Predigt: Philipper 3,1 -11

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Damit  ich  Christus  gewinne

„Ihn möchte ich erkennen und die Kraft seiner Auferstehung und die  Gemeinschaft seiner Leiden und so seinem Tode gleichgestaltet werden, damit ich gelange zur Auferstehung von den Toten.“

(Phil 3,10.11)

Vor zwei Wochen haben wir betrachtet, wie Paulus die Christen in Philippi die Gesinnung Jesu gelehrt hat, der sich erniedrigte, ein Mensch wurde und gehorsam wurde bis zum Tod am Kreuz. Sie sollten diese demütige Einstellung von Jesus lernen und entsprechend miteinander umgehen (2,5-8). Das ist das A und O in unserem Glaubensleben. Deshalb ermutigte Paulus sie dazu, sich darum ernsthaft zu bemühen, indem er sagte: „Schaffet, dass ihr selig werdet, mit Furcht und Zittern“ (2,12). Im heutigen Text erfahren wir, dass Paulus von seinen Bibelschülern nicht etwas verlangte, das er nicht selber auch tat. Denn auch er selbst hat nach seiner Begegnung mit Jesus seine Lebenseinstellung und die Ausrichtung seines Lebens radikal geändert und hat Christus zur Grundlage und zum Ziel seines Lebens gemacht. Jeder Mensch entwickelt von klein an seine persönliche Lebenseinstellung, ganz besonders als Teenager und junger Erwachsener. Was für eine Lebenseinstellung wir haben, welche Ziele und welches Wertsystem wir haben, hat eine riesige Bedeutung in unserem Leben. Das ist eigentlich sonnenklar. Denn was dir wirklich wichtig ist, was du unbedingt erreichen willst in deinem Leben, bestimmt, wofür du deine Zeit und Kraft einsetzen und dich wirklich engagieren wirst; es bestimmt letztlich den Weg, den du gehst, und wo du schließlich landen wirst. Wer darauf verzichtet, sein Ziel und seine Einstellung sorgfältig zu bestimmen, zum Beispiel weil ihm das zu mühsam ist, überlässt sein Leben dem Zufall und wählt damit seinen Untergang. Denn er ist wie der Kapitän eines Schiffs, dem es zu mühsam ist, die Seekarte zu studieren, seine Position zu bestimmen und sein Schiff auf den richtigen Kurs zu bringen, der das Steuerrad einfach sich selbst überlässt und Tag und Nacht unter Deck mit seinen Männern Karten spielt, während das Schiff von Wind und Wellen irgendwo hin getrieben wird. Dieser Kapitän kommt uns blöd vor, oder? Doch wie sehr bemühen wir uns darum, das richtige Ziel für unser Leben zu finden und uns eine entsprechende Lebenseinstellung anzueignen? Wir sollten uns für diese Frage Zeit nehmen, damit unser Leben gelingen kann. Die entscheidende Frage dabei ist: Was ist eine gute und richtige Lebenseinstellung, mit der wir so leben werden, dass sowohl Gott als auch wir selbst am Ende voll zufrieden sind? Gott helfe uns heute, von Apostel Paulus seine Christus­-zentrierte Lebenseinstellung zu lernen!

Teil 1: Angesichts der überschwänglichen Erkenntnis Christi Jesu (1-8a)

Wozu ermutigt Paulus die Gläubigen in Philippi am  Anfang unseres Textes? Betrachten wir den Vers 1: „Weiter, liebe Brüder: Freut euch in dem Herrn! Dass ich euch immer dasselbe schreibe, verdrießt mich nicht und macht euch umso gewisser.“ Wie wir wissen war Paulus zu der Zeit ein Gefangener in Rom, wo er vor Gericht gestellt würde. Als ob das nicht genug wäre, versuchten einige Leute, sich in Paulus’ Notlage selbst als noch bessere Mitarbeiter hervorzutun, um ihn zusätzlich traurig zu machen. Die meisten Menschen werden in so einer Lage traurig oder bitter. Aber Paulus war voller Freude und ermutigte auch die anderen unermüdlich zur Freude.

Wie konnte er sich selbst als Gefangener noch freuen und sogar andere zur Freude ermutigen? Wenn wir Vers 1 aufmerksam lesen, finden wir den Schlüssel zu diesem Geheimnis in den Worten „in dem Herrn“. Paulus war in dem Herrn Jesus und betrachtete alle Situationen im Hinblick auf ihn. Als er seine Gefangenschaft im Hinblick auf Jesus betrachtete, konnte er sich darüber freuen; denn er konnte erkennen, dass sie dazu beitrug, dass das Evangelium besser verbreitet wurde. Natürlich war das nicht der einzige Grund, warum Paulus sich so freute. Paulus konnte sich freuen, weil er in dem Herrn Jesus lebte. In dem Herrn konnte Paulus täglich den Sinn seines Lebens, die Freude und die Kraft schöpfen, die er brauchte. In dem Herrn hatte er alles, seine Erlösung, seine Hoffnung und eine selige Gemeinschaft mit Gott. In dem Herrn konnte er sich allezeit freuen, unabhängig davon, wie seine momentane Situation war. In seiner Freude ermutigte er auch die Philipper dazu, sich in dem Herrn zu freuen. Es machte ihm nichts aus, sie immer wieder daran zu erinnern, damit sie sich immer wieder im Herrn freuen würden.

Auch wir können und sollen uns allezeit in Jesus freuen. Obwohl wir das wissen, verlieren wir öfter die Freude, zum Beispiel wenn wir Probleme haben in der Schule oder am Arbeitsplatz, mit anderen Menschen oder in unserem eigenen Glaubens- und Hirtenleben. Doch gerade dann sollen wir zu Jesus kommen und uns neu in ihm freuen, anstatt anderswo nach Freude zu suchen. Im Herrn können wir uns allezeit freuen.

Wozu ermahnte Paulus die Gemeinde? Betrachten wir Vers 2: „Nehmt euch in Acht vor den Hunden, nehmt euch in Acht vor den böswilligen Arbeitern, nehmt euch in Acht vor der Zerschnei­dung!“ Während Paulus fast im ganzen Brief sehr freundlich schreibt, schreibt er hier nun in einem sehr ernsten Ton und warnt die Gläubigen eindringlich vor bestimmten Menschen. Wer waren diejenigen, die er als „Hunde“, als „böswillige Arbeiter“ und als „Zerschneidung“ bezeichnet? Sie waren Leute mit einem jüdischen Hintergrund, die in christlichen Gemeinden als Bibellehrer auftraten. Aber sie behaupteten, dass man sich auch beschneiden lassen müsse nach dem Gesetz des Mose, um von Gott angenommen zu werden. Damit verleugneten sie den Grundsatz des Evangeliums, dass Jesus am Kreuz unsere Rechtfertigung vollbracht hat und dass der Glaube an ihn genügt, um vor Gott gerecht zu werden. Die Bezeichnung „Zerschneidung“ weist auf den zerstörerischen Einfluss dieser Leute hin. Denn sie konnten mit ihrer scheinbar biblischen Lehre den evangelischen Glauben der Menschen zerstören und auch zur Bildung von Parteien in der Gemeinde und zur Zerstörung der ganzen Gemeinde führen. Paulus redete engagiert gegen diese Leute, um die Philipper vorzuwarnen und sie vor ihrem zerstörerischen Einfluss zu schützen.

Und Paulus beließ es auch nicht dabei, die Philipper vor diesen Leute zu warnen; sondern er wollte noch tiefer darauf eingehen und ihnen erklären, warum ihre Lehre wirklich verkehrt war. Betrachten wir Vers 3: „Denn wir sind die Beschneidung, die wir im Geist Gottes dienen und uns Christi Jesu rühmen und uns nicht verlassen auf Fleisch“. Damit die Philipper nicht auf die falsche Lehre hereinfallen würden, macht Paulus hier klar, was die wahre Beschneidung ist. Die Beschneidung, die Gott im 1. Buch Mose von Abraham und seinen Nachkommen verlangt hatte, sollte ein Ausdruck seines Glaubens an Gottes Verheißung und ein Zeichen seiner Zugehörigkeit zu Gott sein. Doch seitdem Jesus in die Welt gekommen und für die Sünde der ganzen Welt am Kreuz gestorben ist, hat er einen neuen Weg eröffnet; und all diejenigen, die Gott durch den Glauben im Heiligen Geist dienen und sich nicht auf ihre religiösen Werke verlassen, sondern sich Jesu Christi und seiner Heilstat rühmen, sind die wahre Beschneidung, die die körperliche Beschneidung im Alten Bund ersetzt. Anders gesagt ist nun das Leben im Vertrauen auf Jesus und im Gehorsam gegenüber dem Heiligen Geist das Merkmal der wahren Diener Gottes und der Weg, durch den sie Gott gefallen.

Paulus belässt es nicht bei dieser Feststellung, sondern vertieft diese Aussage mit seinem persönlichen Zeugnis. Denn Paulus hat mit dem Versuch, durch sein Fleisch, das heißt durch seine menschlichen Bedingungen und Bemühungen Gott zu gefallen, selber sehr viel Erfahrung. Betrachten wir die Verse 4-6: „obwohl ich mich auch des Fleisches rühmen könnte. Wenn ein anderer meint, er könne sich auf Fleisch verlassen, so könnte ich es viel mehr,  der ich am achten Tag beschnitten bin, aus dem Volk Israel, vom Stamm Benjamin, ein Hebräer von Hebräern, nach dem Gesetz ein Pharisäer, nach dem Eifer ein Verfolger der Gemeinde, nach der Gerechtigkeit, die das Gesetz fordert, untadelig gewesen.“ Paulus hatte vieles, dessen er sich rühmen und auf das er sich verlassen könnte. Er hatte fromme, gesetzestreue Eltern, die dafür sorgten, dass er wie vorgeschrieben am achten Lebens­tag beschnitten wurde. Paulus war also ein Israelit mit einem tadellosen Stammbaum, er stammte sogar aus dem angesehenen Stamm Benjamin. Außerdem hatte Paulus sich auch aktiv darum bemüht, ein vorbildliches Leben nach dem Wort Gottes zu führen. Er erfüllte sogar die hohen Anforderungen der Pharisäer und wurde ein Mitglied dieser allerstrengsten religiösen Partei, in der jeder durch das Befolgen ihrer zusätzlichen Satzungen das Gesetz zu 100% halten musste. Sein religiöser Eifer war so groß, dass er darüber hinaus auch die Christen systematisch verfolgte, die er für eine schädliche Sekte hielt. Aus jüdischer Sicht hatte Paulus also eine hervorragende Abstammung und lebte so, dass er sagen konnte, dass er nach der Gerechtigkeit, die das Gesetz fordert, untadelig gewesen war. Somit hatte er beste Voraussetzungen, um Gott zu gefallen und von ihm anerkannt zu werden.

Doch wir wissen, dass das nicht stimmte. In Wirklichkeit wurde Paulus, der damals noch Saulus hieß, ein harter, selbstgerechter Mann, der die Gemeinde Jesu und damit ihn selbst verfolgte und dadurch als Gottes Feind lebte. Aber der auferstandene Jesus begegnete diesem Paulus in einem hell leuchtenden Licht, als er auf dem Weg nach Damaskus war, und sprach ihn an: „Saul, Saul, was verfolgst du mich? … Ich bin Jesus, den du verfolgst.“ Saulus muss zutiefst schockiert gewesen sein, als er erkennen musste, wer Jesus in Wirklichkeit ist und dass er selbst all die Jahre als ein Feind Gottes gelebt hatte. Jesu Tadel und seine Gnade führten ihn zu tiefer Buße; er empfing Jesu Gnade und seine Berufung als Jesu auserwähltes Werkzeug (Apg 9,1-16).

Welche Neubewertung der Dinge vollzog Paulus, nachdem er Jesus Christus begegnet war? Betrachten wir Vers 7: „Aber was mir Gewinn war, das habe ich um Christi willen für Schaden erachtet.“ Dieser Vers beginnt mit den Worten „Aber was mir Gewinn war“. Sein makelloser Stammbaum und sein tadelloses Leben nach dem Gesetz waren für Paulus wie ein kostbarer Gewinn, um den ihn die meisten Juden damals beneidet haben müssen. Paulus hatte tatsächlich hart dafür gearbeitet, um diesen „Gewinn“ zu erlangen; und er muss ihn wie einen wertvollen Schatz gehütet haben. Denn daraus hatte er seine Identität als ein frommer und gerechter Mann gebildet. Dadurch bekam er außerdem große Anerkennung bei den anderen Menschen in seinem Land. (Es war nicht eine oberflächliche Anerkennung, die heute jemand bekommt, weil er zum Beispiel gut Fußball spielen kann; sondern Paulus muss mit seiner ganzen Person hoch geachtet worden sein.) Vor allem aber dienten Paulus seine Errungenschaften scheinbar dazu, um von Gott anerkannt und in sein Reich gerettet zu werden. Er muss davon ausgegangen sein, dass sie seine Errettung garantieren würden, dass er das ewige Leben sozusagen in der Tasche hätte. Er konnte sich nicht nur in dieser Sicherheit wähnen, er muss auch sehr stolz darauf gewesen sein.

Betrachten wir noch einmal den Vers 7: „Aber was mir Gewinn war, das habe ich um Christi willen für Schaden erachtet.“ Paulus berichtet hier von einer radikalen Neubewertung seiner guten Abstammung und seiner religiösen Leistungen, nachdem er Christus begegnet war, die eine totale Änderung seines Wertsystems darstellte. Denn nun betrachtete er seine gute Abstammung und tadelloses Leben nach dem Gesetz, auf die er so stolz gewesen war, nicht nur als wertlos, sondern sogar als Schaden. Warum waren sie tatsächlich ein Schaden für ihn? Weil sie ihm das Gefühl gegeben hatten, vor Gott in Ordnung zu sein, und ihn so davon abgehalten hatten, die wahre Erlösung durch Christus zu suchen und anzunehmen.

Was hatte es Paulus möglich gemacht, zu dieser Einsicht kommen und sein Wertsystem so radikal zu ändern? Im Vers 8a sagt er: „Ja, ich erachte es noch alles für Schaden gegenüber der überschwänglichen Erkenntnis Christi Jesu, meines Herrn.“ Paulus konnte alles, was er bisher im Leben für kostbar gehalten hatte, für Schaden erachten wegen der „überschwängliche Erkenntnis Christi Jesu“. Was meinte Paulus damit? Der Ausdruck „überschwänglich“ bedeutet so viel wie einzigartig, unvergleichlich besser, hervorragend. Wir wissen zwar nicht genau, wann und wie, aber es gab in Paulus’ Leben einen Moment, in dem er sich sehr tiefgehend vor Gott mit der Forderung des Gesetzes auseinandergesetzt hat. Weil er (oberflächlich gesehen) nach der Forderung des Gesetzes untadelig lebte, hielt er sich selbst für gerecht, sowohl vor den Menschen als auch vor Gott. Aber eines Tages wurde er mit dem Gebot „Du sollst nicht begehren“ richtig konfrontiert; er beschreibt diesen Konflikt im Römerbrief Kap. 7. Als er dieses Gebot halten wollte, merkt er einen starken Widerstand in seinem Herzen. Wie wir wissen, war Paulus ein Mensch, der von seinem Charakter her nie aufgab. Weil er wirklich tadellos leben wollte, kämpfte er hart darum, das Gebot doch zu halten. Aber die Macht der Sünde, die in ihm war, war stärker, härter und zäher als sein heiliger Wunsch. Die meisten Menschen geben in so einer Situation irgendwann auf. Aber weil Paulus es nicht aufgeben wollte, mit der Macht der Sünde in ihm fertig zu werden, entwickelte sich ein Kampf auf Leben und Tod. In Römer 7,22,23  beschreibt er diesen Konflikt so: „Denn ich habe Lust an Gottes Gesetz  nach dem inwendingen Menschen. Ich sehe aber ein anderes Gesetz in meinen Gliedern, das widerstreitet dem Gesetz in meinem Gemüt und hält mich gefangen im Gesetz der Sünde, das in meinen Gliedern ist.“ Der Kampf endete für Paulus mit einer bitteren Niederlage. Er war gegenüber der Macht der Sünde in seinem Körper hilflos, er musste einsehen, dass ihm nichts andres übrig blieb, als den Weg zum ewigen Tod zu gehen, ohne dass er etwas Wirksames dagegen machen konnte. Verzweifelt schrie er: „Ich elender Mensch! Wer wird mich erretten von diesem todverfallenen Leibe?“ Wenn ein Mensch sich durch das Gesetz von der Macht der Sünde befreien könnte, dann sicherlich Paulus. Aber auch er konnte das nicht. Wenn ein Mensch mit seiner Disziplin aus der elenden Lage unter der Sünde herauskommen könnte, dann sicherlich Paulus. Aber auch er scheiterte dabei kläglich. Alle seine Erkenntnisse, seine Disziplin und seine bisherigen Errungenschaften, auf die er so stolz war, stellten sich als wertlos heraus. An diesem Tag offenbarten sich die Dinge, mit denen er seine stolze Identität als ein guter religiöser Mensch gebildet hatte, als nichtig. Was passierte dann? Er hätte eigentlich unendlich deprimiert werden und schließlich tatsächlich in die Hölle fahren müssen. Aber in dem Moment seiner größten Verzweiflung sah er auf Jesus. Er rief erleichtert: „Dank sei Gott durch Jesus Christus, unsern Herrn!“ Als alle seine Erkenntnisse und Bemühungen völlig versagten, fand er Jesus. In Jesus öffnete sich ihm ein neuer, ganz anderer Weg, trotz aller Sünde doch vor Gott gerecht zu werden. Er bekam eine völlig neue Erkenntnis über Gott, über Jesus und über sich selbst, die überwältigend war. Er erkannte Jesus als die Quelle aller Schätze der Weisheit und der Erkenntnis (Kol 2,3). Seine Erkenntnis Jesu Christi war überschwänglich! Angesichts dieser Erkenntnis Jesu erkannte er alles, was er bisher für wertvoll gehalten hatte – seine Abstammung, seine Errungenschaften, sein scheinbar tadelloses Leben – als Schaden, weil es ihn nur selbstgerecht und für die Quelle der wahren Erkenntnis blind machte. Jesus war sein ganz großer Gewinn. Wie schön ist es, Jesus zu entdecken! Möge Gott auch jedem von uns die überschwängliche Erkenntnis Christi Jesu schenken, damit auch wir unser Wertsystem und unsere Lebenseinstellung dementsprechend neu ausrichten können!

Teil 2: Ihn möchte ich erkennen (8b-11)

Im ersten Abschnitt haben wir erfahren, wie Paulus angesichts der überschwänglichen Erkenntnis Jesu Christi sein Wertesystem geändert und alles, was ihm bisher als Gewinn erschienen war, als Schaden erachtet hat. In zweiten Teil können wir nun lernen, wie Paulus praktisch entsprechend leben wollte. Kurz gesagt wollte er Jesus gewinnen. Betrachten wir Vers 8b und 9a: „Um seinetwillen ist mir das alles ein Schaden geworden, und ich erachte es für Dreck, damit ich Christus gewinne und in ihm gefunden werde“. Hier erfahren wir, wie gründlich Paulus sein Wertsystem geändert hat und was nun sein oberstes Ziel war. Er sagt ausdrücklich, dass er „alles“, wodurch er bisher versucht hatte, vor Gott gerecht zu werden, für Dreck erachtete. Er schreckte nicht davor zurück, das, worum er sich bisher mit ganzer Kraft bemüht hatte und was er für kostbar gehalten hatte, für völlig wertlos zu erachten wie ein Häuflein Dreck, das man so schnell wie möglich loswerden und in den Mülleimer werfen will.

Was war Paulus’ neues Ziel, für das er alles wegwarf? Er schreibt: „damit ich Christus gewinne und in ihm gefunden werde“. Sein neues Ziel war Jesus Christus. Nachdem er die überschwängliche Gnade Jesu erkannt hatte, wollte er Jesus richtig gewinnen und in ihm gefunden werden. Er wurde vom todverfallenen Leib befreit und damit wurde sein Lebensproblem gelöst. Aber er wollte sich nicht damit zufrieden geben. Wie leicht ist es, dass wir die Gnade der Rechtfertigung einfach genießen und darüber hinaus kein höheres Ziel verfolgen! Aber Paulus wollte Jesus erlangen, ihn quasi besitzen und mit ihm verbunden leben. Jesus war sein neues, oberstes Ziel, nach dem er strebte und für das er lebte, und er wollte alles, was ihm diesem neuen Ziel näher brachte, tun, und alles lassen, was ihn davon abhielt oder trennte. So lebte er ganz konsequent für Jesus.

Jeder Mensch, der von Jesus berührt worden ist und die überschwängliche Gnade Jesu erkannt hat, ändert sein Wertsystem und seine Lebenseinstellung. Aber viele schrecken doch davor zurück, ihr Wertsystem radikal zu ändern. Manche wollen bewusst oder unbewusst manche ihrer alten Ziele in das neue Leben mit hinüber nehmen. Sie wollen einerseits Jesus haben, aber gleichzeitig auch noch etliche ihrer weltlichen Wünsche erfüllen. Wir können sie gut verstehen oder sind selbst davon selbst betroffen. Aber wir sollen erkennen, dass bei einer dadurch unser Herz geteilt und unsere Liebe und Hingabe für Jesus begrenzt sind. Als Folge davon ist vor allem auch unsere Möglichkeit, Jesus persönlich zu erfahren, stark eingeschränkt. Wir sollen uns von Paulus ermutigen lassen, unser Lebensziele und unsere Lebenseinstellung ganz konsequent zu ändern.

Paulus änderte nicht nur sein Ziel, sondern auch die Grundlage seines Lebens konsequent. Betrachten wir dazu Vers 9b: „… dass ich nicht habe meine Gerechtigkeit, die aus dem Gesetz kommt, sondern die durch den Glauben an Christus kommt, nämlich die Gerechtigkeit, die von Gott dem Glauben zugerechnet wird.“ Früher hatte Paulus mit ganzer Kraft versucht, durch seine Werke des Gesetzes die Gerechtigkeit vor Gott zu erlangen. Dadurch hatte er seine eigene scheinbare Gerechtigkeit bzw. Selbstgerechtigkeit aufgebaut. Doch nun wollte er damit nichts mehr zu tun haben. Er wollte nur die Gerechtigkeit haben, die durch den Glauben an Jesus Christus kommt, die Gott denen gibt, die an Jesus glauben.

Was wollte Paulus sehnsüchtig erkennen? Betrachten wir Vers 10: „Ihn möchte ich erkennen und die Kraft seiner Auferstehung und die Gemeinschaft seiner Leiden und so seinem Tode gleichgestaltet werden“. Jesus zu erkennen, bedeutet hier, Jesus zu erleben. Paulus’ größtes Ziel und sein sehnlichster Wunsch war es, Jesus zu erleben. Es ist interessant, dass Paulus dies in der Gegenwartsform schreibt. Er, der Jesus schon so viel kennen gelernt hatte, der so vielen Menschen geholfen hatte, zum Glauben an Jesus zu finden, und sogar Briefe geschrieben hat, die Teile der Bibel wurden, hatte den Wunsch, Jesus noch besser kennen zu lernen, ihn noch mehr zu erleben. Jesus zu erleben, ist so herrlich, dass man es immer noch mehr möchte.

Betrachten wir nochmals den Vers 10. Wie wollte Paulus Jesus erleben? Paulus wollte Jesus nicht nur theoretisch kennen lernen, sondern er wollte die Kraft seiner Auferstehung in seinem eigenen Leben erfahren. Doch er erkannte, dass er dazu auch an seinen Leiden teilhaben musste; denn wie es keine Auferstehung ohne den Tod gibt, so kann auch nur der die Kraft der Auferstehung erfahren, der vorher seines Selbstvertrauens und seiner sündigen Wünsche erstirbt. Eigentlich hatte Paulus in seinem Missionsleben schon viel für Jesus gelitten; er war fast ständig verfolgt worden, war so oft geschlagen und einmal sogar gesteinigt worden. Aber Paulus war bereit, auch noch mehr für Jesus zu leiden, damit er ihn noch besser verstehen und die Kraft seiner Auferstehung noch mehr erfahren könnte. Er wollte in allem mit Jesus verbunden und ihm auch in seinem Tod gleichgestaltet sein, damit er dadurch die Auferstehung von den Toten erlangen würde.

Was sollen wir von Paulus lernen? Es ist leicht, dass wir uns mit dem, was wir von Jesus schon erkannt und erfahren haben, zufrieden geben. Wir sollen einen starken Wunsch haben, Jesus mehr zu erleben und seine herrliche Auferstehungskraft in unserem praktischen Leben zu erfahren. Mit Jesus verbunden zu sein und ihn zu erleben, ist das höchste Glück und der eigentliche Sinn unseres Lebens. Es entspricht dem eigentlichen Ziel unseres Lebens, das wir erlangen sollen. Möge Gott jedem von uns ein starkes Verlangen geben, Jesus mehr zu erkennen und ihn tagtäglich zu erleben! Möge Gott dadurch unser Leben reich und glücklich machen! Lesen wir zum Schluss nochmals die Leitverse 10 und 11: „Ihn möchte ich erkennen und die Kraft seiner Auferstehung und die  Gemeinschaft seiner Leiden und so seinem Tode gleichgestaltet werden, damit ich gelange zur Auferstehung von den Toten.“

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