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Großzügigkeit. Aber richtig!
„Hütet euch, eure Gerechtigkeit vor den Menschen zu tun, um von ihnen gesehen zu werden; sonst habt ihr keinen Lohn von eurem Vater im Himmel zu erwarten.“
(Matthäus 6,1)
In den vergangenen Wochen hatten wir uns mit der besseren Gerechtigkeit des Himmelreichs beschäftigt. Das griechische Wort für Gerechtigkeit ist dikaiosune. Es geht um die zentrale Frage: wie können wir Menschen ein gutes Leben führen? Und in der besseren Gerechtigkeit des Himmelreichs geht es darum, dass wir nicht einfach nur äußerlich dem Gesetz gehorchen, sondern dass das Innere unseres Herzens verändert wird. Ich fand es Klasse, wie M. es in einem Gebet gesagt hatte: Jesus ersetzt in der Bergpredigt nicht alte Gebote mit neuen (strengeren) Geboten. Jesus zeigt uns eine völlig neue Art und Weise, zu leben als Bürger von Gottes Himmelreich.
Wir fangen heute einen neuen Abschnitt in der Bergpredigt an. In Vers 1 sagt Jesus: „Hütet euch, eure Gerechtigkeit vor den Menschen zu tun, um von ihnen gesehen zu werden; sonst habt ihr keinen Lohn von eurem Vater im Himmel zu erwarten.“ Wieder erwähnt Jesus das Wort Gerechtigkeit (dikaiosune). Es ist die logische Schlussfolgerung, von dem, was Jesus vorher gelehrt hatte. Die bessere Gerechtigkeit des Himmelreichs führt zu guten Taten und religiöse Disziplinen. Aber diese Religiosität ist anders als die unter der alten Gerechtigkeit und anders als das, was die Welt kennt.
Über drei Punkte wollen wir aus dem Text mitnehmen heute. Was lehrt der Text über erstens, gute Taten; zweitens, gute Motivation; und drittens, das gute Leben?
Erstens, die gute Tat
Den ersten Punkt, will ist nicht zu sehr breittreten, weil es nicht der Hauptpunkt der Predigt ist. Nur kurz: in Vers 2 sagt Jesus: „Wenn du Almosen gibst, posaune es nicht vor dir her, wie es die Heuchler in den Synagogen und auf den Gassen tun, um von den Leuten gelobt zu werden!“ Drei religiöse Praktiken spricht Jesus an: das Geben von Almosen, das Gebet und das Fasten. Gebet und Fasten verbinden wir auf jeden Fall mit einem religiösen Leben. Aber das Geben von Almosen nicht unbedingt. Zum einen nennen wir es anders: bei uns heißt es „Spenden“; und Spenden hat sehr oft nichts mit Geistlichkeit zu tun.
Das war bei den Juden damals ganz anders. In dem Buch Tobit der Apokryphen gibt es eine Stelle, die uns einen kleinen Eindruck davon gibt, in welchem Verhältnis das Geben von Almosen mit Gebet und Fasten stand: „Gebet und Fasten sind gut, aber besser als beides ist Almosengeben und Gerechtigkeit. Ein wenig mit Gerechtigkeit ist besser als Reichtum mit Ungerechtigkeit. Es ist besser, Almosen zu geben, als Gold anzuhäufen. Denn Almosengeben rettet vor dem Tod und reinigt von jeder Sünde. Wer Almosen gibt, wird ein erfülltes Leben genießen, aber wer sündigt und Unrecht tut, ist sein eigener schlimmster Feind.“ Nur damit kein falscher Eindruck entsteht: das ist nicht das, was wir hier in der Gemeinde lehren. Und bei Jesus scheint von den drei Praktiken (Almosengeben, Gebet, Fasten) das Gebet die zentralste und wichtigste Aktivität zu sein. Aber dieser Einwurf zeigt, welche geistliche Rolle das Almosengeben bei den Juden damals spielte. Es zeigt welchen Stellenwert es in ihrem religiösen Leben hatte. Almosen waren essentieller Teil ihres Glaubenslebens.
Über den religiösen Wert hinaus verstehen wir den praktischen Nutzen dessen. Wie in jeder anderen Gesellschaft auch gab es bei den Juden viele arme Menschen unter ihnen: Hilfsbedürftige, Pflegebedürftige, Kranke, Alte, Waisen, Witwen, usw. Die Almosen waren integraler Teil des Sozialsystems. Das war die primäre Art und Weise, wie die Armen versorgt wurden.
Bevor wir fortfahren, eine ganz offensichtliche Anwendung: das Geben ist eine christliche Tugend. In der ganzen Kirchengeschichte waren Christen bekannt als die Menschen, die sich um die Armen gekümmert haben, angefangen in der Apostelgeschichte und in den Briefen des Paulus. In Galater 2,9.10 spricht Paulus davon, wie seine Mission von der Jerusalemer Gemeinde legitimiert wurde. Jakobus, Petrus und Johannes waren die Säulen der Gemeinde. Sie gaben ihm das Mandat, das Evangelium unter den Heiden zu predigen. Und dann sagt er: „Nur sollten wir an die Armen denken; und das zu tun, habe ich mich eifrig bemüht.“ Jakobus, Petrus und Johannes hätten Paulus alles Mögliche an Ratschlag und Orientierung mit dem Weg geben können. Aber das, was sie explizit erwähnten, war, an die Armen zu denken. Und Paulus tat das mit großem Eifer.
Jesus hatte gesagt, dass es immer arme Menschen geben wird. Wie alles, was, Jesus gesagt hat, ist diese Aussage absolut wahr. Tim Keller hatte gesagt, dass er sich wünschen würde, dass Christen folgenden Ruf haben: „Ich mag die christliche Einstellung zu Homosexualität und Abtreibung nicht. Aber wenn es keine Christen geben würde, dann müssten wir die Steuern erhöhen.“ Er hat sich gewünscht, dass Christen bekannt sind, als großzügige Geber, die sich um die Armen und um die Nöte der Stadt und des Landes kümmern.
Für uns als Nachfolger Jesu bedeutet es, dass wir alle berufen sind, zu geben und zwar großzügig. Wenn du Jesus nachfolgst, dann solltest du einen ordentlichen Teil deines Gehalts opfern: wenn du dich dieser Gemeinde zugehörig fühlst, dann gerne in dieser Gemeinde; wenn du dich nur als Besucher siehst und einer anderen lokale Gemeinde als dein geistliches Zuhause ansiehst, dann dort. Und ein guter Teil von dem, was wir geben, sollte dafür gebraucht werden, um den Armen, den sozial Schwachen und den Hilfsbedürftigen zu dienen.
Zweitens, das gute Motiv
Wir haben gesagt, dass Almosengeben, eine grundlegende Pflicht und Tugend war. So weit, so gut. Das Revolutionäre an Jesu Lehre ist etwas ganz anderes. In Vers 1 sagt Jesus: „Hütet euch, eure Gerechtigkeit vor den Menschen zu tun, um von ihnen gesehen zu werden.“ Wenn man so will, könnte man diese Worte als das allgemeine Prinzip ansehen, das Jesus lehrt. In Vers 2 gibt Jesus ein konkretes Beispiel dafür: „Wenn du Almosen gibst, posaune es nicht vor dir her, wie es die Heuchler in den Synagogen und auf den Gassen tun, um von den Leuten gelobt zu werden!“
Ausleger haben sich die Frage gestellt, was Jesus wohl damit gemeint haben könnte, wenn er davon spricht, dass die Posaune gespielt wird, wenn wir gespendet haben. Michael Wilkins diskutiert in seinem exzellenten Kommentar einige Optionen. Manche dachten, dass damit ein tatsächlicher Trompeter gemeint war, der mit seiner Musik die Fasten- und Almosenzeit ankündigte; und wenn jemand besonders große Summen spendete, spielte er etwas, um das zu verkünden. Oder manche dachten an den Klang der Münzen, der aus dem Trichter der Spendenbox kam, der eine Form wie eine Trompete hatte. Wilkins sagte aber, dass Jesus hier vermutlich einfach nur ironisch war. Stellen wir uns vor, dass wir eine gute Tat vollbringen; und dann engagieren wir ein Blechbläser-Trio, das uns zu Ehren eine Fanfare spielt. Genau, es wäre völlig übertrieben, einfach viel zu viel des Guten und deshalb völlig lächerlich. Und ich denke, dass genau das der Punkt war, den Jesus hier machen wollte.
Wer verhält sich so? Jesus sagt, dass die Heuchler das tun. Das Wort Heuchler braucht etwas Erklärung. Das Wort für Heuchler, bedeutete eigentlich „Schauspieler“. Aus antiken Geschichtsschreibungen und Ausgrabungen wissen wir, dass es in Palästina zur Zeit Jesu einige Theater gab. Eines von diesen Theatern war wenige Kilometer von Nazareth entfernt, die Stadt, in der Jesus aufgewachsen war. Als Jesus von „Schauspielern“ sprach, war das ein Wort, unter dem sich seine Zuhörer etwas vorstellen konnten. Viele von ihnen hatten vermutlich selbst Aufführungen besucht. Schauspieler in der Antike trugen häufig Masken. Und diese Masken dienten zum einen als einfache Lautsprecher. Zum anderen erlaubten die Masken, dass ein Schauspieler verschiedene Rollen spielen konnte: zum Beispiel den König in der einen Szene und den Stallburschen in einer anderen Szene. Was meinte Jesus dann damit?
Der christliche Philosoph Dallas Willard kommentiert an dieser Stelle: „Der Begriff Heuchler bezeichnete im klassischen Griechisch in erster Linie einen Schauspieler, wie man ihn auf der Bühne sieht, aber er wurde auch für jeden verwendet, der Betrug betreibt. Aus den literarischen Überlieferungen geht hervor, dass es allein Jesus war, der diesen Begriff und die entsprechende Rolle in das moralische Vokabular der westlichen Welt einführte. Er tat dies aufgrund seiner einzigartigen Betonung der moralischen Bedeutung des innersten Herzens vor Gott. Jesus hat daher wiederholt und unmissverständlich zwischen unserem Gesicht vor der Welt und unserer Person vor Gott unterschieden.“ Jesus war derjenige, der den Begriff „Heuchler“ überhaupt erfunden und in unsere moralische Diskussion hineingebracht hat.
Hier ist das, was Jesus damit also sagt: du hast zwei Entitäten. Die eine kann von den anderen gesehen werden, weil es unser Äußeres ist. Unser Äußeres schließt natürlich unseren Körper mit ein, unser Gesicht, unsere Mimik, unsere Außendarstellung, das, was wir sagen, schreiben und mit unseren Händen schaffen. Die andere Komponente unseres Seins kann nicht direkt gesehen werden; es ist unser Inneres. Die Bibel nennt es „Herz“ (das griechische Wort ist kardia, wovon sich Kardiologie ableiten lässt). Im Herzen spielen sich unsere Gefühle und Emotionen ab, unsere Wünsche und Sehnsüchte, unsere Gedanken. Frage: was von den beiden ist realer, das Äußere oder das Innere? Was von den beiden ist wichtiger? Was von den beiden ist dein wahres Ich?
Was ist dann also ein Heuchler? Ein Heuchler ist ein Schauspieler, der vorgibt jemand anderes zu sein. Ein Heuchler ist jemand, dessen Äußeres mit seinem Inneren nicht in Einklang steht: das Äußere ist gepflegt und schön, das Innere ist trübes Gewässer. Wenn Jesus sagt, dass wir uns davor hüten sollen, unsere Gerechtigkeit vor Menschen zu tun, um von ihnen gesehen zu werden, und dass wir unsere guten Taten nicht vor uns her ausposaunen sollen, um von den Leuten gelobt zu werden, spricht er unsere Motivation an. Wilkins schreibt: „Da es sich bei der Motivation um eine persönliche und innere Angelegenheit handelt, sind die Motive ein schneller Gradmesser für das Herz eines Menschen.“
Im christlichen Leben geht es nicht nur um das, was du tust. Es geht um die Motivation, weshalb du etwas tust. Was die Motivation angeht, unterscheidet Jesus nun zwei grundverschiedene Motive. Beim ersten Motiv geht es darum, von den anderen gesehen zu werden. Es geht darum, bei den anderen in einem guten Licht dazustehen. Es geht um die Anerkennung und den Applaus von den anderen. Diese Anerkennung ist der anderen ist der „Lohn“, um den es uns eigentlich geht, wenn wir Gutes tun.
Und das Gute kann alles Mögliche sein. Das Gute kann Lobpreis sein, das Gute kann sogar Predigen sein. Francis Chan erzählte die Geschichte, wie er eingeladen wurde, an dem theologischen Seminar, wo er studiert hatte, eine Predigt zu halten über Psalm 139 (Gott ist allgegenwärtig). Der Gründer des Seminars John MacArthur war anwesend. Francis war so nervös. Jedes Mal, wenn er in der Predigt einen Witz machte, schaute er rüber, um zu schauen, ob MacArthur auch lachte. In der ganzen Predigt ging es ihm darum, bei seinem alten Mentor gut dazustehen. Auf der Fahrt zurück fragte seine Frau ihn: „Was war das denn?“ Er fragte zurück: „Was meinst du damit?“ Sie sagte: „Du warst so unnatürlich!“ Francis sagte: „John MacArthur saß in der ersten Reihe!“ Ihre Antwort: „Moment einmal: du hast über die Gegenwart Gottes gepredigt. Und du hast dir Sorgen gemacht wegen der Gegenwart von John MacArthur?“ Francis: „Du hast keine Ahnung wer MacArthur ist. Weißt du wie viele Bücher er geschrieben hat? Weißt du, wie einflussreich er ist? Einer der besten Prediger unserer Zeit. Und wenn ich irgendetwas sage, was ihm nicht gefällt, dann schreibt er ein Buch über mich.“ Und dann erzählte er noch, was er alles für große Heldentaten vollbracht hatte. Und seine Frau sagte nur: „Ja genau. Und alle seine Gerechtigkeit ist wie ein beflecktes Kleid.“
Wessen Anerkennung ist dir wichtig? Für manche mag das eher die Quantität sein: „wie viele Likes bekomme ich für meine Posts? Wie viele finden mich attraktiv oder intelligent? Wie viele Menschen sehen meine Aufführung?“ Für manche mögen es die Eltern sein: die ganze Welt kann uns loben, aber wenn unsere Eltern nicht zufrieden mit uns sind, dann fühlen wir uns wie die letzten Versager. Oder vielleicht ist der Professor, der in unseren Augen ein Halbgott ist, weil er einfach alles zu wissen scheint; oder der Chef, vor dem wir uns fürchten. Und wir würden alles tun, um bei ihnen einen guten Eindruck zu hinterlassen. Oder es mag der Ehepartner sein, der Freund oder die Freundin. Für Tim Keller zum Beispiel war es seine Ehefrau Kathy. Tim Keller erzählte, dass es ihm relativ egal war, was die Zuhörer über seine Predigt dachten. Die Meinung, die ihn am meisten interessierte, war die Meinung seiner Frau, weil er seine Frau anhimmelte. Und wenn sie seine Predigten nicht gut fand, dann war er niedergeschmettert.
Von anderen gelobt zu werden, ist an und für sich gut. Es ist eine schöne Sache, wenn wir uns gegenseitig ermutigen. Aber für die Anerkennung der anderen zu leben, ist ein miserables Leben. Kein Lob auf Erden kann uns wirklich satt machen; kein Applaus kann uns dauerhaft glücklich machen. Wer dafür lebt, der pflegt sein Äußeres, sein Image, seine Fassade. Aber innen wächst ein verkümmertes Ego; ein Ego, das gestreichelt werden will; ein nimmersattes, unglückliches Monster. Das ist es, was Heuchlerei ausmacht. Es ist destruktiv.
Was ist die Alternative?
Drittens, das gute Leben
Wir sollen nicht deshalb gute Taten vollbringen, um von den anderen gesehen zu werden. In Vers 3 sagt Jesus, was wir stattdessen tun sollten: „Wenn du Almosen gibst, soll deine linke Hand nicht wissen, was deine rechte tut.“ Meine Klavierlehrerin hatte damals zu mir gemeint, dass ich sehr christliche Hände habe, weil definitiv die linke Hand nicht wusste, was die rechte Hand macht. Das war kein Kompliment. Es war eine bildhafte Beschreibung, wie unkoordiniert mein Klavierspiel war.
Fakt ist: die linke Hand weiß gar nichts, weil die linke Hand kein Gehirn hat. Jesus verwendet ein Bild dafür, wie wir unsere guten Taten tun sollen: im Geheimen, anonym, ohne dass andere Menschen es mitbekommen. Was bedeutet das? Wir Menschen sind extrem kreativ darin, Dinge zu verschlimmbessern: d.h., mit der guten Absicht, etwas besser zu machen, machen wir es viel schlimmer. Beispiel: bei den Pharisäern gab es eine Gruppe, welche als „die Geprellten“ bekannt war. Was stand dahinter? Diese Pharisäer wollten sich so rein halten, dass sie Frauen noch nicht einmal ansehen wollten. Jedes Mal, wenn sie von Ferne eine Frau sahen, machten sie ihre Augen zu. Als Resultat dessen liefen sie gegen Hausmauern, Bäume, übersahen ein Hindernis, holten sich Schürfwunden, blaue Flecken und andere Blessuren. Deshalb waren sie die Geprellten. Machte das ihr Sündenproblem in irgendeiner Form besser? Sie machten es schlimmer.
Wie können wir Jesu Worten Folge leisten, ohne sie zu verschlimmbessern? Wir müssen folgendes ganz dringend verstehen: es ging Jesus nicht primär darum, dass wir unsere guten Taten verstecken und anonymisieren müssen. Es mag Umstände geben, in denen das angebracht ist, aber es ist nicht das, worum es Jesus geht. Es geht nicht ums nicht gesehen werden. Sondern es geht darum, dass das Motiv für unsere guten Taten nicht das ist, von den anderen gesehen zu werden. Das ist der Knackpunkt.
Vielleicht ist folgendes Beispiel hilfreich. Die meisten von euch kennen die Geschichte von Zachäus, der kleinwüchsige Oberzöllner (heute wäre das vielleicht Mafiaboss oder der Obergauner) aus Jericho. Er hatte sich von ganzem Herzen gewünscht, Jesus zu treffen. Und schließlich wurde er von Jesus in seinem Zuhause besucht. Das Treffen mit Jesus veränderte sein ganzes Leben radikal. Lukas 19,8 berichtet von der dramatischen Veränderung von Zachäus: „Zachäus aber wandte sich an den Herrn und sagte: Siehe, Herr, die Hälfte meines Vermögens gebe ich den Armen, und wenn ich von jemandem zu viel gefordert habe, gebe ich ihm das Vierfache zurück.“ Hier ist jemand, der so krass Almosen gab, dass er sich finanziell selbst ruiniert hatte: die eine Hälfte des Reichtums ging an die Armen, die andere Hälfte wurde verwendet, um die Opfer seines früheren Lebens zu entschädigen. Und er tat es mit Freude.
Die Kommentatoren zu diesem Text haben geschrieben, dass Zachäus eine geradezu kindliche Freude hatte. Stellen wir uns ein Kind vor, das sagt: „Papa, guck mal: ich kann Fahrrad fahren. Papa, guck mal, ich fahre nur mit einer Hand!“ Mit der gleichen kindlichen Begeisterung sagt er zu Jesus: „Jesus, guck mal, ich gebe die Hälfte von meinem Vermögen an die Armen. Und Jesus, guck mal, die andere Hälfte gebe ich auch weg!“ Jesus hätte an dieser Stelle sagen können: „Pssst! Nicht so laut! Das hättest du mir aber auch später nach der Feier privat sagen können.“ Nichts dergleichen. Stattdessen spricht Jesus Worte der Gnade und Barmherzigkeit: „Heute ist diesem Haus Heil geschenkt worden, weil auch dieser Mann ein Sohn Abrahams ist. Denn der Menschensohn ist gekommen, um zu suchen und zu retten, was verloren ist.“
Noch einmal: es geht nicht darum, dass es schlimm ist, von den anderen gesehen werden, wenn wir gerade eine gute Tat tun. Zachäus machte eine öffentliche Ansage in seinem Haus vor allen Anwesenden. Aber wisst ihr was? Die Meinung der anderen war ihm so was von egal! Die Reaktion der anderen war zweit- und drittrangig für ihn. Der Beifall der Zeugen war für ihn so belanglos. Warum? Und wie können wir frei davon werden, was die anderen von uns denken? Für Zachäus gab es nur eine Meinung, die zählte. Zachäus‘ Motivation war der Blick einer einzigen Person in diesem Raum: der Menschensohn, der ihn in seinem Haus persönlich besuchen gekommen war und in dessen Angesicht er die ganze Liebe Gottes gesehen hatte.
Jesus sagt in Vers 4: „und dein Vater, der auch das Verborgene sieht, wird es dir vergelten.“ Alles, was du tust, tue es für Gott. Selbst Essen und Trinken sollen wir zur Ehre Gottes. Gott sieht in das Verborgene. Gott sieht dich! Es ist nicht der Blick des „big brother is watching you“. Es ist der Blick des liebenden Vaters; es ist der Blick des Vaters, der unendlich glücklich ist und der sein Glück mit dir teilen will in alle Ewigkeit. Es ist der Blick des Vaters, der stolz auf seine Kinder ist. Es ist der einzige Blick, der wirklich zählt; der einzige Blick, der uns wirklich mit Würde und Wert füllen kann; der einzige Blick, der uns wirklich verändern kann, weil es der Blick der einen Person ist, die uns wirklich über alles liebt.
Was ist das gute Leben? Das gute Leben ist, für den Blick dieser Person zu leben.