Download [ODT] [PDF] Bibeltext
Christen in einer nichtchristlichen Welt
„Deshalb ermahne ich euch: Nehmt Nahrung zu euch; das ist gut für eure Rettung. Denn keinem von euch wird auch nur ein Haar von seinem Kopf verloren gehen.“
(Apostelgeschichte 34 [EÜ])
Der Text, den wir heute betrachten, ist einer der Texte, der mich nicht loslässt. Ich hatte vor acht Jahren schon darüber gesprochen. Es geht hier um Paulus‘ Seefahrt nach Rom. Apostelgeschichte 27 liest sich dabei wie ein spannender Abenteuerbericht. Er ist voller Drama. Aber das ist nicht der Fokus von unserer Betrachtung. Was wir ebenfalls im Text sehen ist ein Mann an Bord, der mit seinen engsten Begleitern (Lukas gehörte vermutlich dazu) ein Christ war. Die anderen Reisenden waren Nichtchristen. Und wir finden hier ein Beispiel dafür, wie Christen ihre Umgebung auf profunde und tiefgehende Weise beeinflussen und verändern können. Nicht nur das, durch die Gegenwart von Paulus werden alle in seiner Umgebung gesegnet.
Drei Dinge wollen wir besonders betrachten: zum einen, die Gesellschaft, in welcher Paulus hineingeworfen wurde; als zweites, die Gelegenheiten, die sich ihm auftaten und die er nutzte; als drittes, die Konsequenzen dessen.
1. Die Gesellschaft
Vers 37 erwähnt, dass insgesamt 276 Menschen an Bord waren. Das war keine kleine Mannschaft. Das Schiff muss eine gewisse Größe gehabt haben. Wir finden weitere Hinweise darauf, wer diese Menschen waren. Vers 6 erwähnt, dass der Hauptmann ein alexandrinisches Schiff fand, das nach Italien fuhr. Es handelte sich hier um ein ägyptisches Schiff, eines von vielen Schiffen, das Getreide nach Rom transportierte. Wie wir uns vorstellen können, war das für die Römer ziemlich wichtig. Deshalb wurden solche Schiffe auch sehr privilegiert behandelt.
Was für Leute waren dann an Bord? Vers 11 erwähnt, dass es neben dem Hauptmann noch den Steuermann und den Kapitän gab. Luther und Elberfelder übersetzen Kapitän mit „Schiffsherr“, was vermutlich präziser ist. Der Steuermann war dem Schiffsherrn unterstellt. Außerdem gab es an Bord die Matrosen und die Soldaten, die dem römischen Hauptmann unterstellt waren. Schließlich gab es noch die Gefangenen. Was wir hier sehen ist ein kleiner Mikrokosmos einer ganzen Gesellschaft. An der Spitze sind die Mächtigen (der Hauptmann) und die Reichen (der Schiffsherr) und die Einflussreichen (der Steuermann). Weit darunter gab es die Mittelschicht bestehen aus Militär und Matrosen. Sie machten die Mehrheit der Schiffsbesatzung aus. Und noch einmal weit darunter waren die Gefangenen. Einer von diesen Gefangenen war nun eben Paulus.
Was uns zu denken geben sollte, ist die Tatsache, dass Paulus sich diese Mitmenschen nicht ausgesucht hatte. Als römischer Bürger, der zwar gefangen war, aber noch nicht verurteilt war, hatte Paulus das Glück, dass der Hauptmann ihm gegenüber wohl gesonnen war. Nichtsdestotrotz hatte Paulus als Gefangener Roms erst einmal gar nichts zu melden. Ob er wollte oder nicht, diese mehr als 270 Menschen waren für die nächsten Wochen und Monate seine Reisegefährten. Es waren seine Mitmenschen, mit denen er erst einmal auskommen musste.
Bildlich gesprochen gilt das auch für uns: Wir sitzen immer mit anderen Menschen im Boot. Wir mögen denken, dass wir uns doch relativ sorgfältig aussuchen, mit wem wir abhängen. Und zu einem gewissen Grad stimmt das auch. Aber gleichzeitig gibt es viele Gemeinschaften, die wir uns nicht ausgesucht haben. Wir haben ein Wort dafür. Wir nennen das „Zwangsgemeinschaft.“
Der Berliner Schriftsteller Peter Glaser schrieb einmal: „Wäre man nicht, als Mitglied der menschlichen Gemeinschaft, ständig aufs Neue zur Teilnahme an Zwangsgemeinschaften, nun ja: gezwungen. Sie nennen es Zivilisation. Erst wird der Mensch gefangen gehalten von älteren, stärkeren Exemplaren seiner Gattung und an der Ausübung seines freien Willens gehindert, indem er um acht ins Bett muss. Großen Geistern wie Bernard Shaw oder Mark Twain wird ein weises Wort zugeschrieben, das in etwa lautet: Mein Bildungsweg wurde vorübergehend durch meine Schulzeit unterbrochen. Zuvor bereits wird der Menschenlehrling ja schon im Kindergarten und Vorschule mit Seinesgleichen zusammengepfercht, ob er nun will oder nicht. Das Programm setzt sich nahtlos fort in Kasernen, Hörsälen und an Arbeitsplätzen. … Wird dann der Wunsch etwa nach einer Eigentumswohnung unbezähmbar, findet der Wünschende sich unversehens wieder in einer Eigentümergemeinschaft, wo man sich wie in den meisten Zwangsgemeinschaften, erstmal freundlich begrüßt, um den Rest der Zeit uneins und zerstritten zu verbringen. So lernt der Mensch, dass er nicht allein auf der Welt ist.“
Unser Leben fing schon damit an, dass wir uns nicht aussuchen konnten, in welche Familie wir hineingeboren wurden. Wir hatten keine Kontrolle darüber, in welchem Land, in welcher Kultur, zu welcher Zeit wir als Kinder heranwachsen durften. Wir sind nicht allein auf der Welt. Und ganz egal wo wir waren, wir wurden immer mit anderen Menschen in Gruppen zusammengewürfelt, die wir uns nicht ausgesucht haben.
Und das ist der Punkt. Wir haben es uns nicht ausgesucht. Aber vielleicht hat es Gott so gewollt. Vielleicht wollte Gott auf diese Weise erreichen, dass seine Kinder mit möglichst vielen Menschen in Kontakt kommen, die nicht, oder noch nicht, zu seinen Kindern gehören. Die Tatsache, dass wir uns unsere Mitmenschen nicht aussuchen konnten, heißt nicht, dass wir keine Berufung für sie hätten. Das bringt uns zum zweiten Punkt.
2. Die Gelegenheiten
Der Text beschreibt insgesamt vier Interaktionen zwischen Paulus und Mitgliedern der Schiffsbesatzung. In Vers 9 tritt Paulus in Erscheinung: „Männer, ich sehe, die Fahrt wird mit Gefahr und großem Schaden verbunden sein, nicht nur für die Ladung und das Schiff, sondern auch für unser Leben.“ Wir finden hier eine Zeitangabe: Die Fastenzeit war vorüber. Viele gehen davon aus, dass Paulus im Jahr 59 nach Christus nach Rom segelte. In diesem Jahr war die Fastenzeit Anfang Oktober vorbei. Der römische Schreiber Vegetius hatte berichtet, dass die Schifffahrt nach dem 15. September gefährlich wurde und vom 11. November bis zum 10. März fast vollständig unterbrochen wurde. Paulus war ein mit sprichwörtlich allen Wassern gewaschener, erfahrener Vielreisender. Seine Warnung kam sicherlich aus seiner Erfahrung. Und gleichzeitig machte er sehr spezifische Vorhersagen, die geradezu prophetisch waren. Der Hauptmann, der Kapitän und der Steuermann entscheiden sich, nicht auf Paulus zu hören.
Die zweite Interaktion ist in den Versen 21 und folgende. Zu diesem Zeitpunkt war bereits ein gewaltiger Sturm ausgebrochen, die Mannschaft hatte die Schiffsausrüstung bereits über Bord geworfen, viele Tage waren ohne Aussicht auf Besserung vergangen, die Besatzung war mürbe und hatte jegliche Hoffnung aufgegeben. Inmitten dessen spricht Paulus: „Männer, man hätte auf mich hören und von Kreta nicht abfahren sollen, dann wären uns diese Gefahr und dieses Ungemach erspart geblieben.“ Das war Salz auf die Wunden. Aber das war nicht alles, was er sagte. „Doch jetzt ermahne ich euch: Verliert nicht den Mut! Niemand von euch wird sein Leben verlieren, nur das Schiff wird untergehen. Denn in dieser Nacht ist ein Engel des Gottes, dem ich gehöre und dem ich diene, zu mir gekommen und hat gesagt: Fürchte dich nicht, Paulus! Du musst vor den Kaiser treten. Und siehe, Gott hat dir alle geschenkt, die mit dir fahren. Habt also Mut, Männer! Denn ich vertraue Gott, dass es so kommen wird, wie mir gesagt worden ist. Wir müssen allerdings an einer Insel stranden.“ Inmitten einer Lage, in der alle Hoffnung verloren scheint, in denen sich alle bereits aufgegeben haben, spricht Paulus allen neuen Mut zu. Ist das nicht großartig?
Die dritte Interaktion findet statt, als Paulus bemerkt, wie die Matrosen versuchen, sich heimlich aus dem Staub zu machen. Sie wollten sprichwörtlich das sinkende Schiff verlassen, bevor es zu spät war. Paulus ist geistesgegenwärtig und teilt dem Hauptmann und den Soldaten mit: „Wenn sie nicht auf dem Schiff bleiben, könnt ihr nicht gerettet werden.“ Der Fluchtversuch wird vereitelt.
Der vierte große Auftritt von Paulus ist in den Versen 33 und folgende: „Als es nun Tag werden wollte, ermahnte Paulus alle, etwas zu essen, und sagte: Heute ist schon der vierzehnte Tag, dass ihr ausharrt, ohne auch nur die geringste Nahrung zu euch zu nehmen. Deshalb ermahne ich euch: Nehmt Nahrung zu euch; das ist gut für eure Rettung. Denn keinem von euch wird auch nur ein Haar von seinem Kopf verloren gehen.“ Wieder ermutigt Paulus die ganze Mannschaft des Schiffes. Paulus wiederholt Gottes Verheißung, dass alle Menschen das Schiffsunglück überleben würden. Er spricht ihnen Mut und Hoffnung zu. Es bleibt aber nicht nur bei Worten. Vers 35: „Nach diesen Worten nahm er Brot, dankte Gott vor den Augen aller, brach es und begann zu essen.“ Diese Worte „nahm das Brot“, „dankte Gott“, „brach es“ erinnert ganz stark an verschiedene Stellen in den Evangelien. Als Jesus 5.000 Menschen mit fünf Broten und zwei Fischen speiste, heißt es in Lukas 9,16: „Jesus aber nahm die fünf Brote und die zwei Fische, blickte zum Himmel auf, sprach den Lobpreis und brach sie.“ Nachdem Jesus von den Toten auferstanden war, begegnete er zwei Jüngern, die auf dem Weg nach Hause waren. Die Männer laden Jesus zu sich nach Hause ein, ohne zu wissen, wen sie nach Hause einluden. Und wir lesen dann in Lukas 24,30: „Und es geschah, als er mit ihnen bei Tisch war, nahm er das Brot, sprach den Lobpreis, brach es und gab es ihnen.“ Und alle diese Erwähnungen sind wie Planeten, die um einen Fixstern kreisen. Und dieser Stern ist das Abendmahl, das letzte Mahl, das Jesus mit seinen Jüngern hatte, bevor er verhaftet und unschuldig hingerichtet wurde. Lukas 22,19: „Und er nahm das Brot, sprach das Dankgebet, brach es und reichte es ihnen mit den Worten: Das ist mein Leib, der für euch hingegeben wird. Tut dies zu meinem Gedächtnis.“
Es würde vermutlich ein wenig zu weit gehen, wenn man an dieser Stelle sagen würde, dass Paulus mit der Schiffsbesatzung das Abendmahl gefeiert hätte. Und doch würde ich behaupten, dass das, was Paulus hier tut, gar nicht so weit entfernt davon ist. Anders gesagt, das Brot, das Paulus nimmt, für das Paulus dankt, das er bricht, geschieht im Geiste dessen, was Jesus für uns getan hat. Nur das Brot, das gebrochen wird, kann Menschen satt machen. Jesus ist das Brot, das für uns gebrochen wurde. Jesus ist derjenige, der uns wahrhaft satt macht. Jesus ist derjenige, der uns rettet. Rettung ist der springende Punkt hier. Paulus sagt: „Deshalb ermahne ich euch: Nehmt Nahrung zu euch; das ist gut für eure Rettung.“
Das griechische Wort, was hier für Rettung verwendet wird, ist das Wort soteria. Es ist das gleiche Wort, das verwendet wird, wenn die Bibel davon spricht, dass Jesus uns rettet. Wenn Christen von Rettung sprechen, dann in der Regel im Kontext von Sünde und Tod. Jesus rettet uns von allem, was wir verbrochen haben und der natürlichen Konsequenz dessen, dem Tod. Das ist Rettung mit einem großen „R“. Hier im Text werden mehr als 270 Menschen davor gerettet, im Mittelmeer zu ertrinken. Wenn man so will, könnte man sagen, dass das Rettung mit einem kleinen „r“ ist. Ich würde behaupten, dass diese Unterscheidung nicht so hilfreich ist. Gottes Business, Gottes Interesse, Gottes Leidenschaft ist es, uns zu retten und zwar Rettung in jeglicher Hinsicht: Rettung von Krankheit, Rettung von Sinnlosigkeit, Rettung von Hoffnungslosigkeit, Rettung in allen Nöten, und ja, auch die Rettung von dem absoluten Übel, Sünde und Tod. Gottes Eifer für Rettung ist so groß, dass es in Jesu Name reflektiert wird. Der Name Jesus bedeutet „Gott rettet.“
Paulus, der 24/7 im Dienst Jesu stand, hatte immer und zu jeder Zeit dieser Mission gedient: „Was kann ich heute tun, um Menschen zu retten?“ Und das, was er tut, muss nicht heroisch sein. Es kann einfach ein Wort der Ermutigung und der Hoffnung sein. Es kann einfach sein, dass man das tut und das sagt, was der Gemeinschaft dient. Es kann so etwas Einfaches sein, wie Brot zu nehmen, Gott dafür zu danken, es zu brechen und davon zu essen und mit anderen zu teilen.
Was können wir davon mitnehmen? Zwei Anwendungen wollen wir ganz kurz behandeln. Die erste Anwendung ist: Du bist berufen, bei der Rettung von Menschen zu helfen. Wir haben gesagt, dass es Gottes Business ist, Menschen zu retten. Wenn du diesem Gott angehörst, wenn du ein Kind von diesem Gott bist, dann ist es unweigerlich deine Aufgabe, andere Menschen zu retten, bzw., diesem Ziel zu dienen. D. h., in den Gemeinschaften, in die Gott uns hineingestellt (oder vielleicht auch hineingeworfen hat), ist es unsere Aufgabe, für die Rettung dieser Gemeinschaft zu beten und gebraucht zu werden. Wir alle haben unterschiedliche Nachbarschaften, unterschiedliche Freundeskreise, unterschiedliche Kollegen, unterschiedliche Kommilitonen oder Schulfreunde. Stell dir diese Frage: Wenn du an die Mitmenschen denkst, die du hast, wie viele christliche Bekannte und Freunde fallen dir ein, die sie außer dir haben? Vielleicht bist du der einzige oder einer der ganz wenigen Christen in deren Leben. D. h., wenn du nicht für deine Kollegen betest, besteht die Wahrscheinlichkeit, dass es niemanden gibt, der für sie beten könnte. Jeder von uns hat ein einzigartiges Missionsfeld. Jeder von uns hat einen einzigartigen Kreis von Menschen, in denen wir als Kinder Gottes stehen. Und die Frage, die sich daher stellt, ist: Was tun wir in den Gemeinschaften, die wir haben? Und was tun wir für diese Gemeinschaften?
Die zweite Anwendung ist: Du wirst ein Zeuge Jesu sein, wenn du dein Licht nicht unter einen Scheffel stellst. Vielleicht denken wir folgendes: „Wenn wir das Leben von Paulus betrachten, dann muss man einfach feststellen, dass das Licht, das Paulus ausgestrahlt hat, von einer ganz anderen Qualität war, wie unser Licht. Paulus‘ Licht war wie das Flutlicht eines Fußballstadions. Unser Licht hingegen ist wie das einer traurigen Glühbirne, die zu wenig Strom abbekommt.“ So fühle ich mich zumindest. Wie können wir ein Zeugnis in dieser Welt sein? George Koch hatte eine Illustration verwendet, die ich sehr hilfreich fand. An einem schönen Sommerabend hatte er Glühwürmchen beobachtet. Ihm ist dann bewusst geworden, dass das Licht, dass diese kleinen Viecher ausstrahlen, wirklich schwach und mickrig klein ist. Und trotzdem kann man das Leuchten sehen, weil sie von Finsternis umgeben sind. Es geht nicht primär darum, wie stark unser Leuchten ist. Wenn wir unser Leuchten nicht aktiv verbergen, dann wird unser Licht gesehen werden, weil um uns herum Finsternis ist.
Ein paar konkrete Beispiele: Du hast vielleicht ganz neu irgendwo angefangen. Deine neuen Kollegen oder neuen Mitschüler oder neuen Kommilitonen können gleich in der allerersten Woche herausfinden, dass du ein Christ bist, nicht einfach dem Namen nach, sondern jemand, der wirklich Jesus nachfolgt. Sie können das herausfinden, ohne dass du es ihnen unter die Nase reiben musst. Es reicht bereits, dass wenn man beim Smalltalk über das vergangene Wochenende spricht und dabei nicht verheimlicht, dass man am Sonntag den Gottesdienst besucht hatte. Wie außergewöhnlich! Oder es reicht bereits, wenn sie sehen, dass du vor dem Mittagessen betest. Sieht man nicht alle Tage. Oder dass du dich nicht daran beteiligst, wenn alle über einen Kollegen lästern. Was ist denn mit dir los? In den Gemeinschaften, in welche wir eingebettet sind, tun sich dann später häufig viele Gelegenheiten auf, in welchen man mehr von Jesus erzählen kann, ohne dass es erzwungen ist.
3. Die Konsequenz
Ich finde es wunderbar, wie der Text heute endet. Der Jahrhundertsturm war endlich vorbeigezogen, das Boot war eine notdürftig schwimmende Bruchbude, die Flucht der Matrosen war gerade vereitelt worden. Und dann bohrt sich das Schiff in eine Sandbank fest und das Schiff beginnt endgültig zu zerbrechen. Vers 42 erwähnt, dass die Soldaten die Gefangenen umbringen wollten, einfach nur um sicher zu sein, dass niemand auf die Idee kommt, zu fliehen. Der Hauptmann muss sie daran hindern. Er gibt die Order, dass alle an Land schwimmen sollten, die Schwimmer mit Silberabzeichen zuerst. Die anderen sollten Schiffstrümmer als Schwimmhilfen verwenden. Wir lesen in Vers 44 das Resultat: „So kam es, dass alle ans Land gerettet wurden.“ (Wieder wird für das Wort „gerettet“ das griechische Wort soteria benutzt). Am Ende wurde alles gut.
Was uns hier in diesem Text auffällt, ist Paulus Zuversicht. Als alle Menschen an Bord die Hoffnung in solchem Maße verloren hatten, dass sie noch nicht einmal mehr essen wollten, war es Paulus, der sie aufbaute: „Verliert nicht den Mut! Niemand von euch wird sein Leben verlieren, nur das Schiff wird untergehen.“ Woher kam sein Mut? Woher kam seine unglaubliche Sicherheit? Woher kam sein Friede? Woher kam die Überzeugung, dass am Ende alles gut werden wird?
Fakt ist, dass wir alle früher oder später den einen oder anderen Sturm im Leben haben werden. Wir alle werden Anfechtungen und Probleme haben. Und vielleicht sind wir schon mittendrin. Und auf jeden von uns wartet noch der große Sturm, der uns alles nehmen will, was wir haben und vor allem, der das zerstört, wer wir sind, unsere Identität, unser Sein und unser Leben. Im Umkehrschluss zu Paulus‘ Geschichte: Wo finden wir unseren Mut, unsere Sicherheit, unsren Frieden?
Was wir verstehen müssen, ist, dass diese stürmische Seefahrt längst nicht die einzige Erzählung dieser Art in der Bibel ist. Im Buch Jona geht es um den gleichnamigen Propheten, der keiner sein will, und versucht vor Gott zu fliehen. Das Boot auf dem er unterwegs ist, gerät in einen furchtbaren Sturm. Als sich herausstellt, dass Jona für den Sturm eine gewisse Mitverantwortung trägt, fragen die Männer ihn: „Was sollen wir mit dir machen, damit sich das Meer beruhigt und uns verschont?“ Jonas Antwort: „Nehmt mich und werft mich ins Meer, damit das Meer sich beruhigt und euch verschont! Denn ich weiß, dass dieser gewaltige Sturm durch meine Schuld über euch gekommen ist.“ Das wollen die Männer nicht, bzw. noch nicht. Sie versuchen es noch einmal mit eigener Kraft, aber der Sturm wird immer schlimmer. Schließlich wird Jona doch über Bord geworfen. Und plötzlich tritt Stille ein: Das Meer ist sofort ruhig, der Sturm ist verschwunden.
Diese Geschichte von Jona wiederum ist ein Hinweis auf den einen wahren Propheten, auf Jesus. Jona wurde gerettet und überlebte das Unglück unversehrt. Aber als Jesus dem absoluten Sturm ausgesetzt wurde, blieb ihm nichts erspart. Jesus wurde in das tobende Meer geworfen, das finstere Meer der ganzen Bosheit und des ganzen Elends der gesamten Menschheit. Jona, Paulus, ihre jeweiligen Mitreisenden wurden alle gerettet. Aber Jesus wurde nicht gerettet. Das ganze Unglück, das ganze Unheil traf auf ihn, als Jesus am Kreuz für unsere Schuld und für unsere Sünde starb.
Wenn du an diesen Jesus glaubst, dann ist es die logische Konsequenz dessen, dass es für dich keinen Sturm mehr gibt, der dich zunichtemachen könnte. So unangenehm und so beängstigend die Stürme auch sein mögen, es gibt nichts, was uns von Gottes Liebe und Fürsorge trennen könnte. Um es mit den Worten von Tim Keller zu sagen: Jeder Sturm, den wir hier erleben, ist ein Wind, der uns enger in die Arme Gottes treibt. Paulus hatte davon gesprochen, dass der Engel Gottes bei ihm war. Gott ist mit uns in jedem Sturm. Gott ist an unserer Seite bei jedem Unglück.
Wenn wir diese Überzeugung haben, und nur wenn wir diese Überzeugung haben, können wir ein Licht in dieser finsteren Welt sein. Und Gott kann und Gott wird uns zur Rettung von vielen Menschen gebrauchen.