Predigt: Nehemia 8,1 – 12

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Die Freude am Herrn ist eure Stärke

Und seid nicht bekümmert; denn die Freude am Herrn ist eure Stärke.

(8,10b)

In den Kapiteln 1-7 haben wir hauptsächlich erfahren, wie Nehemia die Mauer Jerusalems wieder aufgebaut hat. Dadurch wurde die Sicherheit der Stadt und durch die Geschlechtsregister auch ihre Bevölkerung wiederhergestellt und so ein Rahmen geschaffen, in dem eine geistliche Erneuerung der Menschen stattfinden konnte. Ab Kapitel 8 erfahren wir von der geistlichen Erneuerung, die daraufhin geschah. Unser heutiger Text berichtet, wie das Volk das Wort Gottes hörte und wie sie auf Gottes Wort reagierten. Gott helfe uns, durch dieses Beispiel für eine geistliche Erweckung ermutigt zu werden, für eine Erweckung in uns und durch uns zu beten!

 

Wie begann dieses Ereignis? Betrachten wir die Verse 7,72b-8,3a: „Als nun der siebente Monat herangekommen war und die Israeliten in ihren Städten waren, versammelte sich das ganze Volk wie ein Mann auf dem Platz vor dem Wassertor und sie sprachen zu Esra, dem Schriftgelehrten, er solle das Buch des Gesetzes des Mose holen, das der HERR Israel geboten hat. Und Esra, der Priester, brachte das Gesetz vor die Gemeinde, Männer und Frauen und alle, die es verstehen konnten, am ersten Tage des siebenten Monats und las daraus auf dem Platz vor dem Wassertor vom lichten Morgen an bis zum Mittag vor Männern und Frauen und wer’s verstehen konnte.“ Hier erfahren wir von einer Initiative des Volkes, das das Wort Gottes hören wollte. Seit Jahrzehnten hatten sie sich hauptsächlich mit ihrem Alltagsleben in Babylon und nach der Rückkehr in der von Heiden besetzten Heimat beschäftigt oder sie waren dort geblieben. Sie hatten vor allem um ihr Überleben gekämpft und die Probleme zu überwinden versucht. Nachdem sie den Tempel wieder aufgebaut hatten, feierten sie dort zeremonielle Gottesdienste, aber ihr geistlicher Hunger war ungestillt. Aber nachdem sie die Stadtmauer wieder aufgebaut und ihre äußere Situation sicherer war, bekamen sie einen geistlichen Durst nach Gott und nach seinem Wort. Der siebte Monat war der Monat, an dem Gott im Gesetz am ersten Tag eine heilige Versammlung und in der Folge mehrere Feste vorgesehen hatte. Es war also kein Zufall, dass sie am ersten Tag im siebten Monat zusammen kamen und das Wort Gottes hören wollten. Dabei heißt es über ihre Haltung: „Und die Ohren des ganzen Volks waren dem Gesetzbuch zugekehrt.“ Sie waren von Herzen offen und bereit, Gottes Wort wirklich zu hören und es anzunehmen.

 

Wie verlief dann diese Versammlung? Es heißt weiter: „Und Esra, der Schriftgelehrte, stand auf einer hölzernen Kanzel, die sie dafür gemacht hatten, und es standen neben ihm Mattitja, Schema, Anaja, Uria, Hilkija und Maaseja zu seiner Rechten, aber zu seiner Linken Pedaja, Mischaël, Malkija, Haschum, Haschbaddana, Secharja und Meschullam. Und Esra tat das Buch auf vor aller Augen, denn er überragte alles Volk; und als er’s auftat, stand alles Volk auf“ (4.5). Esra stand erhöht an einem Pult, sodass ihn alle hören konnten. Als er das Buch vor aller Augen auftat, stand alles Volk auf, wodurch sie ihre Ehrfurcht und Respekt vor dem Wort Gottes ausdrückten. Dann las er ihnen das Gesetz vom Morgen bis zum Abend vor. Dabei hatten sie eine anbetende Haltung. Sie waren nicht undankbar oder kritisch gesinnt, sondern riefen: „Amen! Amen!“, als Esra Gott lobte, und beteten den Herrn mit dem Gesicht zur Erde an.

Betrachten wir auch die Verse 7 und 8: „Und die Leviten Jeschua, Bani, Scherebja, Jamin, Akkub, Schabbetai, Hodija, Maaseja, Kelita, Asarja, Josabad, Hanan, Pelaja unterwiesen das Volk im Gesetz und das Volk stand auf seinem Platz. Und sie legten das Buch des Gesetzes Gottes klar und verständlich aus, sodass man verstand, was gelesen worden war.“ Hier erfahren wir, dass dieses Werk nicht durch den Schriftgelehrten und Priester Esra allein geschah. Der Text erwähnt dreizehn Leviten mit Namen, die als Bibellehrer fungierten. Sie legten dem Volk gruppenweise die einzelnen Abschnitte der Bibel klar und verständlich aus, sodass jeder den Sinn davon verstehen konnte. Durch das Wort begann an diesem Tag eine große Erweckung, und bei der Vermittlung des Wortes an das Volk spielten neben Esra die dreizehn Bibellehrer eine wichtige Rolle.

Wie reagierten die Menschen, als sie Gottes Worte hörten? Vers 9 sagt: „Und Nehemia, der Statthalter, und Esra, der Priester und Schriftgelehrte, und die Leviten, die das Volk unterwiesen, sprach zu allem Volk: Dieser Tag ist heilig dem Herrn, eurem Gott; darum seid nicht traurig und weint nicht! Denn alles Volk weinte, als sie die Worte des Gesetzes hörten.“

Hier erfahren wir, dass das Volk weinte, als sie Gottes Worte hörten. So viele Jahre hatten sie Gottes Wort kaum gehört. Aber als sie jetzt stundenlang aus der Bibel vorgelesen und die Worte verständlich erklärt bekamen, wurden ihre Herzen von Gottes Wort berührt. Wir wissen nicht genau, welche Teile des Gesetzes sie an diesem Tag vorgelesen bekamen. Das Gesetz umfasst bekanntlich die fünf Bücher Mose, die von Gottes Schöpfung, dem Sündenfall, Gottes Berufung und Hoffnung für Abraham handeln, von seiner Liebe zum Volk Israel, davon, wie Gott sie von der Sklaverei befreit und was für gute Gesetze er ihnen gegeben hat. Vielleicht las Esra von 1. Mose 1 an vor oder nur bestimmte Teile. Jedenfalls erkannten die Zuhörer Gottes Liebe zu ihrem Volk, wie gnädig er ihre Väter aus der Sklaverei befreit und wie treu er sie geführt und gesegnet und ihnen gute Gebote gegeben hat. Bis dahin hatten sie ihre eigene Sichtweise von Gott und von sich selbst und ihre Lebenssituation. Jeder Mensch hat seine eigene Sichtweise und Vorstellung über Gott und über sich selbst und sein Leben und über die anderen, die von eigenen Gedanken und Vorstellungen, von persönlichen Erfahrungen und ihrer Interpretation geprägt ist. Jeder neigt dazu, seine eigene Sicht der Dinge für richtig und wahr zu halten. Aber als die Israeliten stundenlang auf das Wort Gottes hörten, bekamen sie eine ganz neue Sichtweise auf Gott und ihr eigenes Leben. Vor Gottes Wort erkannten sie Gottes Heiligkeit und Gerechtigkeit und auch ihre eigene Sünde. Sie müssen erkannt haben, dass sie und ihre Väter sich von Gott abgewandt und dadurch die Gefangenschaft in Babylon selbst verschuldet hatten und auch ihre armselige Lage im Land seit ihrer Rückkehr. Es fällt den Menschen so schwer, Gottes Liebe zu ihnen zu erkennen. Es ist für uns Menschen noch schwerer, unsere eigenen Fehler und Sünden zu erkennen und sie zuzugeben; wir sehen tendenziell eher die Schuld bei anderen oder bei den Umständen. Aber als das Volk Gottes Worte hörte und verständlich erklärt bekam, mussten sie weinen, weil sie erkannten, wie wirklich Gott ist, wie sehr er sie liebt und wie groß ihre Sünde war, dass sie ihn nicht wirklich als Gott anerkannt und auf ihn gehört und ihm gehorcht hatten, dass sie ihn nicht zum Mittelpunkt ihres Lebens gemacht hatten. Sie mussten weinen, als sie erkennen mussten, dass nicht die bösen Feinde oder andere Umstände Grund dafür waren, dass ihre Väter ins Exil gehen mussten und sie immer noch unter den Folgen leiden mussten, sondern dass es geschehen war, weil sie und ihre Vorfahren über lange Zeit hinweg Gott missachtet und provoziert hatten. Ihre Tränen waren Tränen der Reue und Buße. Sie waren bekümmert über ihre Sünde, dieser Ausdruck taucht mehrmals auf, sie waren wirklich traurig über ihr verkehrtes Denken und Leben. Sie weinten, weil sie wussten, dass ihre Sünde keine Kleinigkeit und nicht zu entschuldigen war. Gleichzeitig waren ihre Tränen ein Ausdruck ihrer Bewegtheit von Gottes Liebe, die sie auf einen neuen Anfang hoffen ließ.

Ihre Betroffenheit und Traurigkeit über ihre Sünde ist ein Ausdruck für die starke Kraft des Wortes Gottes, das uns Menschen hilft, Gott, seine Heiligkeit und Liebe und auch unsere eigene Realität und vor ihm zu sehen und Buße zu tun. Bis dahin hatten sie die Schuld für ihre aktuellen Probleme bei den Heiden wie Tobija und Samballat gesehen, oder bei ihren Vätern, die gesündigt hatten, wofür sie ja nichts konnten, oder sogar bei Gott. Aber als sie einige Stunden lang Gottes Worte hörten, wurden ihre Gedanken verändert und ihre Herzen geöffnet und sie konnten Gott in seiner Liebe und Gerechtigkeit erkennen und vor ihm unter Tränen Buße tun. Auf ein einziges Bibellesen hin geschah so ein gewaltiges Werk zur geistlichen Erneuerung des ganzen Volks.

Beten wir, dass wir mit so durstigem ehrfürchtigen Herzen Gottes Worte in der Bibel hören und zu Herzen nehmen können. Dann werden wir auch unseren eigenen Gedanken über Gott und über uns selbst und unsere Lage herauskommen und geistlich erneuert werden. Beten wir, dass Gott durch sein Wort eine Erweckung in unserer Stadt bewirkt, angefangen in uns selbst!

Wenn wir die tiefe Betroffenheit und Tränen der Menschen betrachten, stellt sich uns die Frage: Warum forderten Nehemia und Esra und die Leviten sie dazu auf, mit dem Weinen aufzuhören? Sie sagten dem ganzen Volk: „Dieser Tag ist heilig dem Herrn eurem Gott; darum seid nicht traurig und weint nicht! Denn alles Volk weinte, als sie die Worte des Gesetzes hörten.“ In den Versen 10-11 gingen sie noch weiter und sagten: „Geht hin und esst fette Speisen und trinkt süße Getränke und sendet davon auch denen, die nichts für sich bereitet haben; denn dieser Tag ist heilig dem Herrn. Und seid nicht bekümmert; denn die Freude am Herrn ist eure Stärke. Und die Leviten trösteten alles Volk und sprachen: Seid still, denn der Tag ist heilig; seid nicht bekümmert!“ Wenn wir die Verse 9-11 aufmerksam lesen, fällt uns auf, dass sie als Begründung dreimal sagten: „Dieser Tag ist heilig dem Herrn“. Der 1. Tag im siebten Monat war nicht irgendein Tag, sondern ein Feiertag, den Gott im Gesetz selbst als Tag zur heiligen Versammlung bestimmt hatte. Sicherlich war Gott froh, dass sie Gottes Liebe und Gerechtigkeit und ihre eigene Sünde erkannten und vor ihm Buße taten. Aber sie sollten nicht endlos darüber weinen und in Traurigkeit über ihre Sünde versinken. Gott würde dadurch an diesem heiligen Tag nicht genug geehrt werden. Sie sollten auch an Gottes Liebe und Barmherzigkeit glauben, dass er ihnen ihre Sünden vergeben wollte, und sollten aus diesem Glauben heraus neu Mut fassen und sich freuen. So halfen die geistlichen Leiter ihnen praktisch, diesen Glauben zu fassen und zu praktizieren, indem sie sie aufforderten, fette Speisen zu essen und süße Getränke zu trinken und sich am Herrn zu freuen. Sie sagten zur Begründung: „Denn die Freude am Herrn ist eure Stärke.“

Wie reagierten sie darauf? Vers 12 sagt: „Und alles Volk ging hin, um zu essen, zu trinken und davon auszuteilen und ein großes Freudenfest zu machen; denn sie hatten die Worte verstanden, die man ihnen kundgetan hatte.“ Sie nahmen die Hilfe an und gingen nach Hause, um zu essen und zu trinken und auch denen zu geben, die aus anderen Städten gekommen waren bzw. nichts vorbereitet hatten. Es war nicht nur ein äußerer Gehorsam gegenüber ihren Leitern. Es entstand ein großes Freudenfest in der Stadt. Ihre Freude kam, weil sie die Worte verstanden, die man ihnen gesagt hatte. Es war eine Freude über Gottes Liebe zu seinem Volk, seine Gnade der Vergebung, Freude über die Richtigkeit seiner Worte und seinen guten Willen für die Zukunft. Auf ihre große Betroffenheit und Traurigkeit über ihre Sünde folgte ein Fest der Freude über Gott und seine Herrlichkeit. Es war ein Freudenfest, das Gott ehrte und ihm im Himmel große Freude bereitet hat.

Hier erfahren hier, wie Gott durch sein Wort ein ganzes Volk zur Buße geleitet hat. Wir erfahren dass Gottes Wort voller Gnade und Wahrheit ist und wie mächtig es wirkt, wenn es mit offenem Herzen aufgenommen wird. Dadurch wurde die Gesinnung des ganzen Volks verändert und die Menschen geistlich erneuert. Die Israeliten damals hatten das Gesetz das Gott durch Mose gegeben hat. Wir haben das Evangelium von Jesus Christus, der voller Gnade und voller Wahrheit ist und durch sein Wort alle zu sich zieht. Möge Gott uns helfen, sein Wort mit offenem Herzen zu hören und geistlich immer wieder erneuert zu werden!

Wir lernen aber auch, dass wir, wenn wir durch Gottes Wort unsere Sünde neu erkannt haben, nicht in den Tränen versinken sollen. Es ist immer wieder nötig, dass wir unsere Sünde erkennen und vor Gott betroffen sind, damit er uns gründlich verändern kann. Gott freut sich darüber. Jesus sagt, dass Gott sich im Himmel über jeden Sünder, der Buße tut, freut. Aber Gottes Ziel ist nicht unsere Traurigkeit und unsere Tränen. Unsere Buße soll nicht stecken bleiben, denn wenn wir in Traurigkeit über unsere Sünde versinken, können wir Gott nicht wirklich ehren. Buße umfasst auch, dass wir Gottes Gnade der Vergebung, die er uns in Jesus schenkt, im Herzen annehmen und wieder fröhlich werden. Noch mehr als ein Vater, der sich wünscht, dass seine Kinder fröhlich leben, wünscht sich Gott, dass wir als seine Kinder seine Liebe zu uns kennen und fröhlich vor ihm leben. Denn Gott hat uns in seinem Sohn, der sich für uns selbst dahingab, allen Grund dazu gegeben. Wie der Leitvers uns lehrt, ist es auch für uns selbst wichtig, dass wir uns an Gott freuen. Denn wir können nur dann geistlich wirklich stark sein, wenn wir im Herrn sind und Freude in ihm haben. Die Freude ist ein wichtiger Teil der Frucht des Heiligen Geistes, die im Galaterbrief gleich an zweiter Stelle erwähnt wird (Liebe, Freude, Friede …). Darum werden wir an vielen Stellen im Neuen Testament zur Freude aufgefordert. Phil 3,1 sagt: „Weiter, liebe Brüder: Freut euch in dem Herrn! Dass ich euch immer dasselbe schreibe, verdrießt mich nicht und macht euch umso gewisser.“ Und in Kap. 4: „Freuet euch in dem Herrn alleweige, und abermals sage euch: Freuet euch!“ In Jesus können und sollen wir uns in allen Lagen freuen. Die Freude ist unser Privileg und soll der „Normalzustand“ in unserem Leben mit Jesus sein. Wenn wir uns in ihm freuen, sind wir geistlich stark und können allen möglichen Versuchungen wie Undankbarkeit, Neid, Zorn und Ungehorsam widerstehen. Gott helfe uns, auf sein Wort mit offenen ehrfürchtigen Herzen zu hören und von ihm immer wieder erneuert zu werden! Gott helfe uns, uns dadurch immer neu und allewege im Herrn zu freuen! Gott bewirke dadurch eine große Erweckung in unserer Stadt! Lesen wir noch einmal das Leitwort: „Und seid nicht bekümmert; denn die Freude am Herrn ist eure Stärke.“

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