Predigt: Lukas 5,27 – 39

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Jesu neues Gnadenwerk

Ich bin gekommen, die Sünder zur Buße zu rufen und nicht die Gerechten.“

(31)

In allen drei synoptischen Evangelien (Markus, Lukas und Matthäus) werden die beiden heutigen Ereignisse nacheinander berichtet, die Berufung des Levi und die Frage nach dem Fasten. Kein Evangelist sah einen Grund, diese Geschichten zu trennen (was nicht immer der Fall ist), d.h. Markus, Lukas und Matthäus sahen über die chronologische Anordnung hinaus einen Zusammenhang zwischen diesen Ereignissen. Auch wir betrachten diese beiden Geschichten in Tandem. Welche Zusammenhänge und Gemeinsamkeiten finden wir? In beiden Fällen wurde Jesus mit Vorwürfen konfrontiert: „Warum esst und trinkt ihr mit den Zöllnern und Sündern?“ (30) „Die Jünger des Johannes fasten oft und beten viel, ebenso die Jünger der Pharisäer; aber deine Jünger essen und trinken.“ (33) Und beide Fragen bzw. Vorwürfe entsprangen dem Zeitgeist. (Die Menschen kannten nichts anderes, das war ihr Status quo). Und in beiden Teilen gab Jesus eine personifizierte Antwort. Er selbst ist jeweils die Antwort! Jesus als Arzt (31.32) und Jesus als Bräutigam (34.35). In beiden Fällen macht Jesus deutlich, dass durch seine Person eine neue Zeit anbricht, eine gute Zeit, eine erlösende Zeit. Das sehnsüchtige und schmerzhafte Warten ein Ende hat! Der Kranke muss nicht mehr leidend auf den Arzt warten, die Genesung naht mit dem Arzt. Und die Hochzeitsgäste müssen nicht mehr ungeduldig auf den Bräutigam warten, die Feierlichkeiten beginnen mit der Ankunft des Bräutigams. ( daraus ist der heutige Titel abgeleitet. Durch Jesus geschah ein neues Gnadenwerk/-jahr)

Betrachten wir die Einzelheiten des heutigen Textes.

Erstens – Jesus ruft Levi zur Buße (27-32)

Betrachten wir die Verse 27 und 28: „Und danach ging er hinaus und sah einen Zöllner mit Namen Levi am Zoll sitzen und sprach zu ihm: Folge mir nach! Und er verließ alles, stand auf und folgte ihm nach.“ Jesus kam in das Leben eines Mannes, der gesellschaftlich geächtet war; nicht etwa wegen seines hässlichen Aussehens oder weil er aussätzig war, sondern weil er sich durch betrügerisch hohe Zolleinnahmen bereicherte, während die meisten seiner Mitbürger am Existenzminimum nagten. (Robert Stein erwähnt, dass Positionen als Zöllner so begehrt waren, dass man sich nicht im klassischen Sinne darauf bewerben konnte; sie wurde in einer Auktion versteigert! (Stein, Luke, 133)) Wem aus unserer Zeit gleicht der Zöllner Levi? Vielleicht einem gierigen Investmentbanker, wie Geraint Anderson, der als Londoner „Cityboy“ Bekanntheit erlangte. Über seine Motive sagte er gegenüber dem Handesblatt: Cityboys tun alles, was sie können, um schnell Geld zu machen. Moral und Ethik bleiben da außen vor. Diese Aussage würde auch auf Levi zutreffen! (Dann ging er auf seine Methoden ein. Er setzte Gerüchte über ein Unternehmen in die Welt und als Reaktion darauf schossen die Aktien erwartungsgemäß nach oben oder nach unten. In beiden Fällen erwirtschaftete er horrende Summen, wobei er anderen erheblichen Schaden zufügte. Im Extremfall ging das Unternehmen, über das er Gerüchte verbreitete, unter; so dass Tausende ohne Jobs dastanden!) Gerade im Hinblick auf die Finanzkrise sackten Leute wie er Millionen ein, während etliche ihre Existenzgrundlage einbüßten. Er fügte hinzu: „Wenn man cleveren, gierigen und skrupellosen Bankern so viel Macht gibt, bekommt man Probleme. Diese Menschen sind nicht am Wohlergeben der gesamten Gesellschaft interessiert.“ Auch Levi hatte die Autorität, Zoll einzufordern. Er arbeitete im Auftrag der Römer und des Herodes, was ihn in der Beliebtheitsskala auf die gleiche Ebene setzte wie Gesetzesbrecher und Prosituierte. Die Folge war ein reiches aber gebrandmarktes und einsames Leben.

Ich frage mich, wie oft Levi bei der Arbeit aber auch in seiner Freizeit beschimpft wurde, als Blutsauger, als Vaterlandsverräter und skrupelloser Sünder. Daran war Levi selber schuld. Die Bibel sagt: „Denn Geldgier ist eine Wurzel alles Übels“ (1.Tim 6.10) Seine grenzenlose Gier nach Geld und sein Opportunismus sind Ausdruck seiner Selbstsucht. Wahrscheinlich wollte kein normaler Mensch etwas mit ihm zu tun haben, geschweige denn die Pharisäer und Schriftgelehrten, die in Levi einen heißen „Höllenkandidaten“ sahen. Doch wie so oft zeigt sich Jesu Gnade gerade dadurch, dass er Menschen zu sich ruft, von denen man es am wenigsten erwartet. Während andere in Levi nur Abschaum sahen, sah Jesus eine hoffnungsvolle Zukunft! Jesus beobachtete ihn am Zoll sitzend, wie er betrog und sündigte, doch Jesus sah in Levi einen Jüngerkandidaten, einen potentiellen Apostel, ein Mitarbeiter des Reich Gottes, ein Mann, der ein Segen sein würde für die Menschheit. Während alle nur Hass für Levi übrig hatten, zeigt sich durch Jesu Hirtenherz seine Liebe zu einem verlorenen Sünder.

Welche guten Ratschläge hätten Levi helfen können? Was konnte seiner Gier ein Ende setzen, der nicht vom Zoll wegkam? Nur der göttliche Ruf Jesu: „Folge mir nach!“ konnte Levi vom Zoll entreißen, über den es heißt: „Und er verließ alles, stand auf und folgte ihm nach.“ Nur Jesus, der reicher ist als alle Reichtümer dieser Welt und der sich als Gott offenbart, weil er im Gegensatz zu allen Götzen dieser Welt, unser Herz wirklich erfüllen kann, ohne dass uns etwas fehlt, konnte Levi aus seinem alten Leben herausreißen und ein völlig neues Leben im Reich Gottes ermöglichen. (Er gleicht Simon und den anderen Jüngern, die den Fischfang ihres Lebens samt Boote stehen ließen, um ein neues Leben mit Jesus zu beginnen). Jesu Liebe und seine Hoffnung für Levi kommen durch diese 3 Worte zum Ausdruck, 3 göttliche Worte: „Folge mir nach!“ Diese göttlichen Worte Jesu hallen noch immer nach und zeigen auch Jesu Liebe und Hoffnung für dich und mich! Die 3 Worte Jesu haben die göttliche Macht, in deinem Leben zu bewirken, was kein guter Ratschlag je bewirken kann. Für Levi war die Stunde seines Lebens gekommen und er vermasselte es nicht! Vielleicht traf er zum aller ersten Mal die richtige Entscheidung. Er verließ alles und folgte Jesus ein für alle Mal nach. Mögen Jesu Ruf der Nachfolge auch in uns wirksam sein.

Seine Freude über sein neues und verändertes Leben, als Jünger Jesu, äußerte sich durch ein großes Mahl, in seinem Haus, zudem viele Zöllner gekommen waren, weil die meisten seiner Freude nun mal Zöllner waren; was den Pharisäern und Schriftgelehrten ein Dorn im Auge war. Wie sehr gingen die Meinungen an dieser Stelle auseinander. Für Levi war es der schönste Tag in seinem Leben. Er feierte quasi seinen geistlichen Geburtstag, mit Jesus! (Was kann es schöneres geben?) Für Jesus war es ebenfalls ein Tag der Freude, denn ein verlorener Sünder war umgekehrt. Selbst die Engel Gottes freuten sich im Himmel, weil ein Sünder Buße getan hatte (vgl. Lk 15,10). Aber für die Pharisäer und Schriftgelehrten war es ein entsetzliches Bild, aus dem sie nicht schlau wurden. Denn das Gesetz trennt Sünde von Nichtsünde, Heiligkeit von Sündhaftigkeit. (Das verstanden die Juden besser als jedes andere Volk, selbst ihr Tempel war getrennt durch einen Vorhang, der Gott im Allerheiligsten vom Rest der Welt trennte.) Deshalb auch ihre Frage: „Warum esst und trinkt ihr mit den Zöllnern und Sündern?“

Lesen wir Jesu Antwort in den Versen 31 und 32:Und Jesus antwortete und sprach zu ihnen: Die Gesunden bedürfen des Arztes nicht, sondern die Kranken. Ich bin gekommen, die Sünder zur Buße zu rufen und nicht die Gerechten.“ Jesus klärt die Situation, indem er sich als Arzt offenbart. Es war nicht schwer, Jesus mit einem Arzt zu vergleichen, weil er unzählige Kranke heilte. Darüber hinaus offenbart sich Jesus als geistlicher Arzt, der mit dem Missionsauftrag gekommen ist, den geistlich Kranken zu helfen. Er ist gekommen, die Sünder zur Buße zu rufen und nicht die Gerechten. Es gab also keinen Grund, für die Pharisäer und Schriftgelehrten, die Gemeinschaft Jesu mit den Zöllnern und Sündern zu kritisieren. Es ist absolut natürlich und selbstverständlich, dass der Arzt für die Kranken da ist! Der Heiland ist für die Sünder da, für wen sonst? Wer sonst benötigt den Erlöser, wenn nicht der Sünder?

Wir sehen, dass durch Jesus eine neue Zeit angebrochen ist, eine Zeit der Gnade! Sünder werden nicht verurteilt und gerichtet, sondern angenommen und zur Buße gerufen. Durch Jesus hat das Gnadenjahr des Herrn begonnen und er ist für die Hoffnungslosen gekommen, die gefangen sind in ihrem sündhaften Leben. Diese befreit Jesus, indem er sie zur Buße ruft. Wir können uns nicht am eigenen Schopf packen und aus der Sünde herausziehen. Wir benötigen den Ruf Jesu, um Buße zu tun und von der Sündenkrankheit geheilt zu werden.

Wir kommen zu den Anwendungen.

Anwendung 1. An Jesus und an den Worten Jesu: „Die Gesunden bedürfen des Arztes nicht, sondern die Kranken. Ich bin gekommen, die Sünder zur Buße zu rufen und nicht die Gerechten“ scheiden sich sofort die Geister. Jeder, der Jesus hört, ist angehalten, sich mit einer dieser beiden Gruppen zu identifizieren, krank oder gesund, Sünder oder gerecht; es gibt kein Mittelding, nur entweder/oder. (Natürlich ist es nicht einfach, sich seiner Krankheit einzugestehen, weil jeder lieber gesund sein will und ein gesundes Bild von sich vermitteln möchte. Eckard von Hirschhausen sagte einmal: „Es gibt keine gesunden Menschen. Nur solche, die nicht lange genug untersucht wurden.“ (op-online)). Obwohl die Bibel ganz klar lehrt: „Da ist keiner, der gerecht ist, auch nicht einer….Da ist keiner, der Gutes tut, auch nicht einer“ (Röm 3,10.12), hielten sich die Pharisäer und Schriftgelehrte für gerecht und distanzierten sich von öffentlichen Sündern, wie den Zöllnern. Das zeigt ihre Selbstgerechtigkeit. Sie waren zu stolz, um sich selbst als kranke Sünder zu identifizieren. Doch wer seine Krankheit nicht anerkennt, geht auch nicht zum Arzt. Wer seine Sünde nicht eingesteht, benötigt Jesus nicht und auch nicht Jesu Ruf zur Buße. C.S. Lewis schrieb einmal (frei übersetzt): „Das Christentum sagt den Menschen, sie sollen Buße tun und verspricht ihnen Vergebung. Es hat nichts (soweit ich weiß) zu sagen zu Leuten, die meinen, für nichts Buße tun zu müssen und der Ansicht sind, keine Vergebung nötig zu haben“ (Lewis, Mere Christianity, 37). Levi erkannte Jesus als seinen persönlichen Arzt an und gestand seine Sündenkrankheit und nahm den Ruf Jesu an, umzukehren. Seine Buße leitete Jesu persönliche Vergebungsgnade in seinem Leben ein.

Wie steht es um uns? Ich gehe davon aus, dass nahezu jeder von uns kein Problem damit hat, Jesus als Arzt anzuerkennen und sich selbst als Sünder. Ich gehe auch davon aus, dass die meisten von uns prinzipiell Jesu Ruf zur Buße angenommen haben. Wir haben also kein Problem, uns mit der Gruppe der Kranken und Sünder zu identifizieren (was viel wert ist). Soweit so gut. Die Frage ist, wann, wie und wo identifizieren wir uns als Kranke und Sünder? Nur auf einer allgemeinen Ebene (weil es auch für alle anderen gilt) oder in allen spezifischen Ebenen unseres Lebens, wie z.B. in der Familie, unter Kollegen und in der Gemeinde? Angenommen du befindest dich im Streit mit anderen, mit deinem Ehepartner, mit deinen Kindern und deine Ehe oder Familie macht keinen gesunden Eindruck. Wen hältst du für den Sünder und wen für gerecht? Es gibt so viele kaputte und zerbrochene Beziehungen mit anderen innerhalb und außerhalb der Gemeinde. Wer ist schuld? Wer ist der Sünder? Immer die anderen, nicht wahr? Gleichen wir dabei nicht den Pharisäern und Schriftgelehrten? Lasst uns von Levi lernen, das Problem bei uns zu finden. Die gute Nachricht ist, dass Jesus sagt: „Ich bin gekommen, die Sünder zur Buße zu rufen und nicht die Gerechten.“ Die gute Nachricht ist, dass Jesus da ist, um uns in allen Facetten unseres Lebens zu heilen. Lasst uns deshalb auch auf allen Ebenen als Sünder erkennen und bekennen und Jesu Ruf der Buße Folge leisten. Gott heile somit unsere Beziehungen in der Familie und in der Gemeinde und darüber hinaus.

Noch etwas. Jesus nahm Levi an und Jesu Gnade veränderte sein Leben. Wir gehen davon aus, dass er zum Jünger Matthäus geworden ist, der das Matthäus-Evangelium geschrieben hat (vgl. Mt 9,9), das zum Segen für Millionen von Christen geworden ist und auch weiterhin sein wird. Die Schriftgelehrten und Pharisäer aber richteten ihn. Wir sollten uns davor hüten, andere zu richten, insbesondere, wenn sie mit Jesus wandelt, auch wenn wir Probleme damit haben, ihren Glaubenswandel anzuerkennen, weil ihr Glaubenswandel sich von der unsrigen unterscheidet. Wenn Jesus sie anerkennt, haben wir keinen Grund es nicht zu tun.

Anwendung 2. Der heutige Text zeigt uns, dass wir Buße tun sollen und zwar wirkliche Buße, mit aller Zerschlagenheit des Herzens und der Seele. Aber der heutige Text zeigt auch ganz klar, wozu Buße führt. Buße führt zur Vergebungsgnade und zu großer Freude (siehe das große Mahl des Levi!). Somit ist Buße wie ein kontinuierlicher Fluss, der in einen großen Ozean der Gnade mündet. Wir sollten also kein einseitiges Bild vom Leben als Jünger Jesu haben. Demut und Buße sind die eine Seite der Medaille, Vergebung, Freude und Freiheit die andere Seite derselben Medaille. Echte Buße führt zum Freudenfest im Reich Gottes. (Das sollte nicht zu kurz kommen).

Zweitens – Die Frage nach dem Fasten (33-39)

Womit wurde Jesus im zweiten Textabschnitt konfrontiert? Vers 33: „Sie aber sprachen zu ihm: Die Jünger des Johannes fasten oft und beten viel, ebenso die Jünger der Pharisäer; aber deine Jünger essen und trinken.“ Der Vorwurf lautete: Während die ultrareligiösen Pharisäerjünger und die ernsthaft gläubigen Johannesjünger fasten und ein religiöses Leben führen, beschäftigen sich deine Jünger mit ungeistlichen Dingen, wie Essen und Trinken (sogar mit Zöllnern und Sündern). So lautete der Vorwurf, dass weder die Jünger, noch Jesus, den die Jünger repräsentierten, einen gottgefälligen Glaubenswandel führten.

Wie ging Jesus mit dieser Kritik um? Auch diese Frage beantwortete Jesus mit seiner eigenen Person. Lesen wir Verse 34 und 35: „Jesus sprach aber zu ihnen: Ihr könnt die Hochzeitsgäste nicht fasten lassen, solange der Bräutigam bei ihnen ist. Es wird aber die Zeit kommen, dass der Bräutigam von ihnen genommen wird; dann werden sie fasten, in jenen Tagen.“ Jesus sagt mit anderen Worten: Ich bin der Bräutigam und meine Ankunft verändert alles! Es muss z.B. nicht mehr gefastet werden! Wieso nicht? Was bedeutet das Fasten? (Eine vllt. nicht uninteressante Frage, da wir uns in der sogenannten „Fastenzeit“ befinden). Und wieso korreliert das Fasten mit Jesus?

Heutzutage wird das Fasten zunehmend säkularisiert. Ich habe Kollegen, die von Aschermittwoch bis Ostern fasten, obwohl sie alles andere als gläubig sind. Der eine isst kein Fleisch, der andere trinkt keinen Kaffee. Ich habe das Gefühl, dass durch Verzicht von z.B. bestimmten Lebensmitteln die eigene Willensstärke unter Beweis gestellt wird. (Heilfasten gibt es auch noch…) Wie war es im antiken Israel? N.T. Wright schreibt: „Fasten war im Judaismus und in den verschiedenen Sekten und Gruppieren, zur Zeit von Jesus, ein Zeichen des Wartens, des Klagens über die Gegenwart, da Gottes Reich noch nicht gekommen war.“ (Wright, Luke for everyone, 64) Er bezeichnete das Fasten als ein klagendes Warten auf das Reich Gottes! Auch in der Parallelstelle aus Matthäus lesen wir statt fasten: „Wie können die Hochzeitsgäste Leid tragen“ (Mt 9,15). Es muss wirklich furchtbar gewesen sein, auf das Reich Gottes warten zu müssen bzw. auf den Messias warten zu müssen. Wann würde der Heiland kommen und Erlösung bringen? Wann würde geistliche Freude herrschen, statt Leid und Trauer? (Könnt ihr euch diese Zeit vor Chr. vorstellen?) An Jesu Beispiel angelehnt muss es wie auf einer Hochzeit zugegangen sein, auf der man eine gefühlte Ewigkeit auf den Bräutigam warten musste. Alle Gäste sind angekommen und haben ihre Plätze eingenommen. Sie warten mit Vorfreude und können es kaum erwarten, bis die Feier losgeht, bis die Torte angeschnitten wird und vor allem das festliche Buffet eröffnet wird. Allerdings verzögert sich alles, weil der Bräutigam noch nicht da ist. Also müssen alle warten und warten und warten… Jahrhunderte, Jahrtausende vergingen! So erging es Israel.

Als Jesus sich als Bräutigam offenbarte, machte er allen klar, dass die Zeit des Wartens ein Ende hat! Der Bräutigam ist da! Das Reich Gottes ist herbeigekommen! Das Gnadenjahr hat begonnen! Das traurige Warten soll abgelöst werden durch die Freude am Bräutigam und an seiner Hochzeitsfeier.

Mit welchen weiteren Beispielen verdeutlichte Jesus, dass durch ihn eine neue Zeit angebrochen war? Wir lesen ab Vers 36: „Und er sagte zu ihnen ein Gleichnis: Niemand reißt einen Lappen von einem neuen Kleid und flickt ihn auf ein altes Kleid; sonst zerreißt man das neue und der Lappen vom neuen passt nicht auf das alte.“ Laut Robert Stein liegt die Betonung dieses Gleichnisses im Lukas-Evangelium auf das neue Kleid (vgl. Stein, Luke, 186). Wenn ein älteres Kleidungsstück Risse oder Löcher aufweist, dann muss es ersetzt werden. Wir kaufen in der Regel ein neues Kleidungsstück. Aber nicht um das neue zu zerschneiden und die Löcher des alten Kleidungsstückes zu reparieren. Nein, das Neue ersetzt das Alte. Alt und Neu passen nicht zusammen. (Wenn man so will, hatten die Juden ihr altes Kleid von Mose erhalten. Dieses trugen sie über Jahrhunderte. Ein neues war längst überfällig. Jesus brachte ein neues Hemd.) Durch Jesus geschah ein neues Werk. Durch ihn begann eine neue Zeit (wir haben sogar unseren Kalender danach gestellt). Durch Jesus kam der neue Bund. Wir müssen unser Leben nicht mehr nach dem mosaischen Gesetz führen, uns beschneiden lassen oder Opfertiere schlachten. Das Evangelium verkündet uns das Reich Gottes. Und jeder Versuch, den alten Bund zu behalten und ausgeschnittene aus dem neuen Bund hinzuzufügen ist zum Scheitern verurteilt.

Lesen wir die Verse 37-39: „Und niemand füllt neuen Wein in alte Schläuche; sonst zerreißt der neue Wein die Schläuche und wird verschüttet und die Schläuche verderben. Sondern neuen Wein soll man in neue Schläuche füllen. Und niemand, der vom alten Wein trinkt, will neuen; denn er spricht: Der alte ist milder.“ Auch in diesem Beispiel passen alt und neu nicht zusammen. Der neue Wein gärt noch einige Zeit und benötigt neue, elastische Schläuche. Alte Schläuche können den neuen Wein nicht behalten. Sie gehen daran kaputt und verschütten den neuen Wein. Der neue Wein verlangt neue Schläuche.

Die Pharisäer und Schriftgelehrte waren wie alte Schläuche. Sie waren alles andere als Empfangsbereit für das neue Heilswerk Jesu Christi. Sie liebten ihren alten Wein, daran hatten sie sich gewöhnt, dieser war mild und angenehm in ihrem Gaumen. So schwer es auch sein mag, Jesus verlangt von uns, neue Schläuche zu werden, um den neuen Wein aufnehmen zu können.

(Ich schließe mit einer Beobachtung und mit einer Anwendung ab)

Beobachtung 1. Johannes und die Pharisäer sind kaum miteinander zu vergleichen, was wahrscheinlich auch für ihre Jünger zutraf. (Pharisäer verurteilten die Sünder, Johannes rief sie zur Buße) Doch der heutige Text wirft sie in ein und dieselbe Kategorie, weil beide Parteien trotz allen Offenbarungen im Hinblick auf das Kommen des Messias lebten, während die Jünger Jesu ein Glaubensleben führten, das in der bereits geschehenen Ankunft Jesu gegründet war. Drastisch ausgedrückt hungerte die eine Gruppe, während die andere feierte. Welcher Gruppe ähneln wir, mit unserem Glaubensleben? (Auch wir predigen den Menschen gerne den Weg der Buße). Ist unser Glaubensleben erfüllt mit dem Geist der Freude? Ähnelt sie einer geistlichen Hochzeit? Sind wir vollkommen fröhlich, satt und erfüllt, weil Jesus mitten unter uns ist und wir mitten im Gnadenjahr des Herrn / im Reich Gottes sind? Oder gleicht unser Glaubensleben viel zu oft einem gequälten Warten auf bessere Zeiten?

Anwendung 3. Jesus macht alles neu. Er schenkt uns ein neues Kleidungsstück, das wir unzerteilt tragen sollen. Er schenkt uns den neuen Wein, den wir mit neuen Schläuchen aufnehmen sollen. Das neue Werk Jesu soll eine signifikante Wirkung auf unser Glaubensleben haben. Z.B. auch auf unser Fasten. Wenn wir fasten, dann auf eine Art und Weise, die zum neuen Heilswerk Christi passt. Dazu sagte Jesus an einer andern Stelle: „Wenn ihr fastet, sollt ihr nicht sauer dreinsehen wie die Heuchler… Wenn du aber fastest, so salbe dein Haupt und wasche dein Gesicht“ (Mt 6,16.17) Die Freude über Jesus, unseren Heiland, der uns angenommen hat und unsere Sünden vergeben hat, soll sich in allen Bereichen unseren Lebens auswirken, selbst wenn wir fasten! Selbst wenn wir Stellungnahme schreiben und alle unsere Sünden bekennen und unser Versagen, sollte das wichtigste nicht fehlen, nämlich die Wirkung des Reiches Gottes, die Wirkung des Evangeliums Christi im Leben von versagenden Sündern. Wir sollten auf keinen Fall so leben, als wäre die frohe Botschaft noch nicht verkündet worden und als wäre das Reich Gottes noch nicht mitten unter uns. Möge unser Herr uns einen neuen Geist schenken und möge uns gerade sein Wort aus dem Lukasevangelium ein Glaubensleben ermöglichen, das seiner würdig ist.

Gebet: Herr, danke für Jesus, der gekommen ist, als unser Arzt, denn nur er kann uns heilen. Danke für Jesus, der gekommen ist, uns Sünder zur Buße zu rufen. Möge Jesu Ruf der Nachfolge uns zur Umkehr und Buße führen. Möge dein neues Heilswerk das Reich Gottes in unseren Herzen aufgehen lassen. Danke für den Bräutigam, der alles verändert. Lass uns neue Schläuche sein, die den neuen Wein behalten.

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