Predigt: Lukas 2,21 – 52

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Die Kindheit Jesu

„Und er sprach zu ihnen: Warum habt ihr mich gesucht? Wisst ihr nicht, dass ich sein muss in dem, was meines Vaters ist?“

(Lk 2,49)

Historiker interessieren sich für die Kindheit und Jugend großer Frauen und Männer in der Geschichte, um herauszufinden, wann und wie sie zu dem Menschen wurden und was der Anlass dafür gewesen ist. Das ist nicht der Grund, aus dem Lukas die Kindheit Jesu überliefert. Jesus wurde nicht im Laufe seines Lebens zum Sohn Gottes. Er wurde nach der Ankündigung des Engels als Sohn Gottes geboren. Ich bin froh darüber, dass zumindest Lukas uns Einblick in die Kindheit Jesu gewährt. Dadurch werden Fragen und Spekulationen über Jesus überflüssig, z.B. ob Jesus als Kind wusste, wer er war; dass er von Gott kam und ob er auch in seiner Kindheit und Jugend ein sündenfreies Leben nach dem Willen seines Vaters führte. Heute sehen wir, dass die herrliche Beschreibung Jesu mit seiner herrlichen Lebensweise übereinstimmte. Wir sehen einen Jesus in vollkommener Reinheit, in vollkommener Verbundenheit mit seinem himmlischen Vater, voller Gnade und Wahrheit. Jesus hält, was er verspricht. Jesus hält, was das Evangelium verspricht. Simeon und Hanna wurden nicht enttäuscht, als sie Jesus begegneten. Sie lobten Gott. Und selbst seine Mutter die alles Geschehene im Herzen bewahrte würde hernach verstehen. Lasst uns unsere Herzen vorbereiten auf Jesus. Schaffen wir Raum für ihn.

Wir wollen den Text in kleine Blöcke betrachten.

  1. Jesus und das Gesetz (21-24)

Verse 21-24: „Und als acht Tage um waren und man das Kind beschneiden musste, gab man ihm den Namen Jesus, wie er genannt war von dem Engel, ehe er im Mutterleib empfangen war.“ Der Name Jesus leitet sich ab von „Yahwe rettet“, bedeutet also „Gott rettet“ und Gott rettet durch Jesus! „Und als die Tage ihrer Reinigung nach dem Gesetz des Mose um waren, brachten sie ihn nach Jerusalem, um ihn dem Herrn darzustellen, wie geschrieben steht im Gesetz des Herrn ((2.Mose 13,2; 13,15): Alles Männliche, das zuerst den Mutterschoß durchbricht, soll dem Herrn geheiligt heißen, und um das Opfer darzubringen, wie es gesagt ist im Gesetz des Herrn: ein Paar Turteltauben oder zwei junge Tauben (3.Mose 12,6-8). Jesu Eltern achteten penibel genau auf das Einhalten des Gesetzes. Das spricht für ihr Glaubensleben und für ihre Treue zu Gott. Es war aber nicht nur für ihr persönliches Glaubensleben wichtig, sondern auch für Jesus und für Gottes Werk; und dadurch auch für uns. Warum? Im Gal.-Brief lesen wir: „Als aber die Zeit erfüllt war, sandte Gott seinen Sohn, geboren von einer Frau und unter das Gesetz getan damit er die, die unter dem Gesetz waren, erlöste, damit wir die Kindschaft empfingen.“ (Gal. 4,4.5) Jesus ist der Einzige, der imstande war das Gesetz Gottes zu halten und zu erfüllen! Grundsätzlich sollte jeder Jude nach dem Gesetz Gottes leben. Doch außer Jesus ist kein Mensch in der Lage alle Bedingungen des Gesetzes zu erfüllen! Das bedeutet, dass kein Mensch Gott vollkommen gefallen kann. Das Gesetz offenbart uns als gefallene Sünder. Nur Jesus ist Gottes wohlgefälliger Sohn, nur er ist das makellose Lamm. Weil er das Gesetz vollständig erfüllt hat, müssen wir es nicht mehr tun! Weil er das Gesetz an unserer Stelle erfüllt hat, sind wir erlöst vom Gesetz! Unsere Sünde überträgt sich auf ihn und seine Makellosigkeit überträgt sich auf uns. Er trug unsere Strafe, damit wir sein Privileg tragen: Die Kindschaft.

Das war der erste Punkt, Jesus und das Gesetz.

  1. Die hinreichende Gnade Jesu (25-33)

Verse 25 und 26: „Und siehe, ein Mann war in Jerusalem, mit Namen Simeon; und dieser Mann war fromm und gottesfürchtig und wartete auf den Trost Israels, und der Heilige Geist war mit ihm. Und ihm war ein Wort zuteil geworden von dem Heiligen Geist, er solle den Tod nicht sehen, er habe denn zuvor den Christus des Herrn gesehen.“ Lukas berichtet von einem Mann, fromm und gottesfürchtig, ohne zu erwähnen wer Simeon war, wie alt, welchen Beruf er ausübte etc. Denn darauf kommt es nicht an! Das Entscheidende ist, dass er auf den Trost Israels wartete, was seine Frömmigkeit und Gottesfurcht auf eine ganz andere Ebene hebt! Der Trost Israels war der Messias! Viele warteten auf den Messias aber nicht viele setzten ihre gesamte Hoffnung und ihre komplette Sehnsucht in ihm! Viele hofften auf den Messias und träumten von Freiheit und Wohlstand. Freiheit und Wohlstand war ihr großes Ziel, der Messias nur das dazugehörige Mittel. Simeon, der den Heiligen Geist hatte, wurde ein Wort zuteil, vom Heiligen Geist, „er solle den Tod nicht sehen, er habe denn zuvor den Christus des Herrn gesehen.“ Simeon war so Christus-Zentriert, dass es dem Heiligen Geist gefiel, ihm die wunderschöne Verheißung zu geben, den Christus des Herrn zu sehen und seinen sehnlichsten Wunsch zu erfüllen! Und mehr wollte Simeon auch nicht, denn Christus allein ist hinreichend. Christus allein erfüllt unser Leben.

Und er kam auf Anregen des Geistes in den Tempel. Und als die Eltern das Kind Jesus in den Tempel brachten, um mit ihm zu tun, wie es Brauch ist nach dem Gesetz, da nahm er ihn auf seine Arme und lobte Gott und sprach: „Herr, nun lässt du deinen Diener in Frieden fahren, wie du gesagt hast; denn meine Augen haben deinen Heiland gesehen, den du bereitet hast vor allen Völkern, ein Licht, zu erleuchten die Heiden und zum Preis deines Volkes Israel.“ Simeon wollte nur Jesus und er bekam Jesus zu sehen. Das war’s! Er hatte seinen Trost! Er hatte seinen Frieden! Nun konnte er in Ruhe sterben! (Erinnert ihr euch noch an die Gleichung: Jesus + Nichts = Alles)

Das Baby, das er in seinen Armen hielt war der Heiland, d.h. der Erretter. In seinen Armen hielt er den, der uns von unseren Sünden erlöst und mit Gott versöhnt. Er blickte in Jesu Angesicht und durch den Heiligen Geist sah das Licht der Welt, das Licht für alle Völker! Möge der Heilige Geist auch unsere Augen öffnen. Möge er uns die Herrlichkeit Jesu sehen lassen! Sein Licht erleuchtet hell und vertreibt alle Finsternis in unseren Herzen und in unseren Seelen. Er ist die größte Ehre und Herrlichkeit für Israel. Zacharias lobte Gott, als er den Heiland empfing.

Dabei hatte sich Simeon den Trost Israels vielleicht ganz anders vorgestellt. Vielleicht als einen jungen starken Mann. Zu Gesicht bekam er bekam ein neugeborenes Baby! ABER: Jesus enttäuschte nicht! Wir sehen hier alles andere als einen enttäuschten Simeon! Wir sehen einen zutiefst gerührten und einen Gott lobenden Simeon! Christus zu empfangen bewirkt Lobpreis Gottes! Unser Herz ist am aller fröhlichsten, wenn wir Jesus annehmen. Und er enttäuscht uns nicht. Seine Gnade ist hinreichend! Jesus selbst ist hinreichend! Er stillt unsere tiefste Sehnsucht. Jeder Mensch sehnt sich danach geliebt zu werden. Wo wird größere Liebe offenbart als bei Gott, der seinen Sohn für uns dahingab und bei Jesus, der sich für uns, seine Freunde, hingegeben hat? Jeder Mensch sehnt sich nach Anerkennung. Wo finden wir größere Anerkennung als bei Gott, der uns als seine Kinder anerkennt, weil wir seinen Sohn haben! Jeder Mensch sehnt sich nach Bedeutung und Sinn. Wo sonst finden wir unsere wahre Lebensbedeutung, als in Jesus, der in uns das gefalle Bild Gottes wieder aufrichtet? Jeder Mensch sehnt sich nach Freiheit. Nur Jesus macht uns frei von unseren Sünden. Jeder Mensch hat Sehnsucht nach Leben. Niemand will sterben. Wer nimmt uns nicht nur die Angst vor dem Tod, sondern auch den Stachel des Todes? Es ist unser Herr Jesus, der den Tod besiegt hat! Es ist Jesus, der uns das wahre Leben schenkt. Jeder Mensch sehnt sich nach der Ewigkeit. Wir wollen nicht immer älter werden, wir wünschen uns manchmal, dass unsere Kinder immer klein und süß bleiben. Wir wollen, dass die Dinge, für die wir viel Geld ausgeben, nie kaputt gehen, sondern immer wie neu sind. Das sind Ausdrücke unserer Sehnsucht nach der Ewigkeit. Wer schenkt uns die Verheißung der Ewigkeit, die Verheißung des ewigen Lebens, nicht irgendwo, sondern im Haus des Vaters? Es ist unser Herr Jesus. Es ist wahr. In Jesus finden wir die Fülle. In ihm werden unser Hunger und unser Durst gestillt. Er ist derjenige, der unser Herz, unsere Seele und unser ganzes Wesen komplett ausfüllt.

Jesus ist voller Gnade. Aber er ist auch voller Wahrheit.

  1. Wahrheit (34-35)

Was tat Simeon nach seinem Lobpreis? Vers 34: „Und Simeon segnete sie“. Erstaunlicherweise blieb es nicht bei diesem Segen. Bevor er sich verabschiedete richtete Simeon bemerkenswerte Worte an Maria: „Siehe, dieser ist gesetzt zum Fall und zum Aufstehen für viele in Israel und zu einem Zeichen, dem widersprochen wird – und auch durch deine Seele wird ein Schwert dringen -, damit vieler Herzen Gedanken offenbar werden.“ Durch den Heiligen Geist sah Simeon Jesu messianischen Weg. Er sah und offenbarte Dinge, mit denen niemand gerechnet hatte! Der allgemeine Konsens über den Messias sah ungefähr so aus: Ein mächtiger König, nach dem Bsp. von König David vereint die Nation, befreit sie von ihren Feinden und führt sie zum neuen Glanz und Gloria. Niemand hätte gedacht, dass viele in Israel durch ihren eigenen Messias zum Fall gebracht würden. Nie hätten sie gedacht, dass ihm die breite Masse des Volkes widersprechen würde! Simeons Prophezeiung entspricht jedoch dem was wir im Joh-Evg. lesen: „Er kam in sein Eigentum; und die Seinen nahmen ihn nicht auf.“ (Joh 1,11) Und es entspricht dem, was wir im Laufe des Lukasevangeliums erfahren werden. Durch Jesus werden vieler Herzen Gedanken offenbar. Die Juden hielten sich für automatisch errettet, weil sie von Abraham abstammten. Die Pharisäer wogen sich in falsche Sicherheit. Gerade ihnen offenbarte Jesus die Verkehrtheit ihrer innersten Gedanken und die Korruptheit ihrer Herzen.

Doch viele würden durch Jesus auch aufstehen. Allerdings stellen auch sie eine Überraschung dar. Denn ihre Mehrheit waren einfache Menschen, Arme, Schwache, Sünder, Zöllner, mit denen niemand rechnete.

Warum richtete Simeon diese schmerzhaften Fakten an Maria? Warum verabschiedete er sich nicht mit gnädigen Worten und dem Segen? Maria sollte keine falschen Vorstellungen über den Werdegang ihres Sohnes haben. Er würde keine breite Zustimmung im Volk finden, er würde nicht alle Herzen im Sturm erobern und den königlichen Thron im Palast besteigen. Maria sollte sich davor hüten, mit falschen Erwartungen zu leben.

Zudem hatte Simeon noch eine ganz ganz persönliche und schmerzhafte Nachricht für sie: „und auch durch deine Seele wird ein Schwert dringen“. Wir sehen gleich, welche Schmerzen Maria hatte, als sie ihren 12 jährigen Sohn 3 Tage aus den Augen verlor. In ca. 33 Jahren würde Maria auf viel schmerzhaftere Weise erleben, wie sie ihren Sohn durch die Qualen des Kreuzes 3 Tage an den Tod verlieren würde. Diese Schmerzen würden einem langen scharfen Schwert gleichen, das durch ihr Herz dringen würde.

So konnte Simeon durch den Heiligen Geist bis hin zum Kreuz Christi schauen. Und er erkannte, dass das Heil durch Jesus, über das Kreuz führt. So ist seine Botschaft über Jesus voller Gnade und voller Wahrheit.

  1. Das zweite Zeugnis durch Hanna (36-40)

Nach jüdischem Recht benötigt jedes glaubwürdige Zeugnis mind. zwei Zeugen. Nach Simeons Zeugnis überliefert Lukas ein zweites Zeugnis durch Hanna. Betrachten wir Verse 36-38: „Und es war eine Prophetin, Hanna, eine Tochter Phanuëls, aus dem Stamm Asser; die war hochbetagt. Sie hatte sieben Jahre mit ihrem Mann gelebt, nachdem sie geheiratet hatte und war nun eine Witwe an die vierundachtzig Jahre; die wich nicht vom Tempel und diente Gott mit Fasten und Beten Tag und Nacht. Die trat auch hinzu zu derselben Stunde und pries Gott und redete von ihm zu allen, die auf die Erlösung Jerusalems warteten.“ Die zweite Zeugin in unserer Textpassage war eine bemerkenswerte Persönlichkeit! Hanna war eine uralte Witwe, eine Prophetin, in einer ansonsten geistlich finsteren Zeit. Sie war jemand, der sich Gott völlig hingab! Und das obwohl sie als Witwe einen schweren Verlust hatte hinnehmen müssen. Sie wich nicht vom Tempel. Laut Robert Stein war sie nicht 24 Std. im Tempel, weil Frauen dort nicht übernachten durften; aber heute würde man sagen: Sie war ständig im Tempel oder sie war die ganze Zeit dort. Diese Tatsache und die Tatsache, dass sie Tag und Nacht fastete und betete zeigen, dass Gottesdienst ihr Leben war, denn Gott war ihr Leben! Auch ihr gewährte Gott das unfassbare Privileg, noch vor dem (wahrscheinlich) baldigen Tod den neugeborenen Messias zu sehen und auch sie war nicht enttäuscht. Wir lesen über ihre Reaktion: „und pries Gott und redete von ihm zu allen, die auf die Erlösung Jerusalems warteten.“ Auch in ihr bewirkte Christus Lobpreis Gottes und Verkündigung! Sie konnte die gute Nachricht nicht stillschweigend im Herzen behalten. Sie wurde zur Zeugin Christi für viele. Mein Anliegen für mich und für euch ist, durch Jesus Gott zu preisen und ein anbetendes Leben zu führen und durch eine freudige Begeisterung ein Segen für andere zu sein. Möge Gott dadurch Jesu Licht in unsere Stadt bringen.

  1. Der 12 jährige Jesus im Tempel (41-52; 39.40)

Betrachten wir Verse 41 und 42: „Und seine Eltern gingen alle Jahre nach Jerusalem zum Passafest. Und als er zwölf Jahre alt war, gingen sie hinauf nach dem Brauch des Festes.“ Lukas hat uns bereits das treue Glaubensleben von Maria und Josef vermittelt. Auch nach 12 Jahren hatte sich daran nichts geändert. Sie richteten ihr Leben nach dem Willen Gottes aus und besuchten regelmäßig das Passafest in Jerusalem, das insgesamt 7 Tage dauerte und zu dem eigentlich nur die Männer verpflichtet waren (vgl. 5.Mose 16,16). „Und als die Tage vorüber waren und sie wieder nach Hause gingen, blieb der Knabe Jesus in Jerusalem und seine Eltern wussten’s nicht. Sie meinten aber, er wäre unter den Gefährten und kamen eine Tagesreise weit und suchten ihn unter den Verwandten und Bekannten. Und da sie ihn nicht fanden, gingen sie wieder nach Jerusalem und suchten ihn.“ In diesen Versen wird der Alptraum aller Eltern beschrieben. Du verlierst dein Kind in einer vollgepackten Stadt und bemerkst es erst nach einer Tagesreise. Diese Verse zeigen uns so einiges über die damalige Zeit und über die Familie Jesu. Eine Tagesreise dauerte bis zum Abend und betrug 30-40 km (Robert Stein). Es war üblich dass die Kinder aus der Verwandtschaft, Freundschaft und Nachbarschaft gemeinsam wanderten, sich abends aber wieder in den eigenen Familien zurückfanden. So fiel das Verschwinden Jesu erst abends auf. Außerdem muss Jesus ein gehorsames und braves Kind gewesen sein, so dass sie sich im Vorfeld keine Sorgen über ihn machten. Es sind eher die Problemkinder, die man im Auge behält.

Wir lesen: „Und da sie ihn nicht fanden, gingen sie wieder nach Jerusalem und suchten ihn. Und es begab sich nach drei Tagen, da fanden sie ihn im Tempel sitzen“. (Man nimmt an, der erste Tag bezieht sich auf den Nachhauseweg und da es wohl schon Abend war, konnten sie erst am zweiten Tag zurückkehren. Und weil sie wiederum abends in Jerusalem ankamen, konnten sie ihn erst am dritten Tag suchen.) Ohne zu wissen wo sich Jesus befand, muss die Suche nach Jesus der Suche nach der Nadel im Heuhaufen geglichen haben. Sie müssen alle Orte abgeklappert haben, an denen sie Jesus vermuteten. Schließlich kam sie in den Tempel und fanden ein unerwartetes Bild. Sie fanden keinen verstörten Jesus, der weinte. Sie fanden keinen verängstigten Jesus, der ihnen Vorwürfe machte. „Sie sahen ihn im Tempel sitzen, mitten unter den Lehrern, wie er ihnen zuhörte und sie fragte.“ Laut Meno Kalisher (einem messianischen Pastor) versammelten sich während des Passafestes alle Großrabbiner Israels im Tempel und lehrten das Volk, das aus allen Richtungen zusammengekommen war. Das war die Gelegenheit, von den größten jüdischen Gelehrten das Wort Gottes zu empfangen, denn die Menschen besaßen keine Bibeln, wie wir es heute tun. Das Fest war vorbei, die Menschen reisten allmählich wieder ab, aber im Tempel herrschte Ausnahmezustand und niemand dachte daran, nachhause zu gehen. Alle Lehrer, die im Tempel gruppenweise gelehrt hatten, kamen zusammen und in ihrer Mitte saß der 12 jährige Jesus! (Man muss dazu sagen, dass Kinder dort überhaupt nichts verloren hatten. Sie galten als Störenfriede, weil sie sich eher für Spiele oder Streiche interessierten, aber weniger für theologische Debatten). Es also absolut außergewöhnlich, dass Jesus in ihrer Mitte saß! Jesus hörte ihnen aufmerksam zu und stellte Fragen. Wie kann man sich das vorstellen? Wollte Jesus etwas lernen? Konnten sie ihm etwas beibringen? Wahrscheinlich hörte Jesus zu, wie die unterschiedlichen Rabbis die heilige Schrift interpretierten und ihre eigenen Schriften miteinander verglichen und rechtfertigten etc. Und durch gezielte Fragen, wie z.B.: Stehen eure Thesen nicht im Widerspruch zum Wort Gottes aus diesem oder jenem Vers? Oder: Wodurch werden das Gesetz und die Propheten erfüllt?, offenbarte Jesus ihren Mangel an Erkenntnis und Weisheit bzgl. Gott und der Schrift, obwohl sie stolze Lehrer waren.

Jesus stellte nicht nur Fragen. Vers 47: „Und alle, die ihm zuhörten, verwunderten sich über seinen Verstand und seine Antworten.“ Niemand verstand das Wort Gottes so gut wie derjenige, der das inkarnierte Wort Gottes ist! Johannes bezeugt über ihn: „Und das Wort ward Fleisch und wohnte unter uns, und wir sahen seine Herrlichkeit, eine Herrlichkeit als des eingeborenen Sohnes vom Vater, voller Gnade und Wahrheit.“ (Joh 1,14) Noch nie hatte die Welt einen Menschen gesehen, der Gottes Wort lehren konnte, wie der 12 jährige Jesus, der das Herz zum brennen bringt. Lukas bringt am Ende seines Evangeliums das Bsp. der Emmaus-Jünger. Auch ihnen stelle Jesus eine Frage: „Musste nicht Christus dies erleiden und in seine Herrlichkeit eingehen?“ (Lk 24,26) Jesus stellte nicht nur Fragen. Weiter heißt es: „Und er fing an bei Mose und allen Propheten und legte ihnen aus, was in der ganzen Schrift von ihm gesagt war.“ (27) Hinterher sprachen sie: „Brannte nicht unser Herz in uns, als er mit uns redete auf dem Wege und uns die Schrift öffnete?“ (32)

Was muss das für eine geistliche Atmosphäre gewesen sein, als der 12 jährige Jesus im Tempel Gottes Wort offenbarte! Wie nahmen seine Eltern diese Szene wahr? Vers 48: „Und als sie ihn sahen, entsetzen sie sich. Und seine Mutter sprach zu ihm: Mein Sohn, warum hast du uns das getan? Siehe, dein Vater und ich haben dich mit Schmerzen gesucht.“ Hier spricht das verletzte und schmerzende Herz einer Mutter, die ihr Kind 3 Tage lang verloren hat. In ihrem Scherz richtet sie einen Vorwurf an Jesus. „Warum hast du uns das getan?“ Wie ging Jesus damit um? Lesen wir Verse 49 und 50: „Und er sprach zu ihnen: Warum habt ihr mich gesucht? Wisst ihr nicht, dass ich sein muss in dem, was meines Vaters ist? Und sie verstanden das Wort nicht, das er zu ihnen sagte.“ Jedem anderen Kind wären bei dieser Antwort die Ohren lang gezogen worden. Nur bei Jesus entfaltet sich dabei die Herrlichkeit Gottes. „Warum habt ihr mich gesucht?“ ist im Sinne von: Warum seid ihr nicht gleich in den Tempel gekommen? zu verstehen, Ihr hättet euch einen Tag Suche ersparen können. Die Erklärung folgt im nächsten Satz: „Wisst ihr nicht, dass ich sein muss in dem, was meines Vaters ist?“ Was bedeutet diese Frage, was können wir herausholen? „Dass ich sein muss in dem, was meines Vaters ist“ können wir in zweierlei Hinsicht verstehen, zum einen räumlich, zum andern geistlich – wobei beides miteinander einhergeht. Räumlich gesehen war der Tempel das Haus Gottes. Nirgendwo sonst auf der Erde konnte man Gott näher sein als im Tempel. Und Jesus ging in den Tempel, wo sein Vater wohnte. Somit bekennt sich Jesus mit den allerersten Worten, die von ihm überliefert sind, als Sohn Gottes. Die seelenruhige Reaktion Jesu auf seine aufgewühlten Eltern bezeugt, dass Jesu Bindung zu seinem himmlischen Vater viel natürlicher, viel selbstverständlicher und viel stärker war, als seine Bindung zu seinen irdischen Eltern.

Dass ich sein muss in dem, was meines Vaters ist“, kann auch verstanden werden als: Ich muss in den Angelegenheiten meines Vaters involviert sein. Es war Gottes Wille, zu seinem Volk zu sprechen und insbesondere sein Volk auf den Messias vorzubereiten, der bereits mitten unter ihnen war. So knüpfte sich Jesus die Lehrer vor, die Vermittler des Wortes Gottes waren! Sie waren das offizielle Sprachrohr für das Volk. In diesem wichtigen Werk Gottes brachte sich Jesus ein und wie der Text bezeugt, nicht ohne Wirkung.

Betrachten wir Vers 51a: „Und er ging mit ihnen hinab und kam nach Nazareth und war ihnen untertan.“ Mit diesem Satz möchte Lukas vermeiden, dass wir ein rebellisches Bild von Jesus bekommen, der ständig ausbüchste oder seinen Eltern ungehorsam war, denn nach dem Willen Gottes sollen Kinder ihren Eltern gehorsam sein.

Laut Vers 50 verstanden seine Eltern die Antwort Jesu nicht. Immerhin lesen wir im Vers 51: „Und seine Mutter behielt alle diese Worte in ihrem Herzen.“ Das war offenbar eine gute Angewohnheit Marias. Immer wenn sie die göttlichen Worte oder Taten nicht verstand, behielt die diese dennoch in ihrem Herzen, um eines Tages zu verstehen!

Wir lesen zum Schluss im Vers 52: „Und Jesus nahm zu an Weisheit, Alter und Gnade bei Gott und den Menschen.“ Bereits im Vers 40 hatten wir erfahren: „Das Kind aber wuchs und wurde stark, voller Weisheit und Gottes Gnade war bei ihm.“ Diese Verse bezeugen die Einzigartigkeit Jesu, auch als Kind.

Der Engel hatte Recht, als er Jesus als Gottes Sohn verkündete. Die Zeugen Simeon und Hanna erkannten in Jesus den verheißenen Messias und lobten Gott. Der 12 jährige Jesus im Tempel bestätigt die Wahrheit über die Verheißungen. Er ist der einzige, makellose, Sohn Gottes, der gekommen ist, uns von unseren Sünden zu erlösen. Möge er Zentrum unseres Lebens sein. Mögen wir in ihm finden, was uns sonst niemand geben kann. Möge er Lob Gottes in uns bewirken und ein Zeugnis für die verlorene Welt.

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