Das erste Abendmahl
„Und er nahm das Brot, dankte und brach’s und gab’s ihnen und sprach: Das ist mein Leib, der für euch gegeben wird; das tut zu meinem Gedächtnis. Desgleichen auch den Kelch nach dem Mahl und sprach: Dieser Kelch ist der neue Bund in meinem Blut, das für euch vergossen wird!“
Lukas 22,19.20
Im heutigen Text sehen wir wie Jesus einen der grundlegendsten christlichen Bräuche einführt: das Abendmahl. Das Abendmahl ist eines von zwei Sakramenten, die in der reformierten, protestantischen Gemeinde gefeiert werden. (Das andere wichtige Ritual ist die Taufe von Menschen, die Jesus als ihren Herrn und Heiland angenommen haben). Während unserer Zeit in Boston haben wir einmal eine anglikanische Gemeinde besucht. In der anglikanischen Kirche wird das Abendmahl jede Woche gefeiert. Mark Booker, der Pastor dieser Gemeinde war früher kein Anglikaner. Er wurde erst später in der anglikanischen Kirche Mitglied, weil er das Abendmahl liebt und weil er es jeden Sonntag feiern wollte. Unser Abendmahl dort war eine schöne und sehr ansprechende Zeremonie. Ich konnte wirklich sehen, dass Booker sich wirklich darüber freute, das Abendmahl auszuteilen. Wir bekamen alle ein Stückchen Brot. Ich war so bewegt, dass ich das Brot irgendwann dankbar aufaß. Was ich nicht wusste, war, dass man mit diesem Brot nach vorne kommen musste, weil es nur einen Weinkelch gab. In diesen Kelch hätte ich das Brot tunken und dann essen sollen. Und dann stand ich vor dem Ältesten, der den Kelch in der Hand hatte und hatte kein Brot mehr. Deshalb habe ich dann direkt aus dem Kelch getrunken. Der Älteste hat mich etwas komisch angeschaut. Aber es war okay, weil wir nur ein einziges Mal dort zu Besuch waren und dann nie wieder.
Das Abendmahl wurde von Anbeginn des Christentums gefeiert. In Apostelgeschichte und im Korintherbrief lesen wir, wie die frühen Christen zusammen kamen, um das Brot zu brechen. Wir lesen zum Beispiel in Apostelgeschichte 2,42: „Sie blieben aber beständig in der Lehre der Apostel und in der Gemeinschaft und im Brotbrechen und im Gebet.“ Und ein paar Verse weiter heißt es: „Und sie waren täglich einmütig beieinander im Tempel und brachen das Brot hier und dort in den Häusern…“ Dieses Brotbrechen war nicht einfach nur ein gemeinsames Essen. Es ist ein Synonym für die Feier des Abendmahls. Das Abendmahl war eines der Kennzeichen der frühen Christen.
Gleichzeitig ist kaum ein Thema so kontrovers wie das Abendmahl. D.A. Carson sagte, dass die vier Wörter „das ist mein Leib“ vielleicht die vier am heftigsten diskutierten Worte der ganzen Bibel sind. Es gibt mindestens vier verschiedene Art und Weisen, wie Christen das Abendmahl verstanden haben. Orthodoxe Christen und Katholiken zum Beispiel glauben daran, dass Jesu Wort „das ist mein Leib“ wortwörtlich zu verstehen ist. Sie glauben daran, dass beim Abendmahl das Brot und der Wein sprichwörtlich und ganz physisch zu Jesu Leib und Jesu Blut werden.
Luther widersprach der Ansicht der Katholiken. Aber nur teilweise. Luther glaubte nicht, dass das Brot und der Wein physisch Jesu Leib und Blut werden. Aber Luther glaubte daran, dass Jesus trotzdem beim Abendmahl physisch anwesend ist. Mit anderen Worten, Brot und Wein werden zwar nicht ersetzt durch Jesu physische Gegenwart, aber Jesus ist beim Brotbrechen zusätzlich physisch gegenwärtig. Luthers Zeitgenosse und ebenfalls Reformator Ulrich Zwingli widersprach dieser Ansicht. (In Zürich gibt es ein Relief, das die Diskussion zwischen Luther und Zwingli abbildet. Die Diskussion fand in Marburg statt). Zwingli glaubte daran, dass das Abendmahl rein symbolisch zu verstehen ist. Das Brot repräsentiert den Leib Christi, und der Wein repräsentiert das Blut Jesu.
Und dann wiederum gab es Calvin, der sowohl mit Zwingli als auch mit Luther nicht einverstanden war. Calvin glaubte nicht daran, dass Jesus beim Abendmahl physisch gegenwärtig ist. Aber Calvin glaube auch nicht daran, dass das Abendmahl nur ein symbolischer Akt war. Stattdessen glaubte Calvin, dass das Abendmahl ein sogenanntes Gnadenmittel ist. Mittel der Gnade bedeutet nicht, dass man dadurch gerecht wird. Mittel der Gnade bedeutet, dass Christen durch das Ausüben des Abendmahls die Fülle von Jesu Gnade erfahren, wie es nicht möglich wäre, wenn sie das Abendmahl nicht ausüben würden. Anders gesagt, Calvin glaubte nicht, dass Jesus beim Abendmahl physisch gegenwärtig ist. Aber er glaubte daran, dass Jesus geistlich da ist und dass man diesen Jesus im Abendmahl erfährt. Wenn man so will, dass ist Calvin’s Ansicht zwischen der von Martin Luther und der von Ulrich Zwingli.
Im Zentrum des heutigen Textes steht das erste Abendmahl, das Jesus mit seinen Jüngern feierte. Es war das erste Mal in der gesamten christlichen Geschichte. Unser Ziel heute ist es nicht, die Abendmahl-Kontroverse zu lösen. Das Thema ist reich, komplex und auch geheimnisvoll. (Das ist von Jesus sicherlich auch so gewollt). Aber wir wollen lernen, was uns das erste Abendmahl an Prinzipien lehrt, wie wir unser Abendmahl feiern sollten. Drei Dinge, die wir hier mitnehmen wollen: erstens, das Abendmahl war geplant und vorbereitet. Zweitens, das Abendmahl ist alt und neu. Drittens, das Abendmahl ist für uns.
Erstens, das Abendmahl war geplant und vorbereitet
Vers 1 beginnt mit einer Zeitangabe: „Es war aber nahe das Fest…“ Schon seit längerer Zeit hatten die Hohenpriester und die Schriftgelehrten die Absicht, Jesus zu beseitigen. Aber wir erfahren in Vers 2, dass es ein Problem gab. Jesus war beim Volk viel zu populär. Die religiösen Leiter hatten Furcht vor dem Volk. Sie mussten irgendwie einen Weg finden, Jesus zu verhaften, ohne zu viel Aufsehen zu erregen. Am Tag war Jesus im Tempel. Ihn dort öffentlich abzuführen hätte zu einem Volksaufstand führen können. Das wäre viel zu riskant. Abends war Jesus an ruhigeren Orten, weg von der Menschenmenge. Aber da wussten sie vermutlich nicht, wo genau sich Jesu aufhielt, mit wem er sich dort aufhielt, wie man ihm dort beikommen konnte. Bislang waren alle ihre Versuche und alle ihre Pläne gescheitert. Was sie brauchten, war die Hilfe eines Insiders.
Diese Hilfe bekamen sie schließlich durch Judas. Vers 4: „Und er ging hin und redete mit den Hohenpriestern und mit den Hauptleuten darüber, wie er ihn an sie verraten könnte.“ Ihre Reaktion in Vers 5 zeigt dann, wie erleichtert sie darüber waren. Sie freuten sich über Judas Mithilfe. So weit, so schlimm. Was trieb Judas dazu an? Judas bekam von den religiösen Leitern Geld versprochen. In Johannesevangelium erfahren wir, dass Judas ein Problem mit Geld hatte. Er war habgierig, er war unehrlich, er war ein Dieb. Und dann lesen wir die schwierige Aussage, dass der Satan in Judas fuhr. Was immer dieser Vers auch bedeutet, den Sohn Gottes, der die Liebe Gottes selbst war, der einzige Mensch ohne Lügen, ohne Falsch und ohne Sünde war, an die Feinde auszuliefern, war eine teuflische und diabolische Tat.
Der nächste Abschnitt beginnt wieder mit einer Zeitangabe. Das Fest stand endlich bevor. Petrus und Johannes sollten das Passalamm vorbereiten. Wie wir wissen war das Passafest eines der Hauptfeste bei den Juden. Jerusalem war zu dieser Zeit von Pilgern regelrecht überlaufen. Einen Raum zu finden, in dem man gemeinsam Passa feiern konnte, war alles andere als einfach. Jesus sagte Petrus und Johannes in den Versen 10-12, dass sie einem Mann folgen sollten mit einem Wasserkrug auf dem Kopf. Das war sehr ungewöhnlich, weil es damals Frauen waren, die Wasser trugen. Dieser Mann würde sie zu einem Hausherrn führen, der einen Raum für Jesus und die Jünger parat hatte. Das Pass-Wort lautete: „Der Meister lässt dir sagen: Wo ist der Raum, in dem ich das Passalamm essen kann mit meinen Jüngern?“ Viele gehen davon aus, dass es Jesu Vorsehung war. Aber das muss nicht der Fall sein. Es kann genauso gut sein, dass Jesus mit dem Hausherrn vorher eine Vereinbarung getroffen hatte.
Wir wollen noch einmal über diese Verse nachdenken. N.T. Wright sagte, dass es ist kein Zufall ist, dass die Geschichte des Abendmahls und Jesu Verrat miteinander verwoben sind. Die religiösen Leiter wollten Jesus beseitigen, weil er ihnen schon lange ein Dorn im Auge war. Sie dachten, dass sie die Kontrolle über Jesus hätten, obwohl sie ohne die Hilfe eines Insiders nicht einmal in der Lage waren, an Jesus ranzukommen, weil sie das Volk nicht kontrollieren konnten. Eigentlich hatten sie nichts unter Kontrolle. Wir haben gesehen, dass Judas ein Problem mit Geld hatte. Judas dachte, dass er sein Problem ziemlich gut im Griff hatte. Aber dann lesen wir, dass der Satan in Judas fuhr. Er hatte nichts im Griff. Durch die Erwähnung vom Satan sehen wir, dass auch alle geistlichen Mächte der Finsternisse ihre Finger im Spiel hatten. Der Teufel dachte, dass er die Kontrolle hatte und Menschen beeinflussen konnte. Aber stimmt das?
Die einzige Person, die hier alles unter Kontrolle hat, ist Jesus selbst. Jesus wusste, dass die Zeit seines Leidens und Sterbens gekommen war, weil er es so geplant hatte. Jesus hatte geplant, dass sein Opfer während des Passafestes stattfindet, weil er selbst das wahre Passalamm werden würde. Jesus hatte damit geplant, dass um diese Zeit einer der Insider ihn verraten würde. Jesus hatte damit geplant, dass er genau zu diesem Fest in die Hände der Feinde fallen würde. Jesus hatte damit gerechnet, dass selbst der Teufel und die Mächte der Finsternis genau in diesem Moment ihre Bosheiten ausspielten. Jesus hatte geplant, dass genau an diesem Abend sein letztes Passafest mit den Jüngern stattfinden sollte. Jesus hatte geplant, dass dafür ein Raum bereitstand. Jesus hatte geplant, dass genau um diese Zeit ein Mann mit einem Wasserkrug durch die Stadt lief und die Jünger zum Hausherrn dieses Raumes hinführte. Jesus hatte das alles geplant: nicht nur ein paar Tage vorher, sondern Jahre vorher, als Israel aus Ägypten auszog und eigentlich noch vor Grundlegung der Welt.
Jesus hat die Kontrolle, in allem und über allem. Jesus ist der souveräne Herr. Jesus ist derjenige, der das Abendmahl plante, und Jesus ist derjenige, der das Abendmahl vorbereitete.
Zweitens, das Abendmahl ist alt und neu
Inwiefern ist das Abendmahl alt? Vers 15: „Und er sprach zu ihnen: Mich hat herzlich verlangt, dies Passalamm mit euch zu essen, ehe ich leide.“ Das Abendmahl war eigentlich ein Passafest. Das Passafest kannten die Israeliten seit ungefähr 1500 Jahren. Beim Passafest feierten die Israeliten die Befreiung von einem Diktator, dessen Regime das Volk mit Sklaverei unterdrückt hatte. Sie feierten die Tatsache, dass während Gott die Ägypter richtete, Gottes Gericht an ihnen vorüberging, obwohl sie es genauso verdient hätten. Sie feierten den Exodus aus einem Land, das ihre Söhne im Nil ertränkt hatte. Sie feierten die Geburtsstunde ihres Volkes. Jesus kam als jüdischer Mann auf die Welt. Jesus lebte nach ihren Gesetzen, er sang ihre Lieder, er feierte ihre Feste und er war ganz eingebettet in der Kultur und den Gepflogenheiten des Landes. Jesus brach nicht mit den Traditionen des AT. Er setzte das fort, was die Israeliten seit vielen Jahrhunderten kannten. Als Jesus das Abendmahl mit seinen Jüngern abhielt, feierte er also ein ganz altes Fest. Und deshalb ist auch das Abendmahl sehr alt.
Auf der anderen Seite ist das Abendmahl auch richtig neu. Während dem Passafest sagte Jesus einige Dinge, die die Jünger noch nie bei einem Passafest gehört hatten. Passa war eigentlich eine Erinnerung an die Vergangenheit, der Auszug aus Ägypten. Aber anstatt für die Vergangenheit zu danken, spricht Jesus ganz völlig unerwartet über die Zukunft, wenn sich das Passalamm im Reich Gottes erfüllen wird. Normalerweise wurde beim Austeilen des Brotes gesagt: „Das ist das Brot der Trübsal unserer Väter.“ Aber Jesus sagte: „Das ist mein Leib, der für euch gegeben wird“. Jesus sagte damit nichts anderes als: „Das ist das Brot meiner Trübsal. Nicht ihr leidet. Ich leide für das Volk.“ Was bedeutet das? Inwiefern ist das Abendmahl nicht nur alt sondern auch radikal neu?
Zum einen sehen wir, dass das Abendmahl mit dem Kommen von Reiches Gottes zu tun hat. Zweimal wird im heutigen Text das Reich Gottes erwähnt. Nachdem Jesus seine Sehnsucht ausdrückte, das Passalamm mit den Jüngern zu essen, sagt er: „Denn ich sage euch, dass ich es nicht mehr essen werde, bis es erfüllt wird im Reich Gottes.“ Und in Vers 17 teilt Jesus den Kelch aus. Traditionell gab es beim Passafest vier Kelche. Und das war der zweite oder der dritte Kelch und noch nicht der Kelch, der den neuen Bund markiert. Und dann sagte Jesus: „denn ich sage euch: ich werde von nun an nicht trinken von dem Gewächs des Weinstocks, bis das Reich Gottes kommt.“ Was bedeutet die Erfüllung des Passalamms in Gottes Reich? Und was bedeutet das Kommen von Gottes Reich? Die Erfüllung des Passalamms im Reich Gottes bezieht sich ganz klar auf Jesu Tod am Kreuz an nächsten Tag. Das Kommen von Gottes Reich ist ein kontinuierlicher Prozess. Auf der einen Seite ist das Reich bereits gekommen in Jesus und durch jeden Menschen, der Jesus als seinen König nachfolgt. Auf der anderen Seite wird es einen Tag geben, an dem das Reich endgültig da ist: wenn Gottes „dort oben“ vollständig „hier unten“ da sein wird; wenn alle Menschen ihre Knie vor König Jesus beugen werden; wenn die unzähligen Erlösten nach ihrer Auferstehung vor dem Thron Gottes stehen werden und ihn loben und preisen werden. Und diese Erwartung und diese Sicht auf das Reich Gottes ist eine völlig neue Dimension des Passamahls.
Als nächstes, Jesus ist die vollständige Erfüllung des alten Passafests. Ich habe vorhin erwähnt, dass es beim Passafest um Befreiung von Sklaverei ging; das Vorübergehen von Gottes Gericht; um den Exodus und um die Geburtsstunde des Volkes Israel. Alles das ist ein Fingerzeig auf Jesus. Jesus befreit uns von Sklaverei und Unterdrückung: nicht die Unterdrückung durch menschliche Tyrannen, was schlimm genug sein kann; nicht Befreiung von den Römern wie alle jüdischen Zeitgenossen von Jesus dachten; sondern Befreiung von Unterdrückung durch Sünde und Satan, von Tod und Teufel. Jesus erlöst uns vom Bösen. In Christus geht das Gericht Gottes an uns vorüber: Jesus beendet des Unrecht ohne uns, die Ungerechten, zu beenden; Jesus entfernt das Böse, ohne uns Böse zu entfernen; Jesus vernichtet Sünde, ohne uns Sündiger zu vernichten. Gottes Gericht ging an uns vorüber, weil das Gericht auf Jesus fiel. Wir leben, weil Jesus für uns starb. Jesus ist derjenige, der den wahren Exodus anführt: Mose und Aaron hatten seinerseits das Volk Israel aus Ägypten herausgeholt. Jesus führt uns aus unserem alten Leben ohne Gott in ein neues Leben in Beziehung mit dem lebendigen Gott, der uns gemacht hat und der uns liebt. Und das Abendmahl erinnert an die Geburtsstunde des neuen Volkes Israel: ein Volk, das nicht nur Nachkommen von Abraham miteinschließt, sondern Menschen aus allen Nationen und Stämmen und Völkern und Sprachen; eine Schar, die niemand zählen kann; das neue Gottesvolk. Das ist neu.
Als drittes, Jesus adoptierte die Jünger als seine Familie. Das Passafest wurde in der Familie gefeiert. Während dem Passafest wurde nach dem ersten Becher eine Frage gestellt: „Warum ist diese Nacht anders als andere Nächte?“ Diese Frage wurde normalerweise vom jüngsten Kind der Familie gestellt. Und dann wurde auf die Frage durch den Gastgeber geantwortet, und der Gastgeber war der Vater, das Haupt der Familie. Jesus feierte sein Passafest nicht mit seiner Familie. Er feierte es mit seinen Jüngern. Gleiches galt für die Jünger. Sie feierten das Passa nicht mit ihren Familien. Sie feierten es mit Jesus. Und dadurch macht Jesus die erstaunliche Aussage, dass sie seine Familie sind. Sie sind Kinder Gottes, Brüder (und Schwestern) von Jesus. Auch das ist neu.
Als viertes, im Abendmahl schließt Jesus mit uns einen neuen Bund. Vers 20: „Desgleichen auch den Kelch nach dem Mahl und sprach: Dieser Kelch ist der neue Bund in meinem Blut, das für euch vergossen wird!“ Dieser Vers fasst alle Neuheiten des Abendmahls in einem Wort zusammen. Jesus spricht hier von einem neuen Bund. Ein Bund ist eine Abmachung zwischen Gott und den Menschen. In Hebräerbrief 8 werden der alte und der neue Bund einander gegenüber gestellt. Im alten Bund war Mose der Mittler. Im neuen Bund ist Jesus der Mittler. Im alten Bund wurde das Blut von Opfertieren vergossen. Im neuen Bund ist es das Blut Jesu. Im alten Bund wurden viele Tieropfer gebracht. Im neuen Bund ist es das einmalige Opfer Christi. Im alten Bund war die Abmachung, dass Gottes Volk Gottes Gesetzen gehorsam sein sollte, um zu leben. Im neuen Bund gilt die Abmachung, dass wir allesamt Gottes Gesetz ungehorsam waren und dass wir leben, weil Jesus für uns am Kreuz alles bezahlt hat. Das Abendmahl ist also radikal neu.
Drittens, das Abendmahl ist für uns
Wir sehen, das Abendmahl wurde von Jesus geplant und vorbereitet. Das Abendmahl ist alt und gleichzeitig radikal neu. Wie sollten wir das Abendmahl feiern? Das Abendmahl ist eine unglaublich reichhaltige Ressource, die Jesus seiner Gemeinde anvertraut hat. Ich will kurz auf drei Punkte eingehen, die wir uns beim Abendmahl vergegenwärtigen können.
Zum einen, das Abendmahl ist ein Mittel der Gnade für uns. Wenn wir an Bund denken, dann wird es oft etwas abstrakt. Um ein praktisches Beispiel für einen Bund zu geben: viele von uns leben in einem Bund mit einem anderen Menschen, der Bund der Ehe. Dietrich Bonhoeffer hielt 1943 eine Predigt über die Ehe als er ein Paar traute. Und in seiner Predigt machte Bonhoeffer über den Ehebund eine erstaunliche Aussage. Er sagte: „Nicht eure Liebe trägt die Ehe, sondern von nun an trägt die Ehe eure Liebe.“ Viele Menschen in heutiger Zeit würden denken, dass es ihre Liebe ist, die ihren Ehebund am Leben erhält. Aber das wäre ein sehr wackliger Ehebund, weil unsere Liebe tagtäglich variiert. Bonhoeffer sagte genau das Gegenteil, dass der Bund der Ehe, obwohl er unsichtbar ist, eine objektive Realität ist, die von Gott geschaffen und von Gott eingesetzt wurde. Wenn wir auf dieser Realität stehen, dann gibt es Hoffnung für die Ehe. Wegen des Ehebundes kann unsere Liebe immer und immer wieder von neuem entfacht werden. Sich an diesen Bund zu erinnern und den Bund neu zu beleben ist daher eine der wichtigsten Pflichten in der Ehe.
Und so ist es in unserer Beziehung mit Jesus. Der Bund ist nicht abstrakt. Er ist eine objektive Realität außerhalb von uns. Der Bund ist nichts, was wir uns einbilden oder einreden. Jesu Tod am Kreuz ist eine historische Realität, die wir sehen und wahrnehmen können. Jesu Tod am Kreuz ist Tatsache, egal wie nah oder wie fern wir uns Gott fühlen. Um uns an diese historische Realität zu erinnern, hat Jesus uns ein extrem praktisches Gnadenmittel geschenkt. Das Abendmahl ist keine Theorie. Es ist Praxis. Wenn wir das Brot nehmen und den Wein trinken, dann sind alle unsere Sinne involviert: wir fühlen, wir riechen, wir schmecken, wir sehen, wir hören. Diese Form von aktiv gefühlter Erinnerung kann durch nichts ersetzt werden.
Weil das so wichtig ist, sollten wir das Abendmahl regelmäßig feiern. Jesus sagte: „das tut zu meinem Gedächtnis.“ Calvin hatte sich vor Jahrhunderten schon beklagt: „Was wir im Bezug auf das Sakrament gesagt haben, zeigt sehr klar, dass es nicht eingesetzt wurde, um nur einmal im Jahr empfangen zu werden und es oberflächlich zu machen, wie es oft der Brauch ist. Im Gegenteil, es wurde eingesetzt, damit es von allen Christen regelmäßig gebraucht wird, damit sie häufig zum Gedächtnis an Christi Leiden zurückkehren, und durch solche Erinnerung in ihrem Glauben genährt und gestärkt werden…“ Wir sollten das Abendmahl daher auch öfter feiern als nur einmal im Jahr. In Apostelgeschichte lesen wir, wie die ersten Christen in ihren Häusern das Brot brachen. Vielleicht ist daher eine mögliche Anwendung, dass wir das Abendmahl auch in den Kreisen feiern, zusätzlich zu einer regelmäßigen Feier mit der ganzen Gemeinde.
Das bringt uns zum nächsten Punkt, das Abendmahl dient zu unserer Gemeinschaft und Einheit. Das Abendmahl wurde gegeben, damit wir es gemeinsam und in Gemeinschaft zusammen feiern. Man kann das Abendmahl nicht allein feiern. Wir feiern es immer in Gemeinschaft mit unseren Brüdern und Schwestern. Und beim Feiern des Abendmahls dürfen wir uns der Tatsache vergewissern, dass wir nicht alleine stehen, sondern mit Millionen von anderen Christen außerhalb unserer Gemeinde, die den gleichen Jesus lieben und nachfolgen. Das Abendmahl wurde gegeben, dass es nicht nur unsere Beziehung zu Jesus stärkt. Es wurde auch gegeben, damit es unsere Beziehung untereinander stärkt. Um noch einmal Calvin zu zitieren: „[das Abendmahl wurde schließlich eingesetzt], damit es unsere gegenseitige Liebe zueinander stärkt und untereinander diese Liebe bezeugt und die Verpflichtung zur Einheit in Christi Leib wahrnimmt. Wann immer wir an dem Symbol des Leibes Christi teilnehmen, als ein Zeichen das gegeben und empfangen wird, verpflichten wir uns umgekehrt uns an alle Pflichten der Liebe zu halten, so dass wir nichts zulassen, dass irgendetwas unseren Brüdern schadet, dass wir nichts auslassen, was ihm helfen könnte, dort wo Notwendigkeit es verlangt und wo das Vermögen vorhanden ist.“
Letzter Punkt, das Abendmahl erinnert uns an unsere Zukunft. Wir leben in einer Zeit, in der wir Zukunft mit Fortschritt gleichsetzen. Wenn jemand zu uns sagt, dass wir altmodisch oder rückständig sind, dann ist das in der Regel kein Kompliment. Aber die Tatsache, dass Zukunft mit Fortschritt einhergeht, ist etwas, was in der Antike völlig unbekannt war. In der Antike glaubte man, dass die Geschichte zyklisch ist; dass sich alles nach einer gewissen Zeit wiederholte; dass man sich in einem großen Kreis bewegte. Der Grund weshalb sich das geändert hat, liegt an Jesus und seinen Nachfolgern. Jesus lehrte, dass die Geschichte sich nicht in zyklischen Kreisen bewegt; dass sich die Geschichte der Menschheit auf ein großes Ziel hin bewegt: nicht einfach irgendein Ziel, nicht einfach irgendein Ende, kein Untergang der Welt, sondern das Kommen von Gottes Reich auf Erden.
Das Abendmahl erinnert uns daran, dass es ein Happy End gibt. Es ist ein Vorgeschmack auf das kommende Reich Gottes. Es kommt der Tag, wenn Jesus wieder das Passa essen wird. Es kommt der Tag, an dem wir Platz nehmen werden am Hochzeitsmahl des Königs. Es kommt der Tag, an dem alle unsere Leiden, alle unsere Traurigkeiten, alle unsere Nöte und jeder Kummer weggewischt werden. Es kommt der Tag, an dem alles Schreckliche, alles Schlimme, alles Böse dieser Welt nicht mehr sein werden, wie wenn man morgens nach einem Albtraum aufwacht und feststellt, dass nichts von dem Schlimmen wahr ist. Es kommt der Tag, an welchem die Erinnerung an Kriegen und Konflikten verblassen werden, wie Nebel im Licht der aufgehenden Sonne verschwindet. Wie können wir uns sicher sein? Woher dürfen wir das wissen? „Das ist mein Leib, der für euch gegeben wird.“ Jesus erfuhr die wahre Trübsal, Jesus trug am Kreuz alle unsere Not; Jesus erlebte am eigenen Leib unseren schlimmsten Albtraum, als er unsere Sünde trug. Weil Jesus, das Brot des Lebens für uns gebrochen wurde, weil sein Blut vergossen wurde, können wir essen und trinken. Und es ist ein kleiner Vorgeschmack auf das wahre Fest, das in der Gegenwart Jesu auf uns wartet.
In einem einzigen Satz, machte Paulus eine erstaunliche Aussage über das Abendmahl: „Denn sooft ihr von diesem Brot esst und aus dem Kelch trinkt [im Hier und Jetzt], verkündigt ihr den Tod des Herrn [in der Vergangenheit], bis er kommt [in der Zukunft].“
Das Abendmahl schlägt eine Brücke von der Vergangenheit zur Gegenwart bis in die Zukunft. Vergangenheit, Gegenwart und Zukunft haben alle ihre Bedeutung in Jesus. Und Jesus ist der Herr dieser Geschichte.
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