Nicht verlassen, sondern warten
„Und als er mit ihnen beim Mahl war, befahl er ihnen, Jerusalem nicht zu verlassen, sondern zu warten auf die Verheißung des Vaters, die ihr – so sprach er – von mir gehört habt.“
(Apostelgeschichte 1,4)
Wir sind dankbar, dass wir ab heute die Predigten aus der Apostelgeschichte hören werden. Der Verfasser Lukas hat in seinem Evangelium berichtet, was Jesus getan und gelehrt hat, und zwar von Anfang an bis zu seiner Rückkehr zu Gott. Bevor Lukas mit dem Bericht über die Apostelgeschichte beginnt, erwähnt er, was Jesus nach seiner Auferstehung bis zur Himmelfahrt getan hat. Zum einen hat er seinen Aposteln durch den Heiligen Geist Anweisungen für die Zukunft gegeben. Zum anderen hat er 40 Tage lang durch viele Beweise gezeigt, dass er nach seinem Leiden tatsächlich auferstanden ist. Außerdem redete er mit ihnen über das Reich Gottes. Als Jesus drei Jahre davor in Nazareth angefangen hatte zu predigen, hatte er ihnen eine Stelle in der Schrift vorgelesen: „Der Geist des Herrn ist auf mir, weil er mich gesalbt hat und gesandt, zu verkündigen das Evangelium den Armen, zu predigen den Gefangenen, dass sie frei sein sollen, und den Blinden, dass sie sehen sollen, und die Zerschlagenen zu entlassen in die Freiheit und zu verkündigen das Gnadenjahr des Herrn“ (Lukas 4,18-19).
Durch sein etwa dreijähriges Wirken verkündigte er den Menschen, die seinen Predigten demütig zuhörten, das Evangelium zur Freiheit. In Lukas 24,47 erklärte Jesus, wie die Menschen zur Freiheit gelangen können. Dort steht: „und dass gepredigt wird in seinem Namen Buße zur Vergebung der Sünden unter allen Völkern. Von Jerusalem an …“ Das Evangelium zur Freiheit heißt „Buße zur Vergebung der Sünden“.
Nachdem Jesus durch sein dreijähriges Wirken das Evangelium in Israel verkündigt hatte, sollten von nun an die Apostel das Werk Jesu übernehmen. Während Jesus auf dieser Erde war, blieb er hauptsächlich im Gebiet Israels. Aber seine Apostel sollten nicht nur den Israeliten predigen, sondern allen Völkern. Es ist den meisten von uns bekannt, was der Engel bei der Geburt Jesu sprach: „Fürchtet euch nicht! Siehe, ich verkündige euch große Freude, die allem Volk widerfahren wird; denn euch ist heute der Heiland geboren, welcher ist Christus, der Herr, in der Stadt Davids.“ Obwohl Jesus in einer kleinen Stadt Bethlehem geboren wurde, ist seine Geburt eine gute Nachricht bzw. große Freude für alle Völker. Wer ist von allen Völkern ausgenommen? Niemand. „Alle Völker“ umfasst alle Menschen, die leben. Das heißt: Alle Völker brauchen ausnahmslos das Evangelium bzw. Buße zur Vergebung. Das ist das Reich Gottes. Gott will allen Menschen die Gelegenheit geben, sich für die Freiheit zu entscheiden. Dieses Evangelium soll gepredigt werden, in Jerusalem, danach in ganz Judäa und Samarien und bis an das Ende der Erde (8).
Wie im Vers 8 steht, erweitert sich das Gebiet in der Apostelgeschichte. Das Evangelium wurde zuerst durch die Apostel in Jerusalem und in Judäa gepredigt. In Samarien predigte Philippus (8,5). Danach erreichte Paulus durch seine Missionsreisen die Menschen in Kleinasien und in Europa. Schließlich kam er nach Rom, das damals als Welthauptstadt galt, um dort das Evangelium zu predigen. Das war der Plan Gottes, dass alle Völker auf der ganzen Welt das Evangelium bzw. die Botschaft der Buße zur Vergebung hören sollten.
Wie Jesus vor seinem Leiden mehrfach gesagt hatte, kam die Zeit, seine Jünger zu verlassen. Aber zugleich hatte er verheißen, ihnen den Tröster zu senden. Jesus hatte nicht die Absicht, seine Jünger wie Waisenkinder zurückzulassen, sondern wollte ihnen den Tröster zu senden. In Johannes 14,26 hatte er gesagt: „Aber der Tröster, der Heilige Geist, den mein Vater senden wird in meinem Namen, der wird euch alles lehren und euch an alles erinnern, was ich euch gesagt habe.“ Und in Johannes 15,26: „Wenn aber der Tröster kommen wird, den ich euch senden werde vom Vater, der Geist der Wahrheit, der vom Vater ausgeht, der wird Zeugnis geben von mir.“ Johannes 16,5-8: „Jetzt aber gehe ich hin zu dem, der mich gesandt hat; und niemand von euch fragt mich: Wo gehst du hin? Doch weil ich dies zu euch geredet habe, ist euer Herz voll Trauer. Aber ich sage euch die Wahrheit: Es ist gut für euch, dass ich weggehe. Denn wenn ich nicht weggehe, kommt der Tröster nicht zu euch. Wenn ich aber gehe, werde ich ihn zu euch senden. Und wenn er kommt, wird er der Welt die Augen auftun über die Sünde und über die Gerechtigkeit und über das Gericht.“ Solange Jesus bei ihnen war, war Jesus für sie der Tröster. Wenn sie Fragen hatten, kamen sie zu Jesus. Aber Jesus würde sie verlassen, um zum Vater zu gehen. Dennoch würden sie nicht allein zurückbleiben, sondern der Heilige Geist würde kommen, um bei ihnen zu sein, wie Jesus bei ihnen gewesen war.
Vor der Himmelfahrt befahl Jesus seinen Jüngern, Jerusalem nicht zu verlassen, sondern zu warten auf die Verheißung des Vaters, nämlich auf das Kommen des Heiligen Geistes. Warum sollten sie Jerusalem nicht verlassen, sondern auf das Kommen des Heiligen Geistes warten? Jesus erklärte ihnen, dass, wie Johannes mit Wasser getauft hatte, sie mit dem Heiligen Geist getauft werden sollten. Eine Taufe steht für das Ende des alten Lebens. Als Zeichen dafür wird man mit Wasser gereinigt. Die Apostel sollten aber mit dem Heiligen Geist getauft werden. Diese Taufe hat Jesus im Lukasevangelium 24,49 mit einem Ausdruck beschrieben, den man fürs Anziehen von Kleidern benutzt hat. Dort steht: „…bis ihr angetan werdet mit Kraft auf der Höhe.“ In einer anderen Lutherübersetzung (1984: ausgerüstet) wird diese Kleidung als eine Ausrüstung bezeichnet. Also werden die Apostel durch die Taufe des Heiligen Geistes zum Kampf bzw. zum Dienst vorbereitet. Anders gesagt werden die Apostel durch die Kraft des Heiligen Geistes dazu befähigt, das Werk Jesu fortzusetzen, die Buße zur Vergebung zu predigen.
Betrachten wir noch einmal den Vers 8: „aber ihr werdet die Kraft des Heiligen Geistes empfangen, der auf euch kommen wird, und werdet meine Zeugen sein in Jerusalem und in ganz Judäa und Samarien und bis an das Ende der Erde.“ Wenn sie die Kraft des Heiligen Geistes empfangen werden, werden sie dafür eingesetzt, überall auf der Erde das Evangelium zu predigen. Es wäre unsinnig, Soldat ohne Ausrüstung in den Krieg zu schicken. Ohne die passende Ausrüstung schickt auch Jesus seine Jünger nicht in die Welt. Darum befahl Jesus seinen Jüngern im Vers 4, „Jerusalem nicht zu verlassen, sondern zu warten auf die Verheißung des Vaters, die ihr von mir gehört habt.“ Alle vier Evangelien berichten, dass Petrus Jesus dreimal verleugnete, als er gefragt wurde, ob er nicht auch zu Jesus gehörte. Nicht nur er, sondern alle flohen aus Angst, als Jesus getötet wurde. Die Apostel waren keine besonderen Menschen, sie waren nicht anders als wir. Im Jakobusbrief 5,17 steht: „Elia war ein schwacher Mensch wie wir.“ Sich einen schwachen Menschen zu nennen, ist eine aufrichtige Selbsteinschätzung. Mehr oder weniger sind alle Menschen schwach und ängstlich. Aber diese schwachen Menschen können ein anderes Leben führen, wenn sie vom Heiligen Geist getauft werden. Die Apostelgeschichte berichtet uns darüber, wie die Apostel verändert wurden, indem sie beschreibt, wie sie vor und nach der Taufe des Heiligen Geistes waren. Ein besonders anschauliches Beispiel dafür ist Petrus. Vor der Kreuzigung Jesu hatte Petrus eigentlich versprochen (Mt 26,33): „Herr, ich bin bereit, mit dir ins Gefängnis und in den Tod zu gehen.“ Aber er konnte sein Treueversprechen nicht halten, obwohl er es wollte. Aber in der Apostelgeschichte wurde er völlig verändert. Er predigte mutig vor vielen Leuten (z. B. Apg 2,14-36). Sogar vor den Menschen, die ihn bedrohten, predigte er freimütig. Die Veränderung von Petrus kann auf die Taufe vom Heiligen Geistes zurückgeführt werden. Als er die Kraft des Heiligen Geistes anzog, konnte er die Botschaft zur Buße der Vergebung verkündigen. Also war für Petrus die Taufe des Heiligen Geistes ein MUSS. Er sollte nicht mehr aus eigener Überzeugung handeln. Durch seinen Fehler hatte er gelernt, dass er aus eigener Kraft nichts tun konnte, auch wenn er es sehr wollte. Von nun an sollte er nicht mehr eigenmächtig handeln, sondern vom Heiligen Geist ausgerüstet werden. Anders gesagt sollte er warten, bis er vom Heiligen Geist geleitet wird. Während Jesus bei ihm gewesen war, folgte er ihm nach. Wenn Jesus ihm etwas sagte, tat er das, weil Jesus es zu ihm gesagt hatte. Genauso soll er nun mit dem Heiligen Geist leben. Der Heilige Geist ist zwar unsichtbar, aber wird die Apostel begleiten, wie Jesus bisher bei ihnen gewesen war. Der Tröster, der Heilige Geist, wird sie überall auf der ganzen Welt begleiten, damit sie das Evangelium allen Völkern predigen können. Darum befahl Jesus seinen Jüngern, Jerusalem nicht zu verlassen, sondern auf die Taufe des Heiligen Geistes zu warten.
Worauf warten wir sehnsüchtig? Als ich nach Deutschland kam, kam ich alleine, obwohl ich verheiratet war. Erst 18 Monate später kam meine Frau nach Deutschland. Damals wartete ich sehnsüchtig auf das Kommen meiner Frau. Eigentlich waren wir ein frisch gebackenes Ehepaar, weil wir in Korea nur einen Monat lang zusammen gelebt hatten. Im fremden Land fingen wir an, zusammen zu wohnen. Es fiel uns schwer, zusammen zu leben, weil wir verschieden waren. Aber wir lernten Tag für Tag und Jahr für Jahr zusammen zu leben. Ich musste meine Gewohnheit ändern, um meine Frau nicht zu stören. Einmal fragte mich meine Frau, welche Person sie für mich sei. Ohne Zögern antwortete ich, dass für mich die ganze Wohnung leer aussieht, wenn sie nicht zu Hause ist. So eine Leere erlebte ich wirklich, als sie für ein paar Wochen abwesend war. Leider wurde die Zeit, die wir miteinander verbrachten weniger, weil jeder eine andere Beschäftigung hat. Darum sprachen wir darüber, weniger Zeit mit dem Handy zu verbringen, sondern mehr miteinander.
Wie ein Eheleben will Jesus, dass seine Apostel mit dem Heiligen Geist zusammen leben. Wenn man verheiratet ist, vergisst man seine Frau bzw. ihren Mann nicht. Der Heilige Geist ist zwar unsichtbar, aber er wohnt in den Menschen, die an Jesus als Christus glauben. Im ersten Korintherbrief 3,16 steht: „Wisst ihr nicht, dass ihr Gottes Tempel seid und der Geist Gottes in euch wohnt?“ Als Christen sollten wir die Tatsache nicht vergessen, dass der Heilige Geist in uns wohnt. Er ist da, um uns in alle Wahrheit zu leiten. Er will uns trösten, damit wir nicht alleine handeln, sondern mit ihm zusammen denken, reden und handeln können. Wenn es uns an Weisheit fehlt, wird er uns helfen, zu sagen, was wir sagen sollten. Wir sollen nicht vergessen, dass wir nicht allein sind, sondern auf die Hilfe des Heiligen Geistes warten.
Während ich auf diese Predigt vorbereitete, half mir Gott, die Tatsache nicht zu vergessen, dass der Heilige Geist mit mir ist. Wie oft rede ich, als ob ich allein wäre! Wie oft vergesse ich, dass der Heilige Geist mit mir ist! Obwohl der Heilige Geist mit mir reden will, habe ich keine Zeit für ihn. Jeden Tag habe ich wenig Zeit übrig für die Gemeinschaft mit dem Heiligen Geist, weil ich alle Ereignisse der ganzen Welt per Handy erfahren will. Aber ohne die Gemeinschaft mit dem Heiligen Geist konnte ich weder die Buße der Vergebung verkünden noch von den Alltagssorgen frei werden. Ich nehme die Anweisung Jesu an, die Gemeinschaft mit dem Heiligen Geist nicht zu verlassen, sondern auf sein Kommen zu warten.
Wie die Bibel sagt, sind wir schwache Menschen wie die anderen. Aber wir können auch ein verändertes Leben führen, so wie die Apostel für uns Beispiele geworden sind. Ihrer Geschichte können wir uns anschließen, indem wir jeden Morgen auf das Kommen des Heiligen Geistes warten, bevor wir in den Alltag starten. Ihre Geschichte kann durch uns heute noch fortgesetzt werden, weil der Heilige Geist uns mit der gleichen Kraft führen kann. Also kann die Apostelgeschichte unsere Geschichte werden. Wie der Heilige Geist durch die Apostel das Evangelium von Jerusalem nach Rom gebracht hat, kann er durch uns unsere Familienangehörigen, unsere Verwandten und ferner sogar die Menschen im Ausland retten. Begonnen hat es in Jerusalem, also mit mir bzw. mit jedem von uns. Lasst uns den Heiligen Geist nicht vergessen! Lass uns seine Anwesenheit jeder Zeit anerkennen! Lasst uns auf ihn warten und mit ihm leben!
Nachdem Jesus seine Weisungen an die Jünger beendet hatte, wurde er vor ihren Augen in den Himmel emporgehoben. Wie sehr haben sie sich gewünscht, dass Jesus weiter bei ihnen bleiben würde. Aber Jesus sagte (Joh 16,7): „Es ist gut für euch, dass ich weggehe“. Dennoch konnten sie ihre Augen vom Himmel nicht abwenden. Aber zwei Engel ermutigten sie (11): „Ihr Männer von Galiläa, was steht ihr da und seht gen Himmel? Dieser Jesus, der von euch weg gen Himmel aufgenommen wurde, wird so wiederkommen, wie ihr ihn habt gen Himmel fahren sehen.“ Jesus, der leibhaftig unter ihnen gewohnt hatte, war nicht mehr zu sehen. Aber die Apostel mit den Frauen und Maria, die Mutter Jesu, und dessen Brüder, fingen an, der Anweisung Jesu zu folgen. Zuerst kehrten sie nach Jerusalem zurück und beteten einmütig. Sie warteten auf das Kommen vom Heiligen Geist. Petrus ergriff die Initiative und ergänzte das unbesetzte Apostelamt, das durch den Tod von Judas Iskariot entstand. Zur Lösung dieser Problematik gründete sich Petrus auf Gottes Wort. Ca. 120 Menschen, die bei ihm waren, handelten auch nicht eigenwillig, sondern im Vertrauen auf Gottes Hilfe. Sie warfen das Los, und Matthias wurde gewählt. Bevor der Heilige Geist kam, warteten die Apostel einmütig im Gebet auf dessen Kommen. Worauf warten wir? Worauf sollen wir warten? Bevor wir handeln, sollen wir auf das Handeln des Heiligen Geistes warten und dafür beten. Lasst uns nicht vergessen, dass der Heilige Geist uns heute mit seiner Kraft ausrüsten will. Willst du auf ihn warten? Willst du ihn willkommen heißen? Er wird mit dir eine neue Geschichte schreiben, nämlich die Fortsetzung der Apostelgeschichte. Amen.
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