Predigt: Lukas 9,28 – 36

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Dieser ist mein auserwählter Sohn

„Und es geschah eine Stimme aus der Wolke, die sprach:
Dieser ist mein auserwählter Sohn; den sollt ihr hören.“

(35)

Unser heutiger Text berichtet von einem einmaligen und ganz herausragenden Ereignis in der Geschichte. Denn nachdem Jesus seinen Jüngern seinen Weg des Leidens und der Auferstehung gelehrt hatte und sie zur Nachfolge aufgefordert hatte, wurde er vor den Augen von drei seiner Jünger auf einem hohen Berg gründlich verwandelt, er wude verklärt. Er erschien ihnen in himmlischer Herrlichkeit, die sie überwältigte und die sie ihr Leben lang nicht vergessen konnten. Und beim Anblick dieser Herrlichkeit hörten sie plötzlich aus einer Wolke eine Stimme, die Jesus als Gottes Sohn bestätigte und sie dazu aufforderte, auf ihn zu hören. Lasst uns in unserem Geist mit den Jüngern auf den Berg steigen und einen Blick auf die Herrlichkeit, in der Jesus dort erschien. Lasst uns Gottes Stimme hören und die Bedeutung seiner Ermahnung, auf ihn zu hören, zu Herzen zu nehmen. Gott helfe uns dabei!

Unser Abschnitt beginnt „Und es begab ich, etwa acht Tage nach diesen Reden …“ und nimmt damit deutlich Bezug auf Jesu Worte im vorigen Abschnitt. Da hatte Jesus den Jüngern nach dem Christus-Bekenntnis von Petrus den Jüngern angekündigt, dass er viel leiden und verworfen und getötet werden und am dritten Tag auferstehen würde. Danach hatte Jesus alle dazu eingeladen, ihm nachzufolgen und dazu sich selbst zu verleugnen und sein Kreuz auf sich zu nehmen. Diese Worte waren ganz anders als was die Jünger sich vorgestellt hatten. Seine Aufforderung, sich zu verleugnen und ihr Kreuz auf sich zu nehmen und ihr Leben für Jesus zu verlieren, waren weit mehr und anders, als was sie bisher unter der Nachfolge verstanden hatten, und erschütterten die Grundfesten ihres Lebens. In den acht Tagen danach müssen in den Jüngern diese Worte gearbeitet und sie beschäftigt haben. Was würde sein, wenn Jesus verworfen und getötet wird? Was bedeutete es genau, dass sie sich selbst verleugnen und täglich ihr Kreuz auf sich nehmen sollten? Wie konnten sie sogar ihr Leben verlieren für ihn verlieren? Solche Fragen müssen sie beschäftigt und innerlich hin- und hergerissen haben zwischen der bestechenden Klarheit der Worte Jesu und dem Wunsch, Jesus wahrhaft zu folgen, und andererseits ihren Sorgen, Wünschen und Ängsten und Fragen, bis hin zu der Frage, ob sie wirklich so leben könnten und wollten.

In dieser Zeit nahm Jesus Petrus, Johannes und Jakobus mit sich und ging auf einen hohen Berg, um zu beten. Diese drei Jünger waren von Jesus auch schon allein mitgenommen worden, als er die tote Tochter von Jairus auferweckt hatte. Sie waren so genannte „Spitzenjünger“, die auch in der Liste der Apostel zuerst genannt werden und die wohl unter den Jüngern geistlich am weitesten fortgeschritten waren. Man weiß nicht sicher, auf welchen Berg Jesus mit ihnen hochgestiegen ist. Nach dem Markusevangelium war Jesus in dieser Zeit in den Dörfern bei Cäsarea Philippi, also am Fuß des Hermongebirges. Traditionell nimmt man an, dass es sich um den Berg Tabor handelte, wo man später auch eine Verklärungsbasiklika gebaut hat.

Als Jesus oben angekommen war, betete er. Wir erfahren nicht, wofür er gebetet hat. Jesus muss wohl für die Jünger gebetet haben. Er muss aber auch den Vater gepriesen und gelobt haben für sein Wesen, für sein großartiges Werk, die Sünder zu erretten, für die Herrlichkeit, die er für Jesus bereitet hat und für alle, die ihm nachfolgen. Was geschah dann? Betrachten wir Vers 29: „Und als er betete, wurde das Aussehen seines Angesichts anders, und sein Gewand wurde weiß und glänzte.“ Jesus wurde während seines Gebets verändert, er wurde verklärt. Ver-Klärung meint ein Klar-Werden, Offenbar-Werden, durchsichtig-Werden. Das Wort im griechischen Urtext hier ist Metamorphosis, was mehr als eine äußerliche Veränderung meint, vielmehr eine wesentliche Verwandlung. Auf dem Berg nahm Jesus eine andere Gestalt an, die himmlische Herrlichkeit hatte. Lukas wagte nicht Jesu Angesicht zu beschrieben, wohl weil alle Worte unzureichend wären, um zu beschreiben, was da zu sehen war. Matthäus schreibt: „Und er wurde verklärt vor ihnen, und sein Augesicht leuchtete wie die Sonne, und seine Kleider wurden weiß wie das Licht.“ (Mt 17,2) Übereinstimmend schreiben die drei synoptischen Evangelisten von dem übernatürlichen Licht, das von ihm ausging und sogar seine gewöhnlichen, eher schmutzigen Kleider hell mit übernatürlichem Glanz leuchten ließ. Jesus erschien in himmlischer Herrlichkeit. Normalerweise hat Jesus auf der Erde wohl gewöhnlich ausgesehen (Jes 53,2). Aber bei der Verklärung zeigte sich Jesus voller Herrlichkeit und offenbarte dadurch sein eigentliches Wesen. Seine verklärte Erscheinung erinnert uns an die Erscheinung, die Johannes in der Offenbarung schauen durfte. In Offenbarung 1,12-16 schrieb er: „Und als ich mich umwandte, sah ich sieben goldene Leuchter und mitten unter den Leuchtern einen, der war einem Menschensohn gleich, angetan mit einem langen Gewand und gegürtet um die Brust mit einem goldenen Gürtel. Sein Haupt aber und sein Haar war weiß wie weiße Wolle, wie der Schnee, und seine Augen wie eine Feuerflamme und seine Füße wie Golderz, das im Ofen glüht, und seine Stimme wie großes Wasserrauschen; und er hatte sieben Sterne in seiner rechten Hand, und aus seinem Munde ging ein scharfes, zweischneidiges Schwert, und sein Angesicht leuchtete, wie die Sonne scheint in ihrer Macht.“ Jesus ist der Sohn Gottes, der König der Könige, voller Herrlichkeit.

Bei seiner Verklärung auf dem Berg war Jesus nicht allein. Wer erschien dabei noch? Betrachten wir die Verse 30 und 31: „Und siehe, zwei Männer redeten mit ihm; das waren Mose und Elia. Sie erschienen verklärt und redeten von seinem Ende, das er in Jerusalem erfüllen sollte.“ Mose und Elia waren zwei der größten Knechte Gottes im Alten Testament, die selbst viel gelitten hatten. Mose hat 40 Jahre lang das Volk getragen; Elia hat für Gott geeifert, als fast alle in Israel Gott den Rücken gekehrt hatten. Ihr Erscheinen in verklärter Gestalt zeigt, dass sie in Gott lebten, auch wenn ihre Lebzeit auf der Erde schon seit Jahrhunderten vorbei war. Sie redeten mit Jesus von seinem Ende in Jerusalem; ermutigten ihn also, sich auf sein Leiden und seine Tod am Kreuz vorzubereiten, und bestärkten ihn in seiner Zuversicht auf seine Auferstehung. Durch ihr Erscheinen in verklärter Gestalt vervollständigten sie nicht nur die herrliche Szene; sie bezeugten durch ihr Erscheinen auch, dass es das Leben nach dem Tod wirklich gibt und dass in Gott alle leben.

Wie reagierten die Jünger? Verse 32 und 33 berichten: „Petrus aber und die bei ihm waren, waren voller Schlaf. Als sie aber aufwachten, sahen sie, wie er verklärt war, und die zwei Männer, die bei ihm standen. Und es begab sich, als sie von ihm schieden, da sprach Petrus zu Jesus: Meister, hier ist für uns gut sein! Lasst uns drei Hütten bauen, dir eine, Mose eine und Elia eine. Er wusste aber nicht, was er redete.“ Die Jünger hatten oben auf dem Berg wohl auch versucht zu beten. Aber sie waren eingeschlafen, vielleicht weil sie vom Aufstieg so müde waren, vielleicht auch von dem inneren Kampf, der in ihnen stattgefunden hat, seitdem Jesus ihnen seinen Weg angekündigt und sie zu diesem Weg eingeladen hat. So hätten dieses bedeutungsvolle und herrliche Ereignis fast verschlafen. Aber als sie aufwachten, sahen sie Jesus in herrlicher Gestalt und auch Mose und Elia, die verklärt waren. Sie waren von der Herrlichkeit, die sie sahen, überwältigt. Petrus war davon so begeistert, dass er diese Situation unbedingt festhalten und weiter genießen wollte. Jesu Herrlichkeit war so wunderbar schön! Petrus wollte mit diesem Jesus sofort und für immer zusammen sein. Er vergaß völlig, dass Jesus sie vor acht Tagen gelehrt hatte, dass er zuerst leiden und sterben müsste, bevor er aufersteht, und dass die Jünger ihm auf diesem Weg folgen sollten.

Welches unerwartete Ereignis passierte dann? Betrachten wir die Verse 34 und 35: „Als er aber dies redete, kam eine Wolke und überschattete sie; und sie erschraken, als sie in die Wolke hineinkamen. Und es geschah eine Stimme aus der Wolke, die sprach: Dieser ist mein auserwählter Sohn; den sollt ihr hören!“ Eigentlich ist eine Wolke auf einem hohen Berg nichts Ungewöhnliches. Aber bei dieser Wolke erschraken die Jünger, denn die Wolke bedeutete Gottes Anwesenheit. Gott war im Alten Testament den Israeliten oft in einer Wolke erschienen, u.a. hat er sie 40 Jahre lang in einer Wolkensäule geleitet. Aber im Bneuen Testament ist Gottes Erscheinen noch Ungewöhnlicher, weil Gott sich in Jesus eigentlich hinreichend offenbart hat. Gottes Botschaft für die Jünger war so wichtig. Gott sagte: „Dieser ist mein auserwählter Sohn.“ Gott bestätigte klar, was durch die herrliche Erscheinung bereits offenbart war, nämlich dass Jesus Gottes auserwählter Sohn ist. Dann gab Gott die Anweisung: „Den sollt ihr hören!“ Gottes Aufforderung war so klar wie sie kurz war. Eigentlich hatten die Jünger bereits auf Jesus gehört. Sie hörten zu, wenn Jesus redete, und versuchten es zu verstehen, einzuordnen und danach zu leben. Aber Gott war damit nicht zufrieden, sondern sagte zu ihnen: „Den sollt ihr hören!“ Was bedeutete das? Es ging um ihre Haltung. Sie sollten Jesu Worte als Worte Gottes hören und sollten sie daher sofort und bedingungslos annehmen und entsprechend denken und glauben und danach leben. Sie sollten auf Jesus hören und nicht auf ihre eigenen Gedanken, ihre Sorgen und Wünsche und Jesu Worte dadurch relativieren. Jesus hatte vor acht Tagen bezeugt, dass er viel leiden und verworfen und getötet werden würde und nach drei Tagen auferstehen. Seine Erscheinung in herrlicher, verklärter Gestalt hatte bezeugt, dass sein Wort wahr ist. Jesu Verklärung und Gottes Aufforderung waren zusammen eine starke Botschaft an die Jünger, auf Jesu Worte wirklich zu hören.

Was können wir davon lernen? Das Ereignis der Verklärung Jesu war ein einmaliges historisches Ereignis. Doch obwohl wir nicht dabei waren, lässt zum einen auch uns mehr erkennen, wer Jesus eigentlich ist. Wie die Jünger könnten wir ein Bild von Jesus haben, das seiner Realität nicht gerecht wird. Auch wir können Jesus vor allem als den guten Hirten sehen, der die Sünder annahm, die Kranken heilte und den Armen das Evangelium predigte. Tatsächlich lebte Jesus ohne Ansehen und Namen und wurde von den maßgeblichen Leuten verleumdet und von den meisten verkannt. Schließlich wurde er öffentlich verurteilt und hingerichtet und wurde so Gottes Lamm, das die Sünde der Welt trägt. Aber Jesus erstand auf und fuhr auf in den Himmel und hat nun große Herrlichkeit. Jesus ist herrlicher Gott. Sein Licht, seine göttliche Liebe und Freundlichkeit und Wahrhaftigkeit leuchten in die ganze Welt und machen überall, wo sie eingelassen werden, die Finsternis hell. Jesu Herrlichkeit ist so groß, dass wir ihn mit dem Engeln ewig bewundern und anbeten werden. Bei seiner Verklärung auf dem Berg kam davon Stück zum Vorschein, sie war wie ein Vorgeschmack der wahren und ewigen Herrlichkeit.

Dies weist uns darauf hin, warum Gott den drei Jüngern Jesus in verklärter Gestalt zeigte. Gott wollte, dass sie ein Bild von der Herrlichkeit Jesu im Herzen hätten und wüssten, wer er eigentlich ist. Und zwar gerade in der Zeit, in der Jesus ihnen gesagt hatte, dass er viel leiden und verworfen und getötet und am dritten Tag auferstehen würde, und sie eingeladen hatte, ihm auf diesem Weg nachzufolgen. Durch den Anblick der Verklärung Jesu sollten die Jünger erkennen, dass am Ende des Weges wirklich Herrlichkeit kommt, und zwar überwältigende Herrlichkeit. Im Hinblick auf diese Herrlichkeit sollten sie sich neu dafür entscheiden, Jesus nachzufolgen und sich dabei nicht zu scheuen, ihr Kreuz zu tragen. Sie sollten Jesus mit Zuversicht bis zum Ende nachfolgen mit der Hoffnung auf die herrliche Auferstehung. Und schon während ihrer Nachfolge hier sollten sie die Herrlichkeit Jesu, seiner Person und seines Wesens, immer mehr erfahren und in ihrer Liebe zu ihm wachsen. Tatsächlich konnten Petrus, Jakobus und Johannes ihr ganzes Leben für Jesus einsetzen und es für ihn auch verlieren, weil sie die Hoffnung auf die Herrlichkeit in sich trugen. Dass Petrus sich selbst am Ende seines Lebens noch an das Ereignis der Verklärung Jesu erinnern konnte, erfahren wir in seinem 2. Brief, wo er schrieb: Denn wir sind nicht ausgeklügelten Fabeln gefolgt, als wir euch kundgetan haben die Kraft und das Kommen unseres Herrn Jesus Christus; sondern wir haben seine Herrlichkeit selber gesehen. Denn er empfing von Gott, dem Vater, Ehre und Preis durch eine Stimme, die zu ihm kam von der großen Herrlichkeit: Dies ist mein lieber Sohn, an dem ich Wohlgefallen habe. Und diese Stimme haben wir gehört vom Himmel kommen, als wir mit ihm waren auf dem heiligen Berge. Umso fester haben wir das prophetische Wort, und ihr tut gut daran, dass ihr darauf achtet als auf ein Licht, das da scheint an einem dunklen Ort, bis der Tag anbreche und der Morgenstern aufgehe in euren Herzen“ (2. Petr 1,16-19).

Auch Apostel Paulus kannte die Herrlichkeit Jesu und wurde davon motiviert und geleitet. So konnte er unermüdlich für Jesus und die Verbreitung seines Evangeliums leben und trotz aller Rückschläge und Probleme immer weitergehen, weil er ein Bild von der Herrlichkeit in sich trug und wusste, dass dieser Zeit Leiden nicht ins Gewicht fallen gegenüber der Herrlichkeit, die an uns offenbar werden sollen (Röm 8,18).

Auch für uns ist es wichtig, dass wir ein Bild von Jesu Herrlichkeit in unserem Herzen haben. Wenn wir versuchen, uns selbst zu verleugnen und unser Kreuz auf uns zu nehmen und Jesus zu folgen, ohne die Herrlichkeit zu sehen, die Jesus hat und an der er uns teilhaben lassen will, werden wir früher oder später müde und kraftlos. Wir können Jesus nur dann treu und bis zum Ende nachfolgen, wenn wir durch den Glauben die Herrlichkeit, die danach kommt, im Blick haben und sie im Glauben auch schon auf dem Weg ein Stückweit erleben. Lasst uns beten, dass Gott uns hilft, auf Jesus zu sehen, bis ein Bild von seiner Herrlichkeit in unseren Herzen entseht. Lasst uns unser Bibellesen und Gebet und tägliches Leben so gestalten, dass wir auf ihn hören und dadurch sein herrliches Wesen und die Herrlichkeit, die auf uns wartet, immer klarer erkennen können! Er helfe uns, mit diesem Bild im Herzen ihn über alles zu lieben und unser Kreuz täglich treu zu tragen und ihm in allem nachzufolgen!

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