. Er fühle sich wie einer, der stundenlang in der Wüste ohne Wasser ist – total ausgepowert. „Sein Saft“ vertrocknete, er hatte also keine Lebenskraft mehr. Und das Erschreckende bei alldem: David erkannte, dass diese Pein von Gott höchstpersönlich kam. Gott hatte ein Problem, ja sogar ein sehr großes Problem damit, dass David seine Schuld verschwieg. Gott legte seinen Finger solange in die Wunde, bis David damit aufhörte, seine Schuld zu verschweigen.
Viele Menschen hoffen, dass mit der Zeit Gras über ihre Vergehen wächst. Sie wollen geschehene Fehler ungern noch einmal aufwärmen, einfach vergessen lassen. Doch Gott ist da anders. Im Stammbaum Jesu, also ca. 1000 Jahre später, erwähnt der Heilige Geist noch einmal explizit den Ehebruch Davids (Mt. 1,6). Unsereiner würde wohl sagen: „Muss das denn sein?“ Oder wie ist mit den Fehlern des Volkes Israels? Dessen Fehler werden im Alten Testament breit und offen dargelegt. Ein Großteil des Alten Testaments berichtet über die Sünden des Volkes Israels. Gott hatte Israel als Sein Volk bezeichnet und David als einen Mann nach seinem Herzen (1. Sam. 13,14). Daher warf Er beiden vor, dass ihretwegen Sein Name verlästert wird (Röm. 2,24; 2.Sam 12,14). Deren Sünden waren eine Schande für Gott. Aber obwohl das so war, vertuschte Gott deren Sünde nicht, sondern legte sie vor aller Öffentlichkeit dar, für alle Menschen zu allen Zeiten lesbar. Ist das nicht bemerkenswert? In 1. Johannes 1,15 heißt es: „Gott ist Licht, und in ihm ist keine Finsternis“. Halten wir also fest: Gott hat ein großes Problem damit, wenn Menschen ihre Schuld vertuschen. Er selbst tut es nicht, weil es Seinem Wesen als Licht widerspricht.
Daher ist es keineswegs der gesegnete Weg, seine Schuld zu vertuschen. Gott kann auch in unserem Leben Leiden gebrauchen, um uns auf gewisse, nicht zugegebene Schuld hinzuweisen. Zudem hat Gott etwas in uns hineingelegt, das uns belastet, wenn wir Schuld verbergen. Es gehört zu den Eigenschaften, die uns als Abbild Gottes auszeichnen. Andere Lebewesen auf dieser Erde haben es nicht – kurz: Das Gewissen. Im Bibelstudium erzählte ich von einer gläubigen Frau, die mit einem ungläubigen Mann verheiratet war. Mit der Zeit wurde ihr Mann psychisch krank, so sehr, dass sich die Frau um ihr eigenes Leben fürchten musste. Das ging mehrere Jahre lang, bis rauskam, dass der Mann fremdging. Sein jahrelanges Verschweigen seiner Sünde hatte ihn krank gemacht. Offenbar hatte ihn die Gegenwart seiner Frau ständig an seine Schuld erinnert. Jeder liebevolle Anblick seiner Frau war wohl ein Stich in sein Gewissen. Nachdem es rauskam, sagte die Frau: „Da wurde mir klar: Sünde macht krank.“ Das Verschweigen von Schuld ist wie ein Splitter, den man lässt. Je länger man damit wartet, desto schlimmer wird es. In einem Traktat des Missionswerkes Werner Heukelbach wird unbereinigte Schuld mit dem Bild eines Steins im Schuh veranschaulicht:
„Steine gehören nicht in Schuhe und Sand nicht ins Getriebe. Das eine verursacht Blasen an den Füßen und das andere ein Knirschen in der Gangschaltung. Beides scheuert, beides stört erheblich. Es muss kein großer Stein sein – was ihn aber so unangenehm werden lässt, ist seine beharrliche Wirkung. Da gibt es Dinge im Leben, die scheuern ähnlich wie ein Stein im Schuh. Aber du ignorierst sie und gehst weiter, bis das rohe Fleisch zutage tritt. Es gibt nichts Dümmeres als das, doch irgendwie kriegst du die Kurve nicht, um die Sache zu klären. Doch jemand sieht dich leiden und bietet dir ein Pflaster an. Aber du schüttelst den Kopf und sagst: „Ein Indianer kennt keinen Schmerz.“ Dir reicht jemand die Salbe, doch stolz lehnst du ab: „Alles gut, brauch ich nicht!“ Sind Steine im Schuh etwa da, dein ganzes Leben kaputt zu machen? Geh und deck dein Fehlverhalten auf, zieh den Latschen aus und entferne das, was scheuert. Erleichtere dein Gewissen! Geh nicht nur zur Polizei, geh auch zu Gott.“[1]
Menschen, die ihre Sünden nicht zugeben, leben nach der Bibel in der Finsternis. Nach 1. Joh. 1,6 hat Gott keine Gemeinschaft mit solchen. Gott entzieht ihnen die Gemeinschaft. Die Beziehung mit Gott ist dann gestört, was dazu führt, dass man Unfrieden bzw. innere Unruhe erlebt. Daher die Frage: Wie gehen wir mit unserer Schuld um? Gibt es auch bei uns vertuschte, unbereinigte Schuld?
Es gibt aber auch positive Beispiele, in denen Schuld nicht verschwiegen, sondern öffentlich dargelegt wurde: Der christliche Autor und Apologet Ravi Zacharias wurde für seine Weisheit bewundert. Er galt wohl als Salomo unserer Zeit. Doch später kam heraus, dass sich Ravi Zacharias des sexuellen Missbrauchs schuldig gemacht hatte. Bemerkenswert ist, wie dessen gleichnamiges Institut damit umging. Auf der Homepage nimmt es Stellung zu seinem Vergehen:
„(…) Als Team des Zacharias Instituts sind wir bestürzt und entsetzt über das, was da ans Licht kommt. Unser Mitgefühl und unsere Solidarität sind mit den Opfern, denen unfassbares Leid zugefügt wurde. Wir sind dankbar, dass die Wahrheit ans Licht kommt, auch wenn sie schmerzhaft ist. Nur eine vollständige, schonungslose Aufklärung entspricht den Werten der Wahrhaftigkeit und Gerechtigkeit, die für uns als Christinnen und Christen zentral sind. Wir wollen uns von der Treue zu Jesus leiten lassen. Ihm gilt unsere Berufung und ihm vertrauen wir uns an.“[2]

Der offene und aufrichtige Umgang des Instituts mit der Schuld seines Gründers ist bemerkenswert und vorbildlich. Damit kommen wir auch schon zum 2. Teil der Predigt: Wie gehen wir richtigerweise mit unserer Schuld um?

2. Das Bekennen von Schuld (V. 5)

Betrachten wir Vers 5. Während sich David auf Gedeih und Verderb mehr als ein halbes Jahr geweigert hatte, seine Schuld zuzugeben, sagte er nun: „Ich will dem HERRN meine Übertretungen bekennen.“ Gott hatte David zu dem Punkt gebracht, dass er willig seine Schuld bekannte. Gott drückte sozusagen auf den Abszess seiner Sünde solange, bis der Eiter endlich rauskam. Damit hatte Gott an David nicht als ein Feind, sondern als guter Arzt gehandelt (vgl. 2. Mo. 15,26; Lk. 5,31). Gottes erstes Medikament an David war das Bekennen. Das Bekennen ist zwar ein Medikament mit Nebenwirkungen – denn es bringt durchaus Nachteile für uns mit – aber es ist ein sehr heilsames Medikament. Das sehen wir am Ende von Vers 5: und du, du hast vergeben die Schuld meiner Sünde. Dies ist wirklich erstaunlich! Mit seinem Mord und Ehebruch hatte sich David krass gegen Gott versündigt. Als Sahne obendrein hatte er es auch noch monatelang verschwiegen. Doch sobald David Gott seine Schuld bekannte, vergab Gott ihm im Nu. Das zeigt, wie heilsam das Bekennen der eigenen Schuld ist. Man kann das in der Geschichte von der Begegnung mit Nathan nachlesen. Nach der Zurechtweisung Nathans sagte David: „Ich habe gegen den HERRN gesündigt!“ (2. Sam. 12,13a). Unmittelbar darauf erwiderte Nathan mit den Worten: „So hat auch der HERR deine Sünde hinweggenommen; du sollst nicht sterben! Doch weil du den Feinden des HERRN durch diese Sache Anlass zur Lästerung gegeben hast, so wird auch der Sohn, der dir geboren wurde, gewisslich sterben!“ (2. Sam. 12,13b). Unmittelbar nach Davids Bekenntnis vergab Gott seine Schuld, ersparte ihm aber nicht die Konsequenzen seiner Sünde (2.Sam. 12,14). Diese Konsequenzen sind keine Rache Gottes, sondern u.a. eine Erziehungsmaßnahme Gottes.
Gott vergibt auch uns unmittelbar nach unserem Bekenntnis. In 1. Joh. 1,9 haben wir es ja in Schwarz auf Weiß: Wenn wir aber unsere Sünden bekennen, so ist er treu und gerecht, dass er uns die Sünden vergibt und uns reinigt von aller Ungerechtigkeit. Der richtige Umgang mit Schuld ist also das Bekennen.
Allerdings müssen wir gut verstehen, was die Bibel mit „Bekennen“ meint. Warum sage ich das? Es gibt eine Geschichte in der Bibel, die einige Parallelen zu der Begebenheit der Begegnung Davids mit Nathan aufweist. Es ist die Geschichte von Saul und Samuel in 1. Sam. 15. In dieser Geschichte geht es ebenfalls darum, dass ein König sündigt. Wie David wird auch Saul von einem Propheten zurechtgewiesen. Bemerkenswerterweise verwendet Saul ähnliche Worte wie David. Er sagte: „Ich habe gesündigt, dass ich des HERRN Befehl und deine Worte übertreten habe; denn ich fürchtete das Volk und gehorchte seiner Stimme“ (1. Sam. 15,24). Aber dann kommt es zu einem großen Bruch der Parallelität dieser beiden Geschichten: Während Nathan David die Vergebung seiner Sünden zuspricht, sagte Samuel zu Saul: „Ich will nicht mit dir umkehren; denn du hast des HERRN Wort verworfen, und der HERR hat dich auch verworfen, dass du nicht mehr König über Israel seist.“ (1. Sam. 15,26). In diesen Worten ist nicht die leiseste Spur von Vergebung. Warum? Dem ersten Eindruck nach wirkt das Bekenntnis von Saul sehr fromm, aber in Wirklichkeit war es kein echtes Bekenntnis. Dies wird deutlich, wenn wir einmal Sauls Worte mit Davids Worten vergleichen:

Vor diesem Hintergrund müssen wir gut verstehen, was David meint, wenn er das Wort „bekennen“ gebraucht. Ein wichtiges Kennzeichen eines echten Bekenntnisses ist, dass es die Sünde nicht rechtfertigt. Menschen haben die Neigung, die Ursache ihrer Sünden auf andere oder bestimmte Umstände zu schieben. Doch nach der Bibel kann Sünde nie gerechtfertigt werden.
Wenn wir uns in schwierigen Umständen befinden, ist Gott mitfühlend und weiß genau, was wir durchmachen, aber Gott lässt diese Umstände nicht als Entschuldigung fürs Sündigen zu. Man muss das eine von dem anderen unterscheiden. Dafür gibt es mehrere Beispiele in der Bibel: Jesus verstand den Lebensdurst der samaritischen Frau sehr gut, sodass er ihr das wahre Wasser anbot. Aber als er mit ihr über ihre Sünde sprach, entschuldigt er sie in keiner Weise. Er konfrontierte sie ohne Blatt vorm Mund damit, dass sie bereits ihren sechsten Mann hat (Joh. 4,17f). Oder hier ein anderes Beispiel: Als Elia aus Angst vor Isebel floh, ging Gott mit ihm sehr mitfühlend um. Ein Engel berührte ihn und gab ihm zu essen. Dasselbe ein zweites Mal. Aber wisst ihr, was das erste war, was Gott zu Elia sagte, als Elia etwa nach 40 Tagen endlich ankam: „Was tust du hier, Elia?“ (1. Kö 19, 9 + 13). In unseren schwierigen Umständen, Leiden und Herausforderungen fühlt Jesus mit uns, lässt sie aber nicht als Entschuldigung für die Sünde zu. Um das besser zu verstehen, ein Gedankenexperiment: Beim Erdrücken einer Zitrone kommt Saures. Die meisten würden wohl sagen: „Es kam Saures raus, weil man die Zitrone erdrückt hat.“ Aber strenggenommen ist das nicht richtig. Denn würde ich dasselbe mit einer Banane tun, dann würde Süßes rauskommen. Aus der Zitrone kommt Saures heraus, weil in der Zitrone Saures ist. Das Drücken macht lediglich offenbar, was in der Zitrone ist, ist aber nicht die Ursache dafür. Ebenso verhält es sich auch mit uns und den Umständen: Die Umstände offenbaren lediglich, was in uns ist, sind aber nicht die Ursache für die Sünde. Halten wir also fest: Echtes Bekenntnis lässt keine Rechtfertigung von Sünde zu.
Was sind weitere Merkmale eines echten Bekenntnisses? Bevor ich darauf eingehe, sollte eins vorab gesagt werden: Es geht nicht darum, aus dem Bekennen etwas Kompliziertes zu machen. Intuitiv wissen wir wohl alle, was Bekennen ist. Aber weil Menschen aufgrund ihrer sündhaften Natur allzu schnell dazu neigen, sich selbst zu betrügen, muss doch darüber gesprochen werden, was ein echtes Bekenntnis ausmacht. Zu aufschlussreichen Antworten hierzu kommen wir, wenn wir einmal mehrere Bußausgebete aus der Bibel miteinander vergleichen (Neh. 9, Dan. 9, Esr. 9 und Ps. 51):
1. Anstatt die Sünde zu rechtfertigen, erkennen und bekennen die Beter, wie schlimm das ist, was sie getan haben (Neh. 9,7; Esr. 9, 6b; Dan. 9,5; Ps. 51,5f).
2. Sie ergreifen gegen sich Partei und geben Gott ohne Wenn und Aber Recht (Neh. 9,7; Esr. 9,7a+8; Dan. 9,6-7a; Ps. 51,6b). Nach dem Motto: „So wie wir uns dir gegenüber verhalten, ist wirklich unterste Schublade. Deine Strafe über uns vollkommen gerecht.“ So reden kann man nur, wenn man echte Sündenerkenntnis hat.
3. Eine weitere Gemeinsamkeit ist mir in den Gebeten von Esra und Daniel aufgefallen. Anstatt die Umstände zu nennen, die ihre Sünde vermeintlich entschuldigt, nennen sie eher Gründe, warum sie die Sünde eher nicht hätten tun sollen (Esr. 9,13-14; Dan. 9,10-12). Es lohnt sich einmal vor Augen zu führen, welche geistlichen Hilfen Gott einem im Leben schon gegeben hat, um seine Sünde im rechten Licht zu sehen. In meinem Fall wären das z.B. ca. 14 Jahre Bibelstudium, eine abgeschlossene theologische Ausbildung, die vielen Predigten, die ich gehört oder selbst geschrieben habe, das Privileg, den meisten Teil meiner Zeit in einem gläubigen Umfeld sein zu dürfen, weil auch mein Arbeitgeber christlich ist, hinzu kommen die vielen Erfahrungen mit Gott: seien es Gebetserhörungen, Glaubenserfahrungen oder einfach die Erfahrung, welche schrecklichen Konsequenzen Sünde mit sich bringt u.v.m. Angesichts dieser vielen Hilfen Gottes müsste ich eigentlich geistlich schon weiter sein.
4. Eine weitere Gemeinsamkeit ist, dass es in 3 der 4 Gebete um Sünden ging, die fast alle vom Volk taten. In so einem Fall kann man leicht denken: „Naja, jeder macht das ja. Dann kann das ja nicht so schlimm sein.“ Die Beter dieser Bußgebete hatten verstanden, dass die Schuld nicht dadurch weniger wird, wenn jeder Gottes Gebote missachtet. Denn Gott nimmt nicht die anderen, sondern seine Heiligkeit zum Maßstab.
Soweit einige Kennzeichen eines echten Bekenntnisses. Das griechische Wort für Bekennen lautet „homologeo“. Darin steckt die Vorsilbe „homo“ drin. „Homologeo“ heißt eigentlich: „Das Gleiche sagen“. Bekennen ist nichts anderes als „das Gleiche sagen“. Im Falle eines Vergehens spreche ich so wie derjenige, dem ich das Unrecht angetan habe. Und eben genau das sehen wir in allen vier Bußgebeten: Sie reden über ihre Sünde so, wie es Gott tun würde. Und geradeso sollten auch wir mit Jesus über unsere Sünden sprechen. Es ist kein Zufall, dass Psalm 32 an mehreren Stellen die Aufrichtigkeit betont: In Vers 2 spricht David von einem, in dessen Geist kein Trug ist. Am Ende von Vers 11 spricht David von denen, die von Herzen aufrichtig sind (Elberfelder-Übersetzung). Jesus Christus spricht: „Ich bin nicht gekommen, Gerechte zu berufen, sondern Sünder zur Buße“ (Lk. 5,32). Wenn ich Jesus meine Sünde bekenne, aber im Hinterkopf meine: „Ja, aber eigentlich ist das verständlich, dass ich mich so oder so verhalten habe“, dann komme ich nicht als Sünder, sondern als Gerechter zu Jesus. Dann bin ich wie ein Kranker, der zum Arzt geht und ihm sagt: „Eigentlich ist mit mir alles in Ordnung“. Der Arzt würde dann wohl sagen: „Ja, was willst du dann von mir?“ Noch einmal: Jesus ist für die Sünder, nicht für die Gerechten gekommen. Wer die Begegnung mit diesem Jesus haben will, muss aufrichtig zu ihm kommen. Lasst uns allezeit mit Jesus aufrichtig über unsere Sünden sprechen, eben so darüber sprechen, wie Er es tun würde.
Was sind die Resultate eines aufrichtigen Bekenntnisses? Lasst uns das im 3. Teil der Predigt betrachten.

3. Der Segen der Sündenvergebung (V. 1-2; 6 – 10)

Bei einer Umfrage aus dem Internet zum Thema, was den Menschen wirklich glücklich macht, nannten die meisten Gesundheit (89%), dann Partnerschaft (79%) und Familie (74%)[3]. Andere Dinge, die häufig genannt wurden, waren: Menschen, eine Aufgabe, Kinder, Beruf, Erfolg und Freunde. Zu einer ganz anderen Antwort kommt David in seinem Psalm. Laut der Elberfelder-Übersetzung heißen die Verse 1 und 2 so: „Glücklich, wem Übertretung vergeben, wem Sünde zugedeckt ist! Glücklich der Mensch, dem der HERR die Schuld nicht zurechnet und in dessen Geist kein Trug ist!“ Was den Menschen wahrhaft glücklich macht, ist die Sündenvergebung. David spricht hier aus eigener Erfahrung. Er gibt Zeugnis darüber, wie großartig es ist, die Sünden vergeben zu bekommen. Weil David so sehr unter der Sünde litt, freute sich David auch über die Maße an der Sündenvergebung. Diese Freude können auch alle erfahren, die mit ihrer Schuld aufrichtig umgehen. So wie David können sie dadurch überglücklich werden, überglücklich darüber, dass ihre Sünden bedeckt sind, überglücklich darüber, dass der heilige Gott ihnen die Sünden nicht zurechnet, überglücklich darüber, dass in ihrem Geist kein Falsch mehr ist – d.h. da ist keine unbereinigte Schuld mehr. Es steht nichts mehr zwischen einem s selbst und Gott. Eben das ist so unglaublich entlastend, gibt Frieden und innere Ruhe.
Wie die o.g. Umfrage nahelegt, können aber wohl die meisten Menschen die Freude Davids nicht nachempfinden. Woran liegt das? Viele Menschen können die Freude Davids nicht nachempfinden, weil sie auch nicht unter der Schuld ihrer Sünde leiden. Sie leiden unter den Konsequenzen ihrer Sünde, aber nicht so sehr unter der Schuld ihrer Sünde, weil sie sehr kreativ darin sein können, ihr Schuldbewusstsein zu unterdrücken. Sie betrügen sich selbst, die einen durch Rechtfertigung, anderen durch ein vermeintliches Aufwiegen mit Hilfe von guten Taten usw. Da ist kein Verlangen nach Vergebung und somit auch keine Wertschätzung von Vergebung. Solche Menschen werden nicht erfahren, was wahres Glück ist. Wie sich aus der Umfrage schließen lässt, ist es vielen ein Geheimnis, was sie wahrhaft glücklich macht – ein Geheimnis, das nur diejenigen kennen, die mit ihrer Sündhaftigkeit aufrichtig umgehen. Sie bekommen eine großartige Einladung von Jesus. Diese Einladung lautet so: „Kommt her zu mir alle, die ihr mühselig und beladen seid, so will ich euch erquicken!“ (Mt. 11,28).
Weitere Auswirkungen eines echten Bekenntnisses erfahren wir in den Versen 6 bis 10, auf die ich kurz eingehen werde: 1) Vers 6 leitet mit dem Wort „deshalb“ ein. Deshalb, weil Gott so gnädig mit David umgegangen ist und ihn aus seiner Not herausholte, soll dies für jeden Frommen eine Ermutigung sein, sich in der Not an Gott zu wenden. 2) In den Versen 7 und 8 ist von einem gegenseitigen Bekenntnis zwischen Gott und David die Rede. David ehrt Gott damit, dass Er Gott als sein „Schutz“ sein vollstes Vertrauen schenkt. Gott verspricht David, dieses Vertrauen nicht zu enttäuschen, indem er David Leitung und Bewahrung garantiert. Unbereinigte Schuld macht die Beziehung zwischen Gott und Mensch kaputt, doch bereinigte Schuld stellt die Beziehung mit Gott wieder her.
In den Versen 9 und 10 richtet David sein Appell an die Unverständigen. Er ermahnt sie, nicht dickköpfig gegenüber Gott zu sein. Das bereitet einem nur Plagen. David spricht hier aus eigenen Erfahrungen. Er war mehrere Monate lang dickköpfig gewesen, hörte nicht auf die Stimme seines Gewissens. Dann musste Gott ihm Leid zuführen. Gott hatte an David sozusagen „Zaum und Gebiss“ (V.9) angelegt, damit David endlich zu ihm kommt. Was zeigt das? Eigene Erfahrungen mit der Sündenvergebung erwecken das Anliegen, andere, die in Sünde leben, zu ermahnen, nicht länger unverständig zu sein, sondern mit ihren Sünden zu Gott zu kommen und sich dadurch viel Leid zu ersparen.
Im Vers 11 schließt David seinen Psalm mit einem Aufruf an die Frommen, sich zu freuen, ja sogar zu jubeln. Warum? Dem Kontext des Psalms nach zu urteilen muss der Grund darin liegen, dass ihnen die Sünden vergeben worden sind[4]. Sündenvergebung ist ein Grund zur Freude, ja sogar zum Jubel! Jedem, dem die Sünden vergeben worden sind, hat Grund zur Freude, zu übergroßer Freude!
Die in den Versen 3 und 4 beschriebenen Leiden sind ein Typus für die Leiden Christi am Kreuz: Am Kreuz verschmachteten Christus die Gebeine, am Kreuz lastete Gottes Hand auf Jesus anstelle auf uns, am Kreuz vertrocknete Jesu Lebenssaft. Und wozu machte Christi all das durch? Damit wir nicht mehr über unsere Sünde schweigen müssen. Denn dank Jesu Tod am Kreuz gibt es Vergebung für jede noch so schlimme Sünde. Lasst uns beten.
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[1] Aus dem Traktat: „Stein im Schuh plus“. Stiftung Missionswerk Werner Heukelbach.
[2] https://zachariasinstitut.org/ressource/vorwuerfe-gegen-ravi-zacharias/
[3] vgl. https://de.statista.com/statistik/daten/studie/818/umfrage/was-gluecklich-macht/
[4] Im Vers 11 werden die Frommen daher auch als „von Herzen Aufrichtige“ beschrieben

 

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