Predigt: Bergpredigt — Matthäus 6,16-18

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Fasten! Aber richtig.

„Wenn du aber fastest, so salbe dein Haupt und wasche dein Gesicht, damit du dich nicht vor den Leuten zeigst mit deinem Fasten, sondern vor deinem Vater, der im Verborgenen ist; und dein Vater, der in das Verborgene sieht, wird dir’s vergelten.“

(Matthäus 6,17.18)

In den vergangenen Wochen haben wir die ersten 15 Verse von Kapitel 6 betrachtet, wo Jesus auf das fromme Leben der Christen eingeht, denen das Himmelreich gehört. Im ersten Abschnitt ging es um das Geben von Spenden für Arme. Im zweiten, viel längeren Abschnitt, ging es ums Beten. Im heutigen letzten Abschnitt geht es um Fasten. Dass Jesus auch über Fasten redet, ist für manche vielleicht erstaunlich. Heute ist für die meisten Leute Fasten ein Thema, das eher mit Gesundheit zu tun hat (zum Beispiel Intervallfasten, Heilfasten). Manche denken vielleicht an Muslime, die jedes Jahr im Ramadan tagsüber fasten und erst abends nach Sonnenuntergang essen. Jesus hat seinen Jüngern nicht befohlen zu fasten, schon gar nicht zu bestimmten Zeiten. Aber Jesu Worte zeigen, dass Fasten auch im Leben der Christen eine gewisse Rolle spielt. Lasst uns den Text mit drei Fragen betrachten: Welche Bedeutung hatte das Fasten in der Bibel? Was hat Jesus in diesem Text vor allem über das Fasten gesagt? Wie können wir das für unser Leben anwenden?

Welche Bedeutung hatte das Fasten in der Bibel? Fasten wird in der Bibel zum ersten Mal im 2. Buch Mose erwähnt, als Moses auf dem Berg Sinai Gott begegnete und das Gesetz empfing und dabei 40 Tage lang fastete. Es ist interessant festzustellen, dass Gott im Gesetz dem Volk kein regelmäßiges Fasten geboten hat. Nur einmal im Jahr, am Versöhnungstag, sollten sie fasten, um sich vor Gott zu demütigen (3. Mose 23,27). Die Juden fasteten darüber hinaus in Zeiten der Trauer oder nationaler Not, wenn zum Beispiel die Feinde ins Land gedrungen waren, um sich vor Gott zu demütigen und von ganzem Herzen seine Hilfe zu suchen.
Im Buch Sacharja finden wir einen Dialog zwischen Gott und dem Volk in der Zeit des persischen Königs Darius, als viele Israeliten wieder aus der Babylonischen Gefangenschaft zurückgekehrt waren. Während der 70-jährigen Gefangenschaft hatten sie jedes Jahr im fünften und siebten Monat gefastet. Dann ließen die Ältesten Gott fragen, ob sie weiterhin im fünften Monat fasten müssten, wie sie es siebzig Jahre lang getan hatten. Gott antwortete ihnen durch den Propheten mit einer Gegenfrage: „Als ihr fastetet und Leid trugt im fünften und siebenten Monat diese siebzig Jahre lang, habt ihr da wirklich für mich gefastet? Und wenn ihr esst und trinkt, esst und trinkt ihr da nicht für euch selbst?“ (Sacharja 7,5.6) Gott weist auf darauf hin, dass ihm nicht jedes Fasten gefällt. Ihr Fasten hatten Gott nicht wirklich gefallen, weil sie nicht für Gott gefastet hatten, sondern einfach nur die Regel befolgt hatten, ohne dabei Gott von Herzen zu suchen. Fasten hat also vor Gott keine Bedeutung, wenn es nicht wirklich vor ihm und für ihn geschieht.

Was sagt nun Jesus zum Fasten? Sehen wir uns den Vers 16 an. Jesus sagt: „Wenn ihr fastet, sollt ihr nicht sauer dreinsehen wie die Heuchler; denn sie verstellen ihr Gesicht, um sich vor den Leuten zu zeigen mir ihrem Fasten. Wahrlich, ich sage euch: Sie haben ihren Lohn schon gehabt.“ Diese Verse zeigen, dass auch zur Zeit Jesu Fasten ein Bestandteil im religiösen Leben der Juden war. Wir wissen von anderen Stellen, dass zum Beispiel die Pharisäer, die als besonders fromm galten, zwei Tage in der Woche fasteten. Menschen, die fasteten, betrachtete man in der damaligen religiösen Gesellschaft als fromm und respektierte sie. Das führte dazu, dass manche Leute, wenn sie fasteten, sich absichtlich nicht die Haare salbten und ihr Gesicht nicht wuschen, damit ihnen jeder auf der Straße ansehen konnten, dass sie gerade fasteten.
Was sagt Jesus dazu? Jesus nennt solche Leute Heuchler, wörtlich Schauspieler, und sagt über sie: „Sie haben ihren Lohn schon gehabt.“ Damit sagt er, dass Menschen, die fasten, um dadurch bei anderen Menschen besser angesehen zu werden, keine Belohnung von Gott erwarten können. Jesu Jünger sollten keine solchen Heuchler sein.
Aber das ist nicht alles, was Jesus dazu sagt. Sehen wir uns die Verse 17 und 18 an: „Wenn du aber fastest, so salbe dein Haupt und wasche dein Gesicht, damit du dich nicht vor den Leuten zeigst mit deinem Fasten, sondern vor deinem Vater, der im Verborgenen ist; und dein Vater, der in das Verborgene sieht, wird dir’s vergelten.“ In diesen Versen spricht Jesus von einem Fasten, das vor Gott Bedeutung hat und von ihm sogar belohnt wird. Eine Voraussetzung dafür ist, dass wir nicht fasten, um von anderen Menschen gesehen und respektiert zu werden. Wer vor Gott fastet, sollte sich deshalb die Haare kämmen und sein Gesicht waschen, damit sein Fasten nicht vor den Leuten gesehen wird. Jesus befiehlt das Fasten nicht. Er beschreibt hier aber das Fasten als eine Möglichkeit, in besonderer Weise zu Gott zu kommen und seine Hilfe zu suchen. Und er verspricht, dass Gott denen, die wirklich für ihn fasten, eine Belohnung gibt.

Wie können wir das für uns verstehen? Jesus befiehlt hier Fasten nicht; Fasten ist kein Gesetz. Jesus hat an anderer Stelle, als die Jünger dafür kritisiert wurden, weil sie nicht regelmäßig fasteten, das Bild von einer Hochzeit verwendet und erklärt, dass die Hochzeitsgäste nicht fasten, solange der Bräutigam bei ihnen ist (Markus 2,19). Damit hat Jesus die Jünger verteidigt und erklärt, dass wir als Christen grundsätzlich nicht zu fasten brauchen, wenn wir mit Jesus verbunden leben.
Aber es kann in unserem Leben Zeiten geben, in denen uns die Welt zu nahe ist, wo bestimmte Wünsche oder Gedanken in uns so stark geworden sind, dass sie unser Herz binden und uns hindern, aufrichtig von ganzem Herzen zu Gott zu kommen. Dann kann Fasten uns helfen, uns innerlich von der Welt und den eigenen Wünschen abzuwenden und uns Gott zuzuwenden und uns nach seiner Hilfe auszustrecken. Oder wenn wir oder unser Nächster ein großes Problem haben, dafür aber nicht ernsthaft beten können; vielleicht weil unser Herz aber zu träge ist, oder weil uns das Problem zu groß und unlösbar vorkommt, sodass wir uns nur hilflos fühlen, dann kann Fasten uns helfen, unseren Blick wieder auf Gott zu richten, unser Vertrauen auf ihn zu erneuern und ernsthaft zu ihm zu beten.
Auf solches Fasten gibt Jesus eine göttliche Verheißung. Jesus sagt: „… und dein Vater, der in das Verborgene sieht, wird dir’s vergelten.“ Hier offenbart Jesus Gott erneut als unseren Vater, der im Verborgenen ist und der in das Verborgene sieht (vgl. Verse 4 und 6). Wir Menschen sehen nur, was vor unseren Augen ist, und wir lassen uns davon allzu leicht täuschen; aber Gott sieht in unser Herz, unser Inneres (1. Samuel 16,7). Er sieht insbesondere, mit welcher Herzenshaltung wir beten, unser innerstes Motiv. Er sieht es, wenn wir wirklich ihn und seine Hilfe suchen, und nicht nur durch unser Gebet unsere Pflicht erfüllen oder unser Gewissen beruhigen wollen. Er sieht es, wenn wir wirklich ihn und seinen Willen erkennen und seine Ehre offenbaren wollen – und nicht nur möglichst einfach unser Problem lösen wollen. Dabei ist Gott kein kritischer prüfender Richter, sondern unser „Vater“, der uns liebt und wirklich versteht und uns belohnen will. Wenn wir fasten, weil wir im Gebet wirklich ihn erkennen und seine Hilfe erfahren wollen, sieht er das und wird es belohnen. Jesus hat das versprochen: „und dein Vater, der in das Verborgene sieht, wird dir’s vergelten.“
Was meint Jesus aber damit? Jesus sagt hier nicht konkret, wie der Vater uns belohnen wird. Aber er sagt klar, dass er unser Gebet belohnen wird. Das Wort „Vergelten“ deutet darauf hin, dass Gott uns unserem Gebet entsprechend segnen wird. Wenn wir unseren ganzen Kummer und Not vor ihn gebracht haben, wird er uns seinen Trost und Frieden geben. Wenn wir in Wünschen, Sorgen oder Zweifeln verstrickt waren und seine Hilfe gesucht haben, will er uns daraus befreien, sodass unser Herz wieder frei für ihn wird und wir sehen können, was er uns Gutes gegeben hat. Wenn wir keine Orientierung hatten und seinen Rat gesucht haben, wird er uns Orientierung geben. Wenn wir seine Hilfe für ein Problem gesucht haben, will er das Problem lösen oder uns Mut machen und eine Orientierung geben, wie wir weiter beten und handeln sollen. Vor allem will Gott, wenn wir ihn von ganzem Herzen suchen, uns erkennen lassen, wer er ist, wie groß seine Liebe zu uns ist und welchen Willen er für uns hat. Er will uns auch zeigen, für welches herrliche Ziel er uns gemacht hat und auf welchem Weg wir das Ziel erreichen können, und will uns den Glauben, die Liebe und die Kraft schenken, die wir brauchen, um ihm dahin zu folgen. Gott will sich selbst von uns finden lassen. Das ist der größte Lohn, den wir von ihm empfangen können. Wenn wir unseren Vater im Himmel im Gebet mit Fasten von ganzem Herzen suchen, dürfen wir sicher sein, dass er uns etwas Gutes geben wird, weil Jesus es versprochen hat.

Ein Beispiel aus der Bibel, das mir eingefallen ist, ist das Gebet von Hanna, der Mutter des Propheten Samuel. Sie war von Herzen betrübt, weil sie keine Kinder bekommen konnte und weil sie von der zweiten Frau ihres Mannes, die Kinder hatte, jedes Jahr beim Fest in Jerusalem deswegen gekränkt wurde, sodass sie nichts essen konnte. Diese Situation wiederholte sich Jahr für Jahr. Aber als sie einmal in dieser Situation von ganzem Herzen zu Gott betete und ihm ihr Herz ausschüttete und vor ihm ein Gelübde abgelegte, erhörte Gott sie und segnete sie mit einem besonderen Kind (1. Samuel 1,10-20). Das ist nur eines von sicher unzähligen Beispielen. Wenn wir Gott im Gebet von ganzem Herzen suchen, wird er unser Suchen vergelten.
Es gibt noch andere Dinge als Essen, auf die wir vielleicht zeitweise verzichten sollten, um von ganzem Herzen zu Gott zu beten. Heute werden viele von ihrem Handy oder von ihrem intensiven Freizeitprogramm davon abgehalten, in Ruhe und von ganzem Herzen im Gebet zu Gott zu kommen. Zu fasten kann für uns dann auch bedeuten, dass wir unser Handy bewusst eine Zeitlang weglegen und den Fernseher auslassen, um vom Herzen zu Gott zu kommen. Wenn wir das tun, wird Gott es sicher auch belohnen.
Wir haben heute den dritten Abschnitt betrachtet, in dem Jesus über das praktische Glaubensleben gesprochen hat. In allen drei Abschnitten hat Jesus betont, dass wir unsere Frömmigkeit nicht vor den Menschen ausüben sollen, weil Gott unser Vater ist, der in das Verborgene sieht und uns vergelten will. Gott sieht uns jeden Tag von morgens bis abends. Er sieht uns mit liebevollem Blick und sieht dabei in das Innerste unseres Herzens. Er sieht es, wenn wir unser Leben mit ihm verbunden führen und in vielen Bereichen erfolgreich sind, und freut sich darüber. Er sieht es aber auch, wenn wir mit Problemen kämpfen, die uns zu groß erscheinen. Er sieht, wenn wir das Gefühl haben, bestimmte Aufgaben nicht zu schaffen; er sieht es, wenn wir tatsächlich scheitern – nicht nur bei der Bewältigung der Probleme, sondern auch dabei, ihm dabei genug zu vertrauen und im Gebet seine Hilfe zu suchen. Aber auch wenn wir praktisch und geistlich gescheitert sind, sieht Gott uns mit seinem liebevollen Blick. Er sieht unseren Wunsch tief im Herzen, dass wir ihn eigentlich doch ehren und die Mission, die er uns gegeben hat, erfüllen wollen. Und er ermutigt uns mit liebevollem Blick dazu, neu auf ihn zu vertrauen, die Herausforderung neu anzunehmen und es neu zu versuchen und wann immer wir dabei seine Hilfe brauchen, wieder in unser Kämmerlein zu gehen und zu ihm von ganzem Herzen zu beten, wenn nötig mit Fasten.