Predigt: Lukas 22,39-71

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Dein Wille geschehe

„und sprach: Vater, willst du, so nimm diesen Kelch von mir; doch nicht mein, sondern dein Wille geschehe!“

(Lukas 22,42)

Letzte Woche haben wir betrachtet, wie Jesus am Abend vor seiner Kreuzigung mit den Jüngern das letzte Abendmahl gegessen hat. Dabei änderte Jesus die festgelegte Zeremonie. Er gab ihnen das Brot und sagte: „Das ist mein Leib, der für euch gegeben wird; das tut zu meinem Gedächtnis.“ Danach gab er ihnen den Kelch mit Wein und sagte: „Dieser Kelch ist der neue Bund in meinem Blut, das für euch vergossen wird!“ Dadurch lehrte Jesus seine Jünger anschaulich, dass er sein Leben für sie hingeben würde und dass sie durch seinen Tod eine ganz neue Beziehung zu Gott, mit Gott eingehen würden, einen neuen Bund. Jesus wusste also, dass er nach Gottes Willen sterben sollte, und er wollte diesem Willen gehorchen. Aber heute sehen wir, dass Jesus diesem Willen Gottes nicht einfach gehorchen konnte. Jesus musste im Gebet einen harten geistlichen Kampf führen, um nach dem Willen des Vaters tatsächlich für uns leiden und sterben zu können. Jesu Gebet in Gethsemane war ein entscheidendes Ereignis in Gottes Rettungswerk. Auf der anderen Seite sehen wir im heutigen Text Petrus, der nicht gebetet hat und geistlich total gescheitert ist. Lasst uns heute lernen, wie Jesus gebetet hat, um Gottes Willen zu gehorchen und für uns zu sterben. Lasst uns lernen, wie wir in unserem neuen Leben, das wir dadurch bekommen, Gott wirklich gehorchen können!

Betrachten wir den Vers 39: „Und er ging nach seiner Gewohnheit hinaus an den Ölberg. Es folgten ihm aber auch die Jünger.“ Jesus hatte beim Abendmahl angekündigt, dass einer der Jünger ihn verraten würde (21). Trotzdem ging Jesus danach an den Ort, an den er jeden Abend ging und den sein Verräter, Judas Iskariot, deshalb kannte. Jesus hätte an diesem Abend an einen anderen Ort gehen können. Aber sein Verhalten zeigt, dass er dem Leiden und dem Tod nicht ausweichen wollte.

Was tat Jesus, als sie dort ankamen? Jesus sagte als erstes seinen Jüngern: „Betet, dass ihr nicht in Anfechtung fallt!“ Jesus wusste, dass in dieser Nacht der Glaube der Jünger stark angefochten würde. Deshalb hatte er zu Petrus gesagt: „Simon, Simon, siehe der Satan hat begehrt, euch zu sieben wie den Weizen. Ich aber habe für dich gebeten, dass dein Glaube nicht aufhöre“ (31.32a). Jesus ermahnte die Jünger zu beten, weil sie es nötig hatten, damit sie nicht in der Anfechtung fallen würden.

Was tat Jesus danach? Der Vers 41 sagt: „Und er riss sich von ihnen los, etwa einen Steinwurf weit, und kniete nieder, betete“. Jesus wusste, dass er in unerträglicher Weise leiden und sterben sollte und dass dies kurz bevorstand. Er war innerlich aufgewühlt und voll Angst. Aber Jesus versuchte in dieser Situation nicht, bei Menschen Rat oder Trost zu finden, sondern suchte das Gespräch mit seinem Vater. Deshalb riss er sich von ihnen los und ging ein Stück weiter, um zu beten. Wenn wir in Not sind, suchen wir oft den Rat oder die Nähe anderer Menschen, denen wir vertrauen. Aber es gibt viele Situationen, in denen uns nur Gott helfen kann. Jesus kam in der Not zu Gott und setzte sein ganzes Vertrauen auf ihn.

Wie betete Jesus? Jesus sprach: „Vater, willst du, so nimm diesen Kelch von mir“ (42a) Jesus begann sein Gebet mit der vertrauensvollen Anrede „Vater“. Er liebte den Vater und wollte immer seinen Willen tun. Jesus wusste, dass es Gottes Wille war, dass er viel leiden und für die Sünde der Welt sterben sollte. Dies stand nun unmittelbar bevor. Er sollte in Kürze gefangen genommen, gegeißelt und am Kreuz getötet werden. Es war für ihn zwar zu schwer, dem Willen des Vaters praktisch zu folgen. Jesus war noch jung, erst Anfang dreißig. Er wollte weiter leben und nicht qualvoll sterben. Gottes Wille stand seinem eigenen Wunsch unvereinbar gegenüber. Jesus war innerlich zerrissen und ängstlich. In diesem Konflikt betete er zum Vater vertrauensvoll. Im Vertrauen, dass der Vater ihn liebt, brachte er seinen Wunsch vor, dass der Vater das qualvolle Leiden und Sterben von ihm nehmen würde. Aber Jesus blieb nicht dabei stehen, sondern betete weiter: „Doch nicht mein, sondern dein Wille geschehe!“ (42b) Jesus wollte auch in dieser extremen Situation nicht seinen Willen über den des Vaters stellen, sondern Gottes Willen tun. Er bündelte seinen Willen und alle Kräfte und betete dafür, dass nicht sein, sondern Gottes Wille geschehe. Wie schwer muss es für ihn gewesen sein, dafür zu beten. Aber er betete ernsthaft dafür, weil er den Vater von ganzem Herzen liebte und ihn als Gott ehren wollte.

Wie intensiv und wie lange betete Jesus für Gottes Willen? Die meisten Christen beten auch für den Willen Gottes, weil Jesus uns dieses Anliegen im Vaterunser gelehrt hat. Oft beten wir nur oberflächlich dafür oder hören nach einer Weile auf, dafür zu beten, ohne dass wir Gottes Willen klar genug erkannt und angenommen haben. Daher fehlt uns oft die geistliche Kraft, um Gottes Willen praktisch zu gehorchen. Aber Jesus betete mit ganzer Kraft dafür, seinen eigenen Willen dem Willen Gottes unterzuordnen und ihm zu gehorchen. Der Vers 43 weist darauf hin, dass Jesus so ernsthaft und so lange dafür betete, bis er seine ganze Kraft verbraucht hatte. Aber als er mit ganzer Kraft für den Willen Gottes betete, half Gott ihm. Vers 43 sagt: „Es erschien ihm aber ein Engel vom Himmel und stärkte ihn.“ Gott freute sich über Jesu Gebet und stärkte ihn mit neuer Kraft. Als Jesus von Gott gestärkt wurde, hörte er nicht etwa auf zu beten, sondern betete unvermindert weiter. Vers 44 sagt: „Und er geriet in Todesangst und betete heftiger. Und sein Schweiß wurde wie Blutstropfen, die auf die Erde fielen.“ Die Lutherübersetzung von 1984 übersetzt hier: „Und er rang mit dem Tode und betete heftiger“, was Jesus aktiven Kampf im Gebet betont. In jedem Fall erkennen wir hier, wie ernsthaft und wie intensiv Jesus betete. Im Gebet führte Jesus einen heftigen Kampf darum, Gottes Willen zu gehorchen. Jesus rang darum so intensiv, dass er aus Stress Blut und Wasser schwitzte. Er kämpfte auf Leben und Tod darum, dass er nach Gottes Willen am Kreuz sterben konnte, um uns von der Sünde und vom Tod zu retten.

Wann beendete Jesus sein Gebet? In den Versen 45 und 46 heißt es: „Und er stand auf von dem Gebet und kam zu seinen Jüngern und fand sie schlafend vor Traurigkeit und sprach zu ihnen: Was schlaft ihr? Steht auf und betet, damit ihr nicht in Anfechtung fallt!“ Als Jesus von seinem Gebet aufstand, war er nicht mehr innerlich zerrissen und schwach. Jesus betete, bis er Gottes Willen angenommen und den Mut und die Kraft hatte, danach zu leben. Nun war er frei, sich wieder um die Jünger zu kümmern. Als er zu den Jüngern kam, beteten sie nicht, wie Jesus ihnen befohlen hatte, sondern schliefen, weil sie von der Traurigkeit darüber, dass Jesus bald sterben würde, überwältigt waren. Natürlich waren die Jünger müde, da sie einen sehr langen und anstrengenden Tag hinter sich hatten. Aber das erklärt allein nicht, warum die Jünger nicht beteten, obwohl Jesus sie klar dazu aufgefordert hatte. Für Jesus war der Tag viel anstrengender gewesen, weil er den ganzen Tag das Volk gelehrt und am Abend die Jünger stundenlang gelehrt hatte. Aber Jesus betete trotzdem ernsthaft zum Vater, weil er angesichts der Anfechtungen nicht auf sich, sondern ganz auf Gott vertraute. Die Jünger beteten nicht, weil sie nicht wussten, wie schwach sie waren und wie heftig die Anfechtungen sein würden. Jesus ermahnte sie erneut zu beten, damit sie der Anfechtung standhalten und Jesus treu bleiben konnten. Aber die Jünger verpassten die Gelegenheit zu beten.

Was können wir hier lernen? Zum einen können wir lernen, dass wir in jeder Situation zu unserem Vater im Himmel beten dürfen, ganz besonders in Zeiten der Schwierigkeiten und Not. Egal, wie schwer unsere aktuelle Lage sein mag, egal, wie groß oder beängstigend die Herausforderung vor uns aussieht, egal wie schwach wir sind – wir dürfen und sollen im Vertrauen zu Gott beten. Wir dürfen ihm im Gebet sagen, was uns Angst macht und was wir uns wünschen. Aber wir sollen dabei nicht stehen bleiben, sondern wie Jesus für den Willen Gottes beten. Wenn Jesus in Gethsemane nur dafür gebetet hätte, nicht zu leiden, hätte sein Gebet Gott nicht geehrt und Gott hätte nicht durch ihn die Welt retten können.

Es passiert leicht, dass wir im Gebet nur unsere eigenen Wünsche vor Gott vertreten. Aber das sollte nicht alles sein, wir sollten da nicht stehen bleiben. Wir sollten uns fragen, warum bzw. aus welcher Gesinnung wir beten. Wenn wir das Gebet nur dafür gebrauchen, dass wir Gott dazu bringen wollen, unseren Willen zu tun, hat solches Beten unseren eigenen Willen bzw. uns selbst zum Ziel, nicht Gott, seine Ehre und seinen Willen. Wir dürfen für unsere Wünsche und Bedürfnisse und für die anderer beten, aber wir sollten dabei auch und noch mehr nach Gottes Willen fragen. Wenn wir nur unsere eigenen Wünsche und Bedürfnisse zum Ziel haben, sind wir auch in Gefahr, dass wir im Gebet unseren eigenen Willen mit Gottes Willen verwechseln. Menschen sind in der Lage, so lange für den eigenen Wunsch zu beten, bis sie schließlich ihren eigenen Willen für Gottes Willen halten, obwohl Gott eigentlich etwas anderes wollte. So zu beten, ist töricht. Wenn wir nur für unseren eigenen Willen beten, verfehlen wir den Sinn des Gebets.

Aber wie betete Jesus? Jesus betete von Anfang an mit einer anderen Haltung. Er sagte gleich am Anfang: „Vater, willst du …“ Er brachte zwar seinen eigenen Wunsch vertrauensvoll vor den Vater; aber sein Anliegen war von Anfang an, dass Gottes Wille geschehen soll. Wenn wir die Evangelien lesen, finden wir, dass Jesus in allen Situationen für die Verherrlichung Gottes und für seinen Willen gebetet und gelebt hat. Als nun der Wille des Vaters mit seinem eigenen Wunsch unvereinbar war, versuchte Jesus nicht, im Gebet seinen eigenen Willen zu erzielen, sondern betete: „doch nicht mein, sondern dein Wille geschehe.“ Jesus kämpfte im Gebet darum, seinen Willen dem Willen Gottes völlig unterzuordnen und seinem Willen vollständig zu gehorchen. Als er betete: „Doch nicht mein, sondern dein Wille geschehe!“, rang er darum, für uns zu sterben, damit wir leben können. Als Jesus betete: „Nicht mein, sondern dein Wille geschehe“, zeigte er uns, wie ein Mensch eigentlich beten soll, um Gott in allen Situationen zu gehorchen und ihn wirklich als Gott zu ehren. Weil Jesus mit ganzer Kraft dafür betete, dass Gottes Wille geschehe, konnte er schließlich Gottes Willen gehorchen, am Kreuz für uns zu sterben und für uns die Vergebung der Sünde und die Rettung vom Tod und uns neues Leben zu geben. Dank sei Jesus, der in Gethsemane gebetet hat: „Nicht mein, sondern dein Wille geschehe!“, bis er die Kraft bekam, um uns nach Gottes Willen zu erlösen und Gott zu verherrlichen.

Wie verhielt sich Jesus weiter, nachdem er gebetet hatte? In den Versen 47–53 beschreibt der Verfasser Jesu Gefangennahme. Eine Schar von jüdischen Leitern und Knechten des Hohenpriesters wurden von Judas zum Garten Gethsemane geführt. Dass Jesus tatsächlich von einem der zwölf Jünger verraten wurde, war eigentlich der bitterste Moment in seinem Leben. Aber Jesus war souverän und tadelte Judas sanftmütig. Die Jünger, die nicht gebetet hatten, waren dagegen mit der Situation völlig überfordert und reagierten kopflos. Sie fragten Jesus, ob sie mit dem Schwert kämpfen sollten; und ohne Jesu Antwort abzuwarten, schlug einer von ihnen nach einem Knecht und hieb ihm sein rechtes Ohr ab. Vom Johannesevangelium wissen wir, dass dieser Jünger Petrus war (Joh 18,10). Aber Jesus gebot ihnen Einhalt und berührte das Ohr des Knechts und heilte ihn. Jesus tadelte die Hohenpriester, Hauptleute und Ältesten, dass sie ihn wie einen Schwerverbrecher verhafteten, obwohl sie nichts gegen ihn unternommen hatten, als er täglich im Tempel gepredigt hatte. Er wusste die Situation in Gottes Ratschluss einzuordnen und sagte: „Aber dies ist eure Stunde und die Macht der Finsternis“ (53b). Während der ganzen Gefangennahme war Jesus Herr der Situation und wirkte souverän, obwohl er eigentlich das Opfer war. Jesus redete ruhig und besonnen und deckte die Verkehrtheit seiner Gegner auf. Der Grund für Jesu Souveränität war, dass er gebetet hatte und dadurch innerlich vorbereitet war.

In den Versen 54-62 beschreibt der Verfasser, wie Petrus anschließend Jesus dreimal verleugnete. Petrus‘ geistliches Versagen steht in großem Kontrast zu Jesu Verhalten bei seiner Gefangennahme. Jesus hatte Petrus gewarnt, dass er vom Satan angegriffen würde. Aber Petrus hatte Jesus entgegnet, dass er bereit sei, mit ihm ins Gefängnis und in den Tod zu gehen (33). Sein Versprechen kam aus seinem guten Wunsch, basierte aber nur auf seinem Selbstvertrauen. Als Jesus ihm daraufhin ankündigte, dass er dreimal leugnen würde, ihn zu kennen (34), hätte dies Petrus eigentlich ins Gebet treiben sollen. Aber Petrus nahm auch dieses Wort nicht zu Herzen und betete nicht, weil er auf sich mehr vertraute als auf Jesus. Er ging in den Hof des Hohenpriesters und setzte sich zu den Knechten ans Feuer. Eigentlich hatte er nicht so viel zu befürchten wie Jesus. Aber als er dreimal als Jünger Jesu erkannt wurde, leugnete er jedes Mal sofort, Jesus zu kennen. Als der Hahn krähte, drehte sich Jesus um und sah Petrus an. Petrus erinnerte sich an Jesu Worte und musste bitterlich weinen. Er musste auf schmerzliche Weise erfahren, wie schwach er war, wenn er sich nicht an Jesu Worte klammert und inständig betet.

Jesus war dagegen stark und handelte souverän. Jesus wurde von den Knechten, die ihn gefangengenommen hatten, verspottet, ins Gesicht geschlagen und verlästert. Aber er konnte alle Misshandlungen ruhig ertragen (63-65). Am nächsten Morgen wurde er vor den Hohen Rat geführt und herausgefordert: „Bist du der Christus, so sage es uns!“ (67) Jesus wusste, dass sie sein Bekenntnis nicht annehmen, sondern nur missbrauchen würden, um ihn zum Tod zu verurteilen. Aber er antwortete ihnen: „Sage ich’s euch, so glaubt ihr’s nicht; frage ich aber, so antwortet ihr nicht. Aber von nun an wird der Menschensohn sitzen zur Rechten der Kraft Gottes. Da sprachen sie alle: Bist du denn Gottes Sohn? Er sprach zu ihnen: Ihr sagt es, ich bin es“ (67b-70). Jesus bezeugte klar seine Identität als Gottes Sohn, auch wenn er das für ihn das Todesurteil bedeutete. Damit machte er den letzten Schritt, um Gottes Willen zu folgen und für uns ans Kreuz zu gehen. Jesus konnte Gottes Willen gehorchen, weil er dafür ernsthaft gebetet hatte.

Durch seinen Gehorsam bis zum Tod hat Jesus uns die Vergebung unserer Schuld und ein neues Leben als Gottes Kinder gegeben. Im Glaubensleben geht es um den Willen Gottes. Als Gläubige sollen wir Gott verherrlichen, indem wir durch den Glauben nach seinem Willen leben. Das fällt uns in manchen Bereichen leicht, aber an bestimmten Punkten kann es auch extrem schwer sein. Was sollen wir dann tun? Wir brauchen unser Leben nicht in wiederholter Niederlage zu führen, sondern dürfen wie Jesus beten. Lasst uns von Jesu Beispiel lernen, wie wir trotz unserer Schwachheit im Gebet Gottes Hilfe empfangen und nach seinem Willen leben können, indem wir ernsthaft beten: „Nicht mein, sondern dein Wille geschehe!“

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