Predigt: Johannes 1,1-13 – Weihnachten 2021

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Wort, Licht und Leben

„In ihm war Leben, und das Leben war das Licht der Menschen.“

(Johannesevangelium 1,4)

Wir feiern heute den 1. Advent, weil wir uns an die Ankunft des Herrn Jesus auf dieser Erde erinnern und darüber freuen wollen. Wir freuen uns darüber, weil Jesu Menschwerdung viel Gnade erbracht hat, wie etwa Sündenvergebung und Ewiges Leben. Über diese Gnade können wir uns umso mehr freuen, sie umso mehr in Anspruch nehmen, wenn wir wissen, wer Jesus eigentlich ist. Jesus sagte einmal: „Wenn du die Gabe Gottes kenntest und ⟨wüsstest⟩ wer es ist, der zu dir spricht: Gib mir zu trinken!, so hättest du ihn gebeten, und er hätte dir lebendiges Wasser gegeben.“ Zu wissen, wer Jesus ist, hilft uns, seine Gnade umso mehr in Anspruch zu nehmen. Hierzu ein Bild, um das zu verstehen: Wenn ein Kind mir sagen würde, dass es mir 1000 € schenken will, so würde ich es ihm nicht glauben und es nicht einmal darum bitten. Wenn ich aber über dieses Kind wüsste, dass es der Sohn von einem der reichsten und großzügigsten Scheiche der Welt wäre, so würde ich sagen: „Klar, gib her“. Wir wollen daher heute darüber nachdenken, wer Jesus ist, damit wir umso mehr das in Anspruch nehmen, was er uns gerne geben will. Der heutige Text aus Johannes Kapitel 1 spricht sehr viel über das Wesen und Person Jesu. Wir wollen uns mit ihm anhand von drei Fragen auseinandersetzen:
1. Wer ist Jesus? Wer ist Jesus nicht?
2. Was gibt uns Jesus?

1. Teil: Das Wesen Jesu (V. 1 – 5)

Eines der überzeugendsten Beweise dafür, dass die Heilige Schrift von Gott kommt, ist, dass sie Dinge schreibt, auf die der Mensch von sich aus gar nicht kommen würde – so z.B. über die Person Jesu: Kein Mensch würde wohl von sich aus darauf kommen, Jesus mit den Begriffen „Wort“, „Leben“ und „Licht“ zu bezeichnen. Auf solche Begriffe kommt man nicht von selbst – Johannes hat es so von Gott offenbart bekommen.

Erstens, Jesus ist das Wort
Beginnen wir mit „Wort“. Welche Aussagen über das Wort werden getroffen? Betrachten wir hierzu die Verse 1 und 2.
1. Eigenschaft: das Wort war im Anfang. Wie die meisten wissen, ist dieses Wort eine Anlehnung zu 1. Mose 1,1: „Im Anfang schuf Gott den Himmel und die Erde.“ Durch die Anlehnung an 1. Mo 1,1 macht Johannes deutlich, dass das Wort schon da war, bevor Himmel und Erde erschaffen wurden. Als noch nichts von der Welt existierte, war das Wort bereits schon da. Was zeigt das? Das zeigt, dass das Wort von Ewigkeit her ist und zweitens nicht mit dem Geschaffenen gleichzusetzen ist. Vers 3 bestätigt das: Das Wort ist nicht Geschöpf, sondern Schöpfer – alles, nicht nur die Menschen, sondern die ganze Erde, und nicht nur die ganze Erde, sondern das gesamte Universum, und nicht nur das gesamte Universum, sondern auch die himmlische Welt, also das gesamte himmlische Heer, unzählige Engeln, alles wurde durch das Wort erschaffen! Ohne das Wort wurde auch nicht eines, was geworden ist, heißt es am Ende von Vers 3.
2. Eigenschaft: das Wort war bei Gott. Das Wörtchen „bei“ meint nicht nur die räumliche Nähe zu Gott, sondern bedeutet auch „zu hin“. Das Wort ist zu Gott hingewandt, auf Ihn ausgerichtet, Gott zugeneigt, eben ganz bei Gott. Warum ist das so?
Dies hängt mit der 3. Eigenschaft vom Wort zusammen: „Gott selbst ist das Wort.“ Gottes Person und Gottes Wort stehen in einem unzertrennbaren Zusammenhang. Dies kennen wir auch zum Teil aus unserem Leben: Unsere Worte sagen über uns mehr aus, als wir vielleicht denken. Die Menge der Worte über ein Thema, die Art und Weise, wie wir etwas sagen – in welcher Lautstärke, in welcher Tonhöhe, mit Überzeugung oder Unsicherheit, die Art und Weise der Betonung, die Art und Weise der Atmung und wie wir etwas formulieren – all das sagt Vieles über unsere Person aus. Das, was wir sagen, fällt ja nicht einfach vom Himmel. Es steht in direkter Verbindung zu unserer Person. Unsere Worte sind ein Ausdruck unserer Person. Das umso mehr bei Gott. Alle Wesenszüge Gottes spiegeln sich in seinem Wort wider: So wie Gott ist auch das Wort heilig, so wie Gott ist auch das Wort wahrhaftig, so wie Gott ist das Wort mächtig usw. Alles, was Gott tut und tat, geschieht ja gerade durch sein Wort: „Sein Schaffen, Regieren, Richten, Leiten und Beschenken geschieht immer wieder durch sein ‚Sprechen‘, eben durch Sein Wort. (vgl. DE BOOR 1968: 351)“ Alle diese Aussagen über das Wort Gottes finden ihre Zuspitzung in Vers 14: „Und das Wort wurde Fleisch und wohnte unter uns.“ Das Wort ist Jesus selbst. Alle genannten Eigenschaften des Wortes treffen auf Jesus zu: Er ist vor allem Erschaffenen, durch Ihn wurde alles erschaffen, er war vor der Erschaffung der Welt bei Gott, er ist Gott zugewandt und er ist Gott höchstpersönlich. Wie schon eben erwähnt, sind unsere Worte ein gewisser Ausdruck unserer Person. Gleichzeitig kommen wir mit unseren Worten aber auch schnell an unsere Grenzen – wir schaffen es oft nicht, es ganz so auszudrücken, wie wir es meinen. Bei Gott ist es aber anders. Gott hat sich in Jesus, also dem Wort Gottes, vollkommen ausgesprochen, sein ganzes Herz, sein ganzes Wesen, sein ganzer Wille ist in der Person Jesu ausgesprochen. In Hebr. 1,1-2 heißt es: „Nachdem Gott vielfältig und auf vielerlei Weise ehemals zu den Vätern geredet hat in den Propheten, hat er am Ende dieser Tage zu uns geredet im Sohn.“ Im Gleichnis von den bösen Weingärtnern sprach der Eigentümer des Weinbergs zuletzt durch seinen Sohn zu ihnen. Nachdem sie alle Knechte umgebracht hatten, hatte Gott die Hoffnung gehabt: „Sie werden sich vor meinen Sohn scheuen.“ Warum? Weil Gott in dem Sohn so klar und deutlich redet, hatte er die Hoffnung, dass die Weingärtner wenigstens durch ihn Buße tun. Wenn nicht durch ihn, durch wen dann?
Wenn jemand etwas genauso sieht, wie wir es sehen, oder meint, wie wir es meinen, benutzen wir Redewendungen wie: „Meine Rede“ oder: „Du sprichst mir aus dem Herzen“. Alles, was Jesus ist und tut, spricht Gott aus dem Herzen. Einmal schaute Gott vom Himmel zu seinem Sohn und sagte: „Dies ist mein lieber Sohn, an dem ich Wohlgefallen habe.“ Wenn Gott, der Vater, auf den Sohn schaut, freut er sich. Warum? Weil Jesus genauso ist wie Gott. In Kolosser 1,15 heißt es: „Dieser ist das Ebenbild des unsichtbaren Gottes.“
Im Vers 14 erfahren wir eine krasse Aussage über den Herrn: Das Wort wurde Fleisch. Jesus in seiner überragenden Größe als das Wort Gottes wurde Fleisch. Mit Fleisch meint die Bibel nicht einfach nur Körper, sondern den Menschen in seiner Schwachheit, Hinfälligkeit, Vergänglichkeit und Todverfallenheit. In der Menschwerdung Jesu ist beides miteinander vereint: Die überragende, göttliche Größe des Wortes Gottes verbunden mit der menschlichen Schwachheit. Er kann mit seiner göttlichen Kraft auch in unserer Schwachheit hineinwirken. Obgleich Jesus so groß ist, heißt das nicht, dass er uns fern ist. Es heißt nicht, dass das Wort das Fleisch angezogen hatte, sondern Fleisch wurde. Das macht deutlich: Gott wurde wahrhaft unseresgleichen in voller Solidarität (vgl. ebd., S. 52). In Jesus hat Gott an unserem Menschsein völlig teilgenommen. Jesus versteht uns in all unseren Anfechtungen.

Zweitens, Jesus ist das Leben
In Vers 4 erfahren wir, dass Jesus nicht nur das Wort, sondern in ihm auch das Leben ist. Jesus bezeichnet sich selbst auch als das Leben. Aber was ist mit Leben eigentlich gemeint? Im Biologieunterricht haben wir die Merkmale von Lebewesen durchgenommen (wie etwa Wachstum, Stoffwechsel, Bewegung, Reaktion auf Reize usw.). So gesehen sind auch Pflanzen Lebewesen. Aber ist das ein Leben, von dem Johannes hier spricht? Es geht ja beim Leben nicht einfach nur darum, zu existieren. Johannes spricht von einem echten, erfüllten Leben. Das ist vergleichbar damit, wie man bei einer Veranstaltung anwesend ist. Manche Schüler machen richtig aktiv am Unterricht mit, sie sind wirklich anwesend. Andere sind zwar da, aber sie sind innerlich abwesend. Genauso leben viele Menschen, aber nicht wirklich. Der Sündenfall brachte den Tod in die Welt. Seitdem existieren viele Menschen, aber leben nicht wirklich. Seit Jesu Auferstehung können Menschen wieder zu dem wahren, ewigen Leben gelangen. Viele Menschen suchen das Leben außerhalb von Jesus. Sie wenden sich weltlichen Freuden und Vergnügungen hin – aber diese Dinge stillen nur kurzzeitig den Durst nach Leben. Seitdem Corona da ist, sind viele diese weltlichen Freuden eingeschränkt. Leute verlieren die Freude am Leben, werden depressiv. Sie wissen nicht, wo das Leben eigentlich zu finden sind, haben keine Alternative. Weil alles durch Jesus, und nichts ohne Jesus erschaffen wurde, war es schon immer so gewesen, dass in Jesus das Leben ist. Ein echtes Leben außerhalb von Jesus gibt es gar nicht. Das Leben außerhalb Jesus zu suchen widerspricht der eigenen Natur, dem eigenen Wesen. Wir sind nicht so gebaut, dass wir woanders als bei Jesus das Leben finden. Jesus Christus spricht: „Wer aber von dem Wasser trinken wird, das ich ihm geben werde, den wird nicht dürsten in Ewigkeit; sondern das Wasser, das ich ihm geben werde, wird in ihm eine Quelle Wassers werden, das ins ewige Leben quillt.“ Wo suchen wir, du und ich, das Leben? Wo suchen wir die Erfüllung?

Drittens, Jesus ist das Licht
Wir gebrauchen Begriffe wie „Todesnacht“, weil wir mit dem Tod Dunkelheit und Finsternis verbinden. Umgekehrt verhält es sich mit dem Leben. Am Ende von Vers 4 heißt es: Und das Leben war das Licht der Menschen. Das Leben steht in Verbindung mit Licht. Weil Jesus das Leben ist, ist er auch das Licht der Menschen. Was bedeutet das? Das Licht steht in der Bibel für Wahrheit, genauer gesagt die Wahrheit über Gott (vgl. Joh. 1,18). Diese Wahrheit über Gott ist nirgendwo deutlicher zu sehen als in der Person Jesu. Deswegen ist Jesus das Licht der Welt. Durch Jesus sehen Menschen Gott als den Vater. Diese Wahrheit verändert ihr Leben. Es bringt Freude und Zuversicht in ihr Leben hinein, auch dann, wenn die Umstände das Gegenteil sprechen. Wenn wir hingegen die Dinge nicht so sehen, wie Gott sie sieht, machen sich in unserem Leben Ängste, Hoffnungslosigkeit, Sorgen, Verzweiflung etc. breit. Sie machen unser Leben finster. Doch im Vers 5 erfahren wir, dass das Licht Jesu in unsere Finsternis hineinscheinen und alle Finsternis vertreiben kann. Da wo Licht ist, kann es keine Finsternis geben. Ebenso ist es auch mit dem Licht Jesu. Da wo das helle Licht Jesu scheint, also da, wo die Wahrheit über Gott in den Herzen von Menschen aufgeht, wird die Finsternis aus ihrem Leben vertrieben. Licht kann Finsternis vertreiben, aber die Finsternis kann das Licht nicht vertreiben. Ebenso ist auch das Licht Jesu stärker als unsere Finsternis, wenn wir es in unserem Leben hineinleuchten lassen. Es gibt eigentlich nur eine Voraussetzung dafür, dass das Licht Jesu in unser Leben scheinen kann. Diese erfahren wir in Joh. 3,19-21: Dies aber ist das Gericht, dass das Licht in die Welt gekommen ist, und die Menschen haben die Finsternis mehr geliebt als das Licht, denn ihre Werke waren böse. Denn jeder, der Arges tut, hasst das Licht und kommt nicht zu dem Licht, damit seine Werke nicht bloßgestellt werden; wer aber die Wahrheit tut, kommt zu dem Licht, damit seine Werke offenbar werden, dass sie in Gott gewirkt sind. Die Voraussetzung dafür ist, dass wir die Wahrheit liebhaben.
Wir haben bisher betrachtet, wer Jesus ist. In den nachfolgenden Versen geht es darum, wer Jesus nicht ist. Ab Vers 6 ist auf einmal von Johannes, dem Täufer, die Rede. Warum? Johannes, der Täufer, hatte in der jüdischen Gesellschaft solch eine große Anerkennung gefunden, dass manche sich fragten, ob er nicht der Messias sei. Deswegen ist der Apostel Johannes darum bemüht, dies richtigzustellen. Bemerkenswert ist, wie die Person des Täufers eingeleitet wird: „Da war ein Mensch, von Gott gesandt …“ Anders als das Wort war Johannes nur ein Mensch. Johannes war von Gott gesandt, aber nicht Gott gleich. Johannes zeugte vom Licht, aber er war nicht das Licht. Das ist ein großer Unterschied. Es gab und gibt zu allen Zeiten große Männer und Frauen Gottes. Doch wie einflussreich sie auch waren und sind, sie selbst sind nicht das Licht und Leben. Sie können uns helfen zum Licht zu kommen. Sie können uns helfen, das ewige Leben zu bekommen und gedeihen zu lassen, aber sie selber können unser Leben nicht hell machen, sie können es nicht verbessern. Manche oder viele Menschen bauen ihre Hoffnung auf Menschen, weil sie meinen, durch sie kann die Finsternis aus ihrem Licht vertrieben werden. Allerdings werden sie darin enttäuscht. Warum? Ganz einfach, sie sind nicht das Licht, allenfalls können sie zeugen vom Licht. Man muss selber zu Jesus kommen, selber eine Beziehung mit ihm haben. Dies können uns andere Christen nicht abnehmen, wie geistlich auch sie sein mögen.
Weil Jesu Person so überragend groß ist, kann er uns auch große Dinge geben. Hiervon sprechen die Verse 9 bis 13.

Teil 2: Die Gnade in Jesu (V. 9 – 13)

Betrachten wir Vers 9. Weil Jesus das Licht der Welt ist, kann Jesus jeden Menschen erleuchten. Jeder kann erleuchtet werden! Was ist mit Erleuchtung gemeint? Ungläubige haben ein verkehrtes Gottesbild in ihrem Kopf. Wenn man mit ihnen redet, hat man den Eindruck, dass sich die einen Gott als einen blutrünstigen, die anderen als eine gleichgültige Person und wiederum andere als einen lieben Opa vorstellen. Ihr Verstand ist verfinstert. Doch in Jesus können sie Gott so begegnen, wie er wirklich ist, nämlich als den Vater. Jesus sagt: „Wer mich gesehen hat, hat den Vater gesehen.“ Gott so erkennen, wie er wirklich ist, ist die Erleuchtung. Dies geschieht allein durch Jesus. Deswegen heißt es im Vers 18: „Niemand hat Gott jemals gesehen; der einziggeborene Sohn, der in des Vaters Schoß ist, der hat ⟨ihn⟩ bekannt gemacht.“ Heutzutage glauben immer mehr Menschen, dass man nicht wissen kann, ob es einen Gott gibt oder nicht. Aber das ist nicht wahr. Jesus, das Licht der Welt, kann jedermann erleuchten. Jeder kann die Wahrheit über Gott erkennen. Wenn ein Halogenstrahler auf meine Augen leuchtet, ich aber meine Augen mit meinen Händen verdecke, kann ich nichts vom Licht vernehmen. Ebenso ist es mich dem Licht Jesu – man muss dessen Erleuchtung zulassen!
Aber auch uns Gläubigen kann es passieren, dass sich in uns mit der Zeit ein verkehrtes Gottesbild einschleicht. Daher müssen auch wir immer wieder durch die Begegnung mit Jesus aufs Neue erleuchtet werden. In Römer 12,2 heißt es: „Und seid nicht gleichförmig dieser Welt, sondern werdet verwandelt durch die Erneuerung des Sinnes“.
Im Vers 12 erfahren wir etwas Weiteres, was wir durch Jesus erhalten – es ist die Macht, ein Kind Gottes zu werden. Es kann aber auch heißen: „Wie viele ihn aber aufnahmen, denen gab er Macht, Gottes Kinder zu werden.“ Warum Macht? Die natürliche Geburt geschieht durch den Willen von Menschen, aber die geistliche Geburt allein durch den Willen Gottes. Man kann die geistliche Wiedergeburt nicht erzwingen. Wie sehr man sie auch wollte, sie geschieht doch nur dann, wenn es Gott auch will. Ein passendes Beispiel dafür ist die Glaubensgeschichte von Whitefield, der alles Mögliche versuchte, Askese bis zum Rande des Zusammenbruchs betrieb, um wiedergeboren zu werden:
Gott zeigte mir, dass ich von neuem geboren werden oder verdammt werden müsse. Ich erfuhr hier, dass man in die Kirche gehen, Gebete aufsagen, das Sakrament empfangen kann, ohne ein Christ zu sein. Wie brachte das mein Herz in Wallung! (…)
Als erstes verschärfte er seine Askese, was ihm wachsende Feindschaft seiner Verwandten in Gloucester und Unverstand bei seinen Mitbrüdern im Heiligen Club einbrachte (…)
Der geplagte Jüngling trieb seine Askese noch weiter, aß keine Früchte mehr, sondern gab das auf diese Weise gesparte Geld den Armen. Er nahm nur das kümmerlichste Essen zu sich, trug einen geflickten Rock und schmutzige Schuhe. Dann stürzte er sich in einen extremen Quietismus (…) so dass er, statt wenig zu reden, gar nicht mehr redete, und aus dem Rat, vor Gott stille zu sein, den Schluss zog, gar nicht mehr zu beten. Er saß ganze Abende stumm vor sich hinstarrend unter seinen Freunden im Heiligen Club (…)
Noch immer brannte die ungestillte Sehnsucht in seiner Seele, und er steigerte seine asketischen Strapazen abermals. Er meinte, er müsse es dem Herrn gleichtun, der in der Wildnis versucht worden war. Ganze Nächte verharrte er auf den Feldern kniend oder bäuchlings ausgestreckt im Gebet (…)
Schließlich befand er sich am Rande des vollständigen Zusammenbruchs. In der Fastenzeit des Frühlings 1735 aß er während sechs Wochen nichts als ein wenig Schwarzbrot und trank dazu Salbeitee. Er war körperlich schon so geschwächt, dass er nicht mehr arbeiten und nur noch Tag und Nacht zu Gott flüstern konnte. Meine in die Länge gezogene Enthaltsamkeit und die inneren Kämpfe zehrten mich schließlich so auf, dass ich in der Osterwoche fast nicht mehr die Treppe hinaufgehen konnte (…)
Sein Zustand war nun so ernst, dass man befürchten musste, Whitefield werde vom gleichen Schicksal getroffen, wie zwei Jahre vor ihm ein anderes Mitglied des Heiligen Clubs. William Morgan war damals über seiner maßlosen Askese gestorben.2

Es gehört dazu wirklich Macht bzw. Vollmacht, um ein Kind Gottes zu werden. Diese Macht hat Jesus. Jesus hat diese Macht, weil er das Wort Gottes ist. Das Wort Gottes kann neues Leben schaffen. Jesus gibt jedem die Macht, ein Kind Gottes zu werden, der an seinen Namen glaubt. Vers 12 macht deutlich, dass das Glauben an Jesu Namen gleichbedeutend damit ist, Jesus in sein Herz aufzunehmen. Manchen oder vielen fällt es schwer, Jesus in ihr Herz aufzunehmen, weil ihnen etwas an Jesus stört. Zum Beispiel erkennen viele Jesus als einen guten und vorbildlichen Menschen an, haben aber ein Problem damit, ihn als den einzigen Weg zu Gott anzuerkennen. Jesus möchte so aufgenommen werden, wie er tatsächlich ist, ohne Abstriche, mit all seinen Ansprüchen über die Größe seiner Person.
Das gilt natürlich auch für uns Gläubigen. Im Laufe unseres Glaubenslebens möchte sich Jesus uns mehr und mehr offenbaren. Dabei kann es sein, dass wir mit Dingen von Jesu Personen konfrontiert werden, die uns stören. Zum Beispiel hat das Petrus erlebt, als Jesus ihm den Kreuzesweg offenbarte (Mt. 16,22). Johannes der Täufer ärgerte sich an Jesus, weil Jesus nicht so handelte, wie er erwartet hatte, als er im Gefängnis war (Mt. 11,2-6). Wenn wir ihn so annehmen, wie Er ist, kann das neue Leben in uns gedeihen und wir Christus ähnlicher werden.
Es kann aber auch heißen: „So viele ihn aber aufnahmen, denen gab er das Recht, Kinder Gottes zu werden.“ Wenn von „Recht“ die Rede ist, dann zeigt das, dass die Kindschaft Gottes ein Privileg ist. Was gibt es für ein größeres Privileg, als ein Kind Gottes zu sein? Hiervon spricht auch dieses Wort: Denn ihr habt nicht einen Geist der Knechtschaft empfangen, wieder zur Furcht, sondern einen Geist der Sohnschaft habt ihr empfangen, in dem wir rufen: Abba, Vater! (Röm 8,15).
Möge das Licht Jesu in unserem Leben mehr und mehr scheinen und alle Finsternis aus unserem Leben vertreiben. Lasst uns beten.

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1 DE BOOR, W. (1968): Das Evangelium des Johannes. Erklärt von Werner der Boor. R. Brockhaus Verlag Wuppertal.
2 PETERS, B. (20032): George Whitefield. Der Erwecker Englands und Amerikas, S. 25-27. CLV.

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