Predigt: Matthäus 5,33 – 48

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Darum sollt ihr vollkommen sein

Darum sollt ihr vollkommen sein, wie euer Vater im Himmel vollkommen ist.“

(5,48)

Erinnern wir uns zurück an das Matthäusevangelium. Mit Jesus kam das Reich Gottes zu uns herab. Somit geschah etwas Weltbewegendes. Vieles hat sich grundlegend verändert. Z.B. unser Status. Wir wurden zu Bürgerinnen und Bürger des Reiches Gottes. Das ist einfach großartig, doch erst der Anfang. Durch die Bergpredigt lehrt Jesus die angemessene Lebensweise der Bürger im Reich Gottes. Somit ist Jesu Lehre für uns das Maß aller Dinge. Dadurch soll sich unsere Lebensweise formen und sich der Bergpredigt anpassen. Wie sollen wir also leben? Was gefällt Gott? Welche Lebensweise ist dem Reich Gottes würdig? Möge Jesu Bergpredigt den Weg in die tiefsten Tiefen unserer Herzen finden.

Teil I Wir sollen nicht schwören (33-37)

Mit Jesus bricht eine neue Zeit an. Sowohl in der Geschichte, als auch für uns persönlich. Was wurde bspw. zu den Menschen im Alten Testament gesagt und was gilt für uns? Betrachten wir Vers 33: „Ihr habt weiter gehört, dass zu den Alten gesagt ist: Du sollst keinen falschen Eid schwören und sollst dem Herrn deinen Eid halten.“ Das Alte Testament lehrt, keinen falschen Eid zu schwören. Anscheinend legten die Menschen gerne und schnell Schwüre oder Eide ab. Ein Schwur soll glaubhaft machen. Auf Gottes Namen zu schwören war die höchste Form des Schwurs. Man stellt Gott praktisch als Zeuge auf. Doch es belastete das Gewissen der Menschen, auf Gottes Namen falsch zu schwören. Sie begingen eine schwere Sünde. Deshalb entwickelten die Pharisäer verschiedene Schwurarten, um nicht bei Gott zu schwören. Sie wichen aus und schworen bspw. auf den Himmel, auf die Erde, auf Jerusalem oder zumindest auf ihr eigenes Haupt. Nach dem Motto: Auch wenn ich nicht die Wahrheit sage, was soll’s, ich schwöre auf Luft, Erde oder auf meinen Kopf. Das darf ich doch.

Was lehrte Jesus, den einfachen Zuhörern auf dem Berg, die sich ein Beispiel an den Pharisäer nahmen? „Ich aber sage euch, dass ihr überhaupt nicht schwören sollt, weder bei dem Himmel, denn er ist Gottes Thron; noch bei der Erde, denn sie ist der Schemel seiner Füße; noch bei Jerusalem, denn sie ist die Stadt des großen Königs. Auch sollst du nicht bei deinem Haupt schwören; denn du vermagst nicht ein einziges Haar weiß oder schwarz zu machen.“ Jesus lehrt überhaupt nicht zu schwören. Das Schwören hat nämlich negative Aspekte. Zum einen setzt ein Schwur Mangel an Glaubhaftigkeit voraus. Andere Menschen glauben mir nicht, ich muss sie durch einen Schwur zwingen, mir zu glauben. Das soll nicht die Norm der Kinder Gottes sein! Es ist verwerflich, unehrliche Aussagen zu tätigen, um ein besseres Bild von sich zu projizieren. Die Bibel nennt diese Vorgehensweise „Heuchelei“. Wir spielen eine Rolle, die nicht unserer Realität entspricht.

Zum anderen ist ein Schwur ein Zeichen für Realitätsferne. Gottes Name kann nicht umgangen werden. Wer auf den Himmel schwört, schwört in Wirklichkeit auf den Thron Gottes. Wer hingegen auf die Erde schwört, schwört in Wirklichkeit auf den Schemel seiner Füße, Jerusalem wiederum ist die Hauptstadt des Königs. Wir sind nicht einmal imstande bei unserem Haupt zu schwören. Alles was sich auf unserem Kopf befindet gehört zwar zu uns, doch wir sind nicht einmal Herr unseres eigenen Kopfes. Wir können nicht einmal über die natürliche Farbe eines unserer Haare bestimmen, obwohl wir so viele davon haben. Alles ist Gottes Eigentum, er ist der Schöpfer. Wir sollen ergo überhaupt nicht schwören. Wir sollen keine Heuchler sein.

In meiner Kindheit und Jugend, haben wir viel und oft geschworen. Meine Freunde und ich waren Weltmeister im Schwören. In allen unseren Gesprächen kamen vielfältige Schwüre vor. „Ich schwör. Ich schwör auf Gott. Wenn ich lüge soll ich sterben.“ Als ich das erste Mal das Mt. Evangelium mit 17/18 Jahren gelesen habe, traf es mich wie einen Schlag. Jesus lehrt ganz klar und unmissverständlich, nicht zu schwören. Diese Worte führten mich zur Buße.

Was lernen wir stattdessen von Jesus? Lesen wir Vers 37: „Eure Rede aber sei: Ja, ja; nein, nein. Was darüber ist, das ist vom Übel.“ Wie richtig, wie wahrhaftig, wie vollkommen ist die Lehre Jesu! Sie ist einfach und sie ist phantastisch. Sie ist zusammengefasst einfach phantastisch. Dem ist nichts hinzuzufügen.

Andererseits wissen wir, dass es unheimlich schwer ist ausnahmslos die Wahrheit zu sagen und selbst Notlügen zu unterbinden. Ohnehin leben wir in einer Welt, in der selbst namhafte Prominente und Politiker es mit der Wahrheit nicht so genau nehmen.

Doch Vorwürfe bekommen nicht nur Politiker zu hören, sondern auch wir Christen, wenn wir z.B. Menschen in die Gemeinde einladen. Von einem empörten jungen Mann hörte ich einmal sagen: „Ich habe nichts gegen die christliche Botschaft. Aber ich kann es nicht ausstehen, wenn mich Christen ansprechen, die selbst nicht wirklich danach leben.“

Als authentische Christen zu leben ist von enormer Bedeutung! Es beginnt mit unserer Sprache und mündet in unser Alltagsleben. Genau hier fängt Jesus an uns zu helfen. Wenn wir „Ja“ sagen, sollen wir auch „Ja“ meinen. Wenn jemand ein „Ja“ von Esra hört, soll er sich darauf verlassen können. Das gleiche gilt auch für unser „Nein“. Unser ja soll ja und unser nein, nein heißen. Nicht mehr und nicht weniger. Alles was darüber ist, bezeichnet Jesus als Übel.

Wie können wir aber so leben? Warum fällt es uns so schwer, immer die Wahrheit zu sagen? Das Problem ist, dass wir berechnen. Die Wahrheit kann nämlich sehr unangenehm für uns werden. Jeder kennt die Situation, wenn der Lehrer fragt: „Johannes hast du deine Hausaufgaben gemacht?“ Und Johannes sagen würde: „Ja ja, ich hab nur mein Heft vergessen.“ Oder wenn der Chef fragt: „Herr Hassani, haben Sie sich schon um dieses oder jenes Projekt gekümmert?“ Und die richtige Antwort wäre gewesen: „Nein, leider habe ich noch überhaupt nichts gemacht“. Doch stattdessen ich antworten würde: „Ja ja, ich bin bereits dran, es steckt aber noch in Kinderschuhen.“ Das ist unser Problem. Wir denken an unseren Vorteil, wir wollen unser Gesicht bewahren, unsere Schwächen und Fehler vertuschen und Peinlichkeiten verhindern. Doch Jesus lehrt uns kein Ansehen orientiertes Leben zu führen, sondern ein Fakten orientiertes Leben. Nach der Lehre Jesu sollen wir als glaubhafte und authentische Kinder Gottes leben und uns von der finsteren und lügenhaften Welt distanzieren. Mögen wir unserem Herrn immer ähnlicher werden, der sich als wahrhaftig, glaubwürdig und vertrauenswürdig erwiesen hat.

Teil II Wir sollen Böses mit Gutem vergelten (38-42)

Welcher Umgang war zur Zeit des Alten Testaments gang und gäbe? Betrachten wir Vers 38: „Ihr habt gehört, dass gesagt ist: Auge um Auge, Zahn um Zahn.“ Im Alten Testament herrscht das Prinzip (Reziprozität): „Wie du mir, so ich dir“. Diese Gesetzgebung beruht auf ausgleichende Gerechtigkeit. Jeder trachtet nach ausgleichender Gerechtigkeit, denn es ist unheimlich schwierig, mit Ungerechtigkeit konfrontiert zu werden. Vor allem wenn es uns persönlich trifft, wollen wir mit gleicher Münze heimzahlen. Das befriedigt unseren Gerechtigkeitssinn, obwohl wir im Grunde wissen, dass es keine Lösung für das Problem ist.

Als ich etwa 11 Jahre alt war, brach einer meiner Freunde aus Versehen die Fahrradstütze meines neuen Fahrrads. Dieses Missgeschick tat ihm sehr leid, machte mich aber sauer, weil mir mein neues Fahrrad sehr heilig war. Es war das wertvollste was ich neben meinem Sparbuch besaß. Um meinen Zorn zu mildern schlug er vor, dass ich im Gegenzug seine Fahrradstütze brechen sollte. Gesagt getan. Das Brechen schenkte mir im ersten Moment Genugtuung, doch seit dem bin ich fassungslos über meine Tat. Es hat weder mein Problem gelöst noch mich glücklich gemacht. Seit dem habe ich ein Bewusstsein darüber wie schrecklich mein angeborenes Racheempfinden ist.

In der Geschichte sind schon viele Unschuldige der Rache zum Opfer gefallen. Viele Opfer wurden zu Tätern. Und Rache fordert ihren Tribut. Sie verändert uns und entstellt unsere Persönlichkeit. Wir werden zu Menschen, die wir einst gehasst haben. Sie macht uns nicht glücklich, sondern folgt uns ein Leben lang wie ein Fluch. Martin Luther King erkannte: „Der alte Grundsatz „Auge um Auge“ macht schließlich alle blind.“ Wie wahr! Rache löst keine Probleme, sondern hinterlässt umso mehr Opfer.

Was lehrt stattdessen Jesus über unsere Lebensweise als Kinder des Reiches Gottes? „Ich aber sage euch, dass ihr nicht widerstreben sollt dem Übel, sondern: wenn dich jemand auf deine rechte Backe schlägt, dem biete die andere auch dar.“ Jesu Lehre ist unglaublich. Jesus lehrt eine Lebensweise, die nicht von dieser Welt ist, die auch nie ein Mensch gelehrt hat, die sogar dem menschlichen Wesen ganz und gar widerspricht. Wenn dich jemand auf deine rechte Backe schlägt, dem biete die andere auch dar. Ich habe mir vorgestellt wie es ist, wenn mich jemand volle Kanne auf die rechte Backe schlägt, bzw. wenn jemand auf deine Backe schlägt. Zunächst einmal ist ein stechender Schmerz zu spüren, der nicht so leicht verschwindet. Dann wird die geschlagene Backe taub und fühlt sich angeschwollen an, während sich Tränen in den Augen sammeln. Gleichzeitig geht ein stechender Schmerz durchs Herz, weil du auch innerlich verletzt wirst. Doch dann brodelt es in dir. Weil deine Gefühle und vor allem dein Stolz verletzt sind, wirst du von Sekunde zu Sekunde wie ein Vulkan, kurz vor dem Ausbruch. Aus aufgewühltem Herzen willst du über den Täter herfallen und die explosionsartig aufsteigende Energie über deine Hand an der Backe des anderen entladen. Oder wir gehen zur Polizei. Das ist der Standardprozess, so oder so.

Doch unfassbar ist Jesu Wort. „biete die andere auch dar.“ Wie ist das möglich? Wer hat das schon einmal gemacht? Und was ist der Sinn des ganzen? Die Antwort finden wir heraus, wenn wir auf Jesus selbst schauen! Jesus ließ sich von Stöcken schlagen, bekam die Dornenkrone aufgesetzt, wurde bespuckt und verachtet, gegeißelt und gekreuzigt aber er widerstrebte dem Übel nicht. Wenn wir geschlagen, beschimpft und angegriffen werden, z.B. auf der Straße oder beim Spazierengehen, dann rebelliert unser Stolz. Unser verletzter Stolz schreit nach Vergeltung. Doch Jesus lehrt einen anderen Weg. Er widerstrebte dem Übel nicht. Jesus litt willig, obwohl er unschuldig war. Wir sind nicht schuldlos wie Jesus. Wenn uns jemand angreift und schlägt, gibt es zwei Möglichkeiten. Sind wir Schuld, dann haben wir den Schlag verdient, den zweiten auch, demnach können wir auch unsere andere Backe darbieten. Sind wir nicht schuld, dann können wir Jesu Beispiel folgen, der sich selbst hingab, um andere Sünder zu erretten. Wenn wir auch unsere linke Backe darbieten, sind wir ein lebendiges Zeugnis für Jesus, der sich für unsere Errettung hingegeben hat. Wir sind auch eine Ermutigung für alle Christen und Nichtchristen, auf Jesus zu schauen, der in uns lebendig ist. Jesus möchte nicht, dass wir von unserem Stolz oder von Rache geleitet werden. Jesus möchte, dass wir von seinem Wort der Bergpredigt und von seinem Wesen geprägt und geleitet sind.

Zu welcher Verhaltensweise ermutigt uns Jesus noch? Betrachten wir Vers 40: „Und wenn jemand mit dir rechten will und dir deinen Rock nehmen, dem lasse auch den Mantel.“ „Wer will mir schon meinen Rock nehmen“ könnte Wesley fragen „und wer ist interessiert an meinen Mantel?“ Wir müssen uns nur einen Winter- oder Sommerschlussverkauf vorstellen oder eine heißbegehrte Rabattaktion. Und schon ist zu beobachten, wie sich zivilisierte Menschen in eine Horde Barbaren verwandeln, die sich auf eine Hand voll Kleidungsstücke oder Elektrogeräte stürzen und dann gibt es kein Pardon. Vor wenigen Jahren kursierte die Nachricht eines Aldi Kunden in den Medien, der im Streit um die neuen Medion-Rechner, eine Schusswaffe gezogen haben soll. In dieser Welt herrscht Ressourcenknappheit. Deshalb gehören Mord und Todschlag seit Anfang der Geschichte zur Tagesordnung.

Doch wir sollen ein Leben nach dem himmlischen Bürgerrecht führen. Im Reich Jesu soll kein Eigennutz herrschen. Im Reich Jesu soll kein Egoismus sein. Ein jeder soll an den anderen denken, ihn lieben und ihm helfen. Die erste Gemeinde, mit ihrer beispiellosen Gütergemeinschaft, gibt uns ein Zeugnis, von der Gemeinschaft im Reich Gottes. Wenn uns jemand unbedingt unseren Rock nehmen will, dann sollen wir geben und nicht nur das, sondern auch den Mantel.

Eines Tages kam ein armer Junge in die Gemeinde und vieles was er vorfand überraschte ihn. Am meisten wurde er dadurch überrascht, dass ihm einer, der ihm mit viel Geld geholfen hatte, sagte: „Dieses Geld gehört mir nicht; Gott hat es mir gegeben.“ obwohl er sehr hart dafür gearbeitet hatte. Auf diese Weise erlebte er, dass die Geschwister in der Gemeinde ihr Leben nach ganz anderen Regeln führten, wie er es gewohnt war. Dieser Junge war M. Kaleb im Jahr 1972. Geben ist seliger als nehmen, lehrt uns unser Herr, der zu unserer Errettung alles gegeben und gelassen hat, was er besaß. Er verließ das Reich Gottes und ließ zudem sein Leben in dieser Welt.

Wie sollen wir als Kinder des Reiches Gottes noch leben? „Und wenn dich jemand nötigt, eine Meile mitzugehen, so geh mit ihm zwei. Gib dem, der dich bittet und wende dich nicht ab von dem, der etwas von dir borgen will.“ Jesus lehrt uns, nicht geizig zu sein. Wir sollen keine Geizhälse im Umgang mit unserer Zeit oder unserem Eigentum sein. Wenn uns jemand bittet, eine ganze Meile mit ihm zu gehen, eine römische Meile entspricht Tausend Doppelschritte, also fast 1,5 km, so sollen wir 2000 Schritte mitgehen, also das Doppelte wie gefordert. Wenn uns jemand nach Geld oder sonstigem Gut bittet sollen wir uns nicht abwenden, sondern bereitwillig borgen.

Wir sollen gebend sein. Das ist die rechte Gesinnung der Kinder Gottes. Wir sollen hilfsbereit sein und nicht habgierig. Als habgierige Menschen können wir kein Segen für andere sein. Doch als Geber sind wir Zeugen unseres Herrn Jesus Christus. Möge Jesu Wort uns von unseren ureigenen Neigungen wie Stolz und Habgier befreien und uns als Salz und Licht nach Vorbild unseres Herrn gebrauchen.

Teil III Wir sollen wie unser Vater im Himmel vollkommen sein (43-48)

Welches weitere Gebot hatte bis dato geherrscht? Betrachten wir Vers 43: „Ihr habt gehört, dass gesagt ist: Du sollst deinen Nächsten lieben und deinen Feind hassen.“ Der erste Teil dieses Verses ist ein Zitat aus dem Alten Testament, während der zweite Teil das Verständnis der Schriftgelehrten und Pharisäer wiederspiegelt. Gott hatte geboten, den Nächsten zu lieben doch sie missinterpretierten das göttliche Gebot und missbrauchten es, um ihre Feinde zu hassen. Jesus selbst bekam die volle Härte ihres Hasses zu spüren. Mit ihrem Hass trieben sie Jesus bis an das Kreuz.

Was steckt aber wirklich im göttlichen Gebot? Was ist die wahre Aussage und der wahre Geist des Gebotes? Betrachten wir Vers 44: „Ich aber sage euch: Liebt eure Feinde und bittet für die, die euch verfolgen“. Die Nächstenliebe soll absolut sein. Sie soll keinen Unterschied zwischen Freund und Feind kennen. Erneut verlangt Jesus etwas das unserem natürlichen Instinkt widerspricht. Feinde sind doch da um bekämpft zu werden. Terroristen werden verfolgt, bis sie umgebracht sind. Das ist doch selbstverständlich. Das ist das Gesetz dieser Welt. Eben. Wir aber sollen als Kinder des Himmelreichs eine andere Lebensgrundlage haben. Auch wenn es uns am schwersten fallen möge, sollen wir Jesu Wort beherzigen, der sagt: „Ich aber sage euch: Liebt eure Feinde und bittet für die, die euch verfolgen.“ Jesus hat uns dieses Gebot nicht gegeben, um uns zu ärgern. Dieses Gebot entspringt seiner eigenen Lebensweise. Mit diesem Gebot hat er uns praktisch errettet und das Leben geschenkt. Denn wir alle sind einst Feinde Gottes und Feinde des Kreuzes Jesu gewesen. Gott hatte allen Grund, uns abgrundtief zu hassen. Wir wären verloren auf ewig. Doch Gott hasste die Welt nicht, sondern Gott hat die finstere Welt geliebt und seinen Sohn dahingegeben (Vgl. Joh 3,16). Am Kreuz hatte Jesus allen Grund die gesamte Menschheit und insbesondere sein eigenes Volk für immer zu hassen. Doch stattdessen lautet sein Gebet am Kreuz: „Vater, vergib ihnen; denn sie wissen nicht, was sie tun!“ (Lk. 23,34) Wir sind errettet, weil Jesus seine Feinde geliebt und für diejenigen gebetet hat, die ihn verfolgt haben. Wir sollen Jesu Beispiel folgen. Wir sollen leuchten wie Jesus, der das Licht der Welt ist. Wir sollen ihm immer ähnlicher werden und ein Segen für die verlorene Welt sein. Gott erhöre unser Gebet für die Welt.

Welches zusätzliche Zeugnis verspricht uns Jesus, wenn wir auch unsere Feinde lieben und für sie beten? Im Vers 45 sagt Jesus: „damit ihr Kinder seid eures Vaters im Himmel. Denn er lässt seine Sonne aufgehen über Böse und Gute und lässt regnen über Gerechte und Ungerechte.“ Die Feindesliebe und das Gebet sind ein Indiz für unsere Gotteskindschaft. Warum ist das der Fall? Denn Gott verfährt genauso mit uns Menschen. Die Sonne ist ein Segen Gottes für uns. Er hat sie geschaffen und sie schenkt Wärme, Licht, Strom, Photosynthese usw. Doch die Sonne ist nicht nur den Kindern Gottes vorbehalten. Jeden Tag geht die Sonne über Böse und Gute auf. Genauso der Regen. In letzter Zeit hat es wenig geregnet, darunter leiden die Landwirte. Daraus resultiert auch der niedrige Rheinpegel, was den Logistikern wiederum große Probleme bereitet. Wenn es regnet, freuen sich unzählige Menschen, die Allergiker eingeschlossen. Auch wenn das Wetter nicht mehr so schön ist, gehört der Regen zum Segen Gottes. Und es regnet über jeden und für jeden, für Gerechte wie auch Ungerechte. Etwas anderes hat die Welt noch nie gesehen. Gott macht in dieser Hinsicht keinen Unterschied. Gott liebt jeden Menschen und Gottes Herz schlägt für die Errettung eines jeden. Als Kinder unseres himmlischen Vaters sollen wir seine Gesinnung teilen und ein Herz auch für unsere Feinde aufbringen.

Was antwortet Jesus zu Menschen wie den Schriftgelehrten und Pharisäer, die nur den äußeren Schein der Gesetze hielten und auch noch stolz auf sich waren? Verse 46 und 47 lauten: „Denn wenn ihr liebt, die euch lieben, was werdet ihr für Lohn haben? Tun nicht dasselbe auch die Zöllner? Und wenn ihr nur zu euren Brüdern freundlich seid, was tut ihr Besonderes? Tun nicht dasselbe auch die Heiden?“ Die Kinder Gottes sollen kein Standarddasein führen, sondern ein besonderes leben, denn sie haben ihre Zugehörigkeit im Himmelreich und haben Gott als Vater. Dieses besondere Leben führt einen besonderen Lohn mit sich. Im Himmelreich werden wir reichlich belohnt. Doch die Lebensweise der damaligen Menschen war ganz und gar nicht besonders. Sie wandelten auf dem Pfad der so geächteten Zöllner! Sie lebten so wie die verachteten Heiden. Damals gab es sicherlich keine größere Beleidigung, als einen Israelit als Zöllner oder Heide zu bezeichnen. Doch Jesus unternahm diesen Vergleich, weil es stimmte und weil Jesus ihnen die Augen öffnen wollte. Menschen zu lieben die mich auch lieben wird keinen Lohn zufolge haben. Und es ist nichts Besonderes daran zu unseren Brüdern und Schwestern freundlich zu sein. Das ist viel zu wenig.

Wer oder was ist Maßstab unseres Lebens? Lesen wir Vers 48, das heutige Leitwort: „Darum sollt ihr vollkommen sein, wie euer Vater im Himmel vollkommen ist.“ Für jede Lebenslage soll Gott selbst unser Maßstab sein. Und Gott ist vollkommen und seine Wege sind vollkommen. Sei es darum was wir zu anderen sagen, soll Gottes Wahrhaftigkeit unser Orientierungspunkt sein. Sei es darum wie wir reagieren, wenn man uns schlägt, uns etwas wegnehmen möchte oder uns um einen Gefallen bittet, sollen wir auf Gott schauen, der in seiner Vollkommenheit Unrecht erduldet und mehr gegeben hat, als gebeten wurde. Auch im Bezug auf unsere Feinde sollen wir uns an Gott orientieren, der in seiner Vollkommenheit geliebt, gebetet und errettet hat.

Gott ist wirklich anders als wir Menschen. Gott ist vollkommen. Deshalb ist er Gott. Wie können wir als unvollkommene Menschen die Vollkommenheit Gottes anstreben? Jesu Wort ist weder ein Scherz noch ein Wort der Verdammung. Jesu Wort ist Ausdruck seiner Hoffnung für uns. Gottes Vollkommenheit kann uns aus dem Sumpf unserer Unvollkommenheit herausreißen. Zwar langsam aber stetig. Stück für Stück, Tag für Tag, Jahr um Jahr sollen wir hinwachsen zu unserem Vater im Himmel, der vollkommen ist. Das heutige Wort Jesu, die gesamte Bergpredigt, soll die geistliche Nahrung unseres Wachstums sein, bis wir eines Tages im Reich Gottes vollkommen sind, wie unser Vater vollkommen ist.

Ich danke Gott, dass er mir den unschätzbaren Wert der Bergpredigt immer wieder verdeutlicht. Ich möchte alles unternehmen, damit die Bergpredigt Jesu Zugang zu den tiefsten Tiefen meines Herzens findet, dort wächst und gedeiht, damit ich mir die Lebensweise eines Himmelsbürgers aneignen und zum himmlischen Vater hin wachsen kann, der vollkommen ist. Heute sprechen mich insbesondere Jesu Worte aus dem 2. Teil an. Ich lerne den rechten Umgang mit anderen Menschen kennen. Nach meiner Natur bin ich Experte darin, andere Menschen nach dem Grundsatz „Auge um Auge, Zahn um Zahn“ zu behandeln. Kein Auge und kein Zahn sind vor mir sicher. Deshalb sind Jesu Worte eine große Herausforderung für mich. Ich möchte mich von Jesu Wort und Jesu Wesen erfüllen und erfassen lassen und lernen die andere Backe darzubieten. Ich möchte lernen jemand zu sein, der nicht nur seinen Rock gibt, sondern auch seinen Mantel lässt. Ich möchte 2 Meilen gehen, statt nur einer, ich will geben statt zu nehmen. Ich möchte mir das jammernde Hirtenherz Jesu aneignen und mich für die Errettung der verlorenen Schafe hingeben. Möge Gott mit seinem Wort mächtig wirken.

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