Predigt: Lukas 20,1-18

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Das Gleichnis von den bösen Weingärtnern

„Er fing aber an, dem Volk dies Gleichnis zu sagen: Ein Mensch pflanzte einen Weinberg und verpachtete ihn an Weingärtner und ging außer Landes für eine lange Zeit.“

(Lukas 20,9)

Vor zwei Wochen haben wir betrachtet, wie Jesus in Jerusalem eingezogen ist unter dem Jubel der Menschen, die riefen: „Gelobt sei, der da kommt, der König, in dem Namen des Herrn!“ (19,38a) Durch seinen triumphalen Einzug hat Jesus sich als der wahre König offenbart, den Gott verheißen hat. Anschließend ging Jesus in den Tempel und vertrieb dort die Händler und sagte: „Mein Haus wird ein Bethaus sein“ (19,46a). Dadurch hat Jesus erneut demonstriert, dass er der Eigentümer und Herr des Tempels ist. Im heutigen Text erfahren wir, wie die Leiter der Juden Jesus daraufhin zur Rede stellten, anstatt Jesu Offenbarung anzunehmen. Daraufhin erzählte Jesus dem Volk ein Gleichnis, in dem er ihre Geschichte mit Gott anschaulich zusammenfasste. Dieses Gleichnis war wie ein Spiegel, in dem sie sich selbst erkennen sollten, in dem sie vor allem Jesus als den Sohn Gottes erkennen sollten, und eine starke Ermahnung, von ihrem eingeschlagenen Weg umzukehren. Dieses Gleichnis veranschaulicht gleichzeitig die Beziehung zwischen Gott und uns Menschen im Allgemeinen und macht klar, warum Jesus unsere einzige Chance ist, unsere kaputte Beziehung zu Gott wiederherzustellen und von seinem Gericht gerettet zu werden. Ich bete, dass Jesus jedem von uns hilft, ihm zuzuhören, sodass er uns durch sein Wort ansprechen und helfen kann.

Wie begann diese Auseinandersetzung? Als Jesus wieder im Tempel lehrte und dem Volk das Evangelium predigte, traten die Hohenpriester und Schriftgelehrten mit den Ältesten zu ihm und sagten: „Sage uns, aus welcher Vollmacht tust du das? Oder wer hat dir diese Macht gegeben?“ (2) Ihre Frage bezieht sich offensichtlich auf Jesu triumphalen Einzug in Jerusalem und darauf, dass er im Tempel die Händler vertrieben und dort täglich Gottes Wort gelehrt hat. Aber statt Jesu Offenbarung anzuerkennen, fragten sie ihn, wer ihn dazu bevollmächtigt hatte, und stellten so seine Autorität in Frage. Ihre Frage war zum einen unehrlich, weil Jesus durch sein Handeln gerade demonstriert hatte, wer er ist und woher seine Autorität kommt. Zum anderen war es eine Fangfrage. Die Hohenpriester, Schriftgelehrten und Ältesten hatten die höchste religiöse und politische Autorität im Land; insbesondere galt der Hohepriester als oberster Verwalter des Tempels. Wenn Jesus zugab, dass er von diesen Leuten keine Vollmacht hatte, würde er als einer dastehen, der das geltende Recht gebrochen hat. Wenn Jesus aber sagen würde, dass seine Vollmacht vom Vater im Himmel kam, würden sie das sofort als Gotteslästerung interpretieren und ihn deswegen anklagen.

Wie reagierte Jesus auf ihre Frage? Er sagte zu ihnen: „Ich will euch auch eine Sache fragen; sagt mir: Die Taufe des Johannes – war sie vom Himmel oder von Menschen?“ Durch diese Gegenfrage stellte Jesus die Aufrichtigkeit der religiösen Leiter auf die Probe. Eigentlich war Jesu Frage leicht zu beantworten. Johannes der Täufer hatte mit großer geistlicher Vollmacht gepredigt, sodass die meisten Menschen im Volk zu ihm in die Wüste gingen und sich von ihm taufen ließen und überzeugt waren, dass er ein Prophet war, dessen Vollmacht von Gott kam. Das wussten die Leiter offenbar, wollten es aber nicht anerkennen. Sie trauten sich aber auch nicht zu behaupten, dass Johannes‘ Wirken nur menschlich war, weil sie befürchteten, dass das Volk sie dafür steinigen würden. Die Leiter fragten nicht danach, was richtig und wahr ist, sondern überlegten hin und her, welche Antwort welche Folge hätte. Sie waren Menschen, die nicht mehr nach der Wahrheit fragten, sondern nur danach, was ihren Interessen diente. Sie ignorierten die Wahrheit und ließen sich von ihren Interessen an Ansehen, Macht und Geld leiten. Schließlich sagten sie Jesus, sie wüssten nicht, wo die Autorität von Johannes herkam. Daraufhin sagte Jesus ihnen: „So sage ich euch auch nicht, aus welcher Vollmacht ich das tue“ (8). Durch seine Antwort hat Jesus nicht nur vermieden, in ihre Falle zu laufen. Jesus hat auch aufgedeckt, wie verkehrt die religiösen Leiter dachten, wie verkehrt ihre Haltung der Wahrheit bzw. Gott gegenüber war. Jesus muss über ihre ignorante Haltung betrübt gewesen sein, weil sie sich dadurch unfähig machten, Jesus zu erkennen, der sie retten wollte. Jesus muss umso mehr bekümmert gewesen sein, weil sie als religiöse Leiter damit auch das Volk vom Weg zur Rettung abhielten. Was tat Jesus in dieser Situation?

Betrachten wir Vers 9: „Er fing aber an, dem Volk dies Gleichnis zu sagen: Ein Mensch pflanzte einen Weinberg und verpachtete ihn an Weingärtner und ging außer Landes für eine lange Zeit.“ Jesus war keineswegs orientierungslos. Er fing an, dem Volk ein Gleichnis zu erzählen, das ihnen helfen sollte, Gottes Geschichte mit ihnen Werk zu begreifen und nicht den gleichen Weg zu gehen, den ihre Leiter eingeschlagen hatten. Gleichzeitig gab Jesus dadurch auch den Leitern nochmal eine Gelegenheit, Gottes Liebe und ihre eigene böse Haltung zu erkennen und Buße zu tun, wenn sie irgendwie noch dazu bereit wären.

Das Bild vom Weinberg war den Zuhörern damals sehr vertraut. In Israel gab es schon lange viele Weinberge, weil Wein ein häufiges Getränk war. Einen Weinberg anzulegen war damals die gewinnträchtigste Möglichkeit, um ein Stück fruchtbares Land zu nutzen. Daher war es nicht selten, dass ein reicher Mensch einen Weinberg anlegte und ihn anschließend an Weingärtner verpachtete, wenn er keine Zeit hatte, ihn zu bewirtschaften. Für die Weingärtner, die gewöhnlich kein eigenes Land besaßen, war es eine großartige Chance, den Weinberg pachten zu dürfen. Sie konnten ihn nach ihrem Ermessen bearbeiten und konnten die Trauben essen oder zu Wein machen und sich davon alles kaufen, was sie zum Leben brauchten. Und all das, ohne dass sie irgendeine Vorleistung bringen mussten. Sie mussten dem Eigentümer nur die vereinbarte Pacht geben. Die Pacht war damals gewöhnlich zehn Prozent, sodass sie neunzig Prozent des Ertrags für sich frei zur Verfügung hatten. Anfangs müssen sie dem Eigentümer dankbar gewesen sein, dass er ihnen seinen guten Weinberg anvertraute, und sie machten sich mit Freude an die Arbeit. Alles fing gut an.

Wie ging es aber weiter? Vers 10 sagt: „Und als die Zeit kam, sandte er einen Knecht zu den Weingärtnern, damit sie ihm seinen Anteil gäben an der Frucht des Weinbergs“ (10a). Wenn man einen Weinberg anlegt, dauert es zwei bis drei Jahre, bis die Weinstöcken zum ersten Mal Früchte tragen. Als es so weit war, sandte der Eigentümer einen Knecht, damit die Weingärtner ihm seinen vereinbarten Anteil gäben. Aber die reagierten ganz überraschend. Es heißt: „Aber die Weingärtner schlugen ihn und schickten ihn mit leeren Händen fort.“ Ihre Reaktion war völlig unangemessen. Ihre Reaktion zeigte, dass sie keinerlei Dankbarkeit mehr gegenüber dem Eigentümer hatten und keinen Respekt. Dass sie den Knecht schlugen und mit leeren Händen wegschickten, war eine Verachtung des Eigentümers und ein offener Affront gegen ihn.

Der Herr hätte sie für ihr unrechtes Verhalten bestrafen können; aber das tat er nicht. Die Verse 11 und 12 sagen: „Und er sandte noch einen zweiten Knecht; sie aber schlugen den auch und schmähten ihn und schickten ihn mit leeren Händen fort. Und er sandte noch einen dritten; sie aber schlugen auch den blutig und stießen ihn hinaus.“ Der Eigentümer sprach die Weingärtner immer wieder durch seine Knechte an, um sie dazu zu bewegen, ihm seinen Anteil zu geben. Aber sie weigerten sich jedes Mal und schlugen seine Knechte, wobei sie immer aggressiver wurden. Ihr Verhalten zeigt, dass sie nicht bereit waren, den Herrn als Eigentümer anzuerkennen. Obwohl der geforderte Anteil nicht groß war, wollten sie alles für sich selbst behalten. Von dieser Habgier getrieben, wiesen sie alle Knechte entschieden zurück, egal, wie freundlich oder ernst diese sie ansprachen.

Wie reagierte der Eigentümer? Vers 13 sagt: „Da sprach der Herr des Weinbergs: Was soll ich tun? Ich will meinen lieben Sohn senden; vielleicht werden sie sich vor dem scheuen.“ Der Eigentümer musste überlegen, was er tun sollte. Die Weingärtner hatten alle seine Knechte geschlagen und davongejagt. Damit hatten sie gezeigt, dass sie ihn nicht mehr anerkannten und ihm seinem Anteil nicht geben wollten. Ihre wiederholte Aggression hatte gezeigt, wie stark sie sich von ihm abgewandt hatten und wie tief ihre rebellische Haltung ihm gegenüber war. Eigentlich sollte er sie wegen ihrem kriminellen Verhalten vor Gericht stellen und sie bestrafen lassen. Aber er sagte: „Ich will meinen lieben Sohn senden; vielleicht werden sie sich vor dem scheuen.“ Obwohl er so viele schlechte Erfahrungen mit ihnen gemacht hatte, wollte er seinen geliebten Sohn senden. Er ging das Risiko ein, dass sie auch ihn verwerfen und misshandeln würden. Seine Worte „Vielleicht werden sie sich vor dem scheuen“ wundern uns, weil sie nicht zu der Realität passen, wie die Weingärtner sich verhalten hatten. Seine Hoffnung kam aus seiner Liebe zu ihnen und dem Wunsch, die Beziehung zu ihnen irgendwie wiederherzustellen.

Aber wie reagierten die Weingärtner? „Als aber die Weingärtner den Sohn sahen, dachten sie bei sich selbst und sprachen: Das ist der Erbe; lasst uns ihn töten, damit das Erbe unser sei. Und sie stießen ihn hinaus vor den Weinberg und töteten ihn“ (14.15a). Sie lehnten auch den Sohn ab und töteten ihn. Sie waren von ihrer Habgier so verblendet, dass sie nicht mehr vernünftig denken konnten und sich einbildeten, dass sie Eigentümer des Weinbergs würden, wenn sie den Sohn töteten.

Jesus fuhrt fort: „Was wird nun der Herr des Weinbergs mit ihnen tun? Er wird kommen und diese Weingärtner umbringen und seinen Weinberg andern geben“ (15b). Mit der Tötung des Sohnes hatten die Weingärtner ihre letzte und beste Chance zur Versöhnung vertan. Der Eigentümer würde sie umbringen und seinen Weinberg anderen geben. Jesus kündigte den Zuhörern dadurch an, dass Gott den Juden sein Erlösungswerk wegnehmen und es den Heiden anvertrauen würde. Sie verloren ihr Privileg, als Gottes Volk in der Gemeinschaft mit ihm zu leben. 70 nach Christus würde Jerusalem von den Römern belagert und völlig zerstört werden. Als die jüdischen Leiter davon hörten, sagten sie erschrocken: „Das sei ferne!“ (16) Jesus sah sie an und sagte: „Was bedeutet dann das, was geschrieben steht: Der Stein, den die Bauleute verworfen haben, der ist zum Eckstein geworden? Wer auf diesen Stein fällt, der wird zerschellen; auf wen er aber fällt, den wird er zermalmen“ (17.18). Dieses Wort war ein Zitat aus Psalm 118,22, den die Juden kannten. Der Eckstein war früher ein besonders großer quaderförmiger Stein, der an der Ecke des Gebäudes gebraucht wurde und das ganze Gebäude trug. Durch das Gleichnis und das Wort vom Eckstein offenbarte Jesus deutlich, dass er der Sohn Gottes ist; und dass er die beste Chance und letzte Chance ist, sich mit Gott zu versöhnen.

Mit diesem Gleichnis hat Jesus die Geschichte von Gott mit seinem Volk Israels bis zu seiner Zeit abgebildet. Gott hatte sie aus der Sklaverei herausgeholt und in ein gutes, fruchtbares Land geführt, in dem sie sich ernähren und für Gottes Ehre sinnvoll leben konnten. Aber im Laufe der Zeit verloren sie ihre Dankbarkeit und vergaßen Gott, dem sie alles zu verdanken hatten. Sie versäumten es, ihm ihre Opfer und ihren Gehorsam zu geben, und wollten ganz für sich nach Lust und Laune leben. Sie machten Wohlstand und Sicherheit zum Ziel und dienten anderen Göttern, durch die sie diese Ziele zu erreichen hofften. Sie wiesen die Propheten, die Gott ihnen unermüdlich sandte, zurück, verhöhnten und schlugen sie. Sie wurden so besessen von ihrer Habgier, alles für sich zu besitzen, dass sie schließlich auch den Sohn Gottes nicht anerkannten und nun im Begriff waren, ihn sogar zu töten. Jesu Gleichnis war eine ultimative Warnung an sie, Gottes ausgestreckte Hand nicht abzuschlagen, sondern sie zu ergreifen.

Mit diesem Gleichnis beschreibt Jesus auch die Beziehung zwischen Gott und den Menschen im Allgemeinen. Gott schuf die Welt mit einem guten Klima, Pflanzen und Tieren als eine gute Lebensumgebung für die Menschen und vertraute sie ihnen an. Gott gab ihnen die sinnvolle Aufgabe, die Erde zu bebauen und zu bewahren, wofür sie ihre Fähigkeiten, Kraft und Kreativität einsetzen dürfen und von Gott viel Freiheit bekommen haben. Trotzdem bleibt Gott der Eigentümer der Welt und von allem, was darauf ist, und will als solcher anerkannt werden.

Gott hat auch jedem von uns das Leben mit einem Körper, bestimmten Fähigkeiten und einem bestimmten Umfeld aus Familie und Freunden und einen Platz in seiner Gemeinde als seinen persönlichen Weinberg gegeben. Jeder hat in seinem Weinberg Raum zum Leben und eine sinnvolle Aufgabe, die er wahrnehmen und gestalten darf. Dabei lässt Gott uns viel Freiheit. Aber Gott will von jedem von uns als Gott anerkannt werden und fordert dazu seinen Anteil.

Was ist der „Anteil“, den Gott von den Menschen fordert? In der Bibel lesen wir an vielen Stellen, dass Gott von seinem Volk verlangt, dass sie ihn als Eigentümer anerkennen sollen, indem sie ihm den zehnten Teil vom Ertrag ihrer Felder und ihrer Tierherden geben. Die Opferung des Zehnten wird schon im ersten Buch der Bibel in Kapitel 15 erwähnt, wo der Glaubensvater Abraham Gott den Zehnten opferte. Später hat Gott das Opfern des Zehnten im Gesetz verankert. Die ganze Geschichte hindurch hat Gott seinem Volk immer wieder Propheten gesandt, die sie ermahnten, Gott zu fürchten und ihm praktisch den Zehnten zu geben. Im Buch Maleachi, dem letzten Propheten im Alten Testament, ist ein Hauptinhalt, dass Gott das Volk tadelte, weil sie ihm nicht den Zehnten in voller Höhe brachten. Sie gaben zwar den Zehnten von ihren Früchten und ihren Herden, aber sie gaben Gott nicht jedes zehnte Tier, sondern opferten ihm blinde oder gelähmte bzw. minderwertige Tiere. Gott tadelte sie und warf ihnen vor, dass sie ihn dadurch betrogen und verachteten. Warum hat Gott das Opfer des Zehnten so ernst genommen, obwohl er weder Getreide noch Tiere braucht? Gott verlangte es so nachdrücklich, weil sie ihn dadurch praktisch als Eigentümer und Herrn ihres Lebens anerkennen sollten. Gott verknüpfte seine Aufforderung mit einer großen Verheißung: „Bringt aber die Zehnten in voller Höhe in mein Vorratshaus, auf dass in meinem Hause Speise sei, und prüft mich hiermit, spricht der Herr Zebaoth, ob ich euch dann nicht des Himmels Fenster auftun werde und Segen herabschütten die Fülle“ (Maleachi 3,10). Diese Form der Anerkennung wünscht sich Gott auch von uns als seinen Kindern im neuen Bund. Wenn wir den Zehnten von unseren Einkünften opfern, erkennen wir Gott praktisch als den Eigentümer und Herrn unseres Lebens an. Dadurch können wir in einer Haltung des Respekts und des Vertrauens ihm gegenüber bleiben, ob unsere Einnahmen klein oder groß sind. Außerdem können wir uns dadurch davor schützen, dass wir unser Einkommen bzw. Geld zu unserem Ziel machen und in Habgier oder Sorgen verfallen. Stattdessen werden wir erfahren, dass Gott seine Verheißung noch heute erfüllt und vielerlei Segen auf uns herabschütten wird.

Das Opfer des Zehnten ist natürlich nicht das Einzige, wodurch wir Gott unsere Anerkennung zeigen sollen. Gott sagte durch den Propheten Micha: „Es ist dir gesagt, Mensch, was gut ist und was der HERR von dir fordert: nichts als Gottes Wort halten und Liebe üben und demütig sein vor deinem Gott“ (Micha 6,8). Gott will grundlegend, dass wir ihn als Gott achten, indem wir seine Worte hören und behalten und demütig danach leben, insbesondere unsere Mitmenschen lieben. Jesus sagte seinen Jüngern am Abend vor seiner Kreuzigung: „Liebt ihr mich, so werdet ihr meine Gebote halten.“ Und: „Wer mich liebt, der wird mein Wort halten; und mein Vater wird ihn lieben, und wir werden zu ihm kommen und Wohnung bei ihm nehmen“ (Johannes 14,15.23). Der Anteil, den Gott verlangt, ist nicht viel. Wir sollen demütig auf Jesu Worte hören und praktisch danach leben. Das ist nicht schwer, sondern eigentlich für jeden machbar. Dadurch werden wir immer mehr Gemeinschaft mit dem Vater und dem Sohn haben und ihn immer mehr erkennen. Was ist dann eigentlich das Problem?

Das Problem hat Jesus im heutigen Gleichnis dargestellt. Die Weingärtner hätten dem Eigentümer natürlich seinen Anteil ohne weiteres geben können. Von neunzig Prozent der Trauben konnten sie gut leben. Aber in ihnen kam die Begierde auf, den Weinberg ganz für sich zu besitzen und nichts von seinem Ertrag abzugeben. Diese Begierde kam auf, als sie ihre Dankbarkeit gegenüber dem Eigentümer verloren. Als sie die Begierde in ihrem Herzen zuließen, verleitete sie sie dazu, eine kritische und ablehnende Einstellung gegenüber dem Herrn zu entwickeln und gegen ihn immer stärker zu rebellieren. Ihre Begierde führte dazu, dass ihre Wahrnehmung immer verzerrter war, bis sie nicht mehr vernünftig denken konnten, sondern sich einbildeten, sie würden Eigentümer des Weinbergs werden, wenn sie den Sohn töteten.

Damit beschreibt Jesus das abgrundtiefe sündige Verlangen im Herzen von uns Menschen, alles für uns selbst haben und niemanden über uns anzuerkennen zu wollen, dem wir etwas zu geben haben. Diese Begierde und Aufbegehren gegen Gott ist das grundlegende Problem, durch das der Mensch sich selbst und andere unglücklich macht und zugrunde richtet, das sich wie ein roter Faden durch die Geschichte zieht. Es fing damit an, dass die ersten Menschen sich verführen ließen, etwas gegen Gottes Gebot zu tun, und ging damit weiter, dass Kain seinen Bruder erschlug und danach frech zu Gott sagte: „Soll ich meines Bruders Hüter sein?“ Die Begierde, alles für sich zu haben, ist an sich unvernünftig und unerfüllbar. Sie lässt uns Menschen nicht glücklich werden, sondern führt dazu, dass wir unsere Umwelt, unsere Beziehungen zu anderen Menschen und vor allem unsere Beziehung zu Gott zerstören und dadurch unser Leben selbst zugrunde richten. Alle Bemühungen der Menschen, das durch ausgefeilte Gesetze, moralische Regeln und Religionen zu verhindern, schlagen fehl. Gott selbst ist derjenigen, der sich die Geschichte hindurch ständig bemüht hat, uns Menschen anzusprechen, an unsere Vernunft zu appellieren und uns zur Umkehr zu ihm führen. Gott hat dieses Bemühen trotz unzähliger Rückschläge und Enttäuschungen nicht aufgegeben, weil er uns Menschen liebt und die Beziehung zu uns wiederherstellen will, anstatt uns richten zu müssen. Schließlich hat Gott dafür sogar seinen geliebten Sohn zu uns gesandt.

Jesu Kommen ist der ultimative Ausdruck von Gottes Liebe zu uns und von seinem Bemühen, die Beziehung zu uns wiederherzustellen. Dass Jesus schließlich am Kreuz starb, beweist, dass wir Menschen tatsächlich so schlimm sind, wie Jesus es in dem Gleichnis dargestellt hat. Gleichzeitig ist Jesu Tod für uns sündige Menschen die ultimative Chance, von unserer Bosheit geheilt zu werden und geistlich wiederhergestellt zu werden, wenn wir seinen Tod wirklich von Herzen annehmen und Buße tun. Das Gleichnis fordert dadurch umso mehr jeden von uns heraus, unseren eigenen Standpunkt zu bestimmen und unsere Antwort darauf zu geben. Jesus ist Gottes lieber Sohn, der zu uns kam, damit wir uns durch ihn mit Gott versöhnen können. Jesus ist der Eckstein, an dem kein Mensch vorbeikommt, auf den jeder entweder sein ewiges Leben bauen kann oder an dem er mitsamt seinen Illusionen zerschellen wird.

Wie die Weingärtner im Gleichnis haben die meisten Menschen ihre eigenen Prioritäten im Leben, Begierde nach bestimmten Dingen und Zielen, die ihnen wichtiger sind als Gott und eine richtige Beziehung zu ihm. Weil sie Gott nicht den ersten Platz in ihrem Leben geben wollen, sind sie geistlich verblendet und können auch den Sohn Gottes nicht erkennen. Dadurch können sie keine richtige Beziehung zu Gott erlangen, auch wenn sie formal ein religiöses Leben führen und Gottesdienste feiern mögen.

Die entscheidende Frage ist, was wir wirklich im Herzen haben. Wir sollen uns selbst prüfen, was uns im Herzen antreibt. Treibt dich die Liebe Gottes und sein Geist dazu an, ihn zu ehren und ihm praktisch das Beste deiner Zeit, Kraft, Fähigkeiten und Mittel zu geben? Oder gibt es eine Habgier, die dich verleitet, deine Zeit und Kraft am meisten für andere Dinge oder Ziele einzusetzen? Jesu Gleichnis und die Geschichte Israels zeigen, dass eine förmliche Beziehung zu Gott nicht reicht, sondern dazu führt, dass wir Gott und uns selbst betrügen und untergehen. Möge Gott uns helfen, auf Jesus zu schauen, der am Kreuz für unsere Habgier und alles sündige Streben gestorben ist, dafür vor Gott Buße zu tun und ihn als den Herrn unseres Lebens tief anzunehmen, sodass wir ihm wirklich die Priorität in unserem Leben geben, ihm unsere Zeit und Kraft und unser Herz zur Verfügung stellen und unser Leben auf ihn bauen!

 

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