Aus Glauben leben
„Mein Gerechter aber wird aus Glauben leben. Wenn er aber zurückweicht, hat meine Seele kein Gefallen an ihm.“
(10,38)
In einem Lied, das wir letzten Sonntag gesungen haben, heißt es: Zwischen Himmel und Erde sind wir noch. Und das, was wir nicht wollen, tun wir doch. In dieser Zwischenzeit, in dieser Zwischenzeit. Wir leben in einer Zwischenzeit! Wir leben zwar noch auf dieser Welt, sind aber für eine andere, unvergleichlich schönere Welt bestimmt. Unsere Heimat ist ja nicht auf dieser Welt, sondern in der Ewigkeit. Allerdings liegen bei den meisten von uns zwischen diesem Erdenleben und dem Leben in der ewigen Herrlichkeit mehrere Jahrzehnte. Da wirft sich natürlich die Frage auf, wie wir in dieser Zeit leben sollen. Die Antwort finden wir in dem heutigen Leitvers: „Mein Gerechter aber wird aus Glauben leben. Was bedeutet es aber aus Glauben zu leben? Und was ist die Gefahr, wenn wir nicht aus Glauben leben? Wir bekommen Antworten auf diese Fragen in Hebräer 10. Möge Gott durch die Betrachtung dieses Textes in jedem von uns den tiefen Wunsch erwecken, konsequent aus Glauben zu leben.
Teil I: Aus Glauben leben (V. 19-25) Bevor der Apostel auf unseren Kerntext eingeht, stellt er in den Versen 1-18 die Größe des Opfers Jesu Christi dar. Er macht deutlich, dass das Opfer Jesu etwas vermag, wozu kein einziges Opfer des AT in der Lage war. Nämlich die Wegnahme, die Beseitigung von Sünde. Das Opfer Jesu macht die totale Vergebung von Sünde möglich. Aber nicht allein das! Bei der Betrachtung der Verse 19-21 bekommen wir einen erweitertes Verständnis von der Größe des Opfers Jesu. Etwas was im AT nur schattenhaft angedeutet wurde, wurde durch das Opfer Jesu zur vollen Wirklichkeit. Wir haben einen unmittelbaren Zugang zu Gott. Der unmittelbare Zugang zum großen, heiligen Gott ist alles andere als selbstverständlich. Im AT war es absolut verboten, dass jemand außer der Hohepriester ins Allerheiligste geht. Erst als Jesus am Kreuz starb, zerriss der Vorhang, eine klare Veranschaulichung dessen, dass nun der Weg zu Gott frei geworden ist.
Zugang zum Heiligtum und Hohepriester gehören im biblischen Denken zusammen (vgl. LAUBACH: 206). Beides, freier Zugang zum Heiligtum und Hohepriester, ist uns durch das Opfer Jesu geschenkt. Dabei ist uns ein ganz besonderer Hohepriester geschenkt. Im Gegensatz zu den Hohepriester des AT wirkt Jesus nicht in einem irdischen Tempel, sondern im „Haus Gottes“, gemeint ist der himmlische Tempel. Und was tut er dort? Unmittelbar vor Gott leistet er für uns Fürbitte, z.B. wenn wir gesündigt haben. Ich stelle mir es so vor, dass Gott auf die durchbohrten Hände Jesu schaut. Dann wird sein heiliger Zorn zufriedengestellt und mir wird Vergebung zuteil.
Was sollen wir nun aus dieser wunderbaren Größe des Opfers Jesu schlussfolgern? Die Verse 22-25 leiten jeweils mit den Worten „Lasst uns“ ein. Sie enthalten drei wichtige Schlussfolgerungen aus dem Opfer Jesu. Betrachten wir zunächst Vers 22. Lesen wir ihn gemeinsam: so lasst uns hinzutreten mit wahrhaftigem Herzen in vollkommenem Glauben, besprengt in unsern Herzen und los von dem bösen Gewissen und gewaschen am Leib mit reinem Wasser.Weil Jesu Opfer uns den freien Zugang zum Vater gibt, weil in Jesu Opfer uns ein wunderbarer Hohepriester gegeben ist, ist die natürliche und vernünftige Schlussfolgerung, dass wir mit voller Zuversicht zu Jesus hinzutreten. In den Worten „so lasst uns hinzutreten“klingt die Lust zu Jesus zu kommen an. Ja, wenn wir die umfassende Größe des Opfers Jesu begreifen, dann wird es uns regelrecht zu Jesus treiben. Es wird uns nach seiner Nähe verlangen.
Weiter spricht der Apostel davon, wie wir aufgrund des Opfers zu Jesus kommen können und sollen. Er sagt mit einem wahrhaftigen Herzen. Weil wir in Jesus einen wunderbaren Hohepriester haben, können wir den Mut haben, zu Jesus mit einem aufrichtigen Herzen zu kommen. Wir können ihm z.B. freimütig unsere Schuld und Schwächen bekennen. Weil Jesus der Zugang zum Vater ist, hilft uns dies auch, Jesus mit einem aufrichtigen, ungeteilten Herz nachzufolgen.
Weiter heißt es: „in vollkommenem Glauben“. Weil Jesu Opfer so voller Gnade ist, hat es die Macht, unseren Zweifeln ein Ende zu bereiten. Ein Blick auf die umfassende Größe des Opfers Jesu vertreibt jeglichen Zweifel. Stattdessen erfüllt es uns mit aller Zuversicht.
Dann heißt es „besprengt in unsern Herzen“. Was heißt das? Im AT wurden die Israeliten durch die Priester mit Blut und Wasser besprengt. Auf diese Weise wurde die Reinigung von den Sünden zu einer „körperlich spürbaren Wirklichkeit“ (LAUBACH: 207). Was aber im AT nur äußerlich geschah, vollzieht sich jetzt im Zentrum unserer menschlichen Existenz (vgl. ebd.). Die Reinigung durch das Blut Jesu Christi ist viel tiefgehender, viel gründlicher, ja sie vollzieht sich „in der Mitte unseres persönlichen Seins“ (vgl. ebd.). Das Blut Jesu schafft in uns ein neues Herz. Ein Herz, das zu Gottes Willen Ja sagt. Deswegen ist es so wichtig, Jesu Blut immer und immer wieder zu trinken. Dies können wir einzig und allein durch das Vertrauen auf das Opfer Jesu.
Weiterhin spricht der Apostel davon, das wir frei von schlechtem Gewissen zu Jesus kommen können. Weil Jesu Opfer die totale Vergebung bringt, brauchen wir unser Glaubensleben nicht mit einem schlechten Gewissen zu führen. Denn ich will ihnen ihre Missetat vergeben und ihrer Sünde nimmermehr gedenken (Jeremia 31, 34), sagt Gott. Wenn Gott an unsere Sünden nicht mehr gedenkt, wie verkehrt ist es dann, wenn wir an bereits vergebene Sünden ständig denken? Weil Sünde so schrecklich ist, können wir nicht so einfach glauben, dass Gott uns vergibt. Aber das Opfer Jesu hat die Botschaft: „Ja, deine Sünden sind unglaublich schrecklich, aber der Herr Jesus wurde dafür auch schrecklich bestraft.“
Wie schön ist es, frei von einem schlechten Gewissen zu leben! Aber es ist nicht nur schön, sondern absolut notwendig. Hebräer 9.14 spricht davon, dass das Blut Jesu unser Gewissen von den toten Werken reinigt. Das schlechte Gewissen bringt nur tote Werke hervor. Wenn ich z.B. jemandem helfe, um mein schlechtes Gewissen zu beruhigen, ist das nicht ein totes Werk? Wenn ich aber der Vergebung total glaube, sehe ich gar nicht mehr die Notwendigkeit, mein Gewissen durch eine Tat zu beruhigen. Oder wenn ich jemandem helfe, damit Gott mit mir zufrieden ist, ist das nicht ein totes Werk? Wenn ich aber daran glaube, dass ich durch das Opfer Jesu bereits vollkommen gerecht gemacht worden bin, dann habe ich gar nicht mehr das Bedürfnis, Gott zufrieden zu stellen. Das schlechte Gewissen ist nichts anderes als eine böse Frucht des Unglaubens oder Zweifels gegenüber dem Opfer Jesu. Das Blut Jesu hingegen reinigt unser böses Gewissen und stellt die Liebesbeziehung zum Vater wieder her. Dann ist nicht mehr das schlechte Gewissen, sondern Liebe unser Motiv.
Durch die erste Schlussfolgerung aus dem Opfer Jesu bekommen wir die erste Antwort darauf, was es heißt, aus Glauben zu leben. Aus Glauben leben heißt hier, dass wir im Vertrauen auf die reiche Gnade, die im Opfer Jesu ist, leben. Dies kommt konkret dadurch zum Ausdruck, dass wir gerne zu Jesus kommen und wir ein Glaubensleben mit voller Zuversicht, mit einem willigen Herzen und guten Gewissen führen.
Was ist die zweite große Schlussfolgerung? -Lesen wir gemeinsam Vers 23: Lasst uns festhalten an dem Bekenntnis der Hoffnung und nicht wanken; denn er ist treu, der sie verheißen hat. Unser Blick auf die herrliche Zukunft wird leicht getrübt, etwa durch Stress oder Probleme des Alltags oder durch Konflikte oder Enttäuschungen oder durch Zweifel oder Sünde. Deswegen sagt der Apostel: „lasst uns festhalten an dem Bekenntnis der Hoffnung und nicht wanken“. „Denn Gott ist absolut treu. Gottes Treue ist unwandelbar; er wird alle seine Zusagen im Blick auf die Zukunft buchstäblich erfüllen; wir dürfen daran unbeirrbar festhalten“ (LAUBACH: 209). So wie Gott unbeweglich zu seinen Verheißungen steht, so sollen auch wir ohne Wanken am Bekenntnis zu unserem wiederkommenden Herrn festhalten (vgl. ebd.). Ein Leben aus Glauben bedeutet also, dass wir in Hoffnung leben. Was ist die dritte Schlussfolgerung aus dem Opfer Jesu Christ? Lesen wir gemeinsam die Verse 24-25: und lasst uns aufeinander achthaben und uns anreizen zur Liebe und zu guten Werken und nicht verlassen unsre Versammlungen, wie einige zu tun pflegen, sondern einander ermahnen, und das umso mehr, als ihr seht, dass sich der Tag naht. Die dritte Schlussfolgerung ist die brüderliche Liebe. Die brüderliche Liebe sollen wir dadurch praktizieren, indem wir aufeinander achthaben. Dies bedeutet, dass wir gegenseitig Verantwortung übernehmen. Es bedeutet, dass wir uns nicht einander egal sind. Wenn z.B. jemand in der Gemeinde Anfechtungen erleidet, dann dürfen andere für ihn beten, ihn ermutigen, ihn ermahnen und immer wieder danach fragen, wie es um ihn steht, praktisch mit ihm wie mit einem Seelsorger umgehen. „Die natürliche Lebenshaltung des unerlösten Menschen ist, sich der Verantwortung seines Nächsten zu entziehen“ (LAUBACH: 209). Schon Kain sagte: „Soll ich meines Bruders Hüter sein?“ Aber kraft des Opfers Jesu wird unsere „verlorene Gottesebenbildlichkeit“ (ebd.) wiederhergestellt. Die Liebe Gottes, die uns durch das Opfer Jesu zuteil wird, macht uns frei von uns selbst und lässt uns an andere denken.
Die brüderliche Liebe sollen wir auch dadurch ausüben, indem wir uns „zur Liebe und zu guten Werken“ anspornen. „Gute Werke“ sind das Gegenteil von „toten Werken“, von denen schon die Rede war. „Hat Christus unser Gewissen von den toten Werken gereinigt, so befähigt uns jetzt die Liebe zu guten Werken, zu Taten der Barmherzigkeit“ (ebd.).
Die brüderliche Liebe lässt sich aber nur im „gemeinsamen geistlichen Leben verwirklichen“ (LAUBACH: 210). Deswegen sagt der Verfasser: und nicht verlassen unsre Versammlungen, wie einige zu tun pflegen „Der christliche Einzelgänger ist nicht in der Lage, Jesu Liebesgebot zu erfüllen. Denn Liebe drängt uns in die Verantwortung für den Bruder, fordert Verzicht auf Freiheit und persönlichen Einsatz für den andern“ (ebd.).
Darüber hinaus können wir der Gefahr des geistlichen Abfalls am wirksamsten begegnen, wenn wir an der Gemeinschaft mit den Gläubigen festhalten (vgl. ebd.). Für mich ist es schwer vorstellbar, wie man auf dieser Welt geistlich überleben kann, wenn man keine Gemeinschaft mit den Gläubigen hat. Ich wüsste nicht, wo ich heute geistlich stünde, wenn ich nicht eure Gemeinschaft hätte.
Die Anfechtung und Gefahr für die Gemeinde wird größer, je näher sie dem Ziel der Wanderschaft zugeht (vgl. ebd). Deswegen sagt der Apostel: sondern einander ermahnen, und das umso mehr, als ihr seht, dass sich der Tag naht. „Je näher der Tag des Herrn rückt, umso entschiedener soll auch die Glaubenshaltung der Gemeinde sein“ (ebd.). Aus Glauben leben bedeutet also, dass wir brüderliche Liebe praktizieren und in brüderlicher Gemeinschaft leben.
Um diese Zwischenzeit zu überbrücken, müssen wir aus Glauben leben. Weil dies so wichtig ist, haben wir durch die Verse 22 bis 25 eine konkrete und facettenreiche Antwort auf die Frage bekommen, was es heißt, aus Glauben zu leben. Was ich persönlich in diesen Versen sehe, ist die Schönheit des geistlichen Lebens. Es ist ein Leben, dass ohne jegliche Vorbehalte die Gemeinschaft mit dem Herrn Jesus genießen darf. Ein Leben, wo mich Jesus gar nicht verurteilt, sondern immer und immer wieder einlädt, zu Ihm zu kommen. Es ist ein Leben der herzlichen Gemeinschaft mit den Gläubigen, in der ich lieben und geliebt werden darf. Es ist ein Leben der Vorfreude auf die ewige Herrlichkeit. Ein Leben, welches mit froher Zuversicht dem Tage der Wiederkunft Jesu entgegeneilt. Mir wurde klar, dass die Realität meines Glaubenslebens deutlich von Gottes Vorstellung von einem Christenleben abweicht. Der Grund ist darin zu sehen, dass ich mir zu wenig dessen bewusst war, was mir Gott für ein schönes Glaubensleben durch das Opfer Jesu ermöglicht, und ich folglich zu wenig vom Opfer Jesu Gebrauch gemacht habe.
Es ist wichtig, dass wir allezeit die Schönheit des Glaubenslebens, das uns das Opfer Jesu ermöglicht, sehen, sodass wir von dem Opfer Jesu Gebrauch machen. Auf diese Weise können wir die Anfechtungen und Leiden erdulden und die Versuchungen dieser Welt überwinden. Was ist aber die Gefahr, wenn wir die Wertschätzung des geistlichen Lebens und des Opfers Jesu verlieren?
Teil II: Die Gefahr des geistlichen Abfalls (V. 26-39)
Beim Schreiben des Briefes war der Apostel von einer tiefen Sorge bewegt. Welche war das? Betrachten wir Vers 26: Denn wenn wir mutwillig sündigen, nachdem wir die Erkenntnis der Wahrheit empfangen haben, haben wir hinfort kein andres Opfer mehr für die Sünden, sondern nichts als ein schreckliches Warten auf das Gericht und das gierige Feuer, das die Widersacher verzehren wird. Den Apostel bewegte die Sorge, dass die Hebräerchristen vom Glauben abfallen könnten. Von dieser Sorge bewegt sprich der Apostel nun vom „mutwilligen Sündigen.“ Gemeint ist ein Leben in Sünde. Ein Leben in Sünde ist das Gegenteil von einem Leben aus Glauben. Wer nicht aus Glauben lebt, lebt in Sünde. Der Tiefpunkt eines Lebens in Sünde ist, dass man dem Glauben an Jesus Christus absagt. Dieses Absagen von Jesus beschreibt der Apostel im Vers 29 mit den Ausdrücken „den Sohn Gottes mit Füßen tritt“, „das Blut des Opfers für unrein hält“ und den „Geist der Gnade schmäht“.Der Apostel sieht also die furchtbare Möglichkeit, dass ein Mensch, der sein Leben Jesus Christus ausgeliefert hat, sich wieder vom Herrn abwendet und in eine hasserfüllte Gegnerschaft gegen Jesus Christus eintreten könnte (vgl. LAUBACH: 212). Natürlich hat solch einer dann hinfort kein andres Opfer mehr für die Sünden, sondern – wie Vers 27 sagt: ein schreckliches Warten auf das Gericht und das gierige Feuer, das die Widersacher verzehren wird. „Mit diesen Worten setzt der Apostel nicht der Größe des Opfers Jesu eine Grenze, sondern er macht nur deutlich, dass wir niemals, wenn wir uns einmal zum Herrn hingewandt haben, diese Entscheidung wieder rückgängig machen können; wir können nie zurück in einen Zustand „vor der Bekehrung“. Wer sich von Jesus Christus endgültig lossagt, schließt sich nicht nur selbst von der Vergebung aus, sondern stellt sich gegen sie“ (ebd.: 212f). Er wird zum Feind Gottes. Deswegen spricht Vers 27 von „Widersacher“. Alle Widersacher Gottes werden dem Gericht verfallen.
Wie das Opfer Jesu dem altst. Opfer bei Weitem überragt, „so stellt in gleichem Maße auch die Vergeltung des Neuen Bundes die Vergeltung des Alten Bundes in den Schatten“ (ebd.). Hiervon sprechen die Verse 28-31: Wenn jemand das Gesetz des Mose bricht, muss er sterben ohne Erbarmen auf zwei oder drei Zeugen hin. Eine wie viel härtere Strafe, meint ihr, wird der verdienen, der den Sohn Gottes mit Füßen tritt und das Blut des Bundes für unrein hält, durch das er doch geheiligt wurde, und den Geist der Gnade schmäht? Denn wir kennen den, der gesagt hat (5. Mose 32, 35-36): „Die Rache ist mein, ich will vergelten“, und wiederum: „Der Herr wird sein Volk richten.“ Schrecklich ist´s, in die Hände des lebendigen Gottes zu fallen. „Je größer die Gabe ist, um so größer auch die Verantwortung und umso schwerer ist das Gericht“ (LAUBACH: 211).
Die Verse 26-31 ermahnen uns also mit aller Ernsthaftigkeit, konsequent aus Glauben zu leben. Im Grunde genommen haben wir nur zwei Möglichkeiten. Entweder wir leben aus Glauben oder wir leben in Sünde. Die Macht der Sünde bekommen wir schon dann zu spüren, wenn wir halbherzig aus Glauben leben. In dem Opfer Jesu hat uns Gott alles gegeben, was wir für ein Leben aus Glauben brauchen. Nun gilt es, daraus mit aller Macht zu schöpfen. Ein halbherzige Anwendung des Opfers Jesu ist zwar nicht gleichbedeutend, aber doch der Anfang von dem, was der Apostel mit den Ausdrücken „den Sohn Gottes mit Füßen tritt“, „das Blut des Opfers für unrein hält“ und den „Geist der Gnade schmäht“ beschreibt. Möge Gott uns helfen, konsequent aus Glauben zu leben. Was hilft uns hierzu? Betrachten wir die Verse 32-34: Gedenkt aber der früheren Tage, an denen ihr, nachdem ihr erleuchtet wart, erduldet habt einen großen Kampf des Leidens, indem ihr zum Teil selbst durch Schmähungen und Bedrängnisse zum Schauspiel geworden seid, zum Teil Gemeinschaft hattet mit denen, welchen es so erging. Denn ihr habt mit den Gefangenen gelitten und den Raub eurer Güter mit Freuden erduldet, weil ihr wisst, dass ihr eine bessere und bleibende Habe besitzt. Die Hebräerchristen sollten sich an die ersten Tage ihres Glaubenslebens erinnern. Sie wurden um ihres Christennamens willen öffentlich gebrandmarkt, beraubt und ins Gefängnis geworfen. Doch all das hatten sie erduldet, und zwar nicht nur irgendwie, sondern mit Freuden. Wie konnten sie so eine unermessliche Leidensbereitschaft aufbringen? Vers 34 schließt ab mit den Worten: weil ihr wisst, dass ihr eine bessere und bleibende Habe besitzt. Sie konnten so viel erdulden, weil sie die Hoffnung auf das Himmelreich hatten. Wenn sie bis aufs letzte Hemd beraubt wurden, so hatten sie doch die Gewissheit, dass sie einen besseren und unverlierbaren Besitz im Himmel haben, den ihnen niemand stehlen kann. Dieses selige Wissen um den bleibenden Besitz drückt Luther in einem Lied so aus: „Nehmen sie den Leib, Gut, Ehr´, Kind und Weib: lass fahren dahin, sie haben´s kein Gewinn, das Reich muss uns doch bleiben!“ Die Hebräerchristen sollten sich also daran erinnern, wie sehr sie früher aus der Kraft der Hoffnung gelebt haben. Dies sollte für sie eine Ermutigung sein, weiterhin in lebendiger Hoffnung zu leben. Diese Ermahnung des Apostels gilt auch uns. Wir alle haben zu Beginn unseres Glaubenslebens sicherlich sehr eifrig für Gott gelebt, weil uns die Hoffnung dazu getrieben hat. Doch im Laufe der Zeit kann es dazu gekommen sein, dass unser Blick auf die herrliche Belohnung getrübt worden ist. Vielleicht durch Enttäuschungen, vielleicht durch Versagen, vielleicht durch Konflikte oder vielleicht einfach durch den Stress und Probleme des Alltags. Was auch immer, wir sollen uns daran erinnern, wie sehr wir früher aus der Kraft der Hoffnung gelebt haben. Solche Erinnerungen an das frühere Glaubensleben zerbrechen mir persönlich das Herz. Sie schenken mir Buße, sodass ich neu die Entscheidung treffen kann, in lebendiger Hoffnung zu leben. Betrachten wir Vers 35: Darum werft euer Vertrauen nicht weg, welches eine große Belohnung hat. Unser Glaubensleben soll davon bestimmt sein, dass wir felsenfest darauf vertrauen, dass Gott uns wunderbar belohnen wird. Da sich unsere Hoffnung nicht sogleich erfüllt, brauchen wir eine wichtige Eigenschaft. Betrachten wir Vers 36: Geduld aber habt ihr nötig, damit ihr den Willen Gottes tut und das Verheißene empfangt. Geduld ist nötig. Durch die Geduld können wir diese Zwischenzeit mit einem gehorsamen Glaubensleben verbringen bis wir schließlich die Verheißung des Ewigen Lebens empfangen. Wie können wir wiederum geduldig sein? Betrachten wir Vers 37: Denn „nur noch eine kleine Weile, so wird kommen, der da kommen soll, und wird nicht lange ausbleiben.“ In einer anderen Übersetzung heißt es: „Denn noch eine ganz, ganz kurze Zeit, dann wird der kommen, der kommen soll, und nicht ausbleiben.“ Durch die Gewissheit, dass Jesus ganz sicher und bald wiederkommen wird, können wir geduldig sein.
Der Apostel hat uns in diesem Abschnitt verschiedene Anweisungen gegeben. Wie sollen uns an unser früheres Glaubensleben erinnern, geduldig sein, fest darauf vertrauen, dass Gott uns belohnen wird usw. Was ist aber das Fazit aus all dem? Lesen wir gemeinsam Vers 38: Mein Gerechter aber wird aus Glauben leben. Wenn er aber zurückweicht, hat meine Seele kein Gefallen an ihm. Wir sollen aus Glauben leben. Durch den Glauben sind wir gerettet und gerecht worden. Und durch den Glauben sollen wir unser geistliches Leben hier auf Erden fortsetzen. Durch den Glauben schauen wir das Unsichtbare, nehmen Gottes Verheißungen an und halten bis ans Ende durch. Das Zurückweichen steht im Gegensatz zum Glauben an Gott. Ohne Glauben ist es aber unmöglich, Gott zu gefallen. In diesem Vers sowie im Laufe des gesamten Abschnitts dringt immer und immer wieder die Sorge des Apostels um den geistlichen Abfall seiner Leser durch. Nichtsdestotrotz schließt er mit einem zuversichtlichen Bekenntnis über ihren Glauben ab: Wir aber sind nicht von denen, die zurückweichen und verdammt werden, sondern von denen, die glauben und die Seele erretten. Mit dieser Zuversicht dürfen und sollen wir auch leben.
Mit dem Wort: „Mein Gerechter aber wird aus Glauben leben“ gibt uns Gott Weisung, wie wir die Zwischenzeit auf dieser Welt überbrücken können. Dabei ist diese Weisung nicht eine Option, sondern vielmehr eine Anweisung, die wir konsequent befolgen sollen. Denn die einzige Alternative dazu wäre ein Leben in Sünde. Diese Alternative stellt sich uns aber gar nicht, solange wir sehen, was für ein erfülltes Leben uns Gott aus der Fülle des Opfers Jesu gibt. Möge Gott uns helfen, großen Gebrauch aus der Gnade des Opfers Jesu zu machen.
Lesen wir zum Schluss noch einmal das Leitwort: Mein Gerechter aber wird aus Glauben leben. Wenn er aber zurückweicht, hat meine Seele kein Gefallen an ihm.
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