Predigt: Matthäus 4,12-17

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Das  Himmelreich  ist  nahe  herbeigekommen!

„Seit der Zeit fing Jesus an zu predigen:
Tut Buße, denn das Himmelreich ist nahe herbeigekommen!“
(Mt 4,17)

Wir feiern heute den ersten Gottesdienst im neuen Jahr 2010. Wie sollen wir im neuen Jahr leben, damit wir Gott erfreuen und auch seinen Segen erfahren können? Die meisten von uns haben sich darüber schon Gedanken gemacht und ein Bibelwort gesucht, das sie im neuen Jahr leiten soll. Was kann für uns alle eine grundlegende Orientierung für das neue Jahr sein? Wir hören heute die erste Predigt Jesu, die zugleich seine grundlegende Botschaft enthält. Jesus fing an zu predigen: „Tut Buße, denn das Himmelreich ist nahe herbeigekommen!“ Was bedeutet es, dass das Himmelreich herbeigekommen ist? Und wie sollen wir heute darauf reagieren, damit sich das Himmelreich im neuen Jahr in unserem Leben entfalten kann und wir auch viele andere Menschen in unserer Umgebung dazu einladen können? Lasst uns auf Jesu erste Predigt hören und ihren Sinn gut verstehen und beherzigen! Möge Gott jeden persönlich ansprechen!

Teil 1: Das Volk, das in Finsternis saß, hat ein großes Licht gesehen (12-16)

Welche Umstände herrschten in der Zeit, in der Jesus mit dem Werk des Evangeliums begann? Betrachten wir Vers 12: „Als nun Jesus hörte, dass Johannes gefangen gesetzt worden war, zog er sich nach Galiläa zurück.“ Jesus begann öffentlich zu wirken, als er hörte, dass Johannes der Täufer gefangen gesetzt wurde. Das ist nicht nur eine Zeitangabe, sondern beschreibt auch, in was für einer Zeit Jesus zu wirken begann. Johannes war der Vorbote Jesu und nach Jesu Urteil der größte Mensch, der bis dahin jemals gelebt hatte. Aber als er dem König Herodes offen sagte, dass es nicht recht war, dass er die Frau seines Bruders genommen hatte, ließ der ihn kurzerhand ins Gefängnis werfen. Es war eine Zeit, in der Unmoral, Willkür und Gewalt herrschten.

Wohin ging Jesus daraufhin? Vers 13 sagt: „Und er verließ Nazareth, kam und wohnte in Kapernaum, das am See liegt im Gebiet von Sebulon und Naftali.“ Jesus begann sein messianisches Werk nicht in der Welthauptstadt Rom, sondern in der entlegenen Kolonie Judäa. Und auch dort begann er nicht in der Hauptstadt Jerusalem zu predigen, wo es den Tempel gab und wo die Elite des Landes wohnte, sondern in einer Kleinstadt in einer Provinz im Norden des Landes, die traditionell gering geachtet wurde. Dieses Gebiet wurde als das Galiläa der Heiden bezeichnet, weil dort in der Geschichte auch Menschen aus heidnischen Völkern angesiedelt worden waren. Gerade dorthin ging Jesus, um zu predigen.

Und unser Text macht uns klar, dass das keineswegs ein Zufall war, sondern dass dadurch vielmehr Gottes Verheißung erfüllt wurde. Die Verse 14-16 sagen: »damit erfüllt würde, was gesagt ist durch den Propheten Jesaja, der da spricht: Das Land Sebulon und das Land Naftali, das Land am Meer, das Land jenseits des Jordans, das heidnische Galiläa, das Volk, das in Finsternis saß, hat ein großes Licht gesehen; und denen, die saßen am Ort und im Schatten des Todes, ist ein Licht aufgegangen.«“ Dieses Zitat aus dem Propheten Jesaja (Jes 8,23; 9,1) beschreibt die geistliche Lage der Menschen in Galiläa damals. Sie waren nicht nur von der Geschichte her benachteiligte Menschen. Sie litten bis zu der Zeit Jesu unter der geistlichen Finsternis und der Macht des Todes, der ihr ganzes Leben überschattete. Auch heute leben die meisten Menschen in geistlicher Finsternis. Da sie trotz vieler Kenntnisse Gott nicht persönlich kennen, leiden sie unter dem Gefühl der Sinnlosigkeit und unter der Macht des Todes, der ihr ganzes Leben überschattet und sie mit verschiedensten Ängsten und Sorgen quält. Viele versuchen, sich davon zu befreien, indem sie sich bemühen, positiv zu denken, sich auf ihre Arbeit zu konzentrieren oder das Leben zu genießen, oder indem sie die Hilfe von Psychologen suchen. Aber kein Mensch kann sich selbst oder andere aus der geistlichen Finsternis befreien. Die Finsternis hört erst dann und nur dann auf, wenn das Licht erscheint.

Und das Licht ist erschienen! Jesus kam nach Galiläa als das große Licht, das die Finsternis vertreibt. Jesus ist das wahre Licht, das überall, wo man es leuchten lässt, die Herzen der Menschen hell macht. Über dieses Licht sagte bereits Zacharias vor der Geburt Jesu prophetisch: „damit es erscheine denen, die sitzen in Finsternis und Schatten des Todes und richte unsere Füße auf den Weg des Friedens“ (Lk 1,79). Der Apostel Johannes, der über drei Jahre lang mit Jesus zusammen war, sagte von ihm: „In ihm war das Leben und das Leben war das Licht der Menschen“ (Joh 1,4). Jesus sagte über sich selbst: „Ich bin das Licht der Welt. Wer mir nachfolgt, der wird nicht wandeln in der Finsternis, sondern wird das Licht des Lebens haben“ (Joh 8,12). Jesus ist als das wahre Licht in diese Welt gekommen. In ihm ist das wahre Leben, und dieses Leben schenkt uns wie ein helles Licht Orientierung und Hoffnung, die über den Tod weit hinausgeht. Jesus ist das Licht, das alle Menschen erleuchtet, die in diese Welt kommen. Jesus erleuchtet auch jeden von uns und schenkt uns Erkenntnis, Orientierung, Freude und Lebenskraft, wenn wir uns ihm gegenüber öffnen und sein Licht einlassen. Konkret kommt Jesu Licht in unser Herz, wenn wir sein Wort hören und seine Botschaft in unser Herz einlassen. Was ist dann Jesu grundlegende Botschaft? Lasst uns im zweiten Teil Jesu erste und grundlegende Botschaft hören und beherzigen!

Teil 2: Das Himmelreich ist nahe herbeigekommen (17)

Was war der Inhalt von Jesu erster Predigt? Lesen wir nochmals gemeinsam den Vers 17: „Seit der Zeit fing Jesus an zu predigen: Tut Buße, denn das Himmelreich ist nahe herbeigekommen!“ Jesus verkündigte, dass das Himmelreich herbeigekommen ist. Was bedeutet das? Im Allgemeinen ist ein Reich die Herrschaft eines Königs oder Präsidenten über ein Volk in einem bestimmten Gebiet. Das Himmelreich ist Gottes Reich, also die Herrschaft Gottes, die nicht auf ein bestimmtes Gebiet beschränkt ist, sondern sich überall dort entfaltet, wo Menschen seine Herrschaft annehmen und sich von ihm regieren lassen. Seit dem Sündenfall widerstreben die Menschen der Herrschaft Gottes und wollen ihr Leben und all ihr Tun selbst bestimmen. Dabei leiden sie unter den sündhaften Bestrebungen in ihnen selbst und den anderen Menschen, die ihnen das Leben schwer machen, und unter der Sinnlosigkeit ihres Lebens ohne Gott. Aber Jesus ist gekommen und verkündigt, dass das Himmelreich herbeigekommen ist. Das Himmelreich ist jetzt da und ist für alle Menschen zugänglich, sodass nun jeder Mensch unter Gottes guter Herrschaft leben kann.

Woran können wir klar erkennen, dass das Himmelreich tatsächlich gekommen ist? Die Stelle in Kap. 4,23.24 berichtet: „Und Jesus zog umher in ganz Galiläa, lehrte in ihren Synagogen und predigte das Evangelium von dem Reich und heilte alle Krankheiten und alle Gebrechen im Volk. Und die Kunde von ihm erscholl durch ganz Syrien. Und sie brachten zu ihm alle Kranken, mit mancherlei Leiden und Plagen behaftet, Besessene, Mondsüchtige und Gelähmte; und er machte sie gesund.“ Hier sehen  wir, wie sich das Reich Gottes über all dort mit Dynamik und Kraft entfaltet, wo Jesus hinkam und wirkte. Als Jesus predigte, befreite das Reich Gottes die Menschen mit großer Macht von ihrer geistlichen Unwissenheit, von allen möglichen Sünden und auch von ihrer körperlichen Krankheit und Besessenheit. Als einmal die Jünger von Johannes dem Täufer zu ihm kamen und wissen wollten, ob er der verheißene Christus sei oder nicht, wies er sie schlicht auf die Tatsache hin, wie sich das Reich Gottes durch ihn mächtig ausbreitete. Die Stelle in Lukas 7,21-23 sagt: „Zu der Stunde machte Jesus viele gesund von Krankheiten und Plagen und bösen Geistern, und vielen Blinden schenkte er das Augenlicht. Und Jesus antwortete und sprach zu ihnen: Geht und verkündet Johannes, was ihr gesehen und gehört habt: Blinde sehen, Lahme gehen, Aussätzige werden rein, Taube hören, Tote stehen auf, Armen wird das Evangelium gepredigt; und selig ist, wer sich nicht ärgert an mir.“ Das Kommen des Reiches Gottes zeigt sich an der Macht, mit der die Menschen von all ihren Krankheiten und geistlichen Bindungen befreit und befähigt werden zu einem neuen Leben unter Gottes Herrschaft in seiner Wahrheit und seinem Frieden.

Ein Mann, der von Geburt an blind war, konnte nichts anderes tun als täglich in der Dunkelheit dazusitzen und die vorübergehenden Menschen um Almosen zu bitten. Doch als Jesus ihn sah, heilte er ihn von seiner Blindheit, sodass er er die physische und die geistliche Realität klar sehen konnte und ein mutiger Zeuge des Reiches Gottes wurde (Joh 9,1-38). Ein anderer, körperlich gesunder Mann hatte es zu seinem ersten Anliegen gemacht, reich zu werden, und war in Geldgier und in Verachtung am Rand der Gesellschaft geraten. Aber als Jesus ihn sah und ihn aufforderte: „Folge mir!“, gehorchte er und machte so einen praktischen Schritt hin zum Reich Gottes. Gottes Herrschaft veränderte ihn von einem egoistischen Zöllner zum Apostel Matthäus, der sogar dieses Evangelium schreiben konnte (Mt 9,9-13). Eine Frau, die in ihrem Leben ihre Hoffnung auf die Liebe eines idealen Partners gesetzt hatte, war von vielen enttäuscht und verletzt worden und hatte sich verbittert von den Menschen zurückgezogen. Aber als Jesus ihr die Gabe Gottes bzw. das Himmelreich anbot und sie sich dafür öffnete, wurde sie von all ihren Verletzungen geheilt und zu einer aktiven, fröhlichen Zeugin Jesu verändert (Joh 4,1-26).

Wo immer Menschen Gottes Reich in ihr Leben einlassen, wirkt Gottes Reich in ihnen mächtig und befreit sie von ihren alten Bindungen und Krankheiten, sodass sie ein neues Leben in einer rechten Beziehung zu Gott anfangen können, in dem sie wahren Lebenssinn und Frieden und Freude von oben genießen können. Dass das Himmelreich herbeigekommen ist, beschreibt das wichtigste Ereignis in der ganzen Geschichte. Dass das Himmelreich herbeigekommen ist, ist die größte und wichtigste Botschaft, die Menschen jemals verkündigt worden ist und die ihnen jemals verkündigt werden wird. Dass das Himmelreich herbeigekommen ist, bedeutet, dass keiner mehr unter der Herrschaft der Sünde und der Macht des Todes leben und sterben muss, sondern dass jeder davon befreit werden und ein neues Leben unter Gottes Herrschaft führen und ewig leben kann. Dass das Reich Gottes herbeigekommen ist, ist ein Grund zu großer Freude und lautem Jubel.

Seit 2000 Jahren haben unzählige Menschen die Veränderungsmacht und die Freude des neuen Lebens unter Gottes Herrschaft erfahren und haben ihr Leben ganz auf das Reich Gottes ausgerichtet. Viele haben auch ihr Leben für Gottes Reich eingesetzt und sind voll Frieden und Zuversicht als Märtyrer gestorben, weil sie sich der Realität des Himmelreichs so bewusst waren. Hier könnte nun jemand fragen, warum sich dann das Reich Gottes in den Menschen so unterschiedlich auswirkt. Das ist eine gute Frage! Warum wirkt das Reich Gottes in manchen Menschen so mächtig, sodass sie täglich vom Heiligen Geist erfüllt werden und voller Freude und Kraft leben können, und in anderen wirkt das Reich Gottes anscheinend nur wenig, sodass sie noch in Selbstverdammnis oder Selbstgerechtigkeit, in Sorgen und Ängsten oder an weltliche Wünschen gebunden leben? Der Grund dafür besteht darin, dass die Menschen das Reich Gottes in unterschiedlichem Maße in Anspruch nehmen. Es ist vergleichbar mit der Elektrizität, die als unsichtbare Kraft inzwischen in jedem Haushalt vorhanden ist. Wir brauchen sie nur anzuwenden, indem wir etwa auf den Lichtschalter drücken, damit es hell wird, oder indem wir den Stecker des Elektroherds oder der Waschmaschine in die Steckdose stecken und die Einschalttaste betätigen, damit sie arbeiten. Aber im übertragenen Sinne nehmen viele diese Realität nicht richtig wahr bzw. sie vertrauen nicht auf ihre Kraft. Darum sitzen sie bildlich gesprochen abends in schummrigem Kerzenlicht, essen kaltes Essen und waschen ihre schmutzige Wäsche mühsam von Hand, ohne sie richtig sauber zu bekommen. Sie leben so, weil sie nicht wirklich begreifen, dass es in ihrem Haus Strom gibt. Ein anderer, etwas aktuellerer Vergleich ist die Anwendung des Internets. Es ist zwar unsichtbar, aber real vorhanden und kann über den Telefonanschluss auch in jedem Haus leicht in Anspruch genommen werden. Aber wie es die Menschen anwenden, ist sehr unterschiedlich. Manche Leute wenden das Internet überhaupt nicht an und leben so, als ob es es gar nicht gäbe. Andere wenden das Internet bloß dafür an, um ab und zu E-mails zu schreiben oder um in Wikipedia die Bedeutung mancher Fremdwörter nachzulesen. Wieder andere nutzen die umfangreichen Möglichkeiten des Internets in großem Maße, indem sie darüber ihre Fahrkarten und Flugtickets buchen, ihre Bankgeschäfte abwickeln, Testberichte über Produkte lesen, ihre Einkäufe tätigen und sich außerdem für ihre Freizeit Musik und Filme herunterladen. Das Internet ist für alle in gleichem Maße da; aber es kommt einem Menschen nur in dem Maße zu gute, in dem er oder sie es anwendet. Ebenso wirkt das Reich Gottes in dem Maße in unserem Leben, in dem wir es einlassen und unser Denken und Leben davon bestimmen lassen. Jesus sagt: „Tut Buße, denn das Himmelreich ist nahe herbeigekommen!“ Wir sollen nicht länger in unseren alten dunklen, ungläubigen Gedanken oder in unseren alten Gewohnheiten bleiben. Wir sollen die Realität wahrnehmen, dass das Reich Gottes herbeigekommen ist, und sollen unser ganzes Denken und Leben danach ausrichten, damit es seine Dynamik und Kraft in uns entfalten und unser Leben bestimmen kann.

Da das Reich Gottes real vorhanden ist und mit seiner Dynamik und Macht jeden verändern kann, sollte es unser größtes Bestreben und wichtigstes Gebetsanliegen sein, dass das Reich Gottes in unserem Leben komme. Jesus hat uns auch im Vaterunser gelehrt, dass wir vor allem dafür beten sollen, dass Gottes Name geheiligt werde und dass sein Reich komme. Gottes Reich soll in unserem alltäglichen Leben Realität werden. Es soll in alle Bereiche unsers Lebens kommen, die wir bisher selbst bestimmt haben, und sich darin entfalten. Doch damit unser ganzes Leben von Gott regiert wird, müssen wir zunächst wissen, was überhaupt unser eigener Einflussbereich ist. Was ist „mein Reich“? Einfach gesagt bedeutet mein Reich alles, was ich beeinflussen und kontrollieren kann. Dazu gehören die 24 Stunden Zeit, die ich täglich zur Verfügung habe. Dazu gehören auch mein materieller Besitz und meine Kraft und Fähigkeiten, über die ich bewusst oder unbewusst täglich bestimme, wofür ich sie einsetze. Dazu gehört auch der Bereich meines Einflusses, die Familie, die Wohngemeinschaft, die Mitarbeiter und Geschwister in der Gemeinde, die Mitschüler in der Schule, die Kommilitonen an der Uni oder Kollegen am Arbeitsplatz. All das und noch vieles mehr gehört zu dem Bereich, über den jeder von uns bestimmen und den er gestalten kann. Manch einer mag an dieser Stelle vielleicht denken, es sei sowieso größtenteils vorgegeben, wofür er seine Zeit und Kraft einsetzt. Aber wer so denkt, übersieht, wie groß der Bereich ist, über den er selbst bestimmen und gestalten kann. Wir bestimmen selbst, wann wir morgens aufstehen, wie lange und wie wir Gemeinschaft mit Gott haben, wann wir zur Schule, Uni oder Firma fahren, mit welchem Einsatz wir dort arbeiten, ob wir überhaupt dort studieren oder arbeiten. Denn es untersteht unserer Souveränität und obliegt uns, es auch zu ändern. Wir sollen jeder wahrnehmen, wie groß der Bereich ist, über den wir selbst bestimmen können. Denn genau dort will Jesus hinein kommen und sein Reich aufrichten. Jesus will, dass wir ihn in allen Bereichen unseres Lebens regieren lassen. Jesus will, dass Gottes Reich in unserem ganzen Leben komme und wir all unser Denken, Streben und Tun von ihm bestimmen lassen.

Wir sollten daher unser Glaubensleben nicht aus Gewohnheit oder Pflichtgefühl führen, sondern uns jeden Tag neu bewusst unter Gottes Herrschaft stellen und unter seiner Leitung nach seinem Wort leben. Auf diese Weise sollen wir täglich neu leben und erleben, dass das Himmelreich herbeigekommen ist, anstatt routinemäßig zu leben.

Aber es ist tatsächlich nicht ganz einfach, Gottes Reich in unser Leben einzulassen und alle Bereiche des Lebens von ihm regieren zu lassen. Manchmal geraten wir in Konflikte, wenn Gottes Wille unserem eigenen Willen widerspricht. Wenn wir bestimmte Gedanken noch behalten wollen, obwohl sie nicht der Wahrheit des Evangeliums entsprechen. Wenn wir bestimmte Dinge für uns behalten und Gott nicht zur Verfügung stellen wollen. Oder wenn wir bestimmte Gewohnheiten beibehalten wollen, obwohl sie uns in der Beziehung zu Gott und beim Tun seines Willens hindern. Dann kann das Himmelreich in uns nicht wachsen, unser Glaubensleben stagniert oder wir machen sogar Rückschritte. Was sollen wir dann tun? Auch Jesus hat manchmal einen Konflikt zwischen Gottes Willen und seinem eigenen Willen. Den ernstesten und größten Konflikt hatte er ohne Zweifel, als er schließlich nach Gottes Willen als für die Sünder der Welt am Kreuz sterben sollte, aber selbst weiter leben wollte. Doch was tat Jesus dann? Jesus betete intensiv und entschied sich mit seinem Willen klar dafür, Gottes Willen zu gehorchen und ihm zu folgen. Als er auf diese Weise Gottes Willen einließ und ihm seinen eigenen Willen völlig unterordnete, schenkte Gott ihm den Sieg über die Todesangst und befähigte ihn, den Willen Gottes zu erfüllen. Als er Gott bis zum Tod gehorchte, erweckte Gott ihn vom Tod auf und machte ihn zum Retter der Menschheit, sodass nun durch ihn Gottes Reich zu allen Menschen in der Welt kommen. Wenn wir in einen Konflikt zwischen Gottes Willen und unserem eigenen Willen geraten, sollen wir Jesu Beispiel folgen und uns mit unserem Willen klar für den Willen Gottes entscheiden und beten, bis wir ihm gehorchen können. Wenn wir dem Willen Gottes unseren eigenen Willen unterordnen, werden wir die Macht von Gottes Reich in uns erleben und von ihm für die Ausbreitung seines Reiches kostbar gebraucht werden.

Doch manche haben Angst davor, dass sie alle Freude und Spaß in ihrem Leben verlieren würden, wenn sie Gott in allen Lebensbereichen gehorchen; sie befürchten, dass sie ihre Identität verlieren würden, wenn sie sich Gottes Herrschaft völlig unterordnen. Aber diese Angst ist tatsächlich unbegründet. Denn sie rührt daher, dass wir unser altes Ich, das mit sündhaften Gedanken, Wünschen und Gewohnheiten behaftet war, immer noch für unsere Identität halten (weshalb wir befürchten, dass wir unsere Identität verlieren würden, wenn wir uns von den sündhaften Gedanken und Gewohnheiten ganz trennen). Aber das ist verkehrt. Denn das Leben in Gottes Reich befreit uns von dem sündigen Wesen und setzt unser wahres Ich frei, zu dem Gott uns eigentlich geschaffen hat. Anders gesagt beflügelt Gottes Herrschaft unsere wahre Identität und befähigt uns, so zu werden und so zu leben, wie es Gottes Willen entspricht. Ein Mann hatte vor seiner Begegnung mit Jesus regelmäßig Alkohol getrunken und geraucht und hatte sich damit identifiziert. Da er diese Identität weiterhin behielt, hatte er Angst, sich selbst zu verlieren, wenn er seine alte Gewohnheit völlig aufgeben würde. Aber als er durch Jesu Herrschaft davon befreit wurde, konnte sich seine eigentliche Identität noch mehr entfalten. Unter Gottes Herrschaft werden wir uns also nicht selbst verlieren; vielmehr kann sich unser eigentliches Ich richtig entfalten, wir werden sozusagen wir selbst. Je mehr wir durch Gottes Reich von unserem alten Ich befreit werden, umso mehr kann Gott uns mit den Gaben erfüllen, die der Galaterbrief aufzählt als Freude, Friede, Liebe, Geduld, Freundlichkeit, Güte, Treue, Sanftmut, Keuschheit. Gottes gute Herrschaft beflügelt uns zu einem neuen heiligen Leben, das Gott ehrt und das uns selbst mit dem wahren Sinn und mit tiefer Dankbarkeit und Freude erfüllt.

Wie können wir dann Gottes Reich in unserem Leben einlassen? Anders gesagt: Was können wir tun, damit das Himmelreich in unserem Leben Realität wird? Betrachten wir nochmals den Vers 17. Jesus sagt: „Tut Buße, denn das Himmelreich ist nahe herbeigekommen.“ Wir sollen Buße tun, unsere Gesinnung ändern. Wir sollen uns also mit unserem Willen dafür entscheiden, dass wir mit uns Gottes Herrschaft unterstellen wollen und er all unser Denken, Reden und Tun regieren soll. Dabei reicht es nicht, wenn wir diese Entscheidung einmal getroffen haben, sondern wir müssen sie immer wieder erneuern und konkretisieren. Dabei zwingt Jesus uns seine Herrschaft keineswegs auf. Vielmehr klopft er immer wieder bei uns an und lädt uns freundlich dazu ein, indem er sagt: „Siehe, ich stehe vor der Tür und klopfe an. Wenn jemand meine Stimme hören wird und die Tür auftun, zu dem werde ich hineinkommen und Abendmahl mit ihm halten und er mit mir “ (Offb 3,20). Hier erkennen wir, dass Jesus unseren Willen sehr respektiert und nur dann in unser Herz und Leben hinein kommt, wenn wir das wollen und ihm die Tür aufmachen. Wir sollen also sorgfältig auf Jesu Stimme hören und sollen seinen Willen immer unsere Herzenstür öffnen. Anders gesagt sollen wir die Erfüllung seines Willens zu unserem eigenen Lebensanliegen machen und uns darauf konzentrieren, das zu erreichen. Wenn wir so eingestellt sind und so leben, kann Jesus beständig in unser Herz kommen und wir werden eine tiefe, erfüllende Gemeinschaft mit ihm haben.

Was geschieht dann, wenn wir kontinuierlich so leben? Das Leben unter Gottes Herrschaft befreit uns immer mehr von den Elementen unseres alten, sündhaften Ichs und seinen Gewohnheiten und macht uns dem Bild Jesu, zu dem Gott uns eigentlich geschaffen hat, immer ähnlicher. Durch diesen Prozess der Heiligung will Gott uns zu großartigen Persönlichkeiten machen, die ihn ehren und die er für die Ausbreitung seines Reiches kostbar gebrauchen kann. Ein Beispiel dafür sind die Jünger Jesu. Während  wir in den Evangelien etwa bei Petrus noch oft sein Selbstvertrauen und seinen schwankenden Glauben sehen, finden wir später in der Apostelgeschichte einen veränderten Petrus, der fest im Glauben stand und auch angesichts starker Drohungen mutig das Evangelium verkündigte und so der Fels wurde, der er eigentlich sein sollte. Und aus dem exklusiv gesinnten und leicht erzürnten Jünger Johannes, der ständig mit Petrus rivalisierte, wurde ein Apostel der Liebe, dem der auferstandene Jesus später die Offenbarung anvertrauen konnte. Wenn wir unter Gottes Herrschaft leben, werden wir zu großartigen Menschen verändert. Und das beschränkt sich nicht nur auf das Leben in dieser Welt. Jesus sagt in Matthäus 11,11: „Wahrlich, ich sage euch: Unter allen, die von einer Frau geboren sind, ist keiner aufgetreten, der größer ist als Johannes der Täufer; der aber der Kleinste ist im Himmelreich, ist größer als er.“ Wenn wir unter Jesu Herrschaft leben und dadurch zum Himmelreich gehören, werden wir dort größer sein als der größte Knecht Gottes, der vor dem Kommen Jesu jemals gelebt hat. Was für ein großes Privileg ist es, unter der Herrschaft Gottes zu leben und zu seinem Himmelreich zu gehören!

Welchen Menschen gilt dieses Privileg letztlich? Jesus sagt in dem direkt darauf folgenden Vers: „Aber von den Tagen Johannes des Täufers bis heute leidet das Himmelreich Gewalt, und die Gewalttätigen reißen es an sich“ (Mt 11,12). In diesem Wort sagt Jesus, dass die Menschen ins Himmelreich kommen, die mit Gewalt hineindrängen, die also unbedingt quasi mit aller Gewalt hineinwollen. Wir müssen das Himmelreich zu unserem Ziel machen und unseren ganzen Willen und unsere ganze Kraft dafür einsetzen, in allen Bereichen unseres Lebens unter Gottes Herrschaft nach seinem Willen zu leben, damit wir tatsächlich ins Himmelreich kommen. Dann wird Gott uns durch das Leben unter seiner Herrschaft immer mehr verändern und uns so für die ewige Gemeinschaft vorbereiten, die wir antreten werden, wenn er sein Reich in Herrlichkeit und Vollkommenheit aufrichten wird.

Möge Gott jedem von uns im neuen Jahr helfen, täglich Jesu Stimme zu hören und unsere Herzenstür für ihn stets aufzumachen, sodass wir unter seiner Herrschaft leben, anstatt in dunklen Gedanken und alten Gewohnheiten! Möge Gott jedem von uns helfen, seinen ganzen Willen dafür einzusetzen, im Himmelreich zu leben und dafür die eigenen Wünsche und Gewohnheiten wo immer nötig zu verleugnen, damit das Himmelreich in uns mächtig wirken und uns zu den großen Persönlichkeiten verändern kann, die wir nach seinem Willen werden sollen! Möge Gott uns dadurch dafür gebrauchen, sein Reich unter den Studenten auszubreiten und uns gleichzeitig auf die ewige Gemeinschaft in seinem herrlichen Himmelreich vorbereiten!

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