Predigt: Lukas 23,1-49

Kategorien:

Download

Gnade inmitten voller Ungerechtigkeit

„Jesus aber sprach: Vater, vergib ihnen, denn sie wissen nicht, was sie tun!“

(Lukas 23,34a)

In der Menschheitsgeschichte hat es seit jeher viele grausamen Verbrechen gegeben. Doch das größte Verbrechen der Menschheitsgeschichte bleibt oft unvergessen. Der heutige Text aus Lk. 23 berichtet davon: Die Kreuzigung Jesu Christi, des Sohnes Gottes. Wir wollen diesen Text unter zwei Gesichtspunkten betrachten:

1. Jesu Unschuld und unsere Schuld
2. Jesu Bestrafung und unsere Vergebung

Über das Volk, das beim Kreuz stand, heißt es zuerst: „Und das Volk stand da und sah zu“ (V.35). Doch am Ende des Textes heißt es, dass sich das Volk an die Brust schlug (V. 48). Im Laufe des Kreuzigungs-Geschehens wurden die Dabeistehenden von unberührten Zuschauern zu Leuten mit großer Betroffenheit verändert. Möge die Betrachtung des Textes denselben Effekt auch auf uns ausüben.

1. Jesu Unschuld und die Bosheit der Menschen

Der heutige Text bezeugt immer wieder eine Sache über Jesus. Mehrere Verse machen dies deutlich: Zuerst Vers 4 – die Worte von Pilatus: „Ich finde keine Schuld an diesem Menschen!“; Vers 14 noch einmal: „als ich ihn vor euch verhörte, habe ich an diesem Menschen keine Schuld gefunden“; Vers 15: „aber auch Herodes nicht; denn ich habe euch zu ihm gesandt; und siehe, es ist nichts von ihm verübt worden, was des Todes würdig wäre.“; Vers 22: „Und zum dritten Mal sprach er zu ihnen: Was hat dieser denn Böses getan? Ich habe keine des Todes würdige Schuld an ihm gefunden.“; Vers 41: „Und wir gerechterweise, denn wir empfangen, was unsere Taten wert sind; dieser aber hat nichts Unrechtes getan!“; V. 47: „Als aber der Hauptmann sah, was geschah, pries er Gott und sprach: Wahrlich, dieser Mensch war gerecht!“ Alle diese Verse sprechen eine Sprache: Jesu Unschuld. Sowohl Pilatus als auch Herodes, sowohl der Verbrecher am Kreuz als auch der Hauptmann bezeugen und erkennen: Jesus ist unschuldig und gerecht. Weder Pilatus noch Herodes, noch der Kriminelle am Kreuz noch der Hauptmann waren fromme Menschen gewesen. Sie gehörten zu der schlimmen Sorte von Mensch. Doch Jesu Reinheit und Gerechtigkeit sind so offensichtlich, dass selbst schlimme Menschen nicht anders konnten als dies über Jesus zu bezeugen. Der Text bezeugt auch Jesu Wahrhaftigkeit: Vers 3: Pilatus fragt Jesus: „Bist du der König der Juden“ – Jesu Antwort lautet: „Du sagst es“. Vers 9: Herodes stellt Jesus viele Fragen, aber Jesus gibt ihm keine einzige Antwort. Jesus stand selbst unter größtem Druck auf der Seite der Wahrheit.
Im scharfen Kontrast zur Jesu Unschuld und Wahrhaftigkeit stehen die Ungerechtigkeit und der Bosheit der Menschen, durch die Jesus gekreuzigt wurde. Auch das wird im Text immer wieder bezeugt. In Vers 2 machen die rel. Leiter eine dreifache Anklage gegen Jesus: 1. Die religiösen Leiter beschuldigten Jesus dafür, dass er das Volk verführt. In Wirklichkeit hatte Jesus den Menschen nur Gutes getan – er machte viele Kranke gesund, Tote lebendig, Besessene frei, gab Hungrigen Brot, Sündern ein neues Leben, lehrte Worte des Lebens, vergab die Sünden und gab Sündern eine neue Perspektive und Berufung für ihr Leben. In Wirklichkeit war das Gegenteil der Fall – nicht Jesus hatte das Volk verführt, sondern die religiösen Leiter. Sie hetzten das Volk gegen Jesus auf, sodass es schrie: „Kreuzige ihn, kreuzige ihn.“ Das Volk wurde soweit verführt, dass es ausgerechnet den Tod von dem forderte, der dem Volk nur Gutes getan hatte. 2. Klagten sie Jesus an, das Volk davon abzuhalten, Steuern zu bezahlen. Das war eine nackte Lüge und eine klare Verleumdung gegen Jesus gewesen. Jesus hatte gesagt: „Gib dem Kaiser, was des Kaisers ist…“ (Lk. 20,25). In Wirklichkeit war es nicht Jesus, sondern die rel. Leiter, die gegen die Steuer waren. 3. Stellten sie Jesus als einen König dar, der das Volk aus der Herrschaft der Römer befreien wolle. Aber Jesus hatte nie den Anspruch erhoben, ein politischer König zu sein. Vielmehr war es so, dass sich die rel. Leiter solch einen König gewünscht hatten. Die rel. Leiter hatten Jesus für das beschuldigt, woran sich nicht Jesus, sondern sie sich schuldig gemacht hatten. Sie richteten Jesus für Dinge, die sie selber taten. Als sie ihr Zeigefinger gegen Jesus richteten, zeigten gleichzeitig drei Finger gegen sie. Auch Herodes begegnete Jesus mit einer abartigen Bosheit. Vers 8 klingt dem ersten Eindruck nach sehr positiv: Herodes freute sich sehr Jesus zu sehen. Er wollte ihn schon lange gerne sehen. Das hört sich fast so an wie bei den Weisen aus dem Morgenland (vgl. Mt. 2,10). Doch am Ende von Vers 8 und in Vers 9 bekommen wir einen Einblick in seine eigentlichen Motive: Herodes wollte von Jesus unterhalten werden, und zwar durch Zeichen, er wollte interessante Dinge sehen. Außerdem trieb ihn seine Neugierde dazu, Jesus viele Fragen zu stellen. Neugierde und Unterhaltung waren die Motive, warum Herodes Jesus gerne kennenlernen wollte. In Youtube kann man vieles sehen und Unterhaltung haben. Google und ChatGPD kann man alles fragen. Aber Jesus ist weder Google noch ChatGPD noch YouTube. Als Jesus der Neugierde und Unterhaltungslust von Herodes nicht diente, wurde Jesus von Herodes und den Soldaten verspottet. Schließlich ließ er Jesus mit einem Prachtgewand kleiden. Damit wollte er Jesu Königsanspruch ins Lächerliche ziehen.
Im Laufe des Geschehens spitzt sich die Bosheit gegenüber Jesus immer mehr zu. Obwohl Pilatus dem Volk erklärt, dass weder er noch Herodes Jesus für schuldig halten. Obgleich Pilatus dem Volk anbietet, Jesus trotz seiner Unschuld zu züchtigen, schreit das Volk: „Hinweg mit diesem“(V.18). Pilatus beteuert noch einmal die Unschuld Jesu, doch das Volk schrie: „Kreuzige, kreuzige ihn“ (V.21). Ein drittes Mal bezeugte Pilatus die Unschuld Jesus, doch das Volk wurde immer lauter und lauter und bestand darauf, Jesus unbedingt zu kreuzigen. Das Volk wollte einen König, der sie aus der Macht der Römer befreit, aber Jesus wollte sie von ihren Sünden retten. Das Volk wollte einen König, der ihre Umstände verändert. Jesus aber wollte sie selber verändern. Zu solch einem König sagte das Volk: „Hinweg mit ihm, kreuzige ihn.“ Dem Volk stand die Wahl, entweder Jesus oder Barabbas freizulassen. Das Volk entschied sich für die Freilassung von Barabbas – ausgerechnet Barabbas. Zwei Mal weist Lukas daraufhin, wer Barabbas eigentlich war – V. 19: Der war wegen eines in der Stadt vorgefallenen Aufruhrs und Mordes ins Gefängnis geworfen worden; V. 25: welcher eines Aufruhrs und Mordes wegen ins Gefängnis geworfen worden war. Barabbas war ein Rebell und Mörder. Er war glasklar schuldig. Doch das Volk stellte das Recht auf den Kopf: Die Liebe in Person sollte gekreuzigt werden, der Rebell und Mörder freigelassen werden. Was für eine Ungerechtigkeit und Bosheit!
Auch Pilatus Verhalten gegenüber Jesus war von Bosheit gekennzeichnet. Pilatus zögerte zunächst, Jesus preiszugeben. Vers 24 berichtet: „Da entschied Pilatus, dass ihre Forderung erfüllt werden sollte.“ Das war nach Lukas der Moment gewesen, wo das Geschrei des Volkes überhandnahm. Pilatus geriet unter mächtigem Druck, dem er schließlich nachgab. Obwohl Pilatus von Jesu Unschuld überzeugt war, erlaubte er es schließlich doch, Jesus kreuzigen zu lassen. Vers 32 berichtet, dass Pilatus Jesus mit zwei Übeltätern kreuzigen ließ. Er stellte Jesus mit Kriminellen gleich. Obwohl Jesus von „grünem Holz“ (V.31) ist, behandelte Pilatus Jesus wie „dürren Holz“ (V.31), das zum Verbrennen genutzt wird. Was für eine Bosheit und Ungerechtigkeit!
Die Bosheit gegen Jesus hörte nicht auf, als Jesus schon am Kreuz hing. Während Jesus voller Schmerzen und Leiden am Kreuz hing, wird er von allen Seiten verspottet, vom Volk, von den Soldaten, von den Obersten und dann auch noch von einem der beiden Gehängten. Jesus erlebte genau das, wovon Ps. 22 spricht: „Denn Hunde haben mich umgeben, und der Bösen Rotte hat mich umringt“.
Doch aller Bosheit zum Trotz behielt Jesu Unschuld das letzte Wort. Denn nachdem Jesus seine letzten Worte aussprach und starb, bezeugte der Hauptmann: „Wahrlich, dieser Mensch war gerecht!“ (V.47). Und das Schöne ist, niemand von den Leuten widerspricht ihm. Stattdessen schlugen sie sich an ihre Brust. Mit anderen Worten: Das Volk war betroffen. Es war betroffen, weil es erkannt hatte, dass es einen gerechten Menschen ans Kreuz geschlagen hatte. Einmal erzählte jemand die Geschichte von einem Hund, der seinem Herren über alles loyal gewesen ist. Eines Tages überfiel in der Abwesenheit des Herren ein Wolf dessen Kind. Der Hund griff den Wolf sofort an und konnte das Kind vor ihm beschützen. Als der Herr kam, sah er sein Kind verletzt und daneben sein Hund. Daraufhin erschoss er den Hund, weil er meint, er hätte seinem Kind diese Verletzung zugefügt. Wie schmerzhaft muss es ihm hernach ergangen sein, als er erfuhr, dass er den Retter seines Kindes erschossen hatte. Wie leid muss es ihm getan haben? Ein derartiges Gefühl muss auch das Volk zu dem Zeitpunkt gehabt haben. Doch dann umso mehr die Frage: Warum das alles? Warum musste so ein gerechter, so ein unschuldiger Mensch so grausam behandelt, so zutiefst ungerecht behandelt werden?

2. Jesu Bestrafung und unsere Vergebung

In den Versen 24-25 ist von einem Tausch die Rede: Der Tausch von Barabbas gegen Jesus. Barabbas konnte nur deswegen freigelassen werden, weil Jesus nicht freigelassen wurde. Barabbas wurde sozusagen gegen Jesus eingetauscht. Allerdings war dieser Tausch ein sehr ungewöhnlicher Tausch. Seit jeher haben Menschen Tausch betrieben – insbesondere bevor es Geld gab, kauften Menschen damit ein, indem sie Ware gegen Ware tauschten. Menschen lassen sich auf einen Tausch ein, weil jeder einen Vorteil daraus zieht. Das ist eigentlich bei einem Tausch normal. Beim Tausch Jesu mit Barabbas hingegen hatte nur einer den vollen Vorteil, nämlich Barabbas, und nur einer den vollen Nachteil, nämlich Jesus. Barabbas bekam die Freilassung, die eigentlich Jesus verdient hätte. Jesus bekam den grausamen Kreuzestod, den eigentlich Barabbas verdient hätte. Ich habe gefragt: „Warum musste der so unschuldige, der so reine Jesus so viel Ungerechtigkeit erleiden?“ Die alte Natur des Menschen ist vom Wesen her ein Barabbas, nämlich ein Rebell. Jeder Mensch ist von Natur aus böse. Erst mit der Wiedergeburt bekommt er eine neue Natur. Doch die alte, sündhafte Natur ist rebellisch. Sie will nicht das, was Gott will. Wie mit Barabbas so tauschte Jesus auch mit uns. Er bekam das Gericht Gottes ab, wir aber wurden davon befreit. In einem Lied heißt es: „Gerechtigkeit umhüllt mich den Rebell. Ich leb in Ihm, der starb an meiner Stell.“ Wir, die wir von Natur aus Rebellen sind, werden mit Jesu Unschuld und Wahrhaftigkeit gekleidet. Was für ein wunderbarer Tausch.
In Vers 34 betet Jesus ein ziemlich krasses Gebet: „Vater, vergib ihnen, denn sie wissen nicht, was sie tun!“ Jesus betete das, als er am Kreuz hing. Mit der Kreuzigung Jesu hatten die Menschen etwas ganz Schlimmes getan, sie hatten eine ungeheure große Schuld auf sich geladen haben. Denn Jesus ist ja nicht irgendwer, sondern der Sohn Gottes. Sie hatten den Herrn der Herrlichkeit ans Kreuz geschlagen. Was gibt es Schlimmeres? Und eben das zog den Zorn Gottes auf die Menschen. Aber eben in diesem Moment trat Jesus für sie ein und bat um deren Vergebung. Oft verbittern Menschen schon dann, wenn sie ein bisschen Unrecht erfahren. Sie sind verletzt, hassen andere und brechen die Beziehung ab, werden selber ungerecht usw. Aber Jesu Gnade bzw. Herz ist so groß, dass er selbst für seine Peiniger und Mörder um Vergebung beten konnte.
Weil die Menschen nicht wussten[1], dass sie mit Jesus den Sohn Gottes kreuzigen, sagte Jesus: „sie wissen nicht, was sie tun!“ (V.34). Die natürliche Neigung ist, dass man für die, die einem Unrecht und Leid angetan haben, nicht im Geringsten Verständnis und Nachsicht aufbringen will, vielmehr sucht man deren schärfste Verurteilung. Als Opfer ist es schwierig, das Verhalten des Täters objektiv zu betrachten, schon gar nicht in dem Moment, wo dieses Unrecht geschieht. Aber Jesus ist anders. Er entschuldigte zwar die Sünde seiner Mörder nicht. Aber er konnte trotz aller Ungerechtigkeit gegen sich selbst den Umstand sehen, der die Schuld milderte, und zwar bereits in dem Moment, wo er noch am Kreuz hing. Die Schuld des Volkes war groß. Doch Jesu Gnade bzw. Herz ist größer – so groß, dass er selbst seinem Peiniger und Mörder mit Nachsicht begegnet. Zurecht schreibt Rousseau: „Wo ist der Mann, wo der Weise, der ohne Schwäche und Ostentation so zu handeln, zu leiden und zu sterben versteht?… Er starb den Tod eines Gottes“[2].
Im Wesentlichen sind wir nicht besser als die Leute von damals. Denn im Wesentlichen ist unsere sündhafte Natur nicht nur ein Barabbas, sondern auch wie das Volk. Menschen neigen sehr stark dazu, über sich selbst bestimmen zu wollen. Sie wollen so leben wie sie immer gelebt haben. Deswegen wollen sie nicht so einen König wie Jesus. Sie schreien: „Hinweg mit so einem König, kreuzige ihn.“ Unsere sündhafte Natur ist in gewisser Weise auch ein Pilatus. In der Schule, in der Arbeitswelt, im Freundeskreis passiert es doch immer wieder, dass man dem Gruppenzwang nachgibt. Unsere sündhafte Natur hat auch was von den rel. Leitern in uns. Menschen beschuldigen andere für Dinge, die sie selber tun, richten und verurteilen andere. Im Streit stellen sie Dinge nicht mehr ganz wahrheitsgemäß dar usw. Unsere sündhafte Natur hat auch etwas von einem Herodes. Viele Menschen haben mehr Interesse an Unterhaltung als an Jesus, verbringen lieber ihre Zeit mit YouTube, Google u.Ä. als mit Jesus. Wenn überhaupt haben sie oft nur ein oberflächliches Interesse an Jesus, suchen bei Jesus die Lösung ihrer Probleme, aber nicht ihn als ihren Herrn und Erlöser. Nicht nur die Leute von damals, sondern auch unsere Sünden, mit denen wir Jesus als König abgelehnt haben, mit denen wir Drucksituationen und Gruppenzwang auf Kosten der Wahrheit nachgegeben haben, mit denen wir andere gerichtet und verurteilt haben usw., haben Jesus ans Kreuz geschlagen. Doch Jesu Gnade ist größer. Er ist unser Hohepriester, der allezeit für uns bei Gott einsteht (Hebr. 4,15f; 8,1f). Zu ihm dürfen und sollen (!) wir immer wieder mit unserer Schuldenlast kommen. Lasst uns einfach ehrlich zu ihm sein, wie schlimm auch unsere Sünde sein mag. Er vergibt, reinigt und stellt uns wieder her. Denn seine Gnade und sein Herz sind größer. Lasst uns an seine Vergebung allezeit glauben und sie immer wieder neu in Anspruch nehmen. Dies verändert uns und macht uns demütiger, liebevoller, barmherziger, eben christusähnlicher.
Jesu große Gnade leuchtet auch in den Versen 40 bis 43 auf. Diese Verse berichten von der Begegnung Jesu mit dem Räuber am Kreuz. Dieser Mann hatte erkannt, dass seine Sünde so schlimm ist, dass er die Strafe am Kreuz verdient hat. Er sagte zu seinem „Kollegen“: „wir empfangen, was unsere Taten wert sind“ (V.41). Dann hatte er ein einfaches Gebet gesprochen: „Herr, gedenke an mich, wenn du in deiner Königsherrschaft kommst!“ (V.42). Sein Gebet macht zwei Dinge über ihn klar: Erstens bat er Jesus um Gnade. Zweitens wollte er gerne unter der Königsherrschaft Jesu leben. Das war alles. Der Mann hatte gar nichts dafür getan, um ins Paradies zu kommen. Der Mann war ja festgenagelt – er konnte gar nichts tun. Obwohl er ein Verbrecher war, sein ganzes Leben ohne Gott oder besser gesagt gegen Gott gelebt hatte, versicherte Jesus ihm: „Wahrlich, ich sage dir: Heute wirst du mit mir im Paradies sein!“ (V.43). Was für eine Gnade! Jesu Tod am Kreuz ist so gnädig, so kraftvoll, so wirkungsvoll, dass schon eine einfache Bitte darum reicht, um einen Verbrecher aus der Verdammnis in Jesu Königreich (Himmelreich) zu befördern.
Jesu Verhalten und sein Gebet am Kreuz müssen für den Räuber Bände gesprochen haben. Der Räuber hatte ja alles mitbekommen gehabt. Wie Jesus für seine Feinde betete, hat er mitbekommen gehabt. Er bekam mit, dass Jesus nichts sagte, als er verspottetet wurde. Er bekam mit, dass Jesus Böses mit Gutem vergolten hatte. Er erkannte, dass Jesus die Gnade Gottes in Person ist. Bestimmt war es das, was ihm Zuversicht gab, Jesus um Gnade zu bitten: „Herr, gedenke an mich.“ Während andere in Jesus einen Verbrecher sahen, sah er in Jesus das, was Johannes in seinem Evangelium schreibt: „wir sahen seine Herrlichkeit, eine Herrlichkeit als des eingeborenen Sohnes vom Vater, voller Gnade und Wahrheit“ (Joh. 1,14). Vers 44 berichtet, was im Anschluss vom Gespräch Jesu mit dem Räuber geschah. Es trat eine Finsternis über das ganze Land ein. Sie dauerte von 15 bis 18 Uhr. Diese dreistündige Finsternis steht für das Gericht Gottes. Eigentlich hatte der Räuber dieses Gericht verdient gehabt, eigentlich hatten wir dieses Gericht verdient gehabt. Doch stattdessen traf dieses Gericht Jesus. Und was war das Resultat davon? Vers 45 berichtet: Der Vorhang im Tempel zerriss in der Mitte hindurch. Dies ist ein wunderbares Bild dafür, dass nun die Trennung zwischen dem heiligen Gott und dem Sünder aufgehoben war. Die Menschen in der ehem. DDR waren voller Freude, als die Mauer zwischen Ost- und Westdeutschland fiel. Eine jahrzehntelange Trennung war aufgehoben. Es war ein historisches Ereignis, das jedes Jahr neu gefeiert wird. Noch erfreulicher ist das Ende der Trennung zwischen Gott und Mensch. Wir kennen ja den Ausdruck: „Es steht etwas zwischen uns“. Das fühlt sich sehr belastend an. Aber eben das war die Lage der Menschen vor Gott. Es stand immer etwas zwischen ihnen und Gott, weil sie Sünder sind und Gott heilig ist. Gott war in gewisser Weise unnahbar für sie. Immer waren sie vor dem Vorhang, Gott hinter dem Vorhang. Aber Jesu Tod am Kreuz hob diese Trennung auf – es stand nun nichts mehr zwischen ihnen, es sei denn Menschen wollen von sich aus diese Trennung aufrechterhalten bzw. keine Versöhnung mit Gott haben. Dank Jesu Tod darf jeder Gläubige aber im Frieden mit Gott, anstelle mit dem schlechten Gewissen, dass etwas zwischen ihm und Gott stünde, leben. Es gibt nur zwei Möglichkeiten: Entweder man nimmt im Glauben an, dass Jesus das Gericht Gottes für einen stellvertretend erlitten hat, oder man muss selbst durch das Gericht Gottes.
Jesu unermessliche Gnade verdient allezeit unseren Dank und Anbetung. Wir dürfen und sollen allezeit an die Größe seiner Gnade glauben und wie der Räuber unsere ganze Hoffnung auf seine Gnade setzen. Wann immer uns unsere Sünden anklagen und verdammen, dürfen und sollen wir sie zu Jesus bringen, uns von ihm reinigen lassen und dadurch im Frieden mit Gott leben.
_______

[1] Das Volk hatte im Allgemeinen Jesus nicht als den Sohn Gottes erkannt. Es war schuld daran. Denn Jesus hatte sich durch Seine Worte, Werke und Wunder klar als den Sohn Gottes bezeugt. Zudem hatten Gott vom Himmel her sowie die Schrift selbst klares Zeugnis gegeben. Hinzu kam das klare Zeugnis von Johannes dem Täufer, der vom Volk als Prophet Gottes anerkannt wurde. Insofern hatte es mit der Kreuzigung Jesu eine große Schuld auf sich geladen. Nichtsdestotrotz wäre die Schuld immens größer gewesen, wenn das Volk gewusst hätte, dass Jesus der Sohn Gottes ist, und ihn dennoch gekreuzigt hätte.

[2] vgl. https://jesus-der-christus.org/index.php?title=Philosoph_Jean-Jacques_Rousseau

Keine Antworten

Schreibe einen Kommentar

Deine E-Mail-Adresse wird nicht veröffentlicht. Erforderliche Felder sind mit * markiert

4 × = 32