Predigt: Daniel 3,31 – 4,34

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Die Umkehr von König Nebukadnezar

Nach dieser Zeit hob ich, Nebukadnezar, meine Augen auf zum Himmel, und mein Verstand kam mir wieder, und ich lobte den Höchsten. Ich pries und ehrte den, der ewig lebt, dessen Gewalt ewig ist und dessen Reich für und für währt.“

4,31

Vor zwei Wochen haben wir gehört, wie Gott Nebukadnezar einen Traum gab, durch den er ihm zeigte, dass sein Reich und seine eigene Person nur eine begrenzte Rolle spielten, dass aber Gottes Reich ewig Bestand hat. Aber das hatte keine nachhaltige Wirkung auf ihn. Letzte Woche haben wir erfahren, wie Nebukadnezar sich ein Götzenbild aufrichten ließ und dann Augenzeuge des Wunders wurde, dass Gott die drei gläubigen Freunde Daniels aus dem glühenden Ofen errettete. Aber auch auf dieses Wunder hin änderte Nebukadnezar seine Gesinnung nicht. Was sollte Gott tun, um ihn zur Umkehr zu Gott zu leiten? Im heutigen Text erfahren wir, dass Gott Nebukadnezar noch einmal einen besonderen Traum gab. Was kündigte Gott in diesem Traum an, und was tat er schließlich, um diesen König zur Umkehr zu leiten?

I. Nebukadnezars zweiter Traum (3,31-4,15)

Betrachten wir Kap. 3,31-33: König Nebukadnezar allen Völkern, Leuten aus so vielen verschiedenen Sprachen auf der ganzen Erde: Viel Friede zuvor! 32 Es gefällt mir, die Zeichen und Wunder zu verkünden, die Gott der Höchste an mir getan hat. 33 Denn seine Zeichen sind groß, und seine Wunder sind mächtig, und sein Reich ist ein ewiges Reich, und seine Herrschaft währet für und für.“ Mit diesen Worten beginnt Nebzkadnezar seine öffentliche Bekanntmachung an alle Völker seines Weltreichs, aber es handelt sich nicht um ein politisches Statement oder ein Gesetz. Der mächtige König, der letztes Mal noch ein riesiges Götzenbild aufrichten ließ und alle zu verbrennen drohte, die es nicht anbeten wollten, wollte nun die Zeichen und Wunder verkündigen, die Gott der Höchste an ihm getan hatte. Der heidnische König, der Jerusalem erobert, den Tempel zerstört und Gottes Volk nach Babel verschleppt hat, preist Gottes Zeichen und Wunder und verkündigt allen Völkern, dass Gottes Reich ein ewiges Reich ist und dass seine Herrschaft für immer besteht. Nebukadnezar, der hier spricht, ist ganz verwandelt. Die Worte, die er redet, sind geistlich und entsprechen der Wahrheit. Er nennt Gott nicht mehr „euer Gott“ oder den „Gott Schadrachs, Meschachs und Abed-Negos“ (2,47; 3,28), sondern „Gott der Höchste“, und will verkündigen, wie er Gott persönlich erkannt hat. Wie war es zu dieser völligen Veränderung von Nebukadnezar gekommen?

Betrachten wir seinen Bericht. Er beginnt in Kap. 4 mit der Feststellung: „Ich, Nebukadnezar, hatte Ruhe in meinem Hause und lebte zufrieden in meinem Palast.“ In Nebukadnezars Leben war Ruhe eingekehrt. Er hatte seine Eroberungskriege wohl erfolgreich beendet und praktisch alle Länder in der Region erobert. Er hatte offenbar auch die innenpolitischen Gegner überwunden, sodass er in seinem Hause Ruhe hatte. Nebukadnezar war der unange­fochtene Herrscher des babylonischen Großreichs und der mächtigste Mensch seiner Zeit und. Er befand sich auf dem Gipfel seiner Macht. Er konnte nun ruhig und zufrieden in seinem Palast leben und sich in seinen Erfolgen sonnen und sich an seiner großen Macht ergötzen.

Aber was passierte in dieser Zeit? Nebukadnezar berichtet: „Da hatte ich einen Traum, der er­schreckte mich, und die Gedanken, die ich auf meinem Bett hatte, und die Gesichte, die ich gesehen hatte, beunruhigten mich“ (2). Nebukadnezar hatte noch einmal einen Traum, der ihn total beunruhigte. Er merkte, dass dieser Traum eine besondere, wichtige Bedeutung hatte; denn er ließ alle Zeichendeuter, Weisen, Gelehrten und Wahrsager kommen und erzählte ihnen den Traum; aber sie konnten ihm nicht sagen, was er bedeutete. Schließlich trat Daniel vor ihn, und der König sagte auch ihm seinen Traum. Betrachten wir die Vers 7-14. Im Mittelpunkt steht ein hoher Baum, der mitten auf der Erde stand und so sehr wuchs, dass er bis an den Himmel reichte, und der bis ans Ende der ganzen Erde zu sehen war. Sein Laub war dicht und seine Frucht so reichlich, dass er für alle Nahrung gab. Alle Tiere des Feldes fanden unter ihm Schatten und die Vögel saßen auf seinen Ästen, und alle Lebewesen ernährten sich von ihm. Bis dahin ein schöner Traum! Wenn er nicht weitergegangen wäre, hätte der König sicher ruhig weiterschlafen können. Aber der Traum ging weiter und nahm eine dramatische Wende. Ein heiliger Wächter fuhr vom Himmel herab und kündigte an, dass der große Baum umgehauen, seine Blätter abgestreift und seine Früchte verstreut werden sollten. Das einzig Tröstliche war, dass sein Stumpf stehen bleiben würde; aber er würde in eisernen Ketten wie ein Tier leben und Gras fressen, und sein menschliches Herz sollte ihm genommen werden und ihm sollte ein tierisches Herz gegeben werden. Sieben Zeiten sollten über ihn in diesem Zustand hingehen. Diese Ankündigung klang unheimlich. Vollends beunruhigt müssen Nebukadnezar dann die Worte haben, die er am Ende hörte: „Dies ist im Rat der Wächter beschlossen und ist Gebot der Heiligen, damit die Lebenden erkennen, dass der Höchste Gewalt hat über die König­reiche der Menschen und sie geben kann, wem er will, und einen Niedrigen darüber setzen“ (14). Der dramatische Fall und das jahrelange animalische Dasein war kein „könnte sein oder auch nicht“, sondern war auf höchster Ebene beschlossen und hatte einen klar benannten Sinn. Gott wollte alle Lebenden erkennen lassen, dass er der souveräne Herr über alle ist.

Nachdem Nebukadnezar Daniel den Traum erzählt hatte, bat er ihn sehr darum, ihn zu deuten. Er sagte zu ihm im Vers 15: „Solch einen Traum hab ich, König Nebukadnezar, gehabt; du aber, Beltschazar, sage, was er bedeutet. Denn alle Weisen in meinem Königreich können mir nicht kundtun, was er bedeutet; du aber kannst es, denn der Geist der heiligen Götter ist bei dir.“ Eigentlich ist es erstaunlich, dass der König diesen Traum nicht selbst richtig deuten konnte. Man sagt, dass es in Babylonien nicht ungewöhnlich war, Menschen symbolisch durch Bäume darzustellen. Daher war es nicht so schwer, darauf zu kommen, dass der große und prächtige Baum in der Mitte der Erde den König selbst darstellte. Aber wegen dem harten Schicksal, das der Baum im weiteren Verlauf des Traums erfuhr, war der König offenbar nicht dazu bereit, den Traum auf diese Weise zu deuten. Vielleicht hatte er bewusst oder unbewusst deshalb auch Daniel zunächst nicht zu Rate gezogen, weil er sich vor dieser Auslegung fürchtete und lieber etwas anderes hören wollte. Bei den anderen Ratgebern und Zeichendeutern konnte er sich aus Erfahrung sicher sein, dass sie ihm nie etwas Schlechtes über seine eigene Zukunft voraussagten. Tatsächlich fand sich niemand unter ihnen, der den König auf diese naheliegende Deutung hinwies. Alle sagten, dass sie nicht wüssten, was der Traum bedeutet. Sie dachten wohl: „Lieber mal vor dem König als unfähig dastehen, als von ihm wutentbrannt in den Ofen geworfen zu werden.“ Aber keine Auslegung zu bekommen, konnte Nebukadnezar auch nicht beruhigen. Daher ließ er schließlich auch Daniel noch holen und erzählte ihm seinen Traum, damit er ihm die Bedeutung sagen würde. Welche Deutung gab Daniel dem König?

II. Daniel deutet den Traum (4,16-24)

Wie reagierte Daniel? Vers 16a sagt: „Da entsetzte sich Daniel, der auch Beltschazar heißt, eine Zeitlang, und seine Gedanken beunruhigten ihn.“ Als Daniel den Traum hörte, war er schockiert und beunruhigt, weil er verstand, was für eine schwere Zeit auf Nebukadnezar zukam. Dann fing Daniel an und sagte zu ihm: „Ach, mein Herr, dass doch der Traum deinen Feinden und seine Deutung deinen Widersachern gelte!“ Daniel hatte Mitleid mit Nebukadnezar und wünschte sich, dass sein Traum nicht ihm, sondern seinen Feinden gelten würde.

Doch dann begann er, dem König die Bedeutung zu erklären. Betrachten wir die Verse 17-19. „Der Baum, den du gesehen hast, der groß und mächtig wurde und dessen Höhe an den Himmel reichte und der zu sehen war auf der ganzen Erde, dessen Laub dicht und dessen Frucht reichlich war, so dass er Nahrung für alle gab, unter dem die Tiere des Feldes wohnten und auf dessen Ästen die Vögel des Himmels saßen – das bist du, König, der du so groß und mächtig bist; denn deine Macht ist groß und reicht bis an den Himmel und deine Gewalt bis ans Ende der Erde.“ Daniel sagte Nebukadnezar unverhohlen, dass der mächtige Baum für ihn selbst stand. Die Größe und Üppigkeit des Baums veranschaulichten seine große Macht und Herrlichkeit, die er als König von Babel hatte. Doch Daniel sagte ihm nicht nur die Teile, die er leicht annehmen konnte, sondern die ganze Botschaft. Betrachten wir die Verse 20-22: „Dass aber der König einen heiligen Wächter gesehen hat vom Himmel herabfahren, der sagte: »Haut den Baum um und zerstört ihn, doch den Stock mit seinen Wurzeln lasst in der Erde bleiben; er soll in eisernen und ehernen Ketten auf dem Felde im Grase und unter dem Tau des Himmels liegen und nass werden und mit den Tieren des Feldes zusam­men­leben, bis über ihn sieben Zeiten hingegangen sind«; das, König, bedeutet – und zwar ergeht es als Ratschluss des Höchsten über meinen Herrn, den König -: man wird dich aus der Gemeinschaft der Menschen verstoßen, und du musst bei den Tieren des Feldes bleiben, und man wird dich Gras fressen lassen wie die Rinder, und du wirst unter dem Tau des Himmels liegen und nass werden, und sieben Zeiten werden über dich hingehen, bis du erkennst, dass der Höchste Gewalt hat über die Königreiche der Menschen und sie gibt, wem er will.“ Die Botschaft, die Gott Nebukadnezar durch den Traum geben wollte, war klar. Er würde aus der Gesellschaft der Menschen ausgeschlossen werden und seine Herrlichkeit und Macht als König komplett verlieren. Er würde sieben Jahre lang wie ein Tier draußen bei den wilden Tieren leben und Gras fressen wie Rinder. Daniel sagte dabei klar, dass dies ein Ratschluss des Höchsten über ihn war, also ein Ratschluss Gottes, den er mit menschlichen Mitteln oder Macht nicht verhindern konnte.

Warum wollte Gott Nebukadnezar auf diese Weise behandeln? Gott hatte Nebukadnezar zu einem König über ein großes Reich gemacht und hatte ihm große Macht und Herrlichkeit gegeben. Er hatte Macht und Reichtum wie kein anderer Mensch seiner Zeit und sein Wort war wie Gesetz in seinem Reich. Das an sich aber schien kein Problem für Gott, vielmehr hatte Gott selbst zugelassen, dass seine Macht und Herrlichkeit zu so einer Größe heranwachsen. Gottes Anliegen kommt in den letzten Worten des Traums zum Ausdruck: „… bis du erkennst, dass der Höchste Gewalt hat über die Königreiche der Menschen und sie gibt, wem er will.“ Gott wollte Nebukadnezar also weniger für sein fortwährendes gottloses Leben bestrafen als vielmehr ihn zur Erkenntnis Gottes und zur Umkehr zu ihm leiten. Gott wollte, dass er Gott erkennt, der über alle Königreiche Macht hat und sie gibt, wem er will. Nebukadnezar sollte also Gott als Gott erkennen, der auch über seinem Leben steht, und ihn von Herzen anerkennen. Gott hatte ihm schon mehrfach Gelegenheit gegeben, ihn zu erkennen. Aber Nebeukadnezar hatte auf die Offenbarungen Gottes nicht wirklich reagiert. Er hatte mit dem Mund zugegeben, dass es einen Gott über alle Götter gab, den Daniel kannte, und der auch seinen Freunden half, die Hitze im Ofen unbeschadet zu überstehen. Er erließ auch ein Gesetz, dass niemand diesen Gott lästern durfte. Aber er zog persönlich keine klare Konsequenzen. Er wollte weiter so freizügig und willkürlich leben, wie er es bisher getan hatte, ohne diesem höchsten Gott untergeordnet zu sein, und war daher nicht bereit, dessen Existenz von Herzen anzuerkennen. Als er sich weigerte, Gott auf seine Offenbarungen hin anzuerkennen, wurde sein Herz immer hochmütiger und stolzer. Sein Stolz auf seine Erfolge hinderte ihn daran, Gott zu erkennen, der über ihm stand, der ihm all seine Macht und Herrlichkeit gegeben hatte. Durch seine Erniedrigung durch seine lange Krankheit wollte Gott ihm helfen, demütig zu werden und fähig, den lebendigen Gott zu erkennen.

Was zeigt das über Gott? Hier sehen wir, wie geduldig und inständig sich Gott um einen ungläubigen Mann kümmerte, damit er zur Erkenntnis Gottes kommen und umkehren konnte. Gott liebt alle Menschen und will, dass alle ihn als Gott erkennen und damit ein richtige Basis für ihr Denken und für ihr ganzes Leben bekommen. Wir können drei Gründe finden, warum es Gott so wichtig war, dass Nebukadnzear ihn als den souveränen Gott erkennt. Zum einen wollte Gott um seiner eigenen Ehre willen, dass auch Nebeukadnezar Gott anerkennt. Gott will, dass alle Menschen die Wahrheit erkennen, dass Gott existiert und souverän über unserem Leben steht, weil dies Gott gebührt und von keinem Menschen versäumt werden darf. Zum zweiten wollte Gott, dass Nebukadnezar erkennt, weil er ihn als seinen Diener betrachtete und für sein Werk gebrauchen wollte. Gott hatte ihm Macht über Millionen von Menschen gegeben, und es war Gott offensichtlich nicht egal, wie Nebukadnezar mit dieser Verantwortung umging. Machthaber, die Gottes Souveränität über sich erkannt haben, regieren ihr Land anders als solche, die selbst für die höchste Instanz in der Welt halten. Solche Machthaber herrschen oft willkürlich über die Menschen und lassen sich dabei von bestimmten Ideologien oder von ihrer Gier nach Reichtum und Macht leiten. Dagegen bemüht sich jemand, der Gottes Souveränität über sein Leben erkannt hat, auch seine Aufgabe des Regierens in Gottes Sinne zu erfüllen und dabei Gottes Gerechtigkeit und Barmherzigkeit zu verwirklichen. Nebukadnezar hatte bis dahin willkürlich über sein Reich geherrscht und sich oft grausam verhalten. Er sollte endlich erkennen, dass der lebendige Gott über ihm steht, und sollte seine Macht und Einfluss in Gottes Sinne gebrauchen. In Jeremia 42,10 spricht Gott von Nebukadnezar als von seinen Diener. Gott wollte ihn für die Erziehung seines Volkes gebrauchen. Tatsächlich hatte Nebeukadnezar Jerusalem schon erobert und viele Juden in die Gefangenschaft nach Babylon gebracht. Gott war es wichtig, dass er nicht willkürlich, sondern nach Gottes Willen mit seinem Volk umgehen würde. Drittens war es Gott wichtig, dass Nebukadnezar Gott erkennt, damit er selbst in einer Beziehung zu dem lebendigen Gott und nach seinem Maßstab leben kann. Gott wollte eine persönliche Beziehung mit ihm eingehen und sein ganz persönlicher Gott sein. Aus diesen Gründen bemühte Gott sich geduldig um Nebukadnezars Einsicht und Umkehr. Die Maßnahme, die Gott ihm in diesem Traum ankündigte, sollte Gottes entscheidendes Eingreifen sein, nachdem Nebukadnezar alle anderen Bemühungen abgeblockt hatte. Dabei kündigte Daniel ihm im Vers 23 an: „Wenn aber gesagt wurde, man solle dennoch den Stock des Baumes mit seinen Wurzeln übriglassen, das bedeutet: dein Königreich soll dir erhalten bleiben, sobald du erkannt hast, das der Himmel die Gewalt hat.“ Gott wollte nur seinen Hochmut und Unglauben zerbrechen, aber nicht ihn selbst. Gottes Barmherzigkeit überwog auch hier seine Gerechtigkeit.

Dabei war es nicht einmal zwingend, dass die im Traum angedeuteten Dinge eintreten würden. Denn nachdem Daniel Nebukadnezar den Traum ausgelegt hatte, sagte er zu ihm im Vers 24: „Darum, mein König, lass dir meinen Rat gefallen und mache dich los und ledig von deinen Sünden durch Gerechtigkeit und von deiner Missetat durch Wohltat an den Armen, so wird es dir lange wohlergehen.“ Nebukadnezar konnte das angekündigte Gericht über sich abwenden, wenn er Buße tun und sich von seinen Sünden praktisch trennen würde, vor allem von seinem willkürlichen, unbarmherzigen Umgang mit den Menschen in seinem Reich. Er sollte nun Gottes Existenz ernst nehmen und zu ihm umkehren und praktisch damit anfangen, Gottes Gerechtigkeit und Barmherzigkeit im Umgang mit den ihm unterstellten Menschen auszuüben. Hier sehen wir Daniels Hirtenherz gegenüber dem mächtigen König Nebukadnezar. Er erfüllte nicht nur seine Aufgabe, dem König seinen Traum wahrheitsgemäß auszulegen, sondern gab ihm darüber hinaus den wirklich besten Rat, den ein Mensch seinem Vorgesetzten, Freund oder Familienmitglied geben kann, nämlich den Rat, vor Gott wirklich Buße zu tun und praktische Frucht der Buße zu bringen. Wenn Nebukadnezar das tun würde, würde Gott von dem Gericht absehen, und es würde ihm lange gut gehen. Aber leider hörte der König nicht wirklich darauf.

III. Gott führt Nebukadnezar zur Umkehr (4,25-34)

In diesem Abschnitt erfahren wir, wie Gott wahrmachte, was er Nebukadnezar im Traum ange­kündigt hatte. Er beginnt mit den Worten: „Dies alles widerfuhr dem König Nebukad­nezar“ (25). Wie kam es dazu? Der Vers 26 beginnt mit den Worten „nach zwölf Monaten“. Diese Zeitangabe zeigt, dass Gott nicht sofort handelte, sondern Nebukadnezar ein ganzes Jahr Zeit gab, aus dem göttlichen Traum und seiner Deutung Konsequenzen zu ziehen. Nebukad­nezar sollte die Zeit nutzen, um Gott von Herzen als den souveränen Herrn über sein Leben anzuer­kennen und sein Denken und Handeln praktisch an seinem Willen zu orientieren. Daniel hatte ihm konkrete Orientierung gegeben, wie er Buße tun sollte, nämlich mit der Ungerechtigkeit und Unterdrückung der Armen aufzuhören und Gerechtigkeit und Barmherzigkeit zu praktizieren. Das war die einzig richtige Konsequenz aus allem, was Gott ihm offenbart hatte, und Gott gab ihm zwölf Monate dafür Zeit, also 365 Tage à 24 Stunden. Aber ist er wirklich zu Gott umgekehrt? Betrachten wir die Verse 26 und 27: „Denn nach zwölf Monaten, als der König auf dem Dach des königlichen Palastes in Babel sich erging, hob er an und sprach: Das ist das große Babel, das ich erbaut habe zur Königsstadt durch meine große Macht zu Ehren meiner Herrlichkeit.“ Nebukadnezars Worte, die er auf seinem Spaziergang auf der Dachterrasse seines Palastes aussprach, drücken aus, was auch nach zwölf Monaten in seinem Herzen war, nämlich Hochmut und große Ichbezogenheit. Er spricht in dem kurzen Satz dreifach über sich selbst, er sagt: „das ich erbaut habe“, „durch meine große Macht zu Ehren meiner Herrlichkeit“. Er hatte immer noch kein Bewusstsein dafür, dass Gott ihn zum König über Babel gemacht hat; mit keiner Silbe äußert er Dankbarkeit, ja Gott kommt in seinen Worten überhaupt nicht vor. Stattdessen drückt er seinen Stolz darauf aus, was er selbst getan hatte, im Vertrauen auf seine eigene Macht und zu seiner eigenen Herrlichkeit. Ichzentriertheit, Hochmut und Selbstverherr­lichung sind typische Sünden im Herzen der Menschen, die Gottes Souveränität nicht anerkannt haben. Nebukadnezar hatte vielleicht einige Kleinigkeiten in seinem Verhalten gegenüber andern geändert, aber Buße getan vor Gott hatte er nicht.

Was passierte dann? Die Vers 28-29 berichten: „Ehe noch der König diese Worte ausgeredet hatte, kam eine Stimme vom Himmel: Dir, König Nebukadnezar, wird gesagt: Dein Königreich ist dir genommen, man wird dich aus der Gemeinschaft der Menschen verstoßen, und du sollst bei den Tieren des Feldes bleiben; Gras wird man dich fressen lassen wie die Rinder, und sieben Zeiten sollen hingehen, bis du erkennst, dass der Höchste Gewalt hat über die Königreiche der Menschen und sie gibt, wem er will.“Noch bevor er seinen Satz zu Ende gesagt hatte, verkündigte ihm eine Stimme vom Himmel, dass nun Gottes Strafe vollzogen würde. Bestimmt war Nebukadnezar nicht erst in diesem Moment stolz und selbstherrlich geworden, sondern hatte diese Sünde vorher schon latent im Herzen gehabt. Aber Gott hatte ihn damit erduldet. Aber als er der Sünde freien Lauf ließ und hemmungslos stolz daherredete, überschritt er die Linie von Gottes Langmut und provozierte Gott, die angekündigte Strafe auszuführen.

Hier können wir lernen, dass die Ichzentriertheit, die aus der Selbstliebe kommt, nicht harmlos, sondern eine schwere Sünde ist. Als Jesus gefragt wurde, was das höchste Gebot sei, antwortete er: „Höre, Israel, der Herr, unser Gott, ist der Herr allein, und du sollst den Herrn, deinen Gott, lieben von ganzem Herzen, von ganzer Seele, von ganzem Gemüt und von allen deinen Kräften. Das andre ist dies: Du sollst deinen Nächsten lieben wie dich selbst. Es ist kein andres Gebot größer als diese“ (Mk 12,29b-31). Wir dürfen die Ichzentriertheit nicht für harmlos halten, sondern sollen dafür Buße tun, da wir sonst ständig gegen Gottes höchstes Gebot verstoßen. Gleichzeitig lernen wir auch, dass der Hochmut eine Sünde ist, die Gott nicht dauerhaft erduldet. Viele Stellen in der Bibel bringen das klar zum Ausdruck. So heißt es etwa in Jakobus 4,6b: »Gott widersteht den Hochmütigen, aber den Demütigen gibt er Gnade.« Gott kann Hochmut nicht ausstehen, weil eine hochmütige Haltung der Wahrheit zuwider ist und sich direkt gegen Gott richtet. Anders gesagt zeigt uns Gottes Umgang mit Nebukadnezar, dass Gott von jedem Menschen als Gott anerkannt werden will. So viele Menschen haben keinen Platz für Gott in ihrem Herzen. Sie wollen lieber autonom leben, wie sie wollen, und versuchen dadurch glücklich zu werden. Aber das Problem ist nicht allein, dass dieses Lebenskonzept nicht aufgeht. Gott will im Leben eines jeden Menschen Gott sein, um seinetwillen, um unserer Mitmenschen willen und um unserer selbst willen. Darum kämpfte Gott auch gegen den Hochmut und die Selbstliebe in Nebukadnezar, damit er frei würde, Gott zu erkennen und anzuerkennen. Als er immer wieder Gottes Zeichen und Reden ignorierte, musste Gott ihm anders helfen.

Was geschah? Vers 30 sagt: „Im gleichen Augenblick wurde das Wort erfüllt an Nebukad­nezar, und er wurde verstoßen aus der Gemeinschaft der Menschen, und er fraß Gras wie die Rinder, und sein Leib lag unter dem Tau des Himmels und wurde naß, bis sein Haar wuchs so groß wie Adlerfedern und seine Nägel wie Vogelklauen wurden.“ Im selben Moment, als Nebukadnezar die stolzen Worte aussprach, wurde er geisteskrank. Er konnte nicht mehr wie ein Mensch denken und sich verhalten, sondern lebte wie ein Tier draußen bei den Tieren. Wegen seines gestörten Verhaltens wurde er abgesetzt und von der Gemeinschaft der Menschen ausgeschlossen. Nebukadnezar wurde wie ein Tier, sodass sein Stolz zerbrach.

Wann kam er aus diesem elenden Zustand wieder heraus? Betrachten wir den Vers 31a: „Nach dieser Zeit hob ich, Nebukadnezar, meine Augen auf zum Himmel, und mein Verstand kam mir wieder …“ Nebukadnezar wurde nicht automatisch nach sieben Jahren von seiner Krankheit geheilt, sondern als er seine Augen zum Himmel aufhob. Dieses Wort beschreibt anschaulich, dass er wieder nach Gott suchte. Eigentlich hätte er schon vor einem Jahr Daniels Worte annehmen und ernsthaft nach Gott suchen können. Aber manche, die nicht auf das Wort hören, müssen durch leidvolle Erfahrungen lernen. Als Nebukadnezar nun mit demütigem Herzen seine Augen zum Himmel aufhob, konnte er Gott als Gott erkennen und anerkennen, der auch über seinem Leben steht. Was passierte dann? Sein Verstand kam ihm wieder. Gott reagierte sofort auf seine Buße und heilte ihn von seiner jahrelangen, schweren Krankheit. Hier sehen wir, dass Gott seine Erziehungsmaßnahmen durchführt, dass er aber auf die Buße eines Menschen sehr sensibel reagiert.

Was sagte Nebukadnezar daraufhin? In den Versen 31b und 32 berichtet er: „und ich lobte den Höchsten. Ich pries und ehrte den, der ewig lebt, dessen Gewalt ewig ist und dessen Reich für und für währt, gegen den alle, die auf Erden wohnen, für nichts zu rechnen sind. Er macht’s, wie er will, mit den Mächten im Himmel und mit denen, die auf Erden wohnen. Und niemand kann seiner Hand wehren noch zu ihm sagen: Was machst du?“ Hier drückt Nebukadnezar seinen Glauben an Gott aus. Früher hatte er seine eigene Macht gelobt und seine eigene Herrlichkeit gepriesen. Aber jetzt lobte er Gottes Macht und sein ewiges Reich. Früher hatte er auf seine eigene Kraft vertraut und willkürlich gelebt. Aber jetzt lobte er Gottes Souveränität und Macht, gegen die kein Mensch etwas einwenden kann, und bezeugte sie vor allem Menschen. Im Vers 33 berichtet er weiter: „Zur selben Zeit kehrte mein Verstand zu mir zurück, und meine Herrlichkeit und mein Glanz kamen wieder an mich zur Ehre meines Königreichs. Und meine Räte und Mächtigen suchten mich auf, und ich wurde wieder über mein Königreich einge­setzt und gewann noch größere Herrlichkeit.“ Nebukadnezar wurde nicht nur wieder völlig gesund. Tatsächlich kamen auch seine Räte und Mächtigen und setzten ihn wieder über sein Königreich ein, und er gewann noch größere Herrlichkeit, als er vorher gehabt hatte. Gott hat sein Wort, das er ihm durch den Traum gegeben hatte, vollständig erfüllt. Nebukadnezar wollte nicht aufhören, Gott zu loben: „Darum lobe, ehre und preise ich, Nebukadnezar, den König des Himmels; denn all sein Tun ist Wahrheit, und seine Wege sind recht, und wer stolz ist, den kann er demütigen“ (34). Sein Lob zeigt seine völlig neue Einstellung gegenüber Gott. Er hatte Gott wirklich als den souveränen Gott erkannt und angenommen. Dadurch konnte er seinen Platz unter der Souveränität Gottes finden und konnte Frieden im Herzen haben. Diese Erkenntnis und Erfahrung mit Gott wollte er nicht für sich behalten, sondern wollte sie allen Menschen in seinem großen Reich verkündigen. Auf diese Weise konnte Gott durch einen Menschen, den er verändert hatte, so viele Menschen erreichen. Möge Gott uns helfen, vor seinem Wort für allen noch vorhandenen Stolz und Selbstliebe Buße zu tun und unser Leben ganz unter seiner Souveränität zu führen! Lesen wir nochmals das Leitwort 4,31: „Nach dieser Zeit hob ich, Nebukadnezar, meine Augen auf zum Himmel, und mein Verstand kam mir wieder, und ich lobte den Höchsten. Ich pries und ehrte den, der ewig lebt, dessen Gewalt ewig ist und dessen Reich für und für währt.“

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