Predigt: Apostelgeschichte 13,16-43

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Gottes eingelöstes Versprechen

„So verkünden wir euch das Evangelium: Gott hat die Verheißung, die an die Väter ergangen ist, an uns, ihren Kindern, erfüllt, indem er Jesus auferweckt hat, wie es im zweiten Psalm heißt: Mein Sohn bist du, heute habe ich dich gezeugt.“

(Apostelgeschichte 13,32.33)

Wir haben gesagt, dass die Apostelgeschichte darüber berichtet, wie Gott durch die christliche Gemeinde seine Versprechen an Israel erfüllt. Je mehr ich dieses Buch lese und studiere (und daraus predige), desto mehr komme ich zu dem Schluss, dass diese Hypothese wirklich bestätigt wird. Das gilt auch für den heutigen Text. Bevor wir darauf zu sprechen kommen, wollen wir uns kurz den geschichtlichen Kontext anschauen. Paulus und Barnabas befinden sich mitten auf ihrer ersten Missionsreise. Das kleine Reiseteam kommt in eine Stadt, die Antiochia heißt, genau wie die Stadt aus der sie ursprünglich ausgesandt wurden. Das Antiochia im heutigen Text ist in Pisidien, was sich ziemlich in der Mitte der heutigen Türkei befindet. Heute ist die Stadt praktisch nur noch für Touristen interessant, falls sie Interesse an römischer und christlicher Geschichte haben. Damals war Antiochia aber eine relativ wichtige Stadt im römischen Reich. Viele altgediente Legionäre hatten sich dort niedergelassen. Die Römer investierten in einige große Bauprojekte dort. Die Ruinen sind heute Zeugen dessen.
Paulus predigte in der Synagoge in dieser Stadt. Es ist die erste Rede oder Predigt, die uns von Paulus überliefert ist. Durch seine Predigt können wir drei Dinge mitnehmen. Zum einen, Gott machte Versprechen; als zweites, in Jesus Christus erfüllt Gott die Versprechen; als drittes, diesen Jesus brauchen wir mehr als alles andere im Leben.

1. Gott machte Versprechen
In Vers 16 beginnt Paulus seine Predigt mit den Worten: „Ihr Israeliten und ihr Gottesfürchtigen, hört!“ Paulus beginnt mit einem Abriss über die Geschichte Israels. Gott hatte das Volk erwählt und aus Ägypten herausgeführt. Er führte sie durch die Wüste und gab ihnen das Land Kanaan. Er gab ihnen Richter, einschließlich Samuel. In Vers 21 kommt der erste wichtige Wendepunkt. Israel bekommt seinen ersten König Saul, der das Volk 40 Jahre lang regiert.
Nach Saul folgt David: „Nachdem er ihn verworfen hatte, erhob er David zu ihrem König, von dem er bezeugte: Ich habe David, den Sohn des Isai, als einen Mann nach meinem Herzen gefunden, der alles, was ich will, vollbringen wird.“ Alle Israeliten waren sich einig, dass David der beste König war, den sie in ihrer Geschichte hatten. Unter seiner Herrschaft entstand aus Israel ein Großreich. Er schaffe es, alle Stämme unter sich zu einen. Und doch können wir uns ehrlich die Frage stellen: Hat Gott durch ihn wirklich alles vollbracht, was er wollte?
Paulus antwortet auf diese Frage später in seiner Predigt: „Darum sagte er auch an einer anderen Stelle: Du lässt deinen Heiligen nicht die Verwesung schauen. David aber ist, nachdem er seinen Zeitgenossen gedient hatte, nach Gottes Willen entschlafen und mit seinen Vätern vereint worden. Er hat die Verwesung gesehen.“ Gott hat nicht alles erfüllt, was er auf dem Herzen hatte. Längst nicht. David war ein König für seine Zeit, und er ist danach gestorben. Anders gesagt, Gott machte an David und durch David Versprechen und Verheißungen. Aber diese Verheißungen sollten sich zu einer anderen Zeit, später, durch eine andere Person erfüllen.
Wenn wir die Predigt von Paulus überfliegen, fällt uns auf, wie oft von Verheißungen die Rede ist. In Vers 23 heißt es: „Aus seinem Geschlecht hat Gott dem Volk Israel, der Verheißung gemäß, Jesus als Retter geschickt“. Vers 32: „Gott hat die Verheißung, die an die Väter ergangen ist, an uns, ihren Kindern erfüllt.“ Vers 34 erwähnt eine Zusage an David. An den Stellen, in denen der Text nicht explizit Verheißungen erwähnt, tut er es zumindest indirekt. Es ist von verschiedenen Prophezeiungen die Rede, wie zum Beispiel in Vers 29: „Als sie alles vollbracht hatten, was in der Schrift über ihn gesagt ist …“ Der Schlussteil von Paulus Predigt erwähnt eine Prophezeiung nach der anderen. Paulus spricht also von Gottes Versprechen, die er gemacht hatte.
Bevor wir fortfahren, wollen wir ganz kurz innehalten und darüber nachdenken, warum das für uns so relevant ist. Ob wir uns dessen bewusst sind oder nicht, basiert in unserem Leben vieles auf Versprechen. Und eines dieser Versprechen scheint zu sein, dass unsere Zukunft besser wird, als unsere Gegenwart. Das gibt uns Hoffnung. Wir hoffen die ganze Zeit. Als Schüler hoffen wir auf die Ferien; oder wir hoffen auf die Zeit, wenn es mit der Schule endlich vorbei ist, weil danach geht das Leben ja erst richtig los. Wenn wir krank sind oder wenn wir uns beim Sport eine richtig blöde Verletzung eingeholt haben, dann hoffen wir auf eine baldige Genesung, weil Gesundheit ja das ist, was man braucht, damit das Leben wieder richtig Fahrt aufnimmt. Als Singles hoffen wir auf den einen richtigen Partner, den Traumprinz oder die Traumfrau, weil wenn man glücklich unter Dach und Fach ist, geht das Leben ja erst so richtig los. Als Eltern freuen wir uns zwar an den Kindern, die wir haben (wenn auch nicht ständig, dann meistens oder auch vielleicht nur manchmal), aber gleichzeitig hoffen wir vielleicht auch auf eine Zeit, wenn die Kinder aus dem Haus sind, weil man endlich wieder seine Ruhe hat, weil dann geht das Leben ja erst richtig los. Wenn wir studieren, hoffen wir vielleicht auf die Zeit, wenn wir einen richtigen Job landen, bei dem wir endlich anfangen Geld zu verdienen, weil wir ja alle wissen, dass erst mit Geld das Leben so richtig losgeht. Wenn wir arbeiten, freuen wir uns vielleicht auf den Ruhestand … wobei, hier muss man sagen, dass ich einige Leute gesehen habe, die vor dem Ruhestand fast schon Angst hatten. Aber man könnte ja annehmen, dass mit der verdienten Rente, das Leben erst so richtig losgeht.
Ihr seht schon, es ist im Prinzip egal, in welcher Lage unseres Lebens wir uns befinden. Wir hoffen eigentlich immer darauf, dass es besser, schöner und angenehmer wird. Jetzt könnten wir uns natürlich fragen, worauf diese Hoffnungen beruhen? Irgendwie scheint ein nicht ausgesprochenes, nicht deutlich artikuliertes Versprechen da zu sein, dass die Zukunft, aus welchen Gründen auch immer, besser wird. Und ganz viele scheinen daran zu glauben. Aber Frage ist, ob an diesen Versprechen irgendetwas dran ist. Ist das Versprechen einer besseren Zukunft nur heiße Luft? Ist es vielleicht nur Wunschdenken? Wie schaut es mit der Realität aus?
In der Fernsehserie „How i met your mother“ gibt es einen rührenden Dialog zwischen dem Ehepaar Marshall und Lily. Lily ist eine studierte Künstlerin, die als Kindergärtnerin arbeitet. Eines Tages lernt sie einen reichen Kunstsammler kennen, der eine verächtliche Bemerkung macht, weil sie „nur“ eine Kindergärtnerin ist. Dieses Ereignis verletzt sie zutiefst. Als die Wahrheit ans Licht kommt, versucht Marshall sie zu trösten. Er sagt ihr folgendes: „Ich verspreche dir: Deine besten und schönsten Tage kommen erst noch.“ Lily antwortet darauf: „Ich liebe dich so sehr dafür, dass du das sagst. Aber es gibt einen Punkt im Leben, an dem das einfach nicht mehr wahr ist.“ Das ist eine bittere Aussage. Frage: Wann genau kommt dieser Punkt?
Zum Ende meiner Doktorarbeit stand fest, dass ich als Postdoc in die USA gehen würde, um dort weiter zu forschen. Ich hatte mich mit einem der Gruppenleiter in Hannover unterhalten. Er hatte gefragt, wie es mit mir weitergeht, und ich hatte ihm von den Plänen erzählt. Er schien beeindruckt. Danach sagte er zu mir: „Vergiss nicht. Danach geht es nur noch bergab.“ Ich war etwas irritiert und fragte: „Was meinst du mit bergab?“ Er sagte dann: „In jeder Hinsicht.“ Vielleicht ist das, was Lily sagt, die bittere Realität? Dass es wirklich einen Moment im Leben gibt, wenn unsere besten und schönsten Momente des Lebens bereits passiert sind? Und danach geht es nur noch bergab?
Bei Versprechen ist es abhängig, wer das Versprechen macht. Ist diese Person ver­trau­ens­wür­dig? Das bringt uns zum zweiten Teil.

2. In Jesus Christus erfüllt Gott alle seine Versprechen
Es ist offensichtlich, dass Jesus die Hauptperson in Paulus‘ Predigt ist. Paulus demonstriert, wie sich in Jesus alle Verheißungen erfüllen. Das, was uns hier verwundert, ist die Tatsache, welche Aspekte Paulus in Jesu Leben betont. Er erwähnt, dass Johannes der Täufer, der Vorläufer von Jesus war. Johannes war vielen Zeitgenossen von Paulus noch ein Begriff. Paulus macht sehr deutlich, dass Johannes trotz seines gigantischen Einflusses nur der Wegbereiter war und dass Johannes selbst bezeugte, dass Jesus unendlich viel wichtiger und größer als er selbst ist.
Danach erwähnt Paulus nichts aus Jesu Leben. Stattdessen zeigt Paulus, dass Jesus unschuldig umgebracht wurde. Aber der Tod Jesu war kein tragischer Justizirrtum; es war kein Unfall. Der Mord an Jesus erfüllte das, was die Schrift über ihn prophezeit hatte. Nachdem Jesus gestorben war, wurde er vom Holz herabgenommen. Jesus wurde ins Grab gelegt.
Der Hauptteil von Paulus folgt erst noch. Den längsten Teil seiner Rede verbringt Paulus damit, die Auferstehung von Jesus zu predigen. Paulus predigt die Auferstehung unter mindestens zwei Aspekten: als eine historische Tatsache und als eine Erfüllung der Versprechen Gottes.
Den ersten Aspekt sehen wir in den Versen 30 und 31: „Gott aber hat ihn von den Toten auferweckt und er ist viele Tage hindurch denen erschienen, die mit ihm zusammen von Galiläa nach Jerusalem hinaufgezogen waren und die jetzt vor dem Volk seine Zeugen sind.“ In unserer Gesellschaft hätte kaum jemand ein Problem damit, wenn wir sagen würden, dass die Auferstehung ein schönes Bild dafür ist, dass das Leben weitergeht; ein Bild dafür, dass nach der Nacht ein neuer Tag beginnt oder dass nach dem Winter der Frühling kommt. Aber das war überhaupt nicht die Art und Weise, wie die frühen Christen die Auferstehung verstanden haben. Paulus sagt, dass Jesus seinen Anhängern viele Tage hindurch erschienen ist. D.h., es war nicht einfach nur eine Halluzination einer vereinzelten Person. Ganz viele hatten über einen signifikant langen Zeitraum immer wieder gesehen, dass Jesus lebt. D.h., die Auferstehung Jesu ist nicht einfach ein Mythos oder das Happyend eines Märchens oder eine rein symbolisch zu verstehende Geschichte. Paulus bezeugt es als ein historisches Ereignis.
Der andere Aspekt ist die theologische Bedeutung der historischen Tatsache, dass Jesus auferstanden ist. Weil Jesus lebt, ist er derjenige, der eingesetzt ist, als der Sohn Gottes. Und Jesu Auferstehung hat nicht nur Bedeutung für ihn selbst. Es hat auch Konsequenzen für uns. In Vers 34 heißt es: „Dass er ihn aber von den Toten auferweckt hat, um ihn nicht mehr zur Verwesung zurückkehren zu lassen, hat er so ausgedrückt: Ich will euch die Heilsgaben gewähren, die ich David fest zugesagt habe.“ In der Neuen Genferübersetzung heißt es: „Ich werde euch die heiligen und unvergänglichen Gaben schenken, die ich David versprochen habe.“ Wir werden durch die Auferstehung Jesu beschenkt.
Was heißt das genau? Jesus ist der wahre König David; derjenige, auf den David vor hunderten von Jahren hingewiesen hatte. Als Messias repräsentiert Jesus ein ganzes Volk, das Volk Israel. Alle, die in Jesus zu diesem Israel gehören, erfahren durch Jesus den ganzen Segen Gottes: Weil er auferstanden ist, werden auch wir auferstehen; weil er lebt, werden auch wir leben; weil seine Auferstehung Teil von Gottes neuer Schöpfung und Gottes neuer Welt ist, werden wir erleben, wie Gott eines Tages alles neu und alles gut machen wird und diese ganze Welt wiederherstellen wird.
Jahre später würde Paulus an die Korinther schreiben: „Denn Gottes Sohn Jesus Christus, der euch durch uns verkündet wurde – durch mich, Silvanus und Timotheus -, ist nicht als Ja und Nein zugleich gekommen; in ihm ist das Ja verwirklicht. Denn er ist das Ja zu allem, was Gott verheißen hat.“ In Jesus Christus erfüllen sich alle göttlichen Zusagen.

3. Wir brauchen Jesus mehr als alles andere in diesem Leben
Es gibt mindestens zwei Gründe, warum Jesus alles ist, was wir in diesem Leben brauchen. Jesus bietet uns Rechtfertigung, und Jesus macht unser Leben erst lebenswert. In den Versen 38 und 39 sagt Paulus: „Ihr sollt also wissen, meine Brüder: Durch diesen wird euch die Vergebung der Sünden verkündet und in allem, worin euch das Gesetz des Mose nicht gerecht machen konnte, wird jeder, der glaubt, durch ihn gerecht gemacht.“ Hier verwendet Paulus einen Begriff, der vermutlich wie kein anderer mit ihm verbunden ist: Gerechtigkeit. Was bedeutet es, dass Gott uns gerecht macht? Es ist zum einen ein legaler Begriff und bezieht sich auf den Status, den wir bei Gott haben. Gott spricht uns zu, dass wir vor ihm perfekt sind. Wir werden gerecht, nicht aufgrund unserer Leistungen, unseres Gehorsams, unseren guten Taten. Wir werden gerecht aufgrund von dem, was Jesus für uns getan hat. Jesus hat für uns bezahlt.
Jemand hat das mit einem Rechnungsbeleg verglichen, auf dem mit einem roten Stempel groß „BEZAHLT“ gedruckt steht. Vor der Zeit meines Studiums hatte unsere Familie Geld geschenkt bekommen, um damit unseren ersten eigenen PC zu kaufen. Ich hatte den Rechner bezahlt und ging ihn später dann abholen. Beim Abholen rannte mir der Sicherheitsdienst vom Laden hinterher, weil er dachte, dass ich den PC am helllichten Tag geklaut hätte. Ich zeigte ihm die Rechnung: BEZAHLT.
Die Tatsache, dass wir vor Gott gerecht sind, sollte noch eine wichtige psychologische Konsequenz in uns haben. So viele von uns versuchen sich zu beweisen. Wir versuchen zu zeigen, dass wir einen einzigartigen, besonderen Wert haben, der uns ausmacht. Die Dinge in deinem Leben, für die du besondere Leidenschaft hast, warum machst du das? Warum machen wir Musik? Warum machen wir Sport? Warum reiben wir uns auf der Arbeit auf? Vielleicht, weil es eine Form von Validierung ist; weil wir jemand sein wollen; weil unser Selbstwert davon abhängig ist. Mit anderen Worten: Wir rechtfertigen uns selbst. Und das ist mühsam. Es macht uns zutiefst unglücklich.
Die Rechtfertigung Gottes bedeutet, dass er uns ansieht und in uns einen unendlichen Wert sieht. Er sieht uns an und sagt uns: „Du bist einzigartig, und du bist wunderbar. Ich habe mit meinem Leben für dein Leben bezahlt. Du bist unendlich kostbar.“ Die Rechtfertigung Gottes bedeutet, dass wir bei ihm unendlich geliebt sind. Der Herrscher des Universums liebt uns so wie wir sind. Wir tragen das Siegel Gottes, auf dem ganz groß „BEZAHLT“ und „unendlich kostbar“ steht. Das gibt uns eine Würde wie nichts anderes.
Als letztes, Jesus macht unser Leben erst lebenswert. Tim Keller hat in einer Predigt einmal gefragt: „Was ist es, was dein Leben wirklich lebenswert macht? Ist es deine Gesundheit? Teilweise. Ist es dein Wohlstand? Teilweise. Ist es dein Erfolg? Teilweise. Aber was wäre, wenn du das alles hast, aber keine Liebe? … Das, was dein Leben lebenswert macht, ist, dass du geliebt wirst und dass du andere liebst.“ Ich glaube, dass die meisten von uns mit dieser Aussage einverstanden sind.
Und dann sehen wir auch das Problem. Denn unser Leben ist so vergänglich. Wenn man mich fragen würde, was ich durch unsere vier Kinder gelernt habe, dann würde ich folgendes sagen: „Wie kurz und wie vergänglich die schönen Momente mit ihnen sind.“ D. h., auf der einen Seite macht Liebe unser Leben erst lebenswert, weil Liebe auf etwas hinweist, was über unser eigenes Leben hinausgeht; und gleichzeitig scheint auch Liebe so vergänglich zu sein, weil der Tod alles überschattet.
Eine Mutter hat es folgendermaßen ausgedrückt: „Es wird der Moment kommen, an dem dein Kind nach einem langen Tag auf deinem Arm einschläft und es wird das letzte Mal sein, dass du dein schlafendes Kind hältst. Irgendwann wirst du dein Kind wie selbstverständlich auf den Boden absetzen, nachdem du es wie jeden Tag auf der Hüfte sitzen hattest und du wirst es nie wieder auf dieselbe Art auf den Arm nehmen. Es kommt der Tag, an dem du das letzte Mal mit deinem Kind zusammen badest, weil es am nächsten Tag und ab dann für immer alleine baden möchte. Dein Kind hält deine Hand beim Überqueren der Straße und wird sie eines Tages auf der anderen Seite loslassen und nie wieder auf der Straße danach greifen. Die kleinen Füße auf dem Flur, wenn dein Kind nachts in eure Zimmer gelaufen kommt, wirst du eines Tages das letzte Mal hören, weil es ab dann lieber alleine im eigenen Zimmer schläft. Eines Abends wirst du das liebste Lied deines Kindes zum letzten Mal singen und das schon tausend Mal gelesene Lieblingsbuch zum letzten Mal schließen. Und irgendwann wird dein Kind das letzte Mal mit weit ausgebreiteten Armen auf dich zugerannt kommen. … Wenn es also mal wieder hart ist, denk an all die kleinen Dinge, all die selbstverständlichen Geschenke. Denn wenn sie weg sind, wirst du dich danach sehen, sie nochmal erleben zu dürfen.“
Oder ein anderes Beispiel: Stellen wir uns ein Abendessen mit den geliebten Menschen in unserer Familie vor: mit unseren Eltern und Geschwistern, oder mit unseren Kindern. Oder ein Essen im Kreis wirklich enger Freunde, die Art von Gemeinschaft, in der wir uns zu Hause fühlen. Es wird der Tag kommen, in welcher einer von den geliebten Menschen am Tisch miterlebt hat, wie jeder andere dieser geliebten Menschen beerdigt wurde. Die Momente des Glücks und der Schönheit sind hier auf Erden so unglaublich kurz und so vergänglich.
Vorhin hatte ich gesagt, dass wir alle mit der Hoffnung leben, dass die Zukunft – wie auch immer, warum auch immer – besser wird. Aber wenn der Tod uns alles nimmt, was uns lieb und wertvoll ist, unsere Gesundheit, unseren Reichtum und vor allem anderen alle unsere Beziehungen, wofür leben wir dann eigentlich? Wenn Jesus nicht von den Toten auferstanden ist, was bringt uns dann morgens aus dem Bett? Welche Hoffnung haben wir dann? Die einzige Möglichkeit zu leben ist, den Kopf in den Sand zu stecken; die Tatsache zu ignorieren, dass es den Tod gibt; so zu tun als ob der Tod nicht so schlimm ist, obwohl es das Schlimmste ist, was uns passieren wird.
Was ist die Alternative? Die Alternative ist, sich der Tatsache zu stellen, dass an Jesu Auferstehung etwas dran ist; dass es hervorragende Indizien dafür gibt, dass Jesus wirklich den Tod besiegt hat und lebt; dass es durch die Auferstehung neues Leben und eine neue Hoffnung für uns alle gibt; dass wir wissen dürfen, dass Gott diese kaputte und kranke und korrupte Welt neu machen und gut machen und vollkommen heilen wird; dass das Leben, das Jesus uns anbietet, wirklich lebenswert ist, weil es ein Leben der Liebe ist: Wir werden unendlich von ihm geliebt und reflektieren seine Liebe in unsere Umgebung und diese Liebe ist nicht nur für jetzt oder für diesen kurzen Augenblick, den wir menschliches Leben nennen, sondern für die Ewigkeit, weil wir auf ewig mit ihm leben werden. Und weil dem so ist, haben wir einen echten Grund, morgens aufzustehen.
Jesus ist auferstanden. Der christliche Dichter George Herbert sprach davon, dass der Tod ein Henker war, aber jetzt ist er nur ein Gärtner [Death used to be an executioner, but the gospel has made him just a gardner].