Predigt: Hebräer 11,8-16 — Jahresanfang 2025

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Der Glaube an die Verheißung

„Nun aber sehnen sie sich nach einem besseren Vaterland, nämlich dem himmlischen. Darum schämt sich Gott ihrer nicht, ihr Gott zu heißen;
denn er hat ihnen eine Stadt gebaut.“

(Hebräer 11,16)

Der Hebräerbrief ist einer der wenigen Briefe des Neuen Testaments, deren Verfasser wir nicht sicher kennen. Er wurde aber eindeutig an hebräische Christen geschrieben, also an Juden, die zum christlichen Glauben gekommen waren. Darin hilft der Verfasser den Empfängern, die eine Zeit der Bedrängnis wegen ihres Glaubens durchgemacht hatten, die Einzigartigkeit von Jesus Christus und die Wahrhaftigkeit des Evangeliums aus der Sicht des Alten Testaments noch besser zu erkennen. Im Kapitel 11 führt er eine lange Liste von Männern und Frauen auf, die einen vorbildlichen Glauben gehabt haben, um die Empfänger im Glauben zu stärken. Dieses Kapitel beginnt mit einer Definition des Glaubens und beschreibt dann in vier Versen den Glauben von Abel, von Henoch und von Noah. Danach wird zwölf Verse lang der Glaube von Abraham beschrieben. Von keinem in diesem Kapitel wird der Glaube annähernd so ausführlich beschrieben wie von Abraham. Abraham ist also nicht nur in der Genesis die Hauptperson, sondern sein Glaube wird auch im Neuen Testament am meisten als vorbildhaft dargestellt. Warum war der Glaube von Abraham so vorbildlich? Was zeichnet seinen Glauben aus? Welchen Glauben hatten Abraham, Isaak und Jakob, sodass Gott so zufrieden mit ihnen war? Lasst uns heute den Glauben begreifen, durch den sie Gott erfreut und seine große Anerkennung erlangt haben! Lasst uns dadurch eine geistliche Orientierung bekommen und lernen, wie wir Gott in diesem neuen Jahr erfreuen können!

Wie begann Abrahams Glaubensleben? Lesen wir gemeinsam den Vers 8: „Durch den Glauben wurde Abraham gehorsam, als er berufen wurde, in ein Land zu ziehen, das er erben sollte; und er zog aus und wusste nicht, wo er hinkäme.“ Abrahams Leben mit Gott begann, als er von Gott berufen wurde. Im Buch Genesis erfahren wir, dass Abraham zu diesem Zeitpunkt bereits 75 Jahre alt war und in der Stadt Haran im Osten der heutigen Türkei lebte. Mit 75 Jahren hatte Abraham sein Leben dort fest etabliert; er hatte dort seine Verwandten, Freunde, Nachbarn, sein Einkommen und vermutlich ein Haus. Abraham war mit Sara verheiratet, aber sie hatten kein Kind, weil Sara unfruchtbar war. Aber Gott griff in Abrahams Leben ein und berief ihn mit einem Befehl und einer großen Verheißung. In Genesis 12,1.2 heißt es: „Und der Herr sprach zu Abraham: Geh aus deinem Vaterland und von deiner Verwandtschaft und aus deines Vaters Hause in ein Land, das ich dir zeigen will. Und ich will dich zum großen Volk machen und will dich segnen und dir einen großen Namen machen, und du sollst ein Segen sein.“ Gott forderte Abraham auf, sein Vaterland, seine Verwandtschaft und alles, was er dort hatte, zu verlassen und in ein Land zu ziehen, das Gott ihm zeigen würde. Um die Tragweite dieser Aufforderung zu verstehen, müssen wir daran denken, was es damals bedeutete, seine Stadt und sein Land zu verlassen. Wenn wir heute in ein anderes Land reisen, haben wir dort mit unserem Pass oder Visum ein gewisses Aufenthaltsrecht und Sicherheit. Falls wir in ernste Probleme geraten sollten, können wir uns dort an ein Konsulat oder die Botschaft wenden und Hilfe erhalten. Aber zur Zeit von Abraham, etwa 1800–2000 vor Christus, hatte man nur in seinem Vaterland und in seiner eigenen Stadt gewisse Sicherheit und Schutz. Im Ausland war man meist kaum Sicherheit und war der Gunst bzw. Willkür der Bewohner ausgeliefert. Aber Gott forderte Abraham auf, sein Vaterland zu verlassen und in ein fremdes Land zu gehen, das Gott ihm erst noch zeigen würde.

Wie konnte Abraham dieser Berufung folgen? Der Vers 8 antwortet darauf, dass Abraham Gottes Berufung durch den Glauben gehorsam wurde. Er hatte nichts in der Hand und hatte kein Zeichen von Gott bekommen. Aber er entschied sich trotzdem, Gottes Befehl zu gehorchen, und verließ sein Vaterland und sein ganzes bisheriges Leben, um ein neues Leben unter Gottes Führung anzufangen, weil er wirklich an Gottes Verheißung glaubte.

Was war für Abrahams Glauben also charakteristisch? Sein Glaube war mit seinem Gehorsam gegenüber Gottes Wort verbunden. Viele Menschen trennen bewusst oder unbewusst zwischen dem Glauben und dem Gehorsam gegenüber Gott, nach dem Motto: Hauptsache ist, dass ich im Herzen glaube. Das klingt wahr, aber ist so aber nicht richtig. Sich nur zu Gott und zu Jesus zu bekennen, ohne seinem Wort zu gehorchen, reicht nicht aus. Im Jakobusbrief heißt es provokativ, dass auch die Teufel wissen, dass Jesus der Herr ist, und zittern. Ende letzten Jahres haben wir Jesu Worte am Ende der Bergpredigt gehört, wo er sagt: „Darum, wer diese meine Rede hört und tut sie, der gleicht einem klugen Mann, der sein Haus auf Fels baute …“ (Matthäus 7,24). Abrahams Glaube zeigte sich darin, dass er Gott gehorchte. Der Gehorsam bedeutete für ihn, einen Teil seines Besitzes, seiner Beziehungen, seine Sicherheit und sein ganzes gewohntes Leben aufzugeben und sich auf ein neues, unbekanntes Leben einzulassen. Wie konnte Abraham so einen drastischen Schritt machen und sein Leben so radikal ändern, obwohl er schon alt war? Die Antwort klingt einfach, enthält aber eine tiefe Bedeutung. Abraham gehorchte Gott „durch den Glauben …“, das heißt, weil er Gottes Verheißung wirklich vertraute. An seinem Beispiel können wir lernen, was es bedeutet, an Gottes Wort zu glauben. An seinem Gehorsam können wir erkennen, wie ernsthaft er Gottes Verheißung annahm. Er ließ sich davon nicht nur oberflächlich ansprechen oder bejahte sie nur eigentlich oder prinzipiell. Er nahm Gottes Wort als Wahrheit an und dachte tief über seine Bedeutung nach. Dadurch muss er verstanden haben, dass Gott nicht nur ihn segnen wollte, sondern einen großen Plan hatte, nach dem er durch ihn viele andere Menschen segnen wollte und sogar alle Geschlechter der Erde durch ihn segnen wollte (1. Mose 12,3). Weil Abraham an Gottes Verheißung wirklich glaubte, stellte er sich für Gottes Plan zur Verfügung und gehorchte.

Wie war dann Abrahams Leben im Glauben an Gottes Verheißung? Lesen wir den Vers 9: „Durch den Glauben ist er ein Fremdling gewesen in dem verheißenen Lande wie in einem fremden und wohnte in Zelten mit Isaak und Jakob, den Miterben derselben Verheißung.“ Als Abraham in das Land kam, lebten dort bereits die Kanaaniter. Abraham musste in dem Land als ein Fremdling bzw. als Ausländer leben, fast ohne Rechte und Sicherheit. Bis ins hohe Alter gehörte ihm von dem Land kein einziger Quadratmeter. Er lebte in Zelten als Nomade und musste immer wieder umziehen, um neue Weideflächen für seine Schafe zu finden. Das Leben in Zelten klingt für uns heute vielleicht abenteuerlich oder romantisch, weil wir an einen Campingurlaub in einer schönen Landschaft denken. Aber dauerhaft im Zelt zu leben, stellt sich spätestens nach zwei Wochen als unbequem heraus und war zumindest damals auch ziemlich gefährlich.

Wie konnte Abraham sein Leben auf Dauer so führen? Wir finden die erstaunliche Antwort darauf im Vers 10. Dort steht: „Denn er wartete auf die Stadt, die einen festen Grund hat, deren Baumeister und Schöpfer Gott ist.“ Abraham konnte dauerhaft im Zelt leben, weil er auf die Stadt im Himmel wartete, die ein festes Fundament hat, die Gott selbst erbaut. Dieses Wort zeigt uns, wie tief Abraham über Gottes Verheißung nachgedacht und wie tief er sie verstand. Er verstand, dass das Leben hier nicht alles ist. Er verstand, was Gott eigentlich damit gemeint hat, dass er ihn segnen und für andere zum Segen machen wollte. Er verstand, dass Gott ihm nicht nur genug zu essen, Gesundheit und Frieden mit den Nachbarn geben wollte. Er verstand, dass Gott ihm wahres Leben in der ewigen Stadt im Himmel geben wollte und nicht nur ihm, sondern auch unzähligen Nachkommen, für die Gott ihn zum Segen machen wollte.

Jeder hat die Neigung, sein Leben bequem einzurichten und abzusichern. Es kann uns schon schwerfallen, eine Zeitlang Schwierigkeiten in unserem Leben auszuhalten. Aber durch den Glauben an Gottes Verheißung konnte Abraham die Diskrepanz zwischen dem jetzt sichtbaren Leben als Ausländer und der großartigen Verheißung Gottes aushalten und überwinden. Nach dem Bericht der Genesis hat Abraham 100 Jahre lang im verheißenen Land als ein Fremdling lebte. Er erwarb genug Reichtum, um sich in einer Stadt ein Haus zu kaufen oder zu bauen. Aber er wollte lieber das unbequeme Leben als Fremdling führen, weil er seine ganze Hoffnung auf die Stadt im Himmel setzte. Er war so überzeugt, dass diese Lebensweise am besten war, dass er auch seinen Sohn Isaak und seinen Enkelsohn Jakob davon überzeugen konnte, so zu leben. Obwohl jeder von einer anderen Generation war, lebten sie jahrzehntelang harmonisch in Zelten zusammen, weil sie alle an Gottes Verheißung glaubten und ihre Hoffnung auf die himmlische Stadt gesetzt hatten.

Betrachten wir die Verse 11 und 12: „Durch den Glauben empfing auch Sara, die unfruchtbar war, Kraft, Nachkommen hervorzubringen trotz ihres Alters; denn sie hielt den für treu, der es verheißen hatte. Darum sind auch von dem einen, dessen Kraft schon erstorben war, so viele gezeugt worden wie die Sterne am Himmel und wie der Sand am Ufer des Meeres, der unzählbar ist.“ Diese Verse handeln vom Glauben von Sara. Sie besagen, wie wichtig es vor Gott war, dass nicht nur Abraham, sondern auch seine Frau fest an seine Verheißung glaubte. Als Gott versprach, Sara im hohen Alter einen Sohn zu geben, musste sie bei der Vorstellung lachen, weil sie an ihre Unfruchtbarkeit dachte. Aber als sie für ihre Zweifel Buße tat und Gott vertraute, bekam sie im Alter von 90 Jahren von Gott die Kraft, einen Sohn zur Welt zu bringen. Als beide an Gottes Verheißung glaubten, gab Gott diesem alten Ehepaar Isaak und durch ihn so viele Nachkommen wie Sterne am Himmel und wie Sand am Ufer des Meeres. Gott hat keine Grenzen und er erfüllt seine Verheißung im vollen Maße, wenn wir wirklich daran glauben.

Betrachten wir die Verse 13–15: „Diese alle sind gestorben im Glauben und haben das Verheißene nicht erlangt, sondern es nur von ferne gesehen und gegrüßt und haben bekannt, dass sie Gäste und Fremdlinge auf Erden sind. Wenn sie aber solches sagen, geben sie zu verstehen, dass sie ein Vaterland suchen. Und wenn sie das Land gemeint hätten, von dem sie ausgezogen waren, hätten sie ja Zeit gehabt, wieder umzukehren.“ Diese Verse betonen, dass Abraham, Isaak und Jakob die Erfüllung von Gottes Verheißung während ihres Lebens nicht erlebt haben. Sie erlebten nicht, dass Gott sie zu einem großen Volk machte, ihnen das Land Kanaan gab oder sie gar für alle Völker der Erde zum Segen machte. Sie konnten die Erfüllung der Verheißung nur durch Glauben aus der Ferne sehen und ihr quasi zuwinken, aber nicht als Realität erfahren. Jakob bekannte gegen Ende seines Lebens vor dem Pharao, dass die Zeit seines Lebens kurz und böse war und dass sein Leben eine Wanderschaft war (Genesis 47,9). Damit sagte er indirekt, dass er unterwegs war zu einem Ziel, das er noch nicht erreicht hatte. Wenn er damit die Heimat seiner Familie gemeint hätte, hätte er dorthin zurückkehren können; Haran war nur ein paar Tagereise weit entfernt. Aber das kam für ihn nicht infrage.

Was war das Ziel, nach dem sich Abraham, Isaak und Jakob sehnten? Betrachten wir den Vers 16: „Nun aber sehnen sie sich nach einem besseren Vaterland, nämlich dem himmlischen. Darum schämt sich Gott ihrer nicht, ihr Gott zu heißen, denn er hat ihnen eine Stadt gebaut.“ Sie sehnten sich nach einem besseren Vaterland, nämlich dem wahren Vaterland im Himmel, wo sie Gott direkt begegnen und mit ihm ungestörte, ewige Gemeinschaft haben können. Sie sehnten sie nach dem wahren Leben im Himmel und setzten ihre Hoffnung darauf und strebten danach. Dementsprechend lebten sie hier bewusst einfach, in der freudigen Erwartung, die ewige Stadt im Himmel zu erlangen.

Gott freute sich über ihren Glauben und ihr Leben aus diesem Glauben so sehr, dass er sich etwa 600 Jahre später bei seiner Erscheinung vor Mose nach ihnen benannte und sagte: „Ich bin der Gott deines Vaters, der Gott Abrahams, der Gott Isaaks und der Gott Jakobs“ (2. Mose 3,15). Abraham, Isaak und Jakob waren eigentlich normale Männer, die auch Schwächen hatten und in ihrem Leben Fehler machten. Aber der heilige Gott bezeichnete sich selbst nach ihnen, weil er so zufrieden darüber war, dass sie an Gottes Verheißung wirklich glaubten und ihre ganze Hoffnung darauf setzten und auf diese Weise zeigten, dass sie Gott wirklich für vertrauenswürdig hielten. Das war nicht das einzige, wodurch Gott ihren Glauben bestätigt hat. Gott hat ihnen auch eine Stadt gebaut, einen wunderbaren Ort, wo sie mit Gott ewige Gemeinschaft haben können, die ihre kühnsten Erwartungen und Träume noch übertrifft. Auf diese Weise hat Gott ihren Glauben bestätigt und ewig belohnt.

Was können wir hier lernen? Zum einen können wir an Abrahams Beispiel lernen, was es eigentlich heißt, Gottes Verheißung zu glauben. Abraham glaubte an Gottes Verheißung so, dass er sie für real hielt und sein ganzes Vertrauen darauf setzte. Er dachte über die Verheißung tief nach, bis er Gottes Wille dahinter und seinen Ratschluss für die Geschichte verstand und seine eigene Rolle darin erkennen und sich für dieses Werk zur Verfügung stellen konnte. Aus diesem Glauben heraus lebte er als ein Fremdling in der Welt ein einfaches, zielgerichtetes Leben, in der festen Erwartung und Sehnsucht nach der himmlischen Stadt. Gott war darüber so froh, dass er sich nach ihm und seinen Nachkommen benannte und ihnen eine Stadt im Himmel gebaut hat.

Hier sollten wir uns einige Fragen stellen: Welche Verheißung Gottes haben wir bekommen? Wie glauben wir daran? Und wie stark wirkt sich unser Glaube auf unsere Gesinnung, auf unsere Ziele und Prioritäten und auf unser praktisches Leben aus? Als Menschen des Neuen Testaments haben wir Gottes Verheißung vom ewigen Leben viel klarer und konkreter bekommen als Abraham. Gott hat seine Liebe zu uns dadurch offenbart, dass er seinen Sohn auf die Erde gesandt und ihn für uns am Kreuz hingegeben hat. Jesus hat verheißen, dass alle, die an ihn glauben, nicht wegen ihres verkehrten Wollens und Lebens verloren gehen, sondern das ewige Leben haben (Johannes 3,16). Am Abend vor seiner Kreuzigung hat Jesus seinen Jüngern gesagt, dass er zum Vater gehen und für sie Wohnungen vorbereiten wird, und versprach ihnen: „Und wenn ich hingehe, euch die Stätte zu bereiten, will ich wiederkommen und euch zu mir nehmen, auf dass auch ihr seid, wo ich bin“ (Johannes 14,3). Drei Tage nach seinem Tod ist er von den Toten auferstanden und zum Himmel aufgefahren, um sein Versprechen an uns zu erfüllen. Wenn wir seiner Verheißung glauben, wie Abraham geglaubt hat, können wir Gottes Willen für uns erkennen und unsere ganze Hoffnung darauf setzen und unser Leben danach ausrichten. Wenn wir Gottes Verheißung wie Abraham glauben, werden wir uns wie er nach dem himmlischen Vaterland sehnen und in unserem ganzen Leben danach streben und im Leben hier viele Hindernisse und Probleme überwinden. Lasst uns dafür beten, dass wir in diesem Jahr den Glauben von Abraham, Isaak und Jakob lernen, durch den wir Gott erfreuen und ihn tiefer kennenlernen können! Lasst uns wie Abraham nach dem himmlischen Vaterland streben und in der Sehnsucht danach eins werden und für viele ein Segen werden!