Wird der Menschensohn Glauben finden?
„Ich sage euch: Er wird ihnen Recht schaffen in Kürze. Doch wenn der Menschensohn kommen wird, wird er dann Glauben finden auf Erden?“
(Lukas 18,8)
Im heutigen Text spricht Jesus über ein wichtiges Thema, das das Hauptthema der Bibel ist und über das Jesus vor allem geredet hat: das Reich Gottes. Jesus antwortet zunächst auf die Frage, wann das Reich Gottes kommt; danach spricht er warnend darüber, in welchem Zustand die meisten Menschen sein werden, wenn er wiederkommen und das ewige Reich Gottes aufrichten wird. Schließlich zeigt Jesus durch ein Gleichnis, wie wir Christen in der Zeit bis zu seiner Wiederkunft leben sollen. Gott möge uns helfen, das Reich Gottes neu als Realität zu begreifen und unser Leben auf dieses Ziel hin zu führen!
I. Das Reich Gottes ist mitten unter euch (17,20-21)
Wie kam es zu dieser Rede Jesu? Jesus wurde von einigen Pharisäern gefragt: „Wann kommt das Reich Gottes?“ (20a) Es war nicht schwer, wenn man Jesus zuhörte, zu erkennen, dass das Reich Gottes in seinen Reden das zentrale Thema ist. Die Pharisäer kannten auch die Verheißungen der Propheten, die von Gottes Reich handeln. Sie erwarteten daher mehr oder weniger aktiv, dass Gottes Reich irgendwann kommt.
Wie antwortete Jesus ihnen? Er sagte ihnen: „Das Reich Gottes kommt nicht mit äußeren Zeichen; man wird auch nicht sagen: Siehe, hier!, oder: Da! Denn sehet, das Reich Gottes ist mitten unter euch“ (20b.21). Jesus antwortete auf die Frage nicht mit einer Zeitangabe. Jesus sagte ihnen, dass das Reich Gottes nicht mit äußeren Zeichen kommt, wie sie es erwarteten. Damals hatten die Juden die Vorstellung, dass die Aufrichtung von Gottes Reich die Wiederherstellung Israels als ein souveräner Staat bedeutete. Sie stellten sich vor, dass Gott die Herrschaft der Römer in ihrem Land beenden und Israel zu seiner früheren Herrlichkeit führen würde. Aber zu ihrer Überraschung lehrte Jesus sie etwas ganz anderes, nämlich dass das Reich Gottes mitten unter ihnen bereits begonnen hatte. Das griechische Wort für „Reich“ bedeutet Königreich im Sinne eines Herrschaftsgebiets, aber auch „Herrschaft“ an sich. Gottes Reich bedeutet anders übersetzt Gottes Herrschaft. Die Menschen leben von ihrer sündigen Natur her nicht unter Gottes Herrschaft. Aber als Jesus kam und die Botschaft von Gottes Liebe zu den verkehrten Menschen und von seiner guten Herrschaft predigte, nahmen viele diese Botschaft im Herzen an und glaubten an seine Liebe und die Vergebung ihrer Sünden. Selbst stadtbekannte Sünder wie Zöllner oder Prostituierten erfuhren, dass Gott ihnen vergab und sie als seine Kinder annahm, und begannen ein neues Leben unter seiner Herrschaft. Auf diese Weise war Gottes Reich mitten unter ihnen bereits angebrochen, aber die Pharisäer hatten es nicht mitbekommen, weil sie selbst sich weigerten, Jesu Worte anzunehmen und seiner Botschaft zu glauben. Insofern war dieses Wort Jesu ein Tadel an sie, dass sie als religiöse Elite das neue Werk, das Gott unter ihnen tat, gar nicht mitbekommen hatten. Gleichzeitig waren Jesu Worte an sie auch eine Einladung, sich nun für Gottes Herrschaft zu öffnen und Gottes Reich im eigenen Herzen und Leben zu erfahren.
Gottes Reich entsteht überall dort, wo Menschen Jesu Worte hören und ihm ihr Vertrauen schenken. Gottes Herrschaft macht uns frei vom schlechten Gewissen, von den Lügen der Welt und des Teufels, von allen möglichen und unmöglichen Begierden, von Neid, Zorn und Hass, von er Angst vor dem Tod, von Traurigkeit und Sinnlosigkeit. Gottes Reich erfüllt uns mit Zuversicht auf Gott und seine Liebe zu uns, mit Dankbarkeit und Freude im Heiligen Geist, mit Klarheit über das Ziel und den Sinn unseres Lebens und mit Kraft, unser Leben danach auszurichten und für seine Ehre zu führen. Was für ein Segen ist es, dass wir in der Stille Gottes Worte hören und trotz unserer Schwäche seine Liebe zu uns immer neu erkennen und annehmen dürfen! Was für ein Segen ist es, dass wir alle unsere Not zu ihm bringen dürfen, auch die Not unseres Bruders, und darauf vertrauen dürfen, dass er es recht machen wird. Jesus will, dass sich jeder von uns unter seine gute Herrschaft stellt und so sein Leben auf die einzige Grundlage stellt, die trägt. Jesus will, dass wir uns täglich neu unter seine gute Herrschaft stellen und sie täglich neu erfahren. Warum ist das für uns so wichtig? Lasst uns das im zweiten Teil erfahren!
II. Vom Kommen des Menschensohns (17,22-37)
Was sagte Jesus seinen Jüngern, nachdem er den Pharisäern geantwortet hatte? Er sagt im Vers 22: „Es wird die Zeit kommen, in der ihr begehren werdet, zu sehen einen der Tage des Menschensohns, und werdet ihn nicht sehen.“ Jesus wollte, dass seine Jünger mehr über das Reich Gottes verstehen. Er sagte ihnen eine Zeit voraus, in der sie sich einen der Tage des Menschensohns herbeisehnen werden. Hier stehen die „Tage des Menschensohns“ für sein rettendes Eingreifen für seine Jünger, ultimativ beziehen sie sich auf die Zeit, wenn Jesus wieder auf die Erde kommen und die Seinen erretten und Gottes Reich vollends aufrichten wird. Jesus wusste, dass römische Armeen die Stadt Jerusalem 70 n. Chr. gnadenlos belagern und völlig zerstören würden. Jesus war tief bekümmert und besorgt, weil den Menschen seiner Zeit wegen ihrer Sünde der Ablehnung von Gottes Sohn dieses Gericht drohte, sie das aber gar nicht wahrnahmen. Weil sie kein Bewusstsein für ihre Sünde und das Gericht hatten, beschäftigten sie sich mit vielen vergleichsweise unwichtigen Dingen, zum Beispiel damit mit der Frage, bis zu welchem Gewicht man am Sabbat Gegenstände tragen durfte, ohne das Sabbatgebot zu brechen, oder warum Jesu Jünger mit ungewaschenen Händen Brot aßen. Jesus wollte die Jünger und die Menschen seiner Zeit dringend warnen, um vor dem Untergang zu retten.
Wovor warnte Jesus die Jünger angesichts dieser Zeit? „Und sie werden zu euch sagen: Siehe, da!, oder: Siehe, hier! Geht nicht hin und lauf ihnen nicht nach!“ Zunächst warnt Jesus die Jünger vor Verführungen. In der Zeit der Bedrängnis treten viele Irrlehrer auf, die behaupten, der Menschensohn sei schon gekommen. Wir sollen ihnen nicht glauben und ihren Worten nicht folgen. Jesus sagt: „Denn wie der Blitz aufblitzt und leuchtet von einem Ende des Himmels bis zum andern, so wird der Menschensohn an seinem Tage sein.“ Wenn Jesus wiederkommt, wird dies ein universales Ereignis sein, das für alle auf der Welt sichtbar sein wird. Deshalb sollen wir denen, die behaupten, der Retter sei schon irgendwo gekommen, nicht folgen. In den Zeiten der Bedrängnis brauchen wir einen klaren Glauben an Jesu Worte, der uns vor Verführungen jeder Art schützt. Weil Jesus sich dessen bewusst war, redete er hier mit den Jüngern sehr eindrücklich, um den Glauben an sein Wort in ihre Herzen zu pflanzen. Er sagt zum Beispiel mit wörtlicher Rede, was die Irrlehrer in jener Zeit sagen werden, und veranschaulicht sein Kommen in die Welt mit einem Wetterphänomen, das jeder kennt, damit die Jünger und auch wir sein Wort annehmen und in festem Glauben daran leben und schließlich gerettet werden.
Jesus sagt weiter: „Zuvor aber muss er viel leiden und verworfen werden von diesem Geschlecht“ (25). Jesus wusste, dass sein rettendes Eingreifen für die Jünger nur möglich war, wenn er zuerst viel leiden und für ihre Sünde sterben würde. Jesus wusste, dass auch seine Wiederkunft und die Rettung aller Gläubigen nur möglich ist, wenn er für unsere Sünde am Kreuz stirbt. Im ersten Teil hat Jesus das Reich Gottes als Gottes gute Herrschaft gelehrt, die wir durch den Glauben hier im Leben erfahren können. Hier lehrt Jesus eine weitere Bedeutung von Gottes Reich, nämlich, dass er wiederkommen und die, die glauben, retten und Gottes Herrschaft vollständig aufrichten wird; und er lehrt, dass das nur möglich ist, wenn er zuerst viel leidet und an unserer Stelle stirbt. Jesus lehrt hier dieses Rettungswerk so intensiv, damit die Jünger wirklich daran glauben. Denn sein Rettungswerk wird nur bei denjenigen wirksam, die es im Glauben annehmen. Wie wichtig der Glaube ist, veranschaulicht Jesus im Folgenden an drei Beispielen.
Betrachten wir die Versen 26 und 27: „Und wie es geschah in den Tagen Noahs, so wird’s auch sein in den Tagen des Menschensohns: Sie aßen, sie tranken, sie heirateten, sie ließen sich heiraten bis zu dem Tag, an dem Noah in die Arche ging und die Sintflut kam und brachte sie alle um.“ Hier vergleicht Jesus die Zeit, wenn er wiederkommt, mit der Zeit von Noah. Im ersten Buch Mose wird die die Zeit von Noah als schlimme Zeit beschrieben, in der die Menschen sehr verdorben waren und die Welt von Gewalt und anderem Frevel erfüllt war. Aber Gott berief Noah dazu, eine Arche zu bauen, ein riesiges Schiff, und versprach ihm, dadurch ihn und seine Familie mitsamt vieler Tieren zu retten. Noah muss viele Jahrzehnte lang an dem riesigen Schiff auf dem Festland gebaut haben. So warnte er die Menschen seiner Zeit vor dem drohenden Gericht. Aber die Menschen beschäftigten sich nur mit Essen und Trinken und mit Heiraten und weigerten sich, diese Warnung wahrzunehmen. Als dann die Sintflut kam, waren die Menschen gar nicht darauf vorbereitet, und fast alle kamen in den Wasserfluten um. Die Sintflut war das erste Gericht Gottes auf der Erde nach dem Sündenfall. Und was Jesus hier betont ist, dass die meisten Menschen davon überrascht wurden (weil sie der Botschaft von Noah nicht glaubten). Angesichts des bevorstehenden Gerichts über die Juden nennt Jesus ein zweites Beispiel. Er sagt in den Versen 28 und 29: „Ebenso, wie es geschah in den Tagen Lots: Sie aßen, sie tranken, sie kauften, sie verkauften, sie pflanzten, sie bauten; an dem Tage aber, als Lot aus Sodom ging, da regnete es Feuer und Schwefel vom Himmel und brachte sie alle um.“ Die Zerstörung der Städte Sodom und Gomorra ist das zweite Gericht, von dem die Bibel berichtet. 1. Mose 13 sagt, dass die Leute von Sodom böse waren und sehr gegen den Herrn sündigten (1. Mose 13,13). Trotzdem zog Lot, der Neffe von Abraham, nach Sodom. 1. Mose 18 berichtet, dass die Menschen in Sodom so sehr sündigten, dass im Himmel darüber geklagt wurde, sodass Gott mit Engeln extra auf die Erde herabkam, um zu sehen, ob es wirklich so schlimm war. 1. Mose 19 beschreibt, wie die Menschen in sexueller Ausschweifung und Gewalt lebten. Es war wirklich so schlimm, dass das Gericht über die Stadt unvermeidlich war.
Vor diesem Hintergrund sind die Worte, die Jesus über die Menschen zur Zeit von Lot sagte, wirklich erschreckend. Denn obwohl ihnen Gottes Gericht unmittelbar bevorstand, beschäftigten sich nur mit Essen und Trinken, Kaufen und Verkaufen, mit Pflanzen und Bauen. Diese Dinge sind an sich nicht verwerflich. Aber Jesus deutet an, dass sich ihr Leben nur darum drehte. Alles drehte sich um ihre eigenen Bedürfnisse und Wünsche; aber sie waren nicht bereit, nach Gott und nach seinem Willen zu fragen. Als Gott Lot aufgrund von Abrahams Gebet aus Sodom rettete, regnete es Feuer und Schwefel vom Himmel und brachte sie alle um.
Und Jesus sagt im Vers 30: „Auf diese Weise wird’s auch gehen an dem Tage, wenn der Menschensohn wird offenbar werden.“ Wenn Jesus wiederkommt und Gottes endgültiges Gericht beginnt, werden die Menschen ebenso überrascht und unvorbereitet sein. Sie werden sich damit beschäftigen, wie sie noch mehr Geld verdienen können, was sie als Nächstes kaufen und wen sie heiraten werden. Sie leben in ihren Sorgen und Wünschen gefangen vor sich hin. Sie sind geistlich blind und nehmen die akute Gefahr, auf die sie zusteuern, nicht wahr, weil sie Jesu Worte nicht glauben. Wie schlimm wird es sein, wenn Jesus wiederkommt und so viele Menschen nicht darauf vorbereitet sein werden und ins Gericht kommen! An dem Tag wird nicht zählen, was man eigentlich tun wollte oder was man sich zur Rechtfertigung seiner Lebensweise ausgedacht hat. Dann wird allein Gottes Wort als Maßstab zählen. Anders gesagt wird dann zählen, wer den Glauben an Jesus hat, der allein rettet.
Jesus sagt weiter im Vers 31: „Wer an jenem Tage auf dem Dach ist und seinen Hausrat im Haus hat, der steige nicht hinunter, um ihn zu holen. Und ebenso, wer auf dem Feld ist, der wende sich nicht um nach dem, was hinter ihm ist.“ Diese Ermahnung Jesu ist erstaunlich konkret. Jesus warnt davor, nicht nochmal von der Dachterrasse ins Haus zu gehen oder vom Feld aus nochmal nach Hause zu gehen, um noch irgendein Besitzstück zu holen. Viele verstehen diesen Vers als Jesu konkrete Warnung an die Jünger, die sich auf die Eroberung Jerusalems bezog, die durch die Römer im Jahr 70 nach Christus geschehen würde. Die Christen, die dieses Wort im Herzen hatten und sofort flohen, als die Belagerung der Römer kurzfristig gelockert wurde, konnten dadurch praktisch ihr Leben retten. Darüber hinaus lehrt Jesus aber auch allgemein, dass es für unsere Rettung wichtig ist, dass wir nicht an irgendetwas Materiellem in dieser Welt hängen. Lots Frau wurde noch rechtzeitig aus Sodom herausgeführt, aber sie wurde doch nicht gerettet, weil sie gegen das Wort des Engels umdrehte und sehnsüchtig auf die untergehende Stadt schaute. Jesus sagt weiter: „Wer seine Seele zu erhalten sucht, der wird sie verlieren; und wer sie verlieren wird, der wird ihr zum Leben helfen“ (33). Hier steht wie an anderen Stellen der Bibel die Seele für das Leben eines Menschen. Die bisherige Luther-Übersetzung ist leichter verständlich: „Wer sein Leben zu erhalten sucht, der wird es verlieren; und wer es verlieren wird, der wird es gewinnen.“ Wer seiner instinktiven Neigung folgt und sein Leben zu erhalten sucht, indem er es so gut wie möglich materiell absichert, seine Wünsche und Bedürfnisse so viel wie möglich erfüllt und überhaupt im Grunde für sich selbst lebt, der wird es verlieren. Wer sein Leben aber für Jesus verliert, weil er seine Gnade angenommen hat und dafür dankbar ist, der wird es gewinnen. Dieses Wort Jesu klingt paradox und ist unserer menschlichen Natur total zuwider. Aber es ist Jesu wahrhaftiges Wort und der Weg, der uns zum ewigen Leben führt. Wer im Glauben dieses Prinzip annimmt und danach zu leben lernt, wird das wahre ewige Leben gewinnen.
Wie entscheidend dieser Glaube ist, sagt Jesus in den folgenden Versen: „Ich sage euch: In jener Nacht werden zwei auf einem Bett liegen; der eine wird angenommen, der andere wird preisgegeben werden. Zwei Frauen werden miteinander Korn mahlen; die eine wird angenommen, die andere wird preisgegeben werden“ (36.37). In unserem Leben hier spielen Beziehungen zu anderen Menschen eine große Rolle, zum Beispiel wer unser Ehepartner ist oder wer unsere Arbeitskollegen sind. Aber wenn Jesus wiederkommt, werden unsere Beziehungen zu anderen Menschen keine Rolle mehr spielen. Dann zählt allein die Beziehung zu Jesus. Wer durch den Glauben eine persönliche Beziehung zu Jesus eingegangen ist und darin gelebt hat, wird angenommen. Wer Jesus nicht kennt, wird preisgegeben werden. Wie groß ist der Segen, den die bekommen, die Jesus geglaubt und im Vertrauen auf seine Gnade gelebt haben! Wie schlimm ist es, wenn man an dem Tag erkennen muss, dass man die wichtigste Sache im Leben versäumt hat! Möge Gott jedem von uns helfen, an Jesus zu glauben und treu in der persönliche Beziehung zu ihm zu leben! Möge Gott uns helfen, für diejenigen zu beten, die Jesus nicht kennen, und ihnen beim Glauben an Jesus zu helfen!
III. Vom Leben in der Erwartung des Reiches Gottes (18,1-8)
Im folgenden Abschnitt erzählt Jesus ein Gleichnis, das wir als ein Bild dafür verstehen können, wie diejenigen leben, die wirklich an ihn glauben. Die Verse 1-3 lauten: „Er sagte ihnen aber ein Gleichnis davon, dass man allezeit beten und nicht nachlassen sollte, und sprach: Es war ein Richter in einer Stadt, der fürchtete sich nicht vor Gott und scheute sich vor keinem Menschen. Es war aber eine Witwe in derselben Stadt, die kam immer wieder zu ihm und sprach: Schaffe mir Recht gegen meinen Widersacher!“ Witwen waren in der Gesellschaft damals in einer sehr schwachen Position. Die Witwe hatte einen Widersacher, der sie immer wieder unter Druck setzte; vielleicht wollte er ihr ihr Haus oder ihren Acker wegnehmen. Als Witwe war sie ganz auf das Eingreifen des Richters angewiesen. Aber der Richter hatte kein Interesse an der Gerechtigkeit und keine Lust, der Witwe zu helfen. Verse 4 und 5 sagen: „Und er wollte lange nicht. Danach aber dachte er bei sich selbst: Wenn ich mich schon vor Gott nicht fürchte noch vor keinem Menschen scheue, will ich doch dieser Witwe, weil sie mir so viel Mühe macht, Recht schaffen, damit sie nicht zuletzt komme und mir ins Gesicht schlage.“ Obwohl dieser Richter so gottlos, faul und ungerecht war, verhalf er schließlich der Witwe doch zu ihrem Recht, weil sie ihm mit ihrem ständigen Bitten so viel Mühe machte. Dass er befürchtete, dass sie ihm sonst noch eines Tages ins Gesicht schlagen würde, macht deutlich, wie häufig und wie intensiv sie ihn gebeten hat!
Jesus sagt: „Hört, was der ungerechte Richter sagt! Sollte aber Gott nicht Recht schaffen seinen Auserwählten, die zu ihm Tag und Nacht rufen, und sollte er bei ihnen lange warten? Ich sage euch: Er wird ihnen Recht schaffen in Kürze.“ Gott ist ganz anders als dieser ungerechte Richter! Gott ist gerecht und liebevoll und deshalb willig, seinen auserwählten Kindern zu helfen. Wenn schon der ungerechte Richter das Bitten der Witwe erhörte, wie viel mehr wird unser Gott die Bitten seiner Auserwählten erhören, die Tag und Nacht zu ihm rufen. Durch dieses Wort ermutigt Jesus uns sehr zum Gebet. Gott ist nicht knauserig oder tendenziell unwillig, uns zu erhören. Es ist auch falsch zu denken, dass wenn wir für etwas beten, wir wahrscheinlich lange bitten müssen, bis Gott uns erhören wird. Vielmehr wird Gott uns in Kürze Recht schaffen, wenn wir Tag und Nacht zu ihm beten. Gott will uns nicht unnötig lange warten lassen, wenn er die Ernsthaftigkeit unseres Gebets und unseren Glauben sieht.
Mit diesem Gleichnis malt Jesus ein Bild davon, wie wir als Gläubige bis zu seiner Wiederkunft leben sollen. Gebet ist nicht bloß eine Pflichterfüllung oder fromme Übung. Wer an Gott und an seine Gnade in Jesus glaubt, wird für auch inständig zu ihm beten. Wir sollen ein inständiges Anliegen haben wie diese Frau. Vielleicht denken jetzt manche, dass sie zurzeit gar nicht so ein dringendes Anliegen haben, das sie zu so einem Gebet treibt. Aber im Licht des heutigen Textes haben wir alle ein dringendes Anliegen, nämlich dass wir wirklich unter seiner Herrschaft leben und durch den Glauben den Weg zum ewigen Leben treu gehen. Wir alle haben einen Widersacher, der uns bedrängt und unseren geistlichen Besitz rauben will. Spätestens wenn wir an die denken, die sich mit dem Glauben an Jesus schwertun, und an die vielen, die geistlich blind ohne Glauben und ohne Problembewusstsein vor sich hin leben, wissen wir, warum wir inständig beten sollten. Von daher ist ein Leben in beharrlichem, inständigem Gebet, wie Jesus es uns im Gleichnis hier vor Augen stellt, ein Ausdruck des Glaubens, dem wir nacheifern sollten. Tatsächlich haben wir viele wichtige Anliegen. Wir wollen beten, dass unsere Kinder und Jugendlichen und viele junge Leute in unserer Gemeinde Jesus begegnen, im Glauben an ihn wachsen und ihm folgen können. Wir wollen für die jungen Leute in Deutschland und in Europa beten, dass sie nicht geistlich blind in ihr Verderben laufen, sondern an Jesus glauben und den Weg zum Leben gehen. Lasst uns auch Tag und Nacht für die Kranken unter uns beten, dass Gott sie mit seiner heilenden Hand berührt und sie gesund macht. Jesus hat uns versprochen, dass Gott es nicht lange hinziehen wird, sondern uns in Kürze Recht schaffen wird. Wenn wir auf diese Weise aktiv durch den Glauben an Jesus leben, will Gott uns immer weiter seine gute Herrschaft erfahren lassen und will uns und durch uns viele andere in sein ewiges Reich führen. Möge er uns helfen, aus Glauben an Jesus zu leben!
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