Predigt: Apostelgeschichte 4,32 – 5,42

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Anfechtung und Furcht

„Den hat Gott durch seine rechte Hand erhöht zum Fürsten und Heiland, um Israel Buße und Vergebung der Sünden zu geben. Und wir sind Zeugen dieses Geschehens und mit uns der Heilige Geist, den Gott denen gegeben hat, die ihm gehorchen.“

Apostelgeschichte 5,31.32

Vor einigen Wochen hatte ich erwähnt, dass der Beginn der ersten Gemeinde eines der unwahrscheinlichsten Ereignisse war, die man sich vorstellen kann. Wie konnte es sein, dass die Nachfolger von einem gekreuzigten Zimmermann eine Bewegung in Gang setzten, die innerhalb der ersten Jahrzehnte explosionsartig wuchs? Was wir beim Lesen der Apostelgeschichte nicht vergessen dürfen, ist, wie bedroht die Gemeinde von Anfang an war. Ich muss dabei an einen Keimling denken: eine Pflanze, die gerade am Entstehen ist und nur ein grünes Blättchen hat. Der Keimling ist sehr empfindlich. Wenn man einmal versehentlich drauftritt, dann war’s das mit der Pflanze. Und so ähnlich war das am Anfang mit der Gemeinde. Die Mission der Apostel befand sich immer auf Messers Schneide, immer kurz vor dem Ende, immer knapp davor ausgelöscht zu werden.

Wie konnte die Gemeinde überleben? Der Text gibt folgende Antwort: die ersten Christen hatten keine Furcht! Wenn das Evangelium durch den Heiligen Geist wirkt, verschwindet die Furcht in aus den Herzen der Menschen und es entsteht Gottesfurcht. Vier Aspekte wollen wir im Text betrachten. Zum einen, was die Gemeinschaft der ersten Christen auszeichnete; zweitens, was die Gemeinde von innen bedrohte; drittens, was die Gemeinde von außen bedrohte; und viertens, wie Gott uns freimacht von Furcht.

Erstens, was die Gemeinschaft der ersten Christen auszeichnete

In den Versen 32 bis 37 wird zum zweiten Mal innerhalb von wenigen Kapiteln erwähnt, dass die ersten Christen ihre Güter teilten. Die Apostelgeschichte ist ein ziemlich komprimiertes Buch und erzählt sehr selektiv von den Anfängen. D.h., jede Wiederholung, die wir in dieser Geschichte sehen, sollte uns zum Nachdenken anregen, was Lukas uns damit sagen möchte. Ich denke, dass es mindestens zwei Gründe gibt, weshalb Lukas die Großzügigkeit der Christen an dieser Stelle noch einmal betont.

Der eine Grund ist, dass Lukas auf diese Weise zeigt, dass die Christen das neue Volk Gottes sind. In Vers 34 lesen wir: „Es war auch keiner unter ihnen, der Mangel hatte; denn wer von ihnen Äcker oder Häuser besaß, verkaufte sie und brachte das Geld für das Verkaufte.“ Den meisten von uns ist das vielleicht nicht besonders aufgefallen (mir ist es beim Lesen definitiv nicht aufgefallen). Aber wir dürfen nicht vergessen, dass Lukas beim Schreiben seiner Apostelgeschichte im AT aus dem Vollen schöpft. Die Apostelgeschichte ist unglaublich reich an Zitaten aus dem AT, alt-testamentliche Motive und Anspielungen, vor allem in der ersten Hälfte des Buches. Howard Marshall und etliche andere Kommentatoren haben hier vermerkt, dass Vers 34 Anklänge aus 5. Mose hat. In 5. Mose 15 lesen wir vom Erlassjahr. Alle sieben Jahre sollten die Israeliten einander ihre Schulden erlassen. Das Interessante ist, dass Fremdlinge davon ausgenommen waren. Die Schulden sollten innerhalb ihres Volkes erlassen werden. Dann lesen wir in Vers 15,4: „Es sollte überhaupt kein Armer unter euch sein.“ Genau das ist das Wort, das in unserem Text anklingt: „Es war keiner unter ihnen, der Mangel hatte.“

Mit anderen Worten, als die frühen Christen, ihre Habe großzügig mit ihren Brüdern und Schwestern teilten, erfüllte sich ein Wort aus dem AT, das ansonsten keine direkte Erfüllung in der Schrift hat. Eine Prophezeiung aus dem AT erfüllte sich, die eigentlich dem Volk Israel galt. Und daher, noch einmal anders formuliert: die ersten Christen waren das neue Volk Gottes, das neue Israel, in dem sich die Verheißungen des AT erfüllten.

Der andere Grund ist, dass Lukas uns auf diese Art und Weise einen neuen Protagonisten vorstellt. Der neue Protagonist ist Barnabas, der im Lauf der Geschichte noch eine wichtige Rolle spielt. Verse 36 und 37: „Josef aber, der von den Aposteln Barnabas genannt wurde – das heißt übersetzt: Sohn des Trostes -, ein Levit aus Zypern gebürtig. Der hatte einen Acker und verkaufte ihn und brachte das Geld und legte es den Aposteln zu Füßen.“ Im Orient ist es üblich, dass man Menschen je nach ihrem Charakter als „Sohn von jemanden“ benennt. Zum Beispiel, wenn man jemanden beschimpfen möchte, dann sagt man im Orient nicht „du Esel“. Man sagt „du Sohn eines Esels“. Wir finden in der Bibel ein weiteres negatives Beispiel: der blinde Bettler Bartimäus, der von Jesus geheilt wird. (Der Name Bartimäus ist ziemlich reichhaltig. Hier ist eine mögliche Bedeutung). Die aramäische Form des Namens Bar-teymah bedeutet „Sohn der Armut“. Und genau das war Bartimäus, weil er ein Bettler war.

In unserem Text haben wir ein extrem positives Beispiel. Josef war für die erste Gemeinde so ein inspirierendes Beispiel; alle, die das Glück hatten, mit ihm Gemeinschaft haben zu dürfen, wurden so erfrischt; wo immer er war, roch es nach Jesus; und sein Leben war von solch einer Hingabe, Hilfsbereitschaft, Selbstlosigkeit und Großzügigkeit gekennzeichnet, dass er einen neuen Spitznamen bekam: Barnabas, Sohn des Trostes. Trost ist hier vielleicht etwas irreführend, weil Trost impliziert, dass man traurig ist. Das Wort hier ist paraklesis, was mit dem Wort parakletos verwandt ist. (Parakletos ist das Wort, mit dem Jesus den Dienst des Heiligen Geistes in Johannes Evangelium beschrieben hat). Und paraklesis ist ein ziemlich reichhaltiges Wort, was Ermutigung, Erbauung, Ermunterung und Trost bedeuten kann.

Sicherlich hat jeder von uns Menschen erlebt, die uns zutiefst ermutigen und erbauen. Nachdem wir mit solchen Menschen Gemeinschaft haben, fühlen wir uns in unseren Herzen erfrischt wie nach einem wunderschönen Spaziergang in Frühlingsluft. Woher kommt die Ermutigung? Wenn wir uns das Leben von Barnabas anschauen, müssen wir verstehen, dass Barnabas nicht deshalb solch ein Ermutiger war, weil er dazu aufgefordert wurde. Er war nicht deshalb großzügig, weil die Apostel zu ihm hingegangen sind, und ihm gesagt haben: „hey, warum verkaufst du nicht deinen Acker und gibst das Geld den Armen?“ Wir sehen bei Barnabas kein Handeln aus Zwang, kein Gefühl von Pflicht, kein Druck von außen. Die Ermutigung, die von Barnabas ausging, war eine Ermutigung, die von innen heraus nach außen kam. Die Großzügigkeit von Barnabas war eine Großzügigkeit, die von innen heraus nach außen kam. Und das geht nur, wenn man im Herzen wirklich frei ist. Genau das war es, was die Gemeinschaft der frühen Christen ausmachte.

Die Frage ist dann: wer von uns ist im Herzen wirklich frei? Und wie können wir wirklich frei werden und von innen heraus verändert werden?

Zweitens, eine Bedrohung von innen

In Kapitel 5 sehen wir dann einen krassen Kontrast dazu. Hananias und Saphira verkauften ebenfalls ihren Acker. Aber sie gaben nicht das ganze Geld, sondern behielten einen Teil des Geldes für sich. Das wäre nicht weiter schlimm. Das Niederträchtige, an ihrer Tat war folgendes: sie taten so, als ob sie genauso großzügig wären. In Wirklichkeit waren sie aber nicht ganz so großzügig. Ihr Ansehen bei den anderen war ihnen wichtiger als die Wahrheit. Der Eindruck von Heiligkeit war ihnen wichtiger, als echte Heiligkeit im Leben. Der Schein von Nächstenliebe war ihnen wichtiger, als echte Nächstenliebe zu praktizieren. Ihr Opfer kam aus einem völlig falschen Motiv. Wir haben gesehen, dass Barnabas das Ideal der Gemeinschaft verkörpert: eine Nächstenliebe, die von innen kommt. Hananias und Saphira hatten sich dagegen eine Maske aufgesetzt. Es war eine vorgetäuschte und gespielte Nächstenliebe. Und das war eine Bedrohung innerhalb der Gemeinde.

Ihre gespielte Frömmigkeit hatte desaströse Konsequenzen. Petrus stelle Hananias zur Rede. Die Essenz der Sünde von Hananias war, dass er nicht Menschen sondern Gott belogen hatte. Und diese Aussage ist erstaunlich. Denn Hananias hatte Menschen belogen. Er hatte seine Brüder und seine Schwestern belogen, die ehrlich waren. Er hatte die Apostel belogen. Trotzdem richtete sich seine Lüge grundlegend gegen Gott. Alle Sünde richtet sich primär gegen Gott. Und dann lesen wir in Vers 5: „Als Hananias diese Worte hörte, fiel er zu Boden und gab den Geist auf.“ Hananias wurde sehr schnell beerdigt. Das Gleiche geschah mit Saphira, als sie ebenfalls auf ihrer Lüge beharrte.

Die ersten 11 Verse von Kapitel 5 gehören mit zu den schwierigsten Texten in der Apostelgeschichte. Der Text als solcher betrachtet, macht ziemlich deutlich, dass Hananias und Saphira einen unnatürlichen Tod gestorben sind. Der Text macht auch deutlich, dass dieser unnatürliche Tod Gottes Gericht über sie war. Die Schwierigkeit ist nun, warum das Gericht Gottes über sie so harsch ausfällt. Ist Gottes Reaktion nicht Überreaktion? Und die andere Schwierigkeit ist, warum reagiert Gott ausgerechnet in dieser Situation so drastisch? Was ist mit den vielen Problemen in der Gemeinde, die wir später in den anderen Gemeinden sehen: die falschen Lehrer; die Menschen, die ständig Zwist und Uneinigkeit säen; die sexuelle Unmoral in der Korinther Gemeinde; ganz zu schweigen von den Vergehen der Gemeinde Jesu im weiteren Verlauf der Kirchengeschichte. Scheinen diese Fehltritte nicht mindestens genau so gravierend zu sein, wenn nicht noch viel schlimmer? Und doch schienen sie alle ungeschoren davon zu kommen, während Hananias und Saphira auf der Stelle starben. Was hat es damit auf sich?

Um diese Frage zuerst zu beantworten: eine mögliche Erklärung, weshalb Gottes Gericht so harsch ausfällt, ist die Tatsache, dass Gottes Offenbarung und Gegenwart so überpräsent waren. In der Bibel steht Gottes Gericht immer im gleichen Verhältnis zu seiner Offenbarung. Die Zeiten, in denen Gott besonders viel von seiner Herrlichkeit offenbart, sind auch die Zeiten, in denen Gott besonders viel von seiner Heiligkeit offenbart. In dem Maß, in dem Gottes Gegenwart bei den Menschen anwesend ist, ist auch seine Gerechtigkeit präsent. In dem Maß, in dem Gott uns mit seiner Liebe heimsucht, zeigt er auch seinen Eifer für unsere Reinheit. Das eine geht nicht ohne das andere.

Was wir als nächstes verstehen müssen, ist, was es mit Gottes Gericht auf sich hat. Sünde bedeutet grundlegend, dass wir uns von Gott abwenden und uns etwas anderem zuwenden. C.S. Lewis argumentierte, dass Gott selbst derjenige ist, der Treibstoff für unseren Geist ist und dass Gott selbst die Speise ist, die unseren Geist ernährt. Sich von diesem Gott abzuwenden, ist gleichbedeutend damit, dass wir in unser eigenes Verderben laufen. Mit anderen Worten, Sünde hat eine selbstzerstörerische Natur.

Greg Boyd kommentierte das folgendermaßen: „der Text sagt nicht, dass Gott sie erschlagen hat. Der Text sagt lediglich, dass das Ehepaar verstarb. Gott musste nichts weiter tun, als seine schützende Hand von ihnen zu nehmen, und dem immer vorhandenen Herrn des Todes das tun zu lassen, was er immer tut, nämlich zu töten, zu stehlen und zu zerstören. Es ist bedeutsam, dass Petrus zum Ausdruck bringt, dass Hananias es zugelassen hatte, dass der Teufel sein Herz erfüllt. Das ist ein Hinweis darauf, dass sein Belügen des Heiligen Geistes keine isolierte böse Tat eines Menschen war, der ansonsten untadelig ist. Es scheint, dass dieses Ehepaar Gott weggestoßen hat…, obwohl sie der Gemeinschaft des Glaubens beigetraten waren.“

Was mag Hananias und Saphira dazu motiviert haben, sich auf diese Lüge einzulassen? Eine mögliche Antwort finden wir in den Versen 5b und 11: „Und es kam eine große Furcht über alle, die dies hörten. … Und es kam eine große Furcht über die ganze Gemeinde und über alle, die das hörten.“ Zweimal erwähnt Lukas hier, dass alle, die von dieser Geschichte hörten, mit Furcht erfüllt wurden. Die Menschen wurden mit der Furcht Gottes erfüllt. Gott war in dieser Geschichte so präsent, dass die Menschen diesen Gott anfingen zu fürchten, d.h., den nötigen Respekt und die notwendige Achtung vor der unendlichen Größe Gottes zu haben. Und genau das war es, was Hananias und Saphira fehlte. Sie hatten keine Furcht vor Gott. Stattdessen fürchteten sie sich vor allem anderen. Sie fürchteten sich davor, von den anderen Menschen nicht die Anerkennung zu bekommen, die sie sich erhofften. Sie fürchteten sich davor, zu verarmen. Sie fürchteten sich vermutlich davor, in dieser Welt zu kurz zu kommen.

Was bedeutet das dann für uns? Der amerikanische Bischof Warren A. Candler predigte über diesen Text und fragte dann: „wenn Gott heute noch Menschen erschlagen würde, für ihre Lügen, wo wäre ich dann?“ Einige Zuhörer lachten. Und dann sagte er: „ich wäre immer noch hier und würde vor einer leeren Gemeinde predigen!“ Was diese Episode veranschaulicht ist, dass jeder von uns die Wahrheit verdreht. Jeder von uns lügt, ohne Ausnahme. Der Grund weshalb wir das tun, ist unsere Furcht vor allem, was nicht Gott ist, genauso wie es bei Hananias und Saphira der Fall war. Wie können wir davon frei werden, um Gott zu fürchten?

Drittens, eine Bedrohung von außen

Unser Text erwähnt eine große Anfechtung von außen. Verse 15 und 16 erwähnen erstaunliche Wunder, die durch Petrus geschahen. Selbst sein Schatten war genug, um Heilung zu finden. Die Reaktion der religiösen Leiter ließ nicht lange auf sich warten. Die Apostel wurden verhaftet und ins Gefängnis gebracht. Noch bevor sie verhört werden konnten, wurden sie von einem Engel befreit, nur um wieder im Tempel von Jesus zu erzählen und nur um ein weiteres Mal von den Wachen zum Hohen Rat eskortiert zu werden.

Die Apostel standen vor dem Sanhedrin. Für Petrus und Johannes war es das zweite Mal innerhalb von sehr kurzer Zeit. Der Hohepriester fragte: „Haben wir euch nicht streng geboten, in diesem Namen nicht zu lehren? Und seht, ihr habt Jerusalem erfüllt mit eurer Lehre und wollt das Blut dieses Menschen über uns bringen.“ Der Sanhedrin war die Institution, die Jesus zum Tode verurteilt und den Römern übergeben hatte. Es war die mächtigste Autorität im Land. Und trotzdem waren die Apostel nicht eingeschüchtert. Wir sehen die Antwort von Petrus und den Aposteln in Vers 29: „Man muss Gott mehr gehorchen als den Menschen. Der Gott unserer Väter hat Jesus auferweckt, den ihr an das Holz gehängt und getötet habt. Den hat Gott durch seine rechte Hand erhöht zum Fürsten und Heiland, um Israel Buße und Vergebung der Sünden zu geben. Und wir sind Zeugen dieses Geschehens und mit uns der Heilige Geist, den Gott denen gegeben hat, die ihm gehorchen.“

Unter normalen Umständen wäre das jetzt das Ende der Apostel gewesen. Der Hohe Rat war durch diese direkte, unverblümte Antwort so verärgert, dass sie die Apostel auf der Stelle umbringen wollten, ganz egal, was es für Konsequenzen mit sich bringen würde. Aber das waren nicht normale Umstände. In den Versen 34 und folgende sehen wir ein Pharisäer namens Gamaliel den aufgebrachten Rat zur Besonnenheit aufruft. Sein Ratschlag lautet zusammengefasst: „wenn diese Bewegung von Menschen ist, wird die Bewegung von alleine untergehen. Wenn diese Bewegung von Gott ist, dann werden sie unaufhaltsam sein.“ Dieser Ratschlag klingt ziemlich vernünftig. Aber ist diese Beobachtung wirklich akkurat? Die Antwort ist, dass sein Ratschlag eigentlich ziemlich schlechter Ratschlag ist. Wann kann den Wahrheitsgehalt einer Bewegung nicht daran beurteilen, ob die Bewegung Erfolg hat oder nicht. Zum Beispiel sehen wir, dass der Islam seit mehr als einem Jahrtausend unaufhaltsam wächst. Bedeutet das, dass der Islam von Gott ist? Natürlich nicht. Gamaliel’s Rat war kein guter Rat. Aber das spielt nur eine untergeordnete Rolle. Denn der Sanhedrin hört darauf und traf die Entscheidung, die Apostel nicht umzubringen.

Diese zweite Verhaftung führt nicht nur dazu, dass die Apostel unrechtmäßig ihrer Freiheit beraubt werden. Wir lesen in Vers 40, dass der Hohe Rat sie dazu verurteilte, gegeißelt zu werden. Dabei handelte es sich um 40 Schläge minus einem Schlag. In Ausnahmefällen waren diese Schläge so brutal, dass Menschen davon gestorben sind. Aber wir lesen in Vers 41 lediglich: „Sie gingen aber fröhlich von dem Hohen Rat fort, weil sie würdig gewesen waren, um eines Namens willen Schmach zu leiden, und sie hörten nicht auf, alle Tage im Tempel und hier und dort in den Häusern zu lehren und zu predigen das Evangelium von Jesus Christus.“

Die Verfolgung der Apostel durch die religiösen Leiter war die Bedrohung von außen. Im Angesicht dessen, ist die absolute Furchtlosigkeit bewundernswert. Wie konnte es sein, dass die Apostel dem Hohen Rat so die Stirn bieten konnten? Wie konnte es sein, dass sie so treu zu ihren Prinzipien stehen konnten, dass ihr Gehorsam Gott gegenüber wichtiger war als der Gehorsam Menschen gegenüber? Wie konnten sie in Leiden fröhlich sein? Wie konnten sie dem Tod ins Auge sehen und nicht blinzeln?

Und wir sehen in unserer Zeit, wie sich die Geschichte wiederholt. Vor wenigen Wochen wurde ein Artikel über die Gemeinde im Iran veröffentlicht. In diesem Artikel heißt es: „Die iranische Revolution 1979 etablierte ein unnachgiebiges islamisches Regime. Während der nächsten zwei Jahrzehnte wurden die Christen mit wachsender Opposition und Verfolgung konfrontiert: alle Missionare wurden rausgeschmissen, Evangelisation wurde verboten, Bibeln auf persisch wurden verbannt und wurden bald selten, mehrere Pastoren wurden umgebracht. Die Gemeinde geriet unter gewaltigem Druck. Viele hatten die Befürchtung, dass die kleine persische Gemeinde bald eingehen und sterben würde. Aber das genaue Gegenteil geschah. Trotz wachsender Feindseligkeit seit den späten 1970er Jahren bis jetzt, wurden die Iraner das muslimische Volk, das im Mittleren Osten am offensten für das Evangelium ist.

Wie konnte das passieren? Zwei Faktoren haben zu dieser Offenheit beigetragen. Zum einen, der Gewalt im Namens des Islams hat eine weit verbreitete Desillusionierung im Bezug auf die Regierung verursacht und dazu geführt, dass viele Iraner ihren Glauben in Frage stellen. Zweitens, viele iranische Christen haben im Angesicht von Verfolgung weiterhin freimütig und treu anderen von Christus erzählt. In Folge dessen sind in den letzten 20 Jahren mehr Iraner Christen geworden als in den 13 vorherigen Jahrhunderten zusammen seitdem der Islam nach Iran kam. 1979 gab es geschätzte 500 Christen mit einem muslimischen Hintergrund im Iran. Heute sind des Hunderttausende – manche sagen mehr als 1 Millionen. Wie hoch die Zahl auch sein mag, viele Iraner bekehren sich zu Jesus als ihren Herren und Retter. Letztes Jahr hat die Missionsgesellschaft Operation World Iran als die am schnellsten wachsende evangelikale Gemeinde in der Welt ernannt. Die gleiche Organisation gab bekannt, dass die am zweitschnellsten wachsende Gemeinde die im Afghanistan ist – und die Afghanen werden teilweise durch Iraner erreicht, weil ihre Sprachen ähnlich sind. … Verfolgung bedrohte die winzige Gemeinde im Iran auszulöschen. Stattdessen wächst die Gemeinde rapide durch Gottes mächtige Hand.“

Wir respektieren den Mut der Christen im Iran, die trotz Verfolgung mutig das Evangelium weitergeben. Woher kommt der Mut?

Viertens, wie Gott uns freimacht von Furcht

Die Antwort ist das Evangelium, das durch die Kraft des Heiligen Geistes in den Herzen der ersten Christen brannte. Die frohe Botschaft war zum einen, dass Jesus von den Toten auferstanden war. Wir finden zwei direkte Hinweise auf die Auferstehung im heutigen Text. In 4,33 lesen wir: „Und mit großer Kraft bezeugten die Apostel die Auferstehung des Herrn Jesus, und große Gnade war bei ihnen allen.“ Und vor dem Hohen Rat bekannten die Apostel: „Der Gott unserer Väter hat Jesus auferweckt. … Und wir sind Zeugen dieses Geschehens und mit uns der Heilige Geist, den Gott denen gegeben hat, die ihm gehorchen.“

Die Auferstehung Jesu ist zum einen die Botschaft, dass die Macht des Todes gebrochen ist. Jede Angst, mit der wir konfrontiert sind, ist letzten Endes eine Angst vor dem Tod, ganz egal ob es Versagensängste sind vor Prüfungen, vor wichtigen Abgaben; oder Sorgen um das Geld; oder Angst davor, in dieser Welt nicht auf seine Kosten zu kommen. Alle diese Ängste haben ihren Ursprung in unserer Angst vor dem Tod, weil der Tod das ultimativ Schlimmste ist, was uns in dieser Welt passieren kann und alle anderen schlimme Dinge ein Schatten des Todes sind. Die Jünger Jesu waren völlig frei davon, weil Jesus auferstanden war. Anders gesagt, das Schlimmste, was man Jesus antun konnte und was man Jesus angetan hat, führte zur Auferstehung Jesu. Das Schlimmste, was man uns antun kann, führt zu unserer größten Verherrlichung, unserer Auferstehung.

Zum anderen ist die Auferstehung Jesu der Beweis, dass Gottes Reich bereits gekommen ist und noch weiter kommen wird. Das bedeutet, dass Gott eines Tages diese Schöpfung völlig neu machen wird. Es bedeutet, dass Gott alles das, was in dieser Welt kaputt und zerbrochen ist, wiederherstellen und reparieren und in Ordnung bringen wird. Die ersten Christen glaubten daran von ganzem Herzen, und sie arbeiteten gemeinsam an diesem Projekt, durch die Predigt des Evangeliums, durch Werke der Nächstenliebe, durch Opfer, durch Großzügigkeit, in Freude und in Tränen mitzuwirken, dass der Himmel herabkommt auf Erden. Wer an die Auferstehung glaubt, der weiß, dass das Beste immer vor uns liegt. Und das ist unglaublich befreiend. Das war das eine, was die ersten Christen völlig freimachte von Angst und Furcht.

Aber es gibt noch einen anderen Aspekt im Evangelium, der uns von Furcht freimacht. Unser Text sagt, dass die Jünger nicht auf sich selbst schauten. Sondern sie schauten auf Jesus. Wer ist dieser Jesus? In 5,31 sagt Petrus, dass Jesus der Fürst ist, der uns die Vergebung der Sünde schenkt. Das griechische Wort für Fürst ist archegos. Dieses Wort kommt im NT nur viermal vor, zweimal in der Apostelgeschichte und zweimal im Hebräerbrief. Und in allen vier Stellen hat es etwas mit dem Opfer zu tun, das Jesus gebracht hat, damit wir von den Sünden befreit werden können. Archegos bedeutet oberster Anführer; jemand, der durch sein Beispiel vorangeht; ein Pionier und Held.

In der Person Jesu sehen wir den wahren Held. Wir sehen einen Held, der so ist, wie wir alle sein sollten. Jesus stand zu allen seinen Prinzipien. Jesus war immer wahrhaftig und treu. Jesus war allezeit Gott gehorsam. Jesus war zu jederzeit liebend, zu jederzeit mit Freude an Gott erfüllt, zu jederzeit hingebend. Aber Jesus der Held aller Helden hatte ebenfalls Furcht. Wir sehen Jesus im Garten Gethsemane, wie er von Furcht überwältigt war. Er sagte seinen Jüngern: „Meine Seele ist betrübt in den Tod.“ Und nachdem er das gesagt hatte, kämpfte Jesus so heftig im Gebet, dass sein Schweiß wie Blut wurde. C.S. Lewis sagte, dass niemand den Schrecken des Todes so sehr fürchten konnte, weil niemand ein solch wahres Leben geführt hat wie Jesus. Warum ging Jesus durch diesen Todeskampf? Und wie konnte Jesus seine Furcht überwinden?

In Hebräer 12,2 finden wir eine weitere Stelle, die Jesus als archegos bezeichnet. Jesus ist der Anfänger und Vollender des Glaubens, der um der vor ihm liegenden Freude das Kreuz erduldete. Jesus überwand seine Furcht, in dem er auf uns schaute. Jesus überwand seine Furcht, weil er verstand, dass es der einzige Weg ist, wie wir gerettet werden könnten. Mit anderen Worten, Jesus überwand seine Furcht aus vollkommener Liebe zu uns und aus unendlicher Freude an uns.

In 1. Johannes 4,18 lesen wir: „Furcht ist nicht in der Liebe, sondern die vollkommene Liebe treibt die Furcht aus; denn die Furcht rechnet mit Strafe. Wer sich aber fürchtet, der ist nicht vollkommen in der Liebe.“ Furcht rechnet mit Strafe. Am Kreuz sehen wir, dass Jesus unsere Strafe auf sich nahm. Wir werden nicht mehr gerichtet, weil Jesus an unserer Stelle gerichtet wurde. Wenn wir verstehen, wie sehr Jesus uns geliebt hat, wenn wir seine Liebe zu uns spüren und in dieser Liebe zunehmen, dann weicht alle Furcht aus unserem Leben.

Die vollkommene Liebe Jesu treibt die Furcht aus. Und Gottesfurcht kommt.

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