Predigt: Matthäus 9,27 – 38

Kategorien:

Download

Bittet den Herrn der Ernte, dass er Arbeiter sende

Darum bittet den Herrn der Ernte, dass er Arbeiter in seine Ernte sende.“

(9,38)

Letzte Woche haben wir betrachtet, wie Jesus den Glauben einer seit zwölf Jahren kranken Frau gesegnet und sie geheilt hat, als sie nur sein Gewand berührte. Wir haben auch erfahren, dass Jesus die verstorbene Tochter eines Gemeindevorstehers wieder auferweckt hat. Im heutigen Text heilt Jesus zwei Blinde, die ihn um sein Erbarmen bitten, und einen Mann, der stumm war. Der zweite Teil berichtet, wie Jesus eine große Evangelisation durchführt und welche Beweggründe er dabei im Herzen hatte. Schließlich erfahren wir, wie Jesus die Menschen sieht und mit welchem großen Gebetsanliegen wir für sie beten sollen. Möge Gott uns helfen, heute einen Blick in Jesu Herz zu werfen und sein großes Gebetsanliegen von Herzen anzunehmen!

I. Jesus heilt zwei Blinde und einen Stummen (27-34)

Was passierte, als Jesus vom Haus des Gemeindevorstehers weiterging? Betrachten wir den Text. Vers 27 sagt: „Und als Jesus von dort weiterging, folgten ihm zwei Blinde, die schrien: Ach, du Sohn Davids, erbarme dich unser!“ Zwei Blinde folgten Jesus. Nach einer wissenschaftlichen Untersuchung erhalten wir Menschen etwa 80 Prozent unserer Information über unsere Augen. Wie sehr wir auf unsere Augen angewiesen sind, können wir erahnen, wenn wir daran denken, wie viel wir machen können, wenn es nachts in unserem Zimmer völlig dunkel ist. Die Blindheit der beiden Männer hat in diesem Sinne ihr ganzes Leben verdunkelt. Heute können Blinde dank verschiedener Hilfsmittel wie Blindenhunde, Blindenschrift usw. relativ selbständig leben. Aber damals blieb Blinden nichts anderes übrig, als am Straßenrand zu betteln. Dabei wurden sie von den Leuten verachtet, da Blindheit damals als eine Strafe Gottes angesehen wurde (Joh 9,1). Wie dunkel und hoffnungslos muss ihr Leben gewesen sein, in dem es medizinisch gar keine Hoffnung auf Heilung gab! Doch diese beiden Blinden liefen Jesus hinterher und schrien: „Ach, du Sohn Davids, erbarme dich unser!“ Sie nannten Jesus den Sohn Davids, was damals eine Bezeichnung für den Messias war, den wahren König und Helfer, den Gott durch die Propheten verheißen hatte. Woher hatten sie die Zuversicht, dass Jesus der Messias war und ihnen helfen würde? Sie müssen davon gehört haben, dass Jesus alle Arten von Kranken heilte. Sie müssen gewusst haben, dass nach den Prophezeiungen der Messias gerade das tun würde. Vielleicht kannten sie die Prophezeiung Jesajas, in der es heißt: „Dann werden die Augen der Blinden aufgetan und die Ohren der Tauben geöffnet werden“ (Jes 35,5). Wir wissen nicht, ob die beiden Blinden einmal die Chance hatten, Jesus selber reden zu hören, es ist eher unwahrscheinlich. Jedenfalls hatten sie keines seiner Wunder sehen können. Aber sie nahmen das, was sie über Jesus hörten, ernsthaft an und zogen klare Konsequenzen daraus. Sie müssen gedacht haben: „Wenn Jesus so viele Kranke geheilt hat, dann muss er der verheißene Sohn Davids sein. Und wenn durch sein Wort Gelähmte gehen und Aussätzige rein werden, dann kann er auch uns heilen.“ Mit dieser Zuversicht machten sie sich auf und suchten Jesus; und als sie ihn irgendwie fanden, folgten sie ihm und schrien laut um sein Erbarmen. Wie schwer muss es für sie als Blinde gewesen sein, Jesus zu folgen! Wie oft müssen sie gestolpert oder gegen Hindernisse gelaufen sein! Wahrscheinlich wurden sie wegen ihrem ständigen lauten Schreien von anderen Leuten angefahren. Aber trotz aller Schwierigkeiten folgten sie Jesus und baten ihn nonstop um Hilfe.

Wie reagierte Jesus? Nach unserem Text ging Jesus auf ihr Schreien zunächst lange nicht ein. Obwohl sie beharrlich zu Jesus schrien und auf der Grundlage beteten, dass Jesus der verheißene Messias ist, sah es so aus, als ob Jesus ihren Glauben nicht anerkennen und ihr Gebet nicht erhören wollte. Habt ihr auch schon mal erfahren, dass ihr ernsthaft zu Jesus gebetet habt, aber euer Gebet scheinbar nicht erhört wurde? Was tun wir, wenn wir Gott wiederholt um Hilfe anrufen, aber nicht mal einen Hinweis darauf kriegen, dass er unser Gebet hört? Wie leicht werden wir dann versucht zu denken, dass Gott unser Gebet nicht erhören will, und hören auf zu beten? Doch was taten die beiden Blinden? Obwohl Jesus auf ihre Bitte gar nicht reagiert hat, folgten sie Jesus weiter nach und hörten nicht auf, ihn um sein Erbarmen zu bitten. Nach Vers 28 ging Jesus heim, ohne auf die Bitte der Blinden zu antworten. Doch die zwei Blinden ließen sich davon nicht irritieren, sondern folgten Jesus sogar bis ins Haus. Sie wollten nicht aufhören zu beten, bis Jesus sie erhörte. Ihre Beharrlichkeit, mit der sie Jesus baten, ist für uns ein Vorbild, wie beharrlich auch wir beten sollen, bis Gott uns erhört hat.

Was sagte Jesus zu den Blinden, als sie schließlich im Haus zu ihm traten? Verkündigte er ihnen nun ihre Heilung? Nein, Jesus stellte ihnen eine Frage. Jesus fragte sie: „Glaubt ihr, dass ich das tun kann?“ (28) Jesus prüfte ihren Glauben. Eigentlich war ihr Bedürfnis ganz klar, und ihren starken Wunsch, seine Hilfe zu bekommen, hatten sie zur Genüge bewiesen. Aber Jesus wollte wissen, ob sie wirklich glaubten, dass er sie von ihrer Blindheit heilen konnte, oder ob sie nur aus Verzweiflung zu ihm geschrien hatten, ohne wirklich zu glauben, dass er sie heilen kann. Anders gesagt gab Jesus durch seine Frage den beiden Männern eine Gelegenheit, ihren Glauben ganz klar zu machen und ihn klar zu bekennen.

Vielleicht habt ihr auch schon diese Erfahrung gemacht, dass ihr für etwas inständig betet, Jesus aber eure Bitte zunächst nicht erfüllt, sondern zuerst euren Glauben prüfen und stärken will. Wenn wir beten, wollen wir meistens nur, dass Jesus unsere Bitte erfüllt, und zwar so schnell wie möglich. Hier können wir lernen, dass Jesus unsere Gebete hört, aber dass er dabei selber ein eigenes Anliegen hat, und zwar unseren Glauben. Wenn wir zu Jesus beten, ist er bereit, uns zu erhören, aber er hat dabei eine Frage: „Glaubst du, dass ich das tun kann?“ Wir sollen nicht nur wie die Blinden beharrlich beten, sondern sollen auch im Glauben beten.

Manchmal beten wir, aber werden unsicher, wenn wir über die Motivation und unseren Glauben beim Gebet nachdenken. Doch wie antworteten die Blinden auf Jesu Frage? Sie wurden nicht unsicher, als Jesus sie nach ihrem Glauben fragte, sagten nicht: „Wir hoffen, dass du es kannst“, sondern sie sagten: „Ja, Herr.“ Sie glaubten fest, dass Jesus sie heilen konnte. Sie hatten lange warten müssen, bis Jesus auf ihr Schreien einging. In dieser Zeit des Betens und Wartens mussten sie immer wieder ihren Glauben erneuern und festigen. Durch ihr Warten und durch Jesu Frage nach ihrem Glauben konnten sie ihren Glauben klar und fest machen, sodass sie ihn jetzt klar bekennen konnten. Möge Gott jedem von uns helfen, wie die beiden Blinden ihn beharrlich um sein Erbarmen zu bitten, bis er uns erhört hat! Möge wir in der Zeit, wo unser Schreien nicht erhört wird, nicht aufhören, sondern unseren Glauben erneuern und weiter beten, bis er uns erhört hat!

Was tat Jesus, als sie ihm ihren klaren Glauben bekannten? Es heißt: „Da berührte er ihre Augen und sprach: Euch geschehe nach eurem Glauben! Und ihre Augen wurden geöffnet.“ Jesus reagierte sofort auf ihren Glauben und berührte ihre Augen. Ihre Augen wurden geöffnet und sie konnten endlich sehen, was sie sich immer gewünscht hatten! Dabei segnete Jesus ausdrücklich ihren Glauben: „Euch geschehe nach eurem Glauben!“ Sie sollten immer wissen, dass sie durch ihren Glauben von Jesus geheilt worden waren. Dieses Wort sollte sie dazu ermutigen, auch in Zukunft aus dem Glauben an Jesus zu leben. Preiset Jesus, der Gebete des Glaubens segnet! Möge Gott uns helfen, beharrlich zu beten, bis wir von aller unserer geistlichen Blindheit geheilt werden!

Wozu ermahnte Jesus danach die geheilten Männer? Vers 30b sagt: „Und Jesus drohte ihnen und sprach: Seht zu, dass es niemand erfahre!“ Sie sollten dafür sorgen, dass niemand von diesem Wunder erfährt. Jesus wollte nicht, dass er überall als ein Wunderheiler bekannt würde; denn dann wären die Menschen darauf fixiert, von ihm körperliche Hilfe zu erhalten, und nicht offen für das Evangelium, das er ihnen hauptsächlich bringen wollte.

Doch wie reagierten die Blinden? Vers 31 sagt: „Aber sie gingen hinaus und verbreiteten die Kunde von ihm in diesem ganzen Lande.“ Trotz Jesu Ermahnung verbreiteten sie die Nachricht von ihrer Heilung im ganzen Land. Wir können uns vorstellen, dass sie über ihre Heilung begeistert waren und den Wunsch hatten, anderen davon zu erzählen. Vielleicht dachten sie auch, dass es für Jesus doch gar nicht schlecht wäre, wenn sein Wunder bekannt wird. Aber der Herr hatte sie ausdrücklich ermahnt, dafür zu sorgen, dass es niemand erfahren sollte. Doch anstatt aus Respekt und Dankbarkeit für seine Gnade ihm zu gehorchen, handelte sie nach ihrem Gefühl und eigenen Gedanken und erzählten davon im ganzen Land. Ihr Verhalten macht uns klar, dass wir Menschen keineswegs intuitiv richtig reagieren, wenn wir Jesu Gnade erhalten haben. Wenn wir von Jesus seine Gnade der Vergebung, der Heilung oder andere Hilfe bekommen haben, sollen wir sehr darauf achten, dass wir seinen Worten gehorchen und uns so dankbar erweisen, anstatt einfach nach unserem Gefühl oder eigenen Gedanken zu handeln. Gott helfe uns, auf seine Gnade richtig zu reagieren, indem wir seinen Worten gehorchen!

Kaum hatten die zwei geheilten Männer das Haus verlassen, wurde ein anderer Mann zu ihm gebracht. Vers 32 berichtet: „Als diese nun hinausgegangen waren, siehe, da brachten sie zu ihm einen Menschen, der war stumm und besessen“ (32). Während die Blinden selbst zu Jesus gekommen waren, wurde dieser Mann von anderen zu Jesus gebracht. Dass er nicht reden konnte, muss ihn im alltäglichen Leben praktisch stark eingeschränkt haben. Er konnte mit anderen kaum kommunizieren, sodass er immer sehr einsam war. Aber noch viel schlimmer als das war die Tatsache, dass er von einem bösen Geist besessen war, der sein Inneres beherrschte und auch das Problem seiner Stummheit verursachte. Wie sehr muss er von dem bösen Geist gequält worden sein! Trotzdem konnte er niemandem auch nur ein Wort über seine Qual sagen!

Doch was geschah, als man den stummen Mann zu Jesus brachte? Vers 33a sagt: „Als aber der böse Geist ausgetrieben war, redete der Stumme.“ Jesus erbarmte sich über den Mann und trieb den bösen Geist aus. Als der Mann innerlich frei war, konnte er frei und ungehindert reden. So erwies sich Jesus noch einmal als der Messias, der uns Menschen von unseren Krankheiten heilt. Jesus erfüllte das Wort des Propheten Jesaja: „Dann werden die Lahmen springen wie ein Hirsch, und die Zunge der Stummen wird frohlocken“ (Jes 35,6).

Wie reagierten die Menschen auf dieses Wunder? Vers 33 berichtet, dass das Volk sich verwunderte und bekannte, dass so etwas noch nie in Israel gesehen worden war. Sie erkannten die Einzigartigkeit von Jesu Heilungswerk und begannen, über ihn nachzudenken.

Wie reagierten dagegen die Pharisäer? Sie nahmen dasselbe Wunder wahr wie das Volk. Aber während das Volk anerkennend sagte, dass so etwas noch nie in Israel gesehen worden war, behaupteten die Pharisäer, dass Jesus die bösen Geister durch ihren Obersten austrieb. Es ist bedauerlich, wenn Menschen Jesu Werke nicht begreifen können. Aber die Reaktion der Pharisäer hier war viel schlimmer. Denn die Tatsache, dass sie Jesu Heilswerk als eine Zusammenarbeit mit dem Obersten der bösen Geister verleumdeten, kam aus ihrer feindseligen Haltung und ihrem Unwillen, Jesus als den Messias anzuerkennen. Dadurch dass sie Gottes Werk als ein Werk des Teufels verlästerten, hielten sie andere Menschen vom Glauben an Jesus ab und luden schwere Schuld auf sich.

Jesus hätte wegen ihrer bösartigen Verleumdung sehr frustriert und entmutigt werden können. Doch was tat Jesus daraufhin? Lasst uns das im zweiten Teil betrachten!

II. Jesu Wirken und Gebetsanliegen (35-38)

Betrachten wir Vers 35: „Und Jesus ging ringsum in alle Städte und Dörfer, lehrte in ihren Synagogen und predigte das Evangelium von dem Reich und heilte alle Krankheiten und alle Gebrechen.“ Jesus ließ sich von der negativen Reaktion der Pharisäer keineswegs hemmen, sondern handelte vielmehr sehr aktiv. Er ging ringsum in alle Städte und Dörfer, um möglichst viele Menschen zu erreichen. Wie half Jesus ihnen? Wir erfahren hier zwei Punkte seines Werkes. Zum einen lehrte Jesus die Menschen und predigte das Evangelium von dem Reich. Eigentlich war es für uns Menschen wegen unserer Sünde nicht möglich, unser Leben unter Gottes guter Herrschaft zu führen. Aber Jesus verkündigte überall die frohe Botschaft, dass das Reich Gottes herbeigekommen ist und dass nun jeder ein neues Leben unter Gottes Herrschaft führen und ewig in seinem Reich leben kann. Dass Jesus überall diese Botschaft verkündigte, zeigt uns, dass diese Botschaft die wichtigste und segensreichste Botschaft für alle Menschen ist, und sie zu hören, ist das größte Bedürfnis eines jeden Menschen. Denn Gottes Herrschaft ist die Antwort auf unsere grundlegenden Fragen und stillt unsere grundlegenden Bedürfnisse nach einem sinnvollen Leben, nach wahrer Liebe und nach dem ewigen Leben.

Ist das Evangelium von Gottes Reich auch in unserer Zeit noch aktuell? Wir können eine Antwort darauf finden, wenn wir darüber nachdenken, worunter die Menschen in unserer Zeit hauptsächlich leiden. Viele Menschen leiden unter dem Gefühl der Sinnlosigkeit ihres Lebens. Viele leiden unter Sorgen und Ängsten, vor allem vor Krankheit und vor dem Tod. Viele leiden unter ihrer unerfüllten Sehnsucht nach Liebe und Geborgenheit oder unter Verletzungen, die sie sich im Lauf ihres Lebens zugezogen haben. Andere leiden unter Neid und Hass. Wenn wir über die Ursache all dieser Probleme nachdenken, können wir sagen, dass sie darin besteht, dass die Menschen nicht unter Gottes Herrschaft leben, sondern getrennt von Gott ihr Leben zu meistern versuchen, ohne seinen Schutz, seine Liebe, seine Wahrheit und ohne die Hoffnung auf sein ewiges Reich. Das Reich Gottes ist wirklich die Antwort auf alle Bedürfnisse von uns Menschen. Gott helfe uns, unser Leben ganz unter seiner Herrschaft zu führen! Gott helfe uns auch, wie Jesus überall hinzugehen und die frohe Botschaft von Gottes Reich zu verkündigen!

Das andere, was Jesus tat, war, dass er alle Krankheiten und alle Gebrechen heilte. Jesus lehrte die Menschen vor allem das Evangelium, aber er sah die Menschen nicht einseitig, sodass er ihre körperlichen Probleme ignoriert hätte. Aus seinem Mitleid heraus heilte Jesus sie von allen Krankheiten und allen Gebrechen. So erwies Jesus sich als der Arzt, der uns Menschen an Leib und Seele ganz gesund machen will.

Wie sah Jesus die Menschen, die zu ihm kamen, und was empfand er, als er sie sah? Betrachten wir den Vers 36: „Und als er das Volk sah, jammerte es ihn; denn sie waren verschmachtet und zerstreut wie die Schafe, die keinen Hirten haben.“ Als Jesus die Menschen ansah, die zu ihm kamen, jammerten sie ihn. Jesus sah, dass sie verschmachtet waren, innerlich ausgelaugt, am Ende, geistlich fast verhungert und verdurstet. Viele waren auch körperlich krank oder besessen. In diesem Vers steht, dass sie verschmachtet und zerstreut waren wie die Schafe, die keinen Hirten haben. Sie hatten also niemanden, der ihnen den richtigen Weg zu Gott zeigte, niemand, der ihnen auf ihre Fragen geistliche Antwort und Orientierung gab, niemand, der mit ihnen den richtigen Weg ging und dabei voranging. Sie waren zerstreut, das heißt jeder versuchte sich allein durchzuschlagen oder durchzuwurschteln; denn sie hatten keinen Hirten, der sie vereinte und ihnen half, gemeinsam zu beten und einander zu ermutigen. Jesus wusste, wie ernst ihre Lage war. Schafe, die keinen Hirten haben, leben nicht nur schlechter oder unglücklicher, sondern können überhaupt nicht lange am Leben bleiben. Denn im Nahen Osten, wo es nicht so viele Wasserstellen und saftige Weiden gibt, verirren sie sich schnell und verschmachten oder werden von Wölfen gefressen. Jesus sah, dass die Menschen gerade wie eine große Herde solcher Schafe ohne Hirten waren, die schon verschmachtet und am Ende waren. Als Jesus sie sah, empfand er tiefes Mitleid, sodass ihm Tränen in die Augen kamen.

Was sagte Jesus angesichts der großen Not der Menschen? Lesen wir gemeinsam die Verse 37 und 38: „Da sprach er zu seinen Jüngern: Die Ernte ist groß, aber wenige sind der Arbeiter. Darum bittet den Herrn der Ernte, dass er Arbeiter in seine Ernte sende.“ Jesus sah die vielen Not leidenden Menschen keineswegs negativ. Jesus sah sie vielmehr als eine große reife Ernte, die einzuholen ist. Die Ernte ist für einen Bauer die schönste Zeit im Jahr, wo er die Frucht seiner Arbeit auf dem Feld einholen kann. In der Zeit der Ernte schickt er alle seine Kinder und Knechte in die Ernte und stellt noch weitere Leute dazu ein, damit sie die Ernte einholen. Jeder soll gehen und mitmachen! Denn es gibt für ihn nichts Schlimmeres, als dass die reife Ernte nicht eingeholt wird, sondern vom Regen und Wind auf die Erde gedrückt wird und sinnlos verdirbt. Darum arbeitet ein Bauer in der Zeit der Ernte sehr fleißig, auch heutzutage noch 14 bis 16 Stunden am Tag und oft auch bis in die Nacht. Denn die Ernte ist für ihn so kostbar und muss rechtzeitig eingebracht werden.

So wie ein Bauer die goldfarbenen Getreideähren auf dem Feld als kostbar betrachtet, so sieht Jesus auch die Menschen wie goldene Ähren als kostbar an und will, dass sie sorgfältig geerntet werden. „Geerntet werden“ bedeutet hier, dass Menschen durch das Evangelium Gottes Kinder werden und das ewige Leben genießen können. Für Jesus ist jeder Mensch kostbar wie eine goldene Ähre auf dem Feld. Egal wie wir uns selber sehen oder fühlen, egal wie große Probleme wir momentan tatsächlich auch haben mögen – Jesus betrachtet jeden von uns wie eine kostbare Ähre, die sorgfältig zu ihm gebracht werden soll. Für Jesus hat jeder unersetzbaren Wert.

Wenn Jesus also das Problem nicht darin sieht, dass die Menschen schwach sind und viele ungelöste Probleme haben, sondern er sie als große Ernte sieht, worin besteht dann das Problem? Das wahre Problem besteht nicht im momentanen Zustand der Menschen oder ihren Problemen, sondern darin, dass es zu wenige Arbeiter gibt, die bereit sind, hinzugehen und ihnen die nötige geistliche Hilfe zu geben. Dies war und ist das größte und eigentliche Problem der Menschen bis in unsere Zeit. Wenn wir die Menschen heute betrachten, sehen die meisten auf den ersten Blick so aus, als ob sie kein ernstes Problem hätten und ihr Leben auch ohne Gott glücklich führen könnten. Doch hinter dem äußeren Anschein, dass alles „easy“ ist, liegen oft verborgene innere Nöte und ungestillte Sehnsüchte. Nach der Statistik sind die Menschen in unserem Land zunehmend offen für religiöse Fragen, weil sie genug erfahren haben, dass materieller Wohlstand nicht wirklich zufrieden stellend ist. Wie viele gibt es, die sich nach einer Antwort auf die Frage nach dem Sinn ihres Lebens sehnen, aber wie wenige gibt es, die in der Lage und bereit sind, hinzugehen und ihnen die Antwort im Evangelium zu sagen! Wie viele Menschen leben allein in unserer Stadt, die nie mit Jesus bekannt gemacht wurden und seine Botschaft vom Reich Gottes nie richtig gehört haben! In Deutschland sind so viele Studenten an Hochschulen eingeschrieben wie noch nie, etwa 2.200.000 junge Menschen. Aber wie viele Mitarbeiter gibt es in den (Studenten-)Gemeinden, die für sie beten und ihnen geistliche Hilfe anbieten? Das Problem ist dramatisch.

Aber es gibt eine Lösung. Was ist die Lösung? Sehen wir uns nochmal die Verse 37 und 38 an. Jesus sagt: „Die Ernte ist groß, aber wenige sind der Arbeiter. Darum bittet den Herrn der Ernte, dass er Arbeiter in seine Ernte sende.“ Die Lösung besteht darin, dass Gott viele Menschen als Arbeiter in seine Ernte sendet. Als Jünger Jesu sollen wir dafür beten und so an Gottes großer Arbeit teilnehmen. Wir sollen uns (neu) klar machen, wie sehr dieses Werk Gott am Herzen liegt, und sollen mit Priorität dafür flehentlich beten. Wir sollen die Menschen, für die wir beten, nicht nur sehen, wie sie derzeit erscheinen, sondern mit der Hoffnung, dass Gott sie als seine Arbeiter aufstellen und in seine Ernte senden will, und sollen flehentlich dafür beten. Lasst uns mit dieser Hoffnung unsre Jugendlichen und die Studenten sehen und für sie beten, dass Gott als der Herr der Ernte sie als seine Arbeiter aufstellt und in seine Ernte sendet! Lasst uns dafür beten, dass wir selbst tüchtige Erntearbeiter werden und von Gott für sein Werk kostbar gebraucht werden! Lesen wir noch einmal das Leitwort: „Die Ernte ist groß, aber wenige sind der Arbeiter. Darum bittet den Herrn der Ernte, dass er Arbeiter in seine Ernte sende“ (38).

Keine Antworten

Schreibe einen Kommentar

Deine E-Mail-Adresse wird nicht veröffentlicht. Erforderliche Felder sind mit * markiert

− one = 2