Predigt: Lukas 11,37-12,12

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Gottesfurcht

„Ich will euch aber zeigen, wen ihr fürchten sollt: Fürchtet den, der, nachdem er getötet hat, Macht hat, in die Hölle zu werfen. Ja, ich sage euch, den sollt ihr fürchten.“

(Lukasevangelium 12,5)

Die Passionszeit in Jerusalem stand für Jesus unmittelbar vor der Tür. Bevor er seine Reise dahin startete, kündigte er an, was dort auf ihn wartete. Nicht nur unvorstellbare Leiden, sondern der Tod und die Auferstehung. Das musste geschehen, weil die, von ihrem Glauben überzeugten Leute ihn hassten und töten wollten.
Doch im Hinblick auf diese bevorstehende Leidenszeit ist es umso mehr verblüffend, dass ein Pharisäer Jesus zum Essen einlud. Noch überraschender ist, dass Jesus die Einladung von einem Pharisäer annahm. Jedoch wurde die Tischgemeinschaft von einer angespannten Atmosphäre beherrscht. Vor dem Essen verzichtete Jesus auf das Händewaschen. Das störte den Gastgeber. Jesus tadelte den Gastgeber sehr hart. Wer kann so etwas wagen, als ein Gast den Gastgeber an dessen Tisch so hart zu tadeln? „Ihr Pharisäer, ihr haltet die Becher und Schüsseln außen rein; aber euer Inneres ist voll Raubgier und Bosheit. Ihr Narren, hat nicht der, der das Äußere geschaffen hat, auch das Innere geschaffen?“
Auf den ersten Blick könnte das Verhalten Jesu irritierend auf uns wirken, weil wir uns Jesus oft anders vorstellen. Am Tisch sprach er ganz direkte Worte: Euer Inneres ist voll Raubgier und Bosheit. Ihr Narren! Gemäß der jüdischen Tradition gehört es sich, vor dem Essen die Hände zu waschen. Jedoch verzichtete Jesus plötzlich darauf. Das störte den Pharisäer zu Recht. Doch Jesus fühlte sich gleichermaßen massiv gestört, dass sein Gastgeber das Äußere mehr beachtete als das Innere. Das Verhalten Jesu mag nicht jeder gutheißen. Als ein Gast hätte Jesus aus Höflichkeit nichts sagen sollen oder wenigstens den Gastgeber unter vier Augen ansprechen können. Sicherlich liebte Jesus diesen Pharisäer, wie er die anderen Menschen liebte, sonst bräuchte er nicht unbedingt die Atmosphäre der Gemeinschaft so stark zu stören. Wenn er seinen Gastgeber nicht geliebt hätte, würde er kein Wort reden und nach dem Essen schweigend das Haus verlassen. Aber Jesus suchte nicht nach dem Ansehen von Menschen, sondern setzte sich dafür ein, einen Menschen zu Gott zu führen. Er achtete auch nicht zu sehr darauf, welche Folgen sein Verhalten bei den Menschen auslösen würde.
Jesus setzte seinen Tadel fort: „Weh euch Pharisäern! Denn ihr gebt den Zehnten von Minze und Raute und allerlei Gemüse, aber am Recht und an der Liebe Gottes geht ihr vorbei. Weh euch Pharisäern! Denn ihr sitzt gern obenan in den Synagogen und wollt gegrüßt sein auf dem Markt.“ Jesus wusste schon, dass die Pharisäer das Gesetz Gottes fleißig zu halten versuchten. Mit viel Mühe versuchten die Pharisäer das Gebot Gottes im Alltag zu praktizieren. Aber sie waren nur fleißig, das Gesetz zu halten, ohne Gott zu lieben. Es fiel ihnen sicher schwer, die Gesetze bis zum letzten Detail zu halten. Durch ihre Mühe und Fleiß erreichten sie ein Niveau, was nur wenige Menschen konnten. Darum wollten sie, dass ihr frommes Leben von den Menschen belohnt wird. Das Ansehen von den Menschen war ihre Motivation, ein frommes Leben zu führen.
Während der Gastgeber von Jesus getadelt wurde, empörte sich einer von den Schriftgelehrten: „Meister, mit diesen Worten schmähst du uns auch.“
Obwohl der Tadel Jesu auf Gegenwind stieß, hörte er nicht auf, die Menschen zu tadeln, sondern fokussierte seinen Tadel nun auf die Schriftgelehrten bzw. die Gesetzeslehrer: „Weh auch euch Schriftgelehrten! Denn ihr beladet die Menschen mit unerträglichen Lasten und ihr selbst rührt sie nicht mit einem Finger an. Weh euch! Denn ihr baut den Propheten Grabmäler; eure Väter aber haben sie getötet. So bezeugt ihr und billigt die Taten eurer Väter; denn sie haben sie getötet, und ihr baut ihnen Grabmäler!“
Die Aufgabe der Schriftgelehrten war, das Volk das Gesetz zu lehren. Das Ziel ihrer Lehre war, das Volk zu motivieren, Gott und die Nächsten zu lieben. Aber ihre Lehre motivierte das Volk nicht, Gott und die Nächsten zu lieben, sondern entmutigte die Menschen. Je mehr man nach ihrer Lehre versucht, Gott und die Nächsten zu lieben, desto mehr wird man erschöpft und enttäuscht von sich selbst. Die Schriftgelehrten bauten den Propheten Grabmäler. Dadurch zeigten sie, dass sie die Propheten ehrten, die ihr Leben für Gott geopfert hatten. Aber Jesus lobte sie nicht, sondern tadelte sie, weil sie den wahren Propheten Jesus zu töten suchten.
Jesus warnte sie vor dem Gericht Gottes: „…gefordert werde von diesem Geschlecht das Blut aller Propheten, das vergossen ist seit Erschaffung der Welt, von Abels Blut an bis hin zum Blut des Secharja, der umkam zwischen Altar und Tempel. Ja, ich sage euch: Es wird gefordert werden von diesem Geschlecht.“ Die Botschaft der Propheten war immer gleich: Gott und die Mitmenschen zu lieben. Aber immer wieder wurden Gottes Propheten getötet, weil die Menschen nicht auf sie hören wollten. Gottes Sohn war da vor ihren Augen, aber sie wollten auch ihn töten.
„Weh euch Schriftgelehrten! Denn ihr habt den Schlüssel der Erkenntnis weggenommen. Ihr selbst seid nicht hineingegangen und habt auch denen gewehrt, die hineinwollten.“ Es gab Menschen, die zu Jesus kamen und durch ihn das ewige Leben haben konnten. Aber die Schriftgelehrten wollten das Volk daran hindern zu Jesus zu gehen. Sie selbst wollten auch nicht zu ihm. Durch ihr Verhalten verdienten sie selbst Gottes Gericht. Wie Jesus vorgewarnt hatte, traf Gottes Gericht dies Geschlecht, als der Tempel in Jerusalem von den Römern zerstört wurde. Obwohl Jesus sie ausdrücklich tadelte, wollten sie Jesu Ermahnung nicht annehmen. Viel mehr suchten sie einen Weg, Jesus zu beseitigen. Nicht irgendeinen Propheten, sondern Gottes Sohn selbst kam bei ihnen vorbei und tadelte sie, damit sie nicht verloren gehen, sondern das ewige Leben haben können. Aber ihr Herz war immer noch unbeweglich. Somit verpassten sie ihre Gelegenheit, errettet zu werden.
In Kapitel 11 sprach Jesus über die Pharisäer und die Schriftgelehrten Wehrufe aus.
Mittlerweile kamen einige tausend Menschen zusammen, um mit Jesus in Berührung zu kommen. Wegen des Gedränges traten sie einander auf die Füße. Um Jesus standen viele Menschen, aber Jesus sprach zuerst zu seinen Jüngern: „Hütet euch vor dem Sauerteig der Pharisäer, das ist die Heuchelei.“
Was die Pharisäer durch ihr Leben erreicht haben, wurde von Jesus in einem Wort zusammengefasst: Heuchelei. Vielleicht waren sie über ihre Leistung begeistert. Durch ihre Mühe und Anstrengungen verdienten sie das Ansehen und Lob der Menschen. Natürlich durften sie den Respekt von den Menschen genießen, weil sie zur Elite gehörten. Eigentlich taten sie ihr Bestes, um sich von den weltlichen Menschen zu distanzieren. Aber trotz aller Mühe verdienten sie von Jesus kein Lob, sondern hörten von ihm ein Wort: „Euer Leben besteht nur aus Heuchelei.“ Das bedeutet, dass sie vor den Menschen wie Schauspieler eine Rolle gespielt haben. Also sahen sie vor den Menschen fromm aus, aber in Wirklichkeit entsprach ihr Verhalten nicht der Realität. Vor den Menschen führten sie erfolgreich ein frommes Leben, aber vor Gott nicht.
Warum sprach Jesus zu seinen Jüngern, sich vor der Heuchelei zu hüten? Kein Mensch kann frei sein von der Anerkennung der Menschen. In der Gesellschaft werden die Menschen anerkannt und respektiert, die viel geleistet haben. Um die Anerkennung der Menschen zu erreichen, kann die Fähigkeit oder eine Persönlichkeit eine wichtige Rolle spielen. Die Pharisäer waren fähige Menschen, sich selbst mit Disziplin zu überwinden. Israel war eine von der Religion geprägte Gesellschaft. Wer sich als fromm erweist, der verdient die Anerkennung der Menschen. Aber wer sich nicht fromm verhält, der wird verachtet, wie z. B. die Zöllner oder Sünder. Wer würde gern sein eigenes Ansehen aufs Spiel setzen? Jeder will von den anderen Menschen Anerkennung und Wertschätzung erhalten, darum hatten sie Angst, wenn ihr Ansehen gefährdet würde. Um ihr Ansehen zu bewahren, versuchen sie, sich selbst zu rechtfertigen oder zu heucheln. Das betraf nicht nur die Pharisäer, sondern auch Jesu Jünger. Petrus wurde einmal von Paulus hart getadelt, weil er vor den Juden heuchelte. In Antiochia speiste Petrus mit den Heidenchristen an einem Tisch. Als er aber hörte, dass die Juden kommen würden, stand er plötzlich vom Tisch auf und ging in anderes Zimmer. Somit wollte er den anderen Juden zeigen, dass er nicht mit den Heiden zusammen ißt. Paulus tadelte sein Verhalten vor den anderen Brüdern mit nachdruck. Aus Angst vor den Menschen kann jeder in Versuchung geraten. Im heutigen Abschnitt hat Jesus seine Jünger vor der Heuchelei gewarnt. Dennoch heuchelte Petrus später, obwohl er zur Gruppe der Spitzenjünger gehörte. Also war es berechtigt, dass Jesus seine Jünger davor warnte, sich vor der Heuchelei zu hüten.
Jesus lehrte seine Jünger, wie sie sich konkret vor der Heuchelei hüten können. „Ich sage aber euch, meinen Freunden: Fürchtet euch nicht vor denen, die den Leib töten und danach nichts mehr tun können. Ich will euch aber zeigen, vor wem ihr euch fürchten sollt: Fürchtet euch vor dem, der, nachdem er getötet hat, auch Macht hat, in die Hölle zu werfen. Ja, ich sage euch, vor dem fürchtet euch.“ Die Menschenfurcht ist eine treibende Kraft, daher tut man nicht nur ausversehen Dinge, sondern auch ungewollt Dinge gegen den eigenen Willen. Es ist furchterregend, wenn meine heimlichen Taten und Gedanken in der Öffentlichkeit gezeigt werden würden. Die Menschen können die Ehre der anderen Menschen wegnehmen und verleumden und sie sogar töten. Wenn man mit dieser Gewalt konfrontiert wird, fällt es einem sehr schwer, damit zurechtzukommen. Aber Jesus sagte, dass diese Gewalt seine Grenzen hat. Und zwar nur bis zum Tod. Hingegen hat Gott mehr Macht, den Menschen in die Hölle zu werfen. Also hat Gott Macht über die Menschen sowohl zu ihren Lebzeiten, als auch nach dem Tod. Darum ermutigte Jesus seine Jünger, diesen Gott zu fürchten. Diese Ermutigung ist ein Hinweis darauf, wie ein Mensch von der Menschenfurcht frei werden kann. Darüber hinaus hilft Gottesfurcht, sich vor der Heuchelei zu hüten.
Im Internet fand ich eine Definition über Gottesfurcht. Das stand: „Gottesfurcht ist die Hochachtung vor der Größe und Autorität Gottes.“ (bibelstudium.de). Diese Definition ermutigt uns, Gott besser zu erkennen. Wer die Größe und seine Autorität Gottes kennt, der kann auf ihn, statt auf andere hören. Was Gott spricht, das ist entscheidend. Wenn Gott mich anerkennt, dann ist das entscheidend. Darum soll ich ihn immer ernst nehmen. In der Firma hat der Chef eine gewisse Autorität. Daher schenken die Kollegen ihm ihre Hochachtung, wenn er etwas sagt. Sein Wort kann ernst genommen werden. Aber der Geltungsbereich seines Wortes ist nur im Büro eingeschränk – nicht viel darüber hinaus. Die Macht der Menschen ist mehr oder weniger ähnlich der Autorität eines Chefs in der Firma. Aber Gott ist der Schöpfer. Jesus sprach über Gott folgendes: „Verkauft man nicht fünf Sperlinge für zwei Groschen? Dennoch ist vor Gott nicht einer von ihnen vergessen. Auch sind die Haare auf eurem Haupt alle gezählt. Fürchtet euch nicht! Ihr seid kostbarer als viele Sperlinge.“ Wahrscheinlich wurde eine Vogelart wie Sperlinge damals nicht stückweise verkauft, sondern zu fünft oder zu zehnt. Das besagt, dass ihr Wert gering war. Aber Jesus sprach, dass nicht einer von ihnen von Gott vergessen wird. Vor unseren Augen sehen die Vögel gleich aus. Für viele von uns ist es immer noch schwer, unsere Zwillinge Lena von Hanna zu unterscheiden. Aber Gott kann alle Vögel der Erde voneinander unterscheiden. Jeden Tag verlieren wir unsere Haare, aber Gott kann alle Haare auf unserem Kopf zählen. Gott weiß also genau, wieviele Haare du aktuell auf deinem Kopf hast. Jesus ermutigt seine Jünger: Fürchtet euch nicht! Ihr seid kostbarer als viele Sperlinge. Vor diesem Gott sollte man Furcht haben. Ihm gehört die Ehre und Macht. Dieser Gott liebt dich und mich. Gott, der deine Haare genau zählt, weiß, welche Angst du hast. Was du brauchst, weiß er besser als du. Darum ist Gottesfurcht besser als Menschenfurcht. Gottesfurcht ist der Ausweg von der Menschenfurcht. Abschließend hören wir das ermahnende Wort Jesu: „Ich sage euch aber: Wer mich bekennt vor den Menschen, den wird auch der Menschensohn bekennen vor den Engeln Gottes. Wer mich aber verleugnet vor den Menschen, der wird verleugnet werden vor den Engeln Gottes. Wenn sie euch aber führen werden in die Synagogen und vor die Machthaber und die Obrigkeit, so sorgt nicht, wie oder womit ihr euch verantworten oder was ihr sagen sollt; denn der Heilige Geist wird euch in dieser Stunde lehren, was ihr sagen sollt.“ Die Angst kann uns jagen und dazu treiben, gegen den Willen Jesu zu handeln. Aber Jesus ermutigt seine Jünger, nicht gegen ihn zu handeln, sondern sich zu ihm zu bekennen. Das heißt: Nicht die Menschen, sondern Jesus ist der Herr über mein Leben.
In der Bedrängnis kann man auch Angst haben, wie man damit fertig wird. Aber wer Jesus nachfolgt, der kann auf die Hilfe des Heiligen Geistes vertrauen. Gottes Geist wird den Jüngern Jesu das passende Wort zum Aussprechen geben. Die Menschen sind sichtbar, Gott ist unsichtbar. Daher könnte jeder die Menschen ernster nehmen als Gott. Aber Gott ist stärker und kennt mich weitaus besser als die Menschen. Auf diesen Gott sollen wir mehr achten und sein Wort ernst nehmen. Dann wird er auch das ernst nehmen, was wir zu ihm sagen. Er weiß alles über dich. Darum ist er immer bereit, dich anzusprechen und mit dir eine enge Gemeinschaft zu pflegen. Unser Gott ist gut und freundlich. Ich liebe meinen Gott und will ihm immer danken.

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