Predigt: Matthäus 1,18-25 – Weihnachten 2021

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Gott rettet

„Siehe, eine Jungfrau wird schwanger sein und einen Sohn gebären, und sie werden ihm den Namen Immanuel geben, das heißt übersetzt: Gott mit uns.“

(Matthäusevangelium 1,23)

Der erste Verkündiger und Überbringer vom heutigen Text war ein Engel im Traum. Die meisten von uns sind mit der Weihnachtsgeschichte vertraut. Deshalb nur sehr kurz: Maria war schwanger ohne Zutun von irgendeinem Menschen. Die Tatsache, dass Maria als Jungfrau vom Heiligen Geist schwanger war, ist seit jeher Gegenstand von vielen unanständigen Witzen. Ich hatte einen bekennenden Atheisten als Zoologie-Professor, der sich mehrfach über die Jungfrauengeburt lustig gemacht hatte. Es gab aber eine Person, die das überhaupt nicht lustig fand. Und das war Josef. Historisch uninformierte Menschen denken immer wieder, dass die Leute damals viel leichtgläubiger waren als wir, weil wir ja so aufgeklärt, zivilisiert und technologisiert sind. Fakt ist, die Menschen damals wussten genauso wie wir, woher Babys kommen. Und sie wussten, was passieren musste, damit Babys entstehen.
Vers 19 sagt, dass Josef gerecht war; es bedeutet, dass er rechtschaffen war, mehr als nur anständig. Er wollte sie nicht bloßstellen, und er beschließt sich, sie zu verlassen. Sein Plan war, den Anschein zu erwecken, als ob er sich an ihr vergangen hätte; er sollte ihre vermeintliche Schuld auf sich nehmen.
Dann erscheint ihm der Engel im Traum und sagt ihm: „Josef, Sohn Davids, fürchte dich nicht, Maria als deine Frau zu dir zu nehmen; denn das Kind, das sie erwartet, ist vom Heiligen Geist.“ Der Engel erklärt weiter: „Sie wird einen Sohn gebären; ihm sollst du den Namen Jesus geben; denn er wird sein Volk von seinen Sünden erlösen.“ Der Name Jesus kann verschiedene verwandte Bedeutungen haben, wie z.B. „Der Herr ist die Rettung“, „der Herr ist die Hilfe“ oder „Gott rettet“. In Bezug auf die Rettung sagt uns der Text drei Dinge.
1. Wovon uns Jesus?
2. Wie rettet Jesus?
3. Wozu rettet Jesus?

1. Wovon uns Jesus?
Vers 21 sagt: „ihm sollst du den Namen Jesus geben; denn er wird sein Volk von seinen Sünden erlösen.“ Der Text sagt, dass Jesus sein Volk von seinen Sünden erlöst. Jesus rettet uns von unseren Sünden. Und ich weiß, dass das für viele Menschen ein schwieriges Konzept ist. Was ist Sünde überhaupt? Ich habe diesen Text mehrfach zur Advents- und zur Weihnachtszeit gepredigt und finde das Thema immer noch schwierig. Zum einen ist es so, dass viele Christen einschließlich meiner selbst ein limitiertes Verständnis von Sünde haben. Viele Christen denken, dass Sünde bedeutet, dass man die Regeln bricht. Oder schlimmer noch: Gott hat alles verboten, was Spaß macht; und Sünde ist, wenn man es trotzdem macht. Und das ist ziemlich daneben; es geht so ziemlich an allem vorbei, was die Bibel unter Sünde versteht. Zum anderen ist es natürlich so, dass Nicht-Christen das Wort Sünde kaum mehr verwenden. Und wenn man in unserer Gesellschaft eine Umfrage machen würde, was das Hauptproblem in dieser Welt ist, würde wohl niemand sagen, dass es die Sünde ist.
Wenn sich Gelegenheiten zu tieferen Gesprächen ergeben, dann stelle ich meinen nicht gläubigen Gesprächspartnern gerne die Frage: „Menschen: sind sie gut oder böse?“ Diese Frage klingt vielleicht etwas naiv und unschuldig, aber ist alles andere als das. Es ist die e2-e4 Eröffnung des Schachspiels: Der Königsbauer zieht zwei Schritte nach vorne. Danach kann sich das Gespräch wirklich in alle möglichen Richtungen entwickeln: gibt es überhaupt so etwas wie Gut und Böse aus einer moralischen Perspektive? Ist Gut und Böse objektiv und absolut? Wenn ja, wie ist das definiert?
Im Prinzip glauben die allermeisten Menschen daran, dass es so etwas wie Gut und Böse gibt. Nicht nur das, die meisten Menschen glauben, dass Gut und Böse nicht relativ sind, sondern absolut; und wenn sie sagen, dass sie nicht daran glauben, verhalten sie sich tagtäglich so, als ob es das gibt. Und die allermeisten Menschen sind damit einverstanden, dass wir in einer Welt leben, in der viele, wenn nicht die meisten Probleme etwas damit zu tun haben, dass Menschen nicht gut sind. Es ist einfach überall und unübersehbar, wenn wir Nachrichten lesen oder schauen. Erst gestern war im Spiegel ein Artikel über Bewohnerinnen aus Frauenhäusern in Italien: Frauen, die von ihnen nahestehenden Menschen brutal misshandelt wurden.
Viele schlaue Menschen haben sich über die Natur des Menschen Gedanken gemacht. Immanuel Kant sagte z.B., dass der Mensch radikal böse ist. Das Wort „radikal“ stammt aus dem Lateinischen radix, Wurzel. Und damit meinte er, dass der Mensch von Natur aus, die Anlage und Neigung dazu hat, das Falsche zu tun, gegen das moralische Gesetz zu handeln. Der Mensch ist bereits in seiner Wurzel verdorben und korrupt. Böse ist untrennbar mit uns verbunden. Ich hatte eine Kollegin, die fest davon überzeugt ist, dass Menschen gut sind. Sie meinte zu mir: „Alle Menschen sind gut. Außer der Maximilian [Hinweis: Name geändert]. Der ist böse.“
Einer der intellektuell anspruchsvollsten Filme, die ich letztens gesehen hatte, unterstreicht diesen Punkt, dass der Mensch in sich eine Neigung zum Bösen hat. In dem Film Wonder Woman versucht die Heldin Ares, den Gott des Krieges, zu töten. Sie denkt sich, dass wenn der Kriegsgott tot ist, der Krieg vorbei ist, und die Menschen aufhören können, sich zu bekämpfen. Auf dem dramatischen Höhepunkt des Films schafft sie es, den Schurken zu erledigen (der sich später aber nicht als Ares herausstellt). Nachdem er tot ist, kann sie aber ihren Augen nicht trauen: Die Soldaten sind immer noch dabei, Giftgas auf einen Flieger zu laden. Der Krieg geht ungehindert weiter. Sie fragt sich, warum der Krieg weitergeht: „Aber Ares ist tot. Sie können jetzt aufhören zu kämpfen. Warum kämpfen sie immer noch?“ Ihr Freund Steve antwortet: „Vielleicht …, vielleicht sind die Menschen nicht immer gut. Ares hin oder her. Vielleicht ist es einfach ein Teil ihrer Natur.“ Diana: „Meine Mutter hatte recht: Die Menschen haben dich nicht verdient.“ Steve sagt: „Sie verdienen es nicht, dass wir ihnen helfen. Vielleicht tun wir es nicht. … Denkst du nicht, dass ich wünschte, dass ich dir diesen einen nennen kann, der an allem schuld ist? So ist es nicht! Wir sind alle schuld.“ Wonder Woman sagt dann: „Ich nicht.“ Steve: „Aber ich bin es vielleicht.“ In diesen wenigen Sätzen hat Steve die ganze Misere der Menschheit ziemlich gut beschrieben. Wir Menschen sind nicht immer gut. Es ist Teil unserer Natur. Wir verdienen es nicht, gerettet zu werden. Wir sind alle schuld.
Jahrhunderte nach Immanuel Kant kam Hannah Arendt, eine Studentin und Geliebte von dem Philosophen Martin Heidegger. Hanna Arendt hatte sich ebenfalls viele Gedanken über die Bosheit des Menschen gemacht, vor allem anhand eines konkreten Verbrechens gegen die Menschheit, dem Holocaust. Arendt war eine Reporterin für den New Yorker und schrieb eine Reihe von Essays über den Prozess gegen den SS-Anführer Adolf Eichmann. Eichmann war einer der Hauptorganisatoren von der Verfolgung und Deportation der Juden und daher mitverantwortlich am Mord von Millionen von Juden. Frage: ist Eichmann ein böser Mensch? Ja, natürlich ist er das. Aber gleichzeitig war die enttäuschende Feststellung, dass er auch einfach nur ein Mensch war. Er war kein Monster, kein Finsterling wie der Joker oder Lord Voldemort oder Es oder Thanos. Er war auch nicht groß. Manche hatten sogar gemutmaßt, ob sie vielleicht den falschen Mann festgenommen hatten. Arendt beschreibt ihn als Hanswurst, gedankenlos, realitätsfern, ohne Fantasie, dem man beim besten Willen keine teuflisch-dämonische Tiefe abgewinnen kann. Mit anderen Worten, Eichmann ist so wie jeder andere beliebige Mensch. Er ist jemand wie du und ich, so anstößig das auch klingen mag.
In ihrem Buch über den Eichmann-Prozess hat Hanna Arendt den Begriff „Banalität des Bösen“ geprägt. Am Ende des Prozesses folgerte sie: „In diesen letzten Minuten war es, als zöge Eichmann selbst das Fazit der langen Lektion in Sachen menschlicher Verruchtheit, der wir beigewohnt hatten – das Fazit von der furchtbaren Banalität des Bösen, vor der das Wort versagt und an der das Denken scheitert.“ Man muss jetzt dazu sagen, dass Arendt für ihr Buch und für diesen Ausdruck massiv kritisiert wurde. Gleichzeitig muss man sagen, dass sie da vermutlich auch missverstanden wurde.
Frage ist dann doch nach wie vor: wenn das Böse so harmlos und so banal daherkommt, wie kann man dann erklären, dass dieses Böse sich in solch einem Hass und Zerstörung und Verbrechen äußert. Wie kann man diese beiden Elemente vereinen? Vicco von Bülow, bekannter unter dem Namen Loriot, hat den Ring der Nibelungen sehr witzig, ironisch und liebevoll zusammengefasst. Für diejenigen, die den Ring nicht kennen: es sind insgesamt vier Opern von Richard Wagner, die, wenn man sie ohne Pause aufführen würde, fast 16 Stunden dauern würden. Loriot beginnt seine Erzählung mit den Worten: „Die Täter im gewaltigsten Drama der Musikgeschichte sind eigentlich ganz nette Leute. Nur eine gemeinsame Leidenschaft wird ihnen zum Verhängnis. Sie wollen mehr besitzen, als sie sich leisten können, mehr Macht, als ihnen zusteht. In blindem, lieblosem Gewinnstreben vernichten sie sich selbst und ihre Welt. Zum Glück gibt es dergleichen ja nur auf der Opernbühne.“ Loriot sagt nicht, dass deren Problem ist, dass sie Geld und Macht wollten. Ihr Problem war, dass sie mehr haben wollten, als sie sich leisten können und mehr Macht haben wollten, als ihnen zusteht.
Die Bibel sagt, dass die Essenz der Sünde folgende zwei Elemente sind: Wir haben uns auf den Thron gesetzt, der Gott zu steht; wir wollen selbstbestimmt und autonom sein; wir wollen unsere eigenen Herren und Meister sein. Das andere Element ist, dass wir uns anderen Dingen zuwenden und mehr wollen als Gott selbst. Wir Menschen haben Gott mit etwas ersetzt haben, was nicht Gott ist. In seinem Buch „Counterfeit gods“ schreibt Tim Keller: „Was ist ein Ersatzgott? Es ist alles, was dir wichtiger ist als Gott, alles, was dein Herz und deine Vorstellungskraft mehr in Anspruch nimmt als Gott, alles, dem du dich zuwendest, um das zu bekommen, was nur Gott dir geben kann. Ein Ersatzgott ist etwas, das so zentral und wesentlich für dein Leben ist, dass du dein Leben kaum noch als lebenswert empfindest, wenn du es verlierst.“
Habt ihr Momente erlebt, wo ihr dachtet: „ich kenne diese Person schon seit so vielen Jahren. Ich hätte mir niemals vorstellen können, dass sie so etwas tut?“ Weißt du was? Wir alle sind diese Person. Du bist diese Person. In einem jeden von uns schlummert das Potential zu viel Gutem und zu abscheulichem Bösen. Was ist in deinem Herzen? Jeder von uns hat die Neigung, sein eigener König sein zu wollen. Jeder von uns hat Ersatzgötter im Leben. Jeder von uns gibt Personen oder Dingen einen absoluten Stellenwert, der nur Gott allein gehören sollte. Es kann alles und jeder sein: Karriere, Geld, Ehre, Anerkennung, Familie, Partnerschaft. Unser Hunger nach Geltung, Glück und Gewinn führt dazu, dass wir egoistisch und rücksichtslos handeln, dass wir unmoralische Dinge tun, lügen und betrügen, andere ausnutzen und ausbeuten, fremdgehen und letztendlich uns selbst zugrunde richten. Immanuel Kant und Wonder Woman haben recht: Das Böse ist in uns; Hannah Arendt und Loriot haben recht: das Böse kommt banal daher und hat trotzdem die Macht, uns und die ganze Welt zu zerstören. Und so lange du dich nicht retten lässt, wird dein Suchen und Trachten nach dem, was nicht Gott ist, dich auffressen und deine Umgebung. Das ist es, was wir tagtäglich in den Nachrichten sehen.
Und das ist die Sünde, von der Jesus uns rettet.

2. Wie rettet Jesus?
In Vers 23 zitiert der Engel das AT: „Siehe: Die Jungfrau wird empfangen / und einen Sohn gebären / und sie werden ihm den Namen Immanuel geben, / das heißt übersetzt: Gott mit uns.“ Hier ist der erste Teil der Antwort. Jesus ist die Inkarnation Gottes. Er ist Gott, der kommt, um mit uns Menschen zu sein. Den anderen Teil der Antwort finden wir etwas versteckt und doch ist es am Ende offensichtlich. Ich weiß nicht, ob es euch aufgefallen ist. Aber Engel hat eine interessante Art und Weise Josef anzusprechen. Er sagt: „Josef, Sohn Davids …“ Und natürlich war David nicht sein Vater. Im Stammbaum lesen wir, dass Jakob der Vater von Josef war. Warum redet der Engel Josef auf diese Weise an? Und im Kontext des ganzen Evangeliums wird es deutlich: Jesus kommt als König. Ein König braucht natürlich einen Stammbaum. Also fängt Matthäus mit dem Stammbaum Jesu an und zeigt, dass er Nachkomme Davids ist. Und dann geht es Schlag auf Schlag. Schon im zweiten Kapitel fragen die Weisen aus dem Morgenland: „Wo ist der neugeborene König der Juden?“ Immer und immer wieder wird im Evangelium verkündigt, dass Jesus der rechtmäßige König der Juden ist; und nicht nur das, der König der ganzen Welt und der König des Universums.
Das ist ja alles schön und gut. Und gleichzeitig zeigt Matthäus, dass Jesus ein König wie kein anderer ist. Die meisten Könige waren machtgierige Tyrannen. Aber Jesus regiert mit Liebe. Matthäus sagt über Jesus, dass er nicht streitet und nicht schreit. Er zerbricht das geknickte Rohr nicht. Den glimmenden Docht löscht er nicht aus. Jesus sagt über sich selbst: „Kommt alle zu mir, die ihr mühselig und beladen seid! Ich will euch erquicken. Nehmt mein Joch auf euch und lernt von mir; denn ich bin gütig und von Herzen demütig; und ihr werdet Ruhe finden für eure Seele.“ Nicht nur das, er ist der König, der sich nicht bedienen lässt, sondern selbst die Schürze umbindet, um uns zu dienen. Nicht nur das, Jesus sagt, dass es die Bestimmung des Königs der Juden ist, für sein Volk zu sterben. Jesus ist der König, der für uns gestorben ist. Er steht nicht über unseren Leiden und Schmerzen. Er leidet mit uns. Und er ist der König, der den Tod überwunden hat.
Die Essenz der Sünde ist, dass wir uns anmaßen, dass wir unsere eigenen Herren sind. Die Essenz der Rettung ist, dass der König zu uns kommt, um uns zu dienen. Wir haben Privilegien in Anspruch genommen, die uns nicht zustehen; Jesus gibt die Privilegien, die ihm zustehen, auf. Unser ganzes Sein ist ein Suchen nach dem wahren Leben; Jesus, der das wahre Leben hat und der selbst das wahre Leben ist, gibt es auf, damit wir leben können.
Das ist die Art und Weise, wie Jesus uns rettet.

3. Wozu rettet Jesus?
Wenn wir noch einmal den Vers 23 betrachten: „Siehe: Die Jungfrau wird empfangen / und einen Sohn gebären / und sie werden ihm den Namen Immanuel geben, / das heißt übersetzt: Gott mit uns.“ Wir haben gesagt, dass die Art und Weise, wie Gott uns rettet, darin besteht, dass er in diese Welt kommt, um mit uns zu sein. Und zum Schluss möchte ich argumentieren, dass das nicht nur der Weg ist, wie Gott uns erlöst; es ist auch das Ziel, zu dem er uns erlöst: Gott rettet uns, weil er mit uns sein will. Gott rettet uns, damit wir für immer mit ihm vereint sein können. Und gerade an dieser Tatsache können wir erkennen, ob wir Gottes Rettung wirklich verstanden haben oder nicht.
Eliot, unser zweieinhalb Jahre altes Kind, ist meistens ein ganz lieber und netter Junge. Aber wenn es ans Zähneputzen geht, treibt er uns manchmal in den Wahnsinn. Eliot und ich haben eine Abmachung: wenn er mich ohne Theater seine Zähne putzen lässt, dann darf er eine kurze Folge Pororo schauen (eine koreanische animierte Serie, die für Erwachsene fast genauso unterhaltsam ist wie für Kinder). Gestern hat er sich nicht an die Abmachung gehalten. Und ich habe ihm deshalb gesagt, dass es keine Serie zum Schauen gibt. Daraufhin hat er angefangen zu weinen. Ich habe ihm dann gesagt, dass er sich entschuldigen soll. Es ist nicht ganz einfach, einem Kind in diesem Alter dieses Konzept zu erklären.
Hier ist eine Illustration von John Piper, die ich extrem hilfreich finde. Stellen wir uns vor, ein Ehepartner baut Mist (meistens sind es die Ehemänner): Ehemann versündigt sich an Ehefrau. Und jetzt denkt sich der Ehemann: Ich werde mich bei meiner Frau entschuldigen und versuchen mich mit ihr zu versöhnen. Natürlich ist das eine gute Sache. Frage ist: warum? Warum sollte er sich entschuldigen? Und was sollte die Motivation sein, die ihn dazu antreibt? Sollte er sich bei ihr entschuldigen, damit seine Frau ihm morgens wieder Omelett macht? Oder damit er nachts nicht mehr im Wohnzimmer auf dem Sofa schlafen muss? Oder damit er vor seinen Kindern nicht mehr wie ein Trottel aussieht? Sollte er sich versöhnen, damit die Beziehung wiederhergestellt werden kann, weil diese Beziehung an sich einen unermesslichen Wert hat; weil er die Gemeinschaft mit seiner Ehefrau liebt, weil er seine Ehefrau liebt? Was diese Illustration sehr eindrücklich zeigt, ist, dass es gute und noble Motive gibt, sich mit jemanden zu versöhnen; und es gibt auch völlig selbstsüchtige und selbstzentrierte Motive, es zu tun.
Die gute Nachricht von Weihnachten ist, dass Gott in Jesus Christus als König in diese Welt gekommen ist: nicht als Oberherr oder Oberlehrmeister, schon gar nicht als Diktator oder Despot, auch nicht als Aufräumer oder Aktivist. König Jesus kommt zu uns als Vater, um uns zu adoptieren; als Freund in unserer Einsamkeit, als Bruder, der uns versteht. Jesus ist gekommen, um das Verlorene zu suchen und zu finden; um das Kranke zu heilen und wieder ganz zu machen; um die Toten zu erwecken, als ob sie nur schlafen; um mit uns zu sein, inmitten unserer Leiden und in unserem Chaos.
In Jesus Christus macht Gott uns das einzigartige Angebot, dass wir im Hier und Jetzt bereits anfangen können, mit ihm und unter seiner Herrschaft zu leben. Auf eine vorher nie dagewesene Art und Weise ist Gott uns nah. Jesus ist Immanuel, Gott mit uns. Die Frage ist, ob wir das wollen. Die Frage ist, ob wir in der Gemeinschaft mit Gott einen Wert sehen. Nicht deshalb, weil Gott uns segnet, obwohl er das tut; nicht deshalb, um geheilt zu werden, obwohl er uns versprochen hat, dass er es tun wird; nicht deshalb, um nicht in die Hölle zu kommen. Jemand hatte mal gemeint: Ich wäre lieber mit Gott in der Hölle als ohne Gott im Himmel. Da ist etwas Wahres dran. Und doch macht das nur teilweise Sinn. Der Himmel ist der Himmel, weil Gott dort ist. Erst durch Gottes Gegenwart und seine ungehinderte Gemeinschaft mit uns wird der Himmel zum Himmel. Frage ist, ob wir Gott wollen, um seiner selbst willen; weil er es wert ist; weil er würdig ist; weil wir ihn lieben und weil wir ihn haben wollen mehr als das, was er gibt.

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