Was willst du, dass ich für dich tun soll?
„Was willst du, dass ich für dich tun soll? Er sprach: Herr, dass ich sehen kann.“
(41)
Im heutigen Text ist Jesus schon in der Nähe von Jericho, der letzten Station vor Jerusalem. Jesus ging also den Weg nach Jerusalem konsequent weiter, wo er für unsere Sünde leiden und getötet werden und am dritten Tag auferstehen sollte. Es war das schwerste, aber wichtigste Werk, das Jesus vollbringen sollte, seine furchtbarste Erniedrigung und sein größter Triumph, der den Durchbruch in Gottes Erlösungswerk bringen sollte. Aber als Jesus seinen Jünger zum dritten Mal davon sagte, konnten sie davon nichts begreifen, sie erwiesen sich als geistlich blind. Als Jesus weiterging, saß kurz vor Jericho am Straßenrand ein Mann, der körperlich blind war und um Jesu Erbarmen schrie. Als er Jesus im Glauben um die Heilung von seiner Blindheit bat, machte Jesus ihn sofort sehend. Heute geht es also in beiden Abschnitten um Blindheit. Blindheit ist ein riesiges Problem, ob sie körperlicher oder geistlicher Natur ist. Der Text lässt uns uns fragen, wie es mit unserem Sehvermögen bestellt ist. Gott sei Dank ist niemand von uns körperlich blind. Aber wer kann sagen, dass er beim geistlichen Sehen keine Probleme hat? Was können wir tun mit unserer Sehschwäche oder unserer Blindheit? Wir dürfen heute auf Jesus sehen, der für unsere ganze Krankheit und Sünde gelitten hat und gestorben ist. Wir sollen Jesus wahrnehmen, der auch unser Gebet erhören und fragen will: „Was willst du, dass ich für dich tun soll?“ Möge Gott jeden von uns durch sein Wort segnen!
Teil 1: Sie begriffen nichts davon (31-34)
Betrachten wir den Text. Auf dem Weg nach Jerusalem nahm Jesus aus der Menge, die ihm folgte, die Zwölf zu sich und sagte ihnen: „Seht, wir gehen hinauf nach Jerusalem, und es wird alles vollendet werden, was geschrieben ist durch die Propheten von dem Menschensohn“ (31b). Jesus wusste, dass die Zeit seines Wirkens auf der Erde zu Ende ging und dass sich in Jerusalem all die Prophezeiungen über den Messias erfüllen sollten, die er noch nicht erfüllt hatte. Und Jesus weiß genau, was das bedeutete. Er sagt weiter: „Denn er wird überantwortet werden den Heiden, und er wird verspottet und misshandelt und angespien werden, und sie werden ihn geißeln und töten; und am dritten Tage wird er auferstehen“ (32.33). Er würde an die Römer ausgeliefert werden, die Gott nicht fürchteten; er würde verspottet und geschlagen und angespuckt werden, als ob er der letzte Mensch wäre. Schließlich würden sie ihn sogar geißeln und töten. Jesus würde grausam gequält und hingerichtet werden, obwohl er ohne Schuld war. Durch all das sollte alles vollendet werden, was durch Gottes Propheten vom Menschensohn geschrieben war. Jesaja etwa schrieb: „Er war der Allerverachtetste und Unwerteste, voller Schmerzen und Krankheit. Er war so verachtet, dass man das Angesicht vor ihm verbarg; darum haben wir ihn für nichts geachtet. Fürwahr, er trug unsre Krankheit und lud auf sich unsre Schmerzen. Wir aber hielten ihn für den, der geplagt und von Gott geschlagen und gemartert wäre. Aber er ist um unsrer Missetat willen verwundet und um unsrer Sünde willen zerschlagen. Die Strafe liegt auf ihm, auf dass wir Frieden hätten, und durch seine Wunden sind wir geheilt“ (Jes 53,3-5). Jesus wurde verachtet, verwundet und am Kreuz zerschlagen, damit er die Strafe für unsere Abtrünnigkeit und Sünde bezahlte und unsere Schuld vor Gott für immer sühnte. Jesus tat damit das Entscheidende für unsere Erlösung, er verschaffte uns die Vergebung unserer Schuld, die Kindschaft Gottes und das ewige Erbe. Er erstand am dritten Tag von den Toten auf und errang den Sieg über den Tod und öffnete uns so den Weg zum ewigen Leben in Gottes Reich. Dank sei Jesus!
Jesus wollte, dass die Jünger verstehen würden, was in Jerusalem passieren würde, zum einen damit sie von den Ereignissen nicht überrascht und im Glauben angefochten würden, sondern es als Gottes Willen und Plan verstehen sollten. Zum andern sollten die Jünger das Erlösungswerk Gottes durch Jesu Tod und seine Auferstehung begreifen. Das war nicht nur für ihr eigenes Heil wichtig, sondern weil sie dieses Evangelium an die anderen Menschen weitergeben und bis an die Enden der Erde verbreiten sollten.
Wie reagierten die Jünger auf Jesu Lehre? Der Vers 34 sagt: „Sie aber begriffen nichts davon, und der Sinn der Rede war ihnen verborgen, und sie verstanden nicht, was damit gesagt war.“ Obwohl Jesus die Jünger zum dritten Mal den Kern des Evangeliums lehrte, begriffen sie nichts davon. Dreifach wird gesagt, dass sie nicht verstanden haben, was er damit gesagt hat. Wie können wir das verstehen, obwohl Jesus lauter verständliche Worte gebraucht hat? Die Jünger waren hier wie blind, unfähig, Jesus Lehre wahrzunehmen, wegen ihrer eigenen Vorstellung und Wünsche. Die Jünger müssen entsprechend der allgemeinen jüdischen Vorstellung erwartet haben, dass Jesus als der Messias bald ein neues Reich für Israel aufrichten und die römische Besatzungsmacht aus dem Land vertreiben würde. Dabei erwarteten sie wohl, dass sie in diesem Reich wichtige Posten bekommen würden, was erklärt, warum sie in jener Zeit wiederholt darüber stritten, wer unter ihnen der Größte wäre (Mk 9,34; 10,37). Ein anderer Grund für ihre Blindheit liegt darin, dass die Jünger Angst vor dem Leiden hatten. Sie wollten nicht, dass ihr Meister so leiden sollte, und sie wollten vor allem nicht, dass sie als seine Nachfolger leiden würden. Ihre Erwartung und Wünsche und ihre Angst machten sie blind für das Wichtigste im Evangelium.
Hier erfahren wir auch, wie Jesus mit ihrer Blindheit umgeht. Obwohl Jesus gewusst haben muss, dass die Jünger ihn auch dieses Mal nicht verstehen würden, lehrte er sie trotzdem die Wahrheit. Jesus gab ihnen unbeirrt sein Wort und lehrte sie, weil er glaubte, dass sie es später doch annehmen und begreifen würden. Dies gibt uns die Orientierung, dass wir anderen Menschen, die bereit sind Gottes Worte zu hören, sie auch dann weiter bezeugen sollen, wenn sie wegen ihrer eigenen Gedanken und Vorstellungen nur wenig verstehen. dass wir auf seine Worte hören sollen, auch wenn wir nur begrenzt verstehen können. Jesus will auch uns weiter lehren, auch wenn wir nur zum Teil oder wenig begreifen, weil sein Wort uns zur Erkenntnis führen kann. Wie können wir aber von geistlicher Sehschwäche oder Blindheit wirklich geheilt werden?
Teil 2: Du Sohn Davids, erbarme dich meiner!
Betrachten wir die Verse 35-37: „Es begab sich aber, als er in die Nähe von Jericho kam, dass ein Blinder am Wege saß und bettelte. Als er aber die Menge hörte, die vorbeiging, forschte er, was das wäre. Da berichteten sie ihm, Jesus von Nazareth gehe vorbei.“ Als Jesus in die Nähe von Jericho kam, saß am Straßenrand ein blinder Mann. Er bettelte dort wohl, da er als Blinder keine Arbeit verrichten konnte. Als der Mann so viele Menschen vorbeigehen hörte, forschte er nach, was los war. Als er hörte, dass Jesus von Nazareth vorbeikäme, fing er sofart an zu rufen: „Jesus, du Sohn Davids, erbarme dich meiner!“ Er glaubte, dass Jesus der Sohn Davids, der verheißene Messias ist. Wir wissen nicht, woher er diesen Glauben hatte. Er hatte wohl hier und da von den Leuten etwas über Jesus gehört, was er getan und was er gelehrt hat, wie er alle Menschen angenommen und viele Kranke gesund und sogar Blinde sehend gemacht hat. Er muss über Jesu Worte und Werke nachgedacht und überlegt haben, wer er ist, und erkannte, dass Jesus von Nazareth der von Gott verheißene Messias ist. Als er hörte, dass Jesus vorbeikam, erkannte er darin die Chance seines Lebens. Er rief Jesus laut, weil er glaubte, dass er ihm helfen könnte. Er bat ihn um sein Erbarmen, weil er sich bewusst war, dass er seine Hilfe nicht verdient hatte.
Was passierte, als er so zu dem Messias rief? Die Leute, die Jesus vorangingen, fuhren ihn an, dass er schweigen sollte. Sie meinten, dass Jesus keine Zeit und Wichtigeres zu tun hatte, als sich mit einem Blinden abzugeben. Wie reagierte der blinde Mann? Vers 39b sagt: „Er aber schrie noch viel mehr: Du Sohn Davids, erbarme dich meiner!“ Er hatte als Bettler in der damaligen Gesellschaft nichts zu melden und hätte eingeschüchtert sein und aufhören können. Aber er ließ sich nicht abhalten, Jesus weiter um Hilfe zu bitten, sondern schrie noch viel mehr. Er glaubte, dass Jesus seine einzige Chance ist.
Wie reagierte Jesus? Vers 40 sagt: „Jesus aber blieb stehen und ließ ihn zu sich führen …“ Obwohl Jesus eilig nach Jerusalem gehen musste, ging er nicht an dem Mann vorüber, der nach ihm schrie. Obwohl viele Menschen vor und hinter Jesus hergingen und redeten, überhörte Jesus nicht die Stimme des Mannes am Straßenrand, der um sein Erbarmen bat. Jesus geht nie an einem Menschen vorüber, der ernsthaft um seine Hilfe fleht.
Was tat Jesus, als der Mann näher kam? Jesus fragte ihn: „Was willst du, dass ich für dich tun soll?“ Diese Frage mag uns verwundern, warum er den Mann nicht direkt heilte. Die Frage zeigt zum einen Jesu Bereitwilligkeit, dem Mann, der um sein Erbarmen gebeten hatte, zu dienen. Jesus war ganz bereit, ihm zu helfen. Aber Jesus wollte, dass der Mann ihm klar sagt, was er wollte; denn Jesus wollte ihm seinem Wunsch entsprechend helfen. Jesus war bereit, alles für den Mann zu tun, aber er sollte Jesus konkret darum bitten und so seinen konkreten Glauben zeigen.
Manchmal kann es sein, dass wir beten, ohne zu wissen, was wir wollen. Wir erzählen Gott von diesem und jenem und drücken dabei vielleicht unsere Unzufriedenheit aus, aber wir sagen nicht, was wir eigentlich wollen. Das ist auch okay, wir dürfen nicht nur dann zu Gott kommen, wenn uns klar ist, was wir bitten wollen. Aber hier sehen wir, dass Jesus von dem Mann, der um sein Erbarmen bat, wollte, dass er konkret sagt, was er will. Jesus wollte seine konkrete Bitte hören, weil dies seinen konkreten Glauben zeigt. Jesus wollte seine konkrete Bitte hören, weil Jesus ihn konkret erhören wollte. Wenn wir Jesus um Hilfe bitten, fragt er auch uns: „Was willst du, dass ich tun soll?“ Was willst du dann antworten? Jesus will uns gern erhören, wenn wir ihn konkret bitten.
Wie antwortete der Mann auf Jesu Frage? Er sprach: „Herr, dass ich sehen kann!“ Der Mann wusste, was er von Jesus wollte. Er wollte von ihn von seiner Blindheit geheilt werden, die sein ganzes Leben überschattete. Seine Bitte zeigte, dass er glaubte, dass Jesus ihn von diesem schicksalhaften Problem befreien konnte.
Wie reagierte Jesus auf seine Bitte? Vers 42 sagt: „Und Jesus sprach zu ihm: Sei sehend! Dein Glaube hat dir geholfen.“ Jesus erhörte das Gebet des Mannes sofort und heilte ihn. Vers 43a sagt: „Und sogleich wurde er sehend …“ Die Blindheit hatte ihn immer begleitet wie ein Schicksal, dem er nicht entrinnen konnte. Aber Jesus befreite ihn davon und machte ihn sehend. Jesus ist der Messias, der Sohn Davids, der die Kranken gesund und die Blinden sehend macht, wie er geglaubt hatte. Durch die Worte „Dein Glaube hat dir geholfen“ stellte Jesus klar, dass seine Heilung nicht ein mystisches Ereignis war, das ihm aus unerklärlichem Grund begegnete. Jesus hatte ihn von seiner Blindheit geheilt, weil er an Jesus geglaubt und ihn im Glauben um seine Heilung gebeten hatte. Jesus bestätigte mit diesen Worten seinen Glauben und ermutigte ihn dazu, weiter aus Glauben an ihn zu leben.
Wie reagierte der Mann? Vers 43 sagt weiter: „… und folgte ihm nach und pries Gott.“ Der Geheilte war durch die Bestätigung seines Glaubens sehr ermutigt. Er war so dankbar für seine Heilung und wusste, wem er sie zu verdanken hatte. Darum pries er Gott für sein Erbarmen an ihm, und er folgte Jesus nach, der seinen Glauben angenommen und ihm ein neues Leben gegeben hatte. Alles umherstehenden Menschen, die das sahen, lobten Gott, der durch dieses Ereignis seine Barmherzigkeit und seine Macht und damit seine Herrlichkeit gezeigt hatte.
Was können wir hier lernen? Wir können von dem blinden Mann lernen, der als er in Jesus den Messias erkannte, glaubte, dass er ihn von seinem schicksalhaften Problem befreien konnte, und ihn konkret darum bat. In Jesus gibt es keine Krankheit und kein Problem, das uns wie ein Schicksal anhaftet, denn Jesus ist willig und mächtig, uns davon zu befreien, wenn wir ihn bitten. Die allermeisten von uns wissen das und glauben grundsätzlich daran. Aber trotzdem kann es sein, dass wir bestimmte gesundheitliche, geistliche oder praktische Probleme von uns oder von anderen nicht wirklich mit dem Glauben zu Jesus bringen und davon frei werden. Warum ist das so? Das kann verschiedene Gründe haben. Aber es liegt letztlich daran, dass wir Jesus, seine bedingungslose Liebe zu uns und seine unbegrenzte Macht nicht klar genug sehen und im Blick auf ihn leben können. Daher ist von allen unseren Problemen die geistliche Sehschwäche oder Blindheit das größte. Wir können die geistlichen Nöte der anderen oft nicht richtig wahrnehmen, sogar von unseren Nächsten in der Familie und Gemeinde oder von Freunden in der Schule oder Uni oder Kollegen am Arbeitsplatz. Wir können oft sogar unsere eigene geistliche Lage nicht richtig wahrnehmen und erkennen nicht, wofür wir dringend beten sollten. Gravierender noch ist, dass wir Jesus, seine Gottheit und Macht und seine absolute Liebe zu uns und allen anderen Sündern nicht genug sehen und im Blick darauf bleiben können. Es kann leicht passieren, dass wir wie die Jünger die Worte Jesu hören, aber nicht verstehen, was damit gesagt ist. Wir sollten uns nicht selbst täuschen mit dem Gedanken, dass wir doch gut verstehen und schon Bescheid wüssten. Wie gut unser geistliches Sehvermögen tatsächlich ist, können wir damit prüfen, dass wir uns fragen: Wie sehr prägen die Jesu Liebe und seine Macht und sein Wille, den er offenbart hat, meine Gesinnung, mein Denken und Reden und mein praktisches Leben? Solange es eine Kluft gibt zwischen dem, was Jesus offenbart hat, und unserer Gesinnung und unserer Lebensweise, ist das ein Hinweis darauf, dass auch wir unter geistlicher Sehschwäche oder Blindheit leiden.
Woher kommt das? Das kann wie bei den Jüngern zum Beispiel daran liegen, dass wir eine festes Vorstellung von Jesus oder von seiner Lehre oder seinem Willen haben, die nicht m it ihm übereinstimmt, und nicht wirklich offen sind, unser Verständnis und Leben zu verändern. Oder dass bestimmte Wünsche oder Zielen oder bestimmte Ängste uns verblenden, sodass wir Jesu Willen und seinen Weg für uns nicht richtig wahrnehmen können. Was sollen wir tun, wenn das auf uns teilweise oder nicht nur teilweise zutrifft? Wir dürfen wie der blinde Mann anfangen zu Jesus zu schreien und ihn um Heilung bitten. Wir sollen zu ihm rufen und schreien und unsere konkrete Bitte vor ihn bringen, dass wir sehend werden wollen. Wenn wir nicht aufhören zu bitten, wird Jesus uns sicher erhören und uns gut sehend machen. Möge Gott jedem von uns helfen, Jesus, seine herrliche Gnade und seinen Willen klar zu erkennen und dafür und dadurch umfassende Heilung zu empfangen. Lesen wir noch einmal das Leitwort: „Was willst du, dass ich für dich tun soll? Er sprach: Herr, dass ich sehen kann.“ (41)
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