Das höchste Gebot
Jesus aber antwortete ihm: Du sollst den Herrn, deinen Gott, lieben von ganzem Herzen, von ganzer Seele und von ganzem Gemüt
(Mt 22,37)
In der Gemeinde beschäftigen wir uns sehr viel mit der Bibel. Dadurch erfahren wir, was Gott von uns möchte, dass wir tun sollen. Doch worum geht es Gott bei all den Dingen, die wir für ihn tun sollen? Worauf möchte Gott hinaus? Was möchte Gott eigentlich? Lasst uns heute insbesondere betrachten, durch welches Gebot wir die Mitte von Gottes Herz treffen können.
Teil I: So gebt dem Kaiser, was des Kaisers ist, und Gott, was Gottes ist (V. 15-22)
Mit viel Geduld und Liebe hatte sich der Herr Jesus der Juden in Jerusalem angenommen. Durch mehrere Gleichnisse offenbarte Er ihnen insbesondere Gottes Person, die den Juden in der Geschichte mit viel Langmut und Güte begegnet war. Er zeigte ihnen Gott als einen, der Seinem Volk immer wieder entgegenkam und sie in sein Reich einlud, um mit ihnen seine Freude zu teilen. Diese Gleichnisse, die rührend die Liebe Gottes schildern, sollten Seinem Volk helfen, dessen tiefe Schuld vor Gott zu erkennen und folglich mit einem zerbrochenen Herzen Buße zu tun.
Wie reagierten aber die religiösen Leiter des Volkes auf die Gleichnisse Jesu? Betrachten wir Vers 15: Da gingen die Pharisäer hin und hielten Rat, wie sie ihn in seinen Worten fangen könnten. Die Worte Jesu ließen die Herzen der Pharisäer kalt. Sie prallten an deren Herzen ab. Keine Spur von Reue. Im Gegenteil, sie versammelten sich, um einen Plan zu entwickeln, wie sie den Herrn Jesus ausschalten könnten. Sie wollten ihn zu einer Aussage verleiten, die Ihm zum Verhängnis werden könnte bzw. deretwegen sie ihn verklagen könnten. Wie sah nun ihr Plan aus? Betrachten wir zunächst Vers 16a: und sandten zu ihm ihre Jünger samt den Anhängern des Herodes. Dies ist schon eine eigenartige Kombination: Eine Mischung aus religiösen und politischen Personen kommt zu dem Herrn Jesus. Wie lässt sich die Phänomen erklären? Offenbar waren die Pharisäer zu Herodes gegangen und hatten behauptet, dass Jesus das Volk gegen den Kaiser aufhetzen würde. Wenn Herodes ihnen ein paar seiner Knechte mitsenden würde, dann könnten sie ihm das sogar beweisen. Herodes ließ sich darauf ein und sandte seine Knechte mit ihnen, um der Sache nachzugehen. So kam es wohl, dass die Pharisäer bzw. deren Jünger samt den Herodianern zu dem Herrn Jesus kamen. Um ihre böse Absicht zu verbergen, schmeichelten sie Ihn mit den Worten: „Meister, wir wissen, dass du wahrhaftig bist und lehrst den Weg Gottes recht und fragst nach niemand; denn du achtest nicht das Ansehen der Menschen.“ Schleim, Schleim, Schleim. Bemerkenswert ist aber, dass ihre Aussagen über Jesu Person 100%tig richtig waren. Sie wussten ganz genau, dass Jesus aufrichtig vor Gott lebte und sich nichts aus Anerkennung der Menschen machte, sondern es ihm allein darum ging, das Wort Gottes so zu vertreten wie es ist. Umso bedauernswerter war deren Ablehnung Jesu als den Christus.
Wie versuchten sie nun Jesus verbal zu fangen? Betrachten wir Vers 17: Darum sage uns, was meinst du: Ist´s recht, dass man dem Kaiser Steuern zahlt, oder nicht.
Mit dieser Frage wollten sie den Herrn Jesus in eine Zwickmühle drängen. Wie er sich auch immer äußern sollte, es sollte ihm zum Verhängnis werden. Wenn nun Jesus sagen würde: „Nein, bezahlt die Steuern an den Kaiser nicht, denn Gott ist euer Herr und nicht dieser Heide.“, dann würden sie zu den Knechten des Herodes sagen: „Seht, ihr habt es selbst gehört, dass er gegen den Kaiser ist.“ Wenn aber Jesus die Steuerzahlung bejahen würde, so würden sie dies als Anlass nehmen, um seinen messianischen Anspruch vor der Öffentlichkeit abzuerkennen. Denn für die Juden war die Herrschaft des Kaisers der strikte Gegensatz zur Gottesherrschaft. Ihrer Vorstellung vom Messias, der sie von der Herrschaft der Römer befreien sollte, würde es gar nicht passen, dass Jesus die Steuern an den Kaiser befürwortet. So versuchten die Pharisäer Jesus mit ihrer Frage auf einer hinterhältigen Art und Weise zu umzingeln.
Doch welche vollmächtige Antwort gab der Herr Jesus ihnen? – Betrachten wir zunächst Vers 18: Als nun Jesus ihre Bosheit merkte, sprach er: Ihr Heuchler, was versucht ihr mich? Zunächst einmal bekamen sie scharfe Worte zu hören: Heuchler waren sie, weil sie vorgaben, von dem Herrn Jesus geistlichen Rat zu ersuchen, in Wirklichkeit ihn aber versuchen wollten. Durch die harten Worte sollten sie sich selbst erkennen und dann Buße tun. Obwohl sie nur mit einer bösen Absicht zu Ihm kamen, unterließ es der Herr Jesus aber trotzdem nicht, auf die Frage Seiner Gegner einzugehen. Zeigt mir die Steuermünze!, sagte er zu ihnen. Wessen Bild und Aufschrift ist das?, fragte er sie dann. „Des Kaisers“, antworteten die Gegner. Gleichzeitig dachten sie sich bestimmt: „Was hat denn das Aussehen der Münze mit unserer Frage zu tun? Worauf will Jesus denn hinaus?“, Welche Wahrheit wollte der Herr Jesus seinen Feinden durch den Aufdruck der Münze lehren? Lesen wir gemeinsam Vers 21b: Da sprach er zu ihnen: So gebt dem Kaiser, was des Kaisers ist, und Gott, was Gottes ist! Jedem das, was ihm gebührt. Auf der Münze war das Abbild und die Aufschrift des Kaisers, auf den Menschen ist das Abbild Gottes. Somit ist das römische Geld das Eigentum des Kaisers und der Mensch das Eigentum Gottes. Deswegen gebührt dem Kaiser die Steuer, Gott aber die Anbetung durch das eigene Leben. Die Pharisäer verstießen gegen beides. Sie hatten eine verachtenden Haltung gegenüber der römischen Obrigkeit und sie meinten, sie wären im Recht dazu, weil die Römer ja Heiden waren. Doch auch Gott gaben sie nicht, was Sein war. Sie gaben ihm nicht die Ehre, die ihm durch Seinen Sohn zustand. Obwohl Jesus mächtig in Worten und Taten auftrat, erkannten sie ihn nicht als Christus bzw. als den Herrn an. Im Gegenteil, sie bekämpften ihn. Deswegen Jesu Aufforderung an sie: So gebt dem Kaiser, was des Kaisers ist, und Gott, was Gottes ist!.
Mit so einer Antwort hatten die Gegner Jesu nicht gerechnet gehabt. Sie meinten, sie hätten den Herrn Jesus in eine Falle locken können; ihn böse überraschen können. Doch wurde nicht er, sondern sie überrascht durch seine vollmächtige Antwort. Sie erkannten, dass sie nichts gegen ihn ausrichten können, sodass sie von ihm abließen und davongingen.
Zwar haben wir heute keinen Kaiser mehr, aber die Steuern sind geblieben. Wie der Kaiser so will auch die Regierung unser Bestes, nämlich unser Geld. So gebt dem Kaiser, was des Kaisers ist bedeutet auch für uns, mit aller Aufrichtigkeit Steuern zu bezahlen, jegliche Anträge schön ehrlich auszufüllen, keine Schwarzarbeit zu betreiben usw. Doch geht es hierbei nicht nur um Steuern, sondern auch um die Gesetze und Regeln des Staates, denen wir einzuhalten verpflichtet sind. Wer z.b. die Schule schwänzt, verletzt das Gesetz zur Schulpflicht. Für mich konkret bedeutet es, gut und aufrichtig zu arbeiten und ehrlich mit den Arbeitszeiten umzugehen, weil ich ja zurzeit für den Staat arbeite. Es bedeutet für mich aber auch, keine Raubkopien und illegale Downloads zu betreiben.
Doch viel wichtiger ist es, Gott zu geben, was Gottes ist. Unser Leben gehört ihm. Gott möchte die Ehre durch unser Leben nehmen. So müssen wir darüber nachdenken, welche Bereiche unseres Lebens wir der Herrschaft Seines Sohnes noch nicht unterstellt haben und dafür Buße tun.
Teil II: Der Gott der Lebenden (23-33)
Nachdem der Angriff der Pharisäer kärglich gescheitert war, versuchten es die Sadduzäer, den Herrn Jesus zu versuchen.
Die Sadduzäer waren neben den Pharisäern die andere religiöse Partei. Die meisten Hohepriester gehörten den Sadduzäern an. Ebenso war auch die Mehrheit des Sanhedrin von ihnen besetzt. Im Gegensatz zu den Pharisäern erkannten sie lediglich die 5 Bücher Mose als Wort Gottes an und vertraten die Ansicht, dass es keine Auferstehung noch Geister und Engel geben würde.
Mit welchen Worten wollten sie nun den Herrn Jesus auf die Probe stellen? – Betrachten wir die Verse 24 – 28: und sprachen: Meister, Mose hat gesagt (5. Mose 25, 5-6): „Wenn einer stirbt und hat keine Kinder, so soll sein Bruder die Frau heiraten und seinem Bruder Nachkommen erwecken.“ Nun waren bei uns sieben Brüder. Der erste heiratete und starb; und weil er keine Nachkommen hatte, hinterließ er seine Frau seinem Bruder; desgleichen der zweite und der dritte bis zum siebenten. Zuletzt nach allen starb die Frau. Nun in der Auferstehung: wessen Frau wird sie sein von diesen sieben? Sie haben sie ja alle gehabt.
Die Frau aus der Geschichte war ein Pechvogel ohnesgleichen. Welchen Bruder sie auch heiratete, der starb. Sieben Brüder hintereinander. Was für ein Zufall. Die Frau muss sich als den Tod höchstpersönlich gefühlt haben. Nicht einmal ein Happy End gab es. Denn schließlich starb auch die Frau. Ooh, wirklich sehr tragische Geschichte. Einige, die dabei standen, mussten sicherlich schon ihre Taschentücher auspacken. Was sollen wir über diese Geschichte sagen. War sie echt? Bestimmt nicht. Es liegt vielmehr näher, dass die Sadduzäer Jesus und den Glauben an die Auferstehung mit einer frei erfundenen, ironisch erzählten Geschichte ins Lächerliche ziehen wollten. Im Anschluss ihrer Erzählung fragten sie daher den Herrn Jesus: Nun in der Auferstehung: wessen Frau wird sie sein von diesen sieben? Sie haben sie ja alle gehabt. Mit dieser Frage versuchten sie eine lustige Situation zu konstruieren. Da sehen sich nun die sieben Brüder und die Frau nach dem Tod wieder. Alle haben einen Fragezeichen über den Kopf. Denn keiner weiß, wem diese Frau gehört.
Doch mit welcher mächtigen Antwort überraschte der Herr Jesus auch sie? – Betrachten wir Vers 29: Jesus aber antwortete und sprach zu ihnen: Ihr irrt, weil ihr weder die Schrift kennt noch die Kraft Gottes. Zunächst bekamen auch sie scharfe Worte zu hören. Über sie erging ein vernichtendes Urteil: „Ihr seid absolut falsch. Ihr habt überhaupt keine Ahnung von der Bibel, auch nicht von der Kraft Gottes, die die Auferstehung bewirkt“, war sinngemäß Jesu Antwort an die Sadduzäer. Ebenso wie die Pharisäer sollten auch sie sich selbst erkennen und folglich Buße tun. Dann korrigierte der Herr Jesus ihre falsche Vorstellung von der Auferstehung – Vers 30: Denn in der Auferstehung werden sie weder heiraten noch sich heiraten lassen, sondern sie sind wie Engel im Himmel.
Offenbar verstanden die Sadduzäer unter der Auferstehung eine Art Fortsetzung oder Wiederbelebung des irdischen Lebens, sodass sie wie von selbstverständlich davon ausgingen, dass die Heirat auch in der Auferstehung bestehen bleiben würde. Doch der Herr Jesus wies sie darauf hin , dass Gott etwas völlig neues schaffen wird. In der Auferstehung werden die Menschen nicht mehr so wie jetzt sein, sondern wie die himmlischen Engel, unter denen es keine Heirat gibt. Wie wollte der Herr Jesus ihnen schließlich helfen, doch Auferstehungsglauben zu haben? – Lesen wir gemeinsam die Verse 31 – 32: Habt ihr denn nicht gelesen von der Auferstehung der Toten, was euch gesagt ist von Gott, der da spricht (2. Mose 3,6): „Ich bin der Gott Abrahams und der Gott Isaaks und der Gott Jakobs“? Gott ist nicht ein Gott der Toten, sondern der Lebenden. Klugerweise half der Herr Jesus den Sadduzäern mit einem Wort aus Mose, weil sie ja nur dessen Bücher als das Wort Gottes anerkannt hatten. Gott hatte zu Mose diesen Satz gesagt: „Ich bin der Gott Abrahams und der Gott Isaaks und der Gott Jakobs“? Zu Moses Lebzeiten waren die Stammväter schon längst verstorben. Dass Gott aber zu Moses sagte: „Ich bin“ und nicht „Ich war“, zeigt, dass Abraham, Isaak und Jakob vor Gott noch lebten. Vor allem wäre es von Gott ein Armutszeugnis gewesen, sich Mose als einen Gott von Toten vorzustellen. Solch ein Gott ist schwach. Dies hätte Mose damals davor abgeschreckt, Glauben an Gottes Kraft bei seiner Berufung zu fassen. Vielmehr stellte er sich als einen Gott der Lebenden vor. Gott lebt und die, die er berufen hatte, lebten auch. Gott ist die Quelle des Lebens. Alle, die mit ihm in Verbindung treten, leben auch. Gott ist wie eine Sonne, die das Licht des Lebens ausstrahlt, sodass alle, die in ihrer Umgebung sind, leben. Während die Gedankenwelt der Sadduzäer von Zufall, Schicksal und Tod beherrscht war, war Jesu Gedankenwelt von einem Gott, in dem das Leben ist, bestimmt.
Unzählige Auseinandersetzungen muss es zwischen den Sadduzäern und den Pharisäern über die Frage der Auferstehung gegeben haben. Keine der Parteien konnte die andere von ihrer Ansicht überzeugen. Doch der Herr Jesus vernichtete mit einem Wort den Irrglauben der Sadduzäer, sodass auch sie vor ihm verstummten. Die Sadduzäer waren sprachlos und das Volk war entsetzt über Jesu vollmächtige Antwort.
Die Ansicht der Sadduzäer ist eine sehr moderne Ansicht. Die Jugendlichen werden in der Schule immer wieder mit der Ansicht konfrontiert: „Nach dem Tod ist alles vorbei. Es gibt kein Leben nach dem Tod.“ Denken wir mal darüber nach, was das heißt. Johannes, Priska, Gloria und David sie sind so hübsch. Sie befinden sich gerade in der Blütezeit ihres Lebens. Aber nach der Theorie der Evolutionisten soll ihre Verwesung das letzte Wort haben. Aber Jesus sagt: Nein, nein, sie werden sein wie die Engel, wenn sie denn an mich glauben. Denn wir haben einen Gott der Lebenden und nicht der Toten. Deswegen soll unsere Gedankenwelt von der Hoffnung der Auferstehung bestimmt sein, anstelle von Tod, Depression, Schicksal und Zufall und von Materialismus.
Teil III: Das höchste Gebot (V. 34 – 46)
Als die Pharisäer hörten, dass der Herr Jesus den Sadduzäern das Maul verstopft hatte, versammelten sie sich. Wie war wohl die Stimmung unter ihnen? Sicherlich kam Schadenfreude unter ihnen auf. Endlich hatte es jemand den Sadduzäern einmal gezeigt. Andererseits war derjenige, der es den Sadduzäern gezeigt hatte, Jesus, den sie hassten. Weder sie noch die Sadduzäer konnten etwas gegen den Herrn Jesus ausrichten. Er war ihnen einfach zu überlegen. Durch seine Weisheit bewies Jesus seine Vollmacht von oben. Was sollten sie nun tun? Die Ratlosigkeit der versammelten Pharisäer veranlasste einen von ihnen, der ein Schriftgelehrter war, erneut die theologische Auseinandersetzung mit dem Herrn Jesus aufzunehmen. So entgegnete er Jesus mit der wesentlichen Frage, welches das höchste Gebot im Gesetz sei. Die Juden hatten zahlreiche Gesetze und Satzungen. Ingesamt besaßen sie an die 600 Gebote. Welches von diesen sollte nun das aller wichtigste Gebot sein? Viele würden wohl antworten, dass das erste von den 10 Geboten: Du sollst keine anderen Götter haben neben mir. das wichtigste Gebot sei. Welche Antwort gab aber der Herr Jesus? Lesen wir gemeinsam Vers 37: Jesus aber antwortete ihm: „Du sollst den Herrn, deinen Gott, lieben von ganzem Herzen, von ganzer Seele und von ganzem Gemüt. Dies ist das höchste und größte Gebot“ Der Herr Jesus musste nicht überlegen, um die Frage des Schriftgelehrten zu beantworten. Weil Er mit aller Entschiedenheit für den Vater lebte, konnte er mit einer geistlichen Klarheit antworten. „Du sollst den Herrn, deinen Gott, lieben von ganzem Herzen, von ganzer Seele und von ganzem Gemüt. Der Herr Jesus sprach so zu sagen aus seinem Herzen heraus. Dann bekräftigte er seine Antwort mit aller Gewissheit und Nachdruck: Dies ist das höchste und größte Gebot“. Der Herr Jesus wusste ganz genau, worauf Gott Wert legt. Und er hatte recht. Gott war es äußerst wichtig gewesen, dass die Juden dieses Gebot zu Herzen nehmen. Die Israeliten sollten sich dieses Gebot hinter die Ohren schreiben, ja es sich regelrecht einhämmern, wie man es in 5. Mose nachlesen kann.
Der Schriftgelehrte mag sich vielleicht gedacht haben: „Ja, ich bin schon so einer, der Gott von ganzem Herzen liebt. Denn ich faste regelmäßig, ich gehe jeden Samstag in die Synagoge, ich gebe meinen Zehnten, halte den Sabbat usw.“ Doch hatte er Recht oder musste der Herr Jesus ihn korrigieren? Lesen wir gemeinsam Vers 39: Das andere aber ist dem gleich: „Du sollst deinen Nächsten lieben wie dich selbst“ (3. Mose 19,18). Dies ist schon eine große Aussage, die der Herr Jesus hier macht. Seinen Nächsten zu lieben wie sich selbst steht auf derselben Ebene mit der Liebe zu Gott. Dies war ein hartes Urteilswort für jeden Schriftgelehrten und Pharisäer, die ihren Fokus auf die äußere Einhaltung von Regeln Wert legten, aber den barmherzigen Umgang mit ihren Mitmenschen für nicht so wichtig hielten. Sie meinten, sie könnten mit Gott eine eindimensionale Beziehung führen; ihre Mitmenschen außer Acht lassen und gleichzeitig Gott doch lieben. Doch Jesus sagte ihnen „Das andere aber ist dem gleich…“ Wenn sie Gott wahrhaftig lieben wollten, dann sollten sie damit anfangen, ihre Nächsten zu lieben, und zwar so wie sich selbst.
Jeder von uns weiß allzugut, dass man sich unbegrenzt lieben kann. Mit der Forderung „seinen Nächsten zu lieben wie sich selbst“ brach der Herr Jesus alle Schranken der Nächstenliebe ab. Humanistische Liebe hält es für töricht, den Nächsten über das eigene Wohlergehen hinaus zu lieben. Doch christliche, heilige Liebe kennt keine Grenzen. Einmal sagte Er zu seinen Jüngern: Niemand hat größere Liebe als die, dass er sein Leben lässt für seine Freunde (15.13). Die Dimension der Nächstenliebe reicht bis ans eigene Leben. Der Herr Jesus gab hierfür das beste Beispiel, indem Er Sein Leben für die Menschen gab.
In welchem Verhältnis stehen aber die anderen vielen Gebote zu diesen beiden Geboten? – Betrachten wir Vers 40: In diesen beiden Geboten hängt das ganze Gesetz und die Propheten. Das Gesetz und die Propheten, also das gesamte AT, wird eben gerade dadurch erfüllt, wenn man diese beiden Gebote einhält. Denn der Geist der Gebote ist die Liebe. In ihnen geht es ja gerade darum, konkret Liebe zu Gott und zu den Menschen auszuüben. Gott ist ja die Liebe und weil die Gebote von ihm kommen, drehen sie sich um die Liebe.
Was können wir von Jesu Antwort lernen? Die Menschen führen verschiedene Lebensstile. Die einen sind beneidenswert, bei den anderen kann man nur den Kopf schütteln. Einer der armseligsten Lebenstile ist mit Sicherheit ein halbherziges Glaubensleben. Man entsagt sich zum einen den Freuden der Welt, ist aber zum anderen auch nicht bereit, sich auf Gott komplett einzulassen. Mit so einem Lebensstil lebt man sozusagen in einer Zwischenwelt, in der man weder geistliche noch weltliche Freude und Sinn hat. Ein solches Glaubensleben ist gekennzeichnet von ständiger innerer Zerissenheit und Unfrieden. Halbherzigkeit ist also nicht allein Sünde, sondern auch eine sehr ungeschickte und törichte Lebensweise; im Grunde genommen eine Verschwendung von Lebenszeit.
Lasst uns (einschließlich Prediger) nicht solche halbherzigen, laue Christen sein, sondern unsern Herrn Jesus von ganzem Herzen, von ganzer Seele, von ganzem Gemüt lieben. Wir wollen unseren Herrn mit einem ungeteilten Herzen dienen, mit einem Herzen, das keine Kompromisse im Gehorsam kennt, lieben. Gott will, dass wir unseren ganzen Willen und Kraft aufbereiten, um ihm zu dienen. Kurz gesagt: Lasst uns das Gott geben, was Gottes ist, nämlich unser komplettes Herz.
Doch bedeutet dies nicht, dass wir ein Leben in der Zweisamkeit mit Gott führen sollen. Ein entschiedenes Glaubensleben ist vielmehr davon gekennzeichnet, dass sich die eigenen Gedanken um das geistliche und physische Wohlergehen unserer Nächsten drehen, anstatt um die eigenen Probleme und Sorgen. Wir haben die Gnade der Sündenvergebung empfangen und sind errettet. Wir sind froh über unsere Errettung. Aber was ist mit denen, die den Herrn Jesus noch nicht kennen? Wenn wir unsere Nächsten wirklich lieben wie uns selbst, dann setzen wir unsere Zeit und Kraft für die Errettung unserer Mitmenschen ein, sodass auch sie wie wir an der Gnade teilhaben können. Die Verkündigung der Gnade Jesu ist sicherlich nicht die einzige Form der Nächstenliebe, aber doch eine sehr wichtige.
Kehren wir zum Text zurück. Die Pharisäer versammelten sich erneut, um vermutlich ihren nächsten Angriff gegen den Herrn Jesus zu planen. Doch nun kam der Herr Jesus ihnen zuvor und stellte ihnen eine wichtige Frage. -Vers 42: Was denkt ihr von dem Christus? Wessen Sohn ist er? Als die Pharisäer ihm antworteten, dass der Christus der Sohn Davids sei, verwies der Herr Jesus auf eine Stelle aus den Psalmen, in der David den Christus als seinen Herrn bezeichnet. Wenn nun David ihn Herr nennt, wie ist er dann sein Sohn? fragte der Herr Jesus sie dann schlussfolgernd. Er gab den Pharisäern eine Frage, die sie zum Überdenken ihres Christusbildes anregen sollte. Denn das Bild der Pharisäer vom Christus war keineswegs ausreichend. Christus ist zwar der Sohn Davids, doch darüber hinaus ist er der Sohn Gottes. Die Pharisäer hatten lediglich die Menschheit des Christus im Blick, doch der Herr Jesus wollte ihnen die Gottheit des Christus lehren. Der Verfasser kommentiert dieses Ereignis abschließend mit den Worten: Und niemand konnte ihm ein Wort antworten, auch wagte niemand von dem Tage an, ihn hinfort zu fragen (V.46).
In den letzten Wochen beschäftigten und belasteten mich verschiedene Dinge, sodass ich versucht war, eigenwillig zu handeln. Ich fing an, wie die Gegner mit Jesus theologische Debatten zu führen nach dem Motto: „Wenn ich dies oder jenes täte, dann wäre es doch aus Gottes Sicht viel besser als wie wenn ich weiter das so machen würde...“ Da ich mich gedanklich mit meiner Situation beschäftigte, war ich auch nicht mehr offen für die mir anvertrauten Menschen. Deren Probleme gingen mir auf den Keks.
Doch Jesu Wort: Du sollst den Herrn, deinen Gott, lieben von ganzem Herzen, von ganzer Seele und von ganzem Gemüt. bedeutet für mich zurzeit, in allen Dingen unter die Führung Gottes zu bleiben, anstelle eigensinnig zu handeln. Es bedeutet für mich, Jesus mit der Haltung zu begegnen: „Du hast Recht, auch wenn ich es zurzeit nicht verstehe“. Und das Gebot der Nächstenliebe bedeutet, meine Probleme Gott abzugeben, sodass ich wieder einen freien Kopf für die mir anvertrauten Menschen und auch einen freien Kopf für meine Aufgabe und Verantwortung für die Studenten in Heidelberg habe.
Was bedeutet für dich das Gebot der Liebe zum Vater und zu deinem Nächsten ganz persönlich und konkret?
Lesen wir zum Schluss noch einmal den Leitvers: Jesus aber antwortete ihm: Du sollst den Herrn, deinen Gott, lieben von ganzem Herzen, von ganzer Seele und von ganzem Gemüt.
Keine Antworten