Predigt: 2. Korinther 5,11 – 6,2

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Leben aus der Gnade des Evangeliums

Aber das alles von Gott, der uns mit sich selber versöhnt hat durch Christus
und uns das Amt gegeben, das die Versöhnung predigt.

(V.18)

Heute morgen stieß ich im Internet auf den Artikel: „Brasilien ohne Versöhnung“. Der Artikel sprach von der gescheiterten Versöhnung zwischen der Mannschaft und ihren Fans. Denn kaum hatten sich die Fans von der mächtigen Niederlage Brasiliens gegen Deutschland erholt, so wurden sie von ihrer Mannschaft im gestrigen Spiel gegen die Niederlande ein zweites Mal enttäuscht. Versöhnung mit anderen Menschen ist für uns besonders dann schwer, wenn wir von denselben immer und immer wieder enttäuscht werden. Doch der heutige Text spricht von einer Versöhnung, die trotz oder gerade aufgrund vieler Enttäuschungen erfolgt ist. Es ist die Versöhnung Gottes mit uns Menschen, die der einseitigen Liebe Gottes zu uns entspringt. Die Gnade der Versöhnung ist allerdings einer der drei Vorzügen des Evangeliums, die in dem heutigen Text erwähnt werden. Dementsprechend ist die Predigt in drei Teilen gegliedert: 1. Das neue Leben, welches dem Herrn gilt, 2. die neue Sichtweise über die Menschen und 3. die Gnade der Versöhnung mit Gott. Möge Gott uns durch die Betrachtung des Textes dazu ermutigen und befähigen, aus der Gnade des Evangeliums zu leben.

Teil 1: Das neue Leben, welches dem Herrn gilt (V. 11 – 15)

Dass Paulus im Laufe des Textes überhaupt auf das Evangelium zu sprechen kommt, hat einen bestimmten Hintergrund, den wir in den Versen 11-13 erfahren. Betrachten wir diese Verse: Weil wir nun wissen, dass der Herr zu fürchten ist, suchen wir Menschen zu gewinnen; aber vor Gott sind wir offenbar. Ich hoffe aber, dass wir auch vor eurem Gewissen offenbar sind. Damit empfehlen wir uns nicht abermals bei euch, sondern geben euch Anlass, euch unser zu rühmen, damit ihr antworten könnt denen, die sich des Äußeren rühmen und nicht des Herzens. Denn wenn wir außer uns waren, so war es für Gott; sind wir aber besonnen, so sind wir´s für euch. In diesen Versen wird deutlich, dass Paulus mit sämtlichen Vorwürfen und Missverständnissen von Gegnern aus der Gemeinde konfrontiert worden war. Erstens der Vorwurf, dass Paulus für sich Menschen gewinnen wolle. Paulus sei sozusagen ein Seelenfänger. Deswegen würde er so eifrig missionieren. Zweitens Paulus empfehle sich selbst. Paulus würde sozusagen prahlen und angeben. Drittens Paulus sei unbesonnen. Vermutlich hatte man Paulus´ heißes Ringen um die Gemeinde und etwaige Ausbrüche seines Kummers und Zornes als eine „krankhafte Erregung“ abgetan.

Paulus hält all diesen Vorwürfen sein eigentliches, wahres Motiv entgegen. Welches ist das? Lesen wir gemeinsam Vers 14: Denn die Liebe Christi drängt uns, zumal wir überzeugt sind, dass, wenn einer für alle gestorben ist, so sind sie alle gestorben. Was Paulus gesamtes Verhalten bestimmte und was seinen ganzen Dienst formte und was ihn zum heißen Ringen um die Gemeinde veranlasste, war die Liebe Jesu zu ihm. „Diese Liebe Jesu hat Paulus erkannt; sie hat ihn überwältigt; sie ist es, von der er umfangen, gehalten und getrieben“ (DE BOOR 1972: 131) war.

Die Liebe Jesu offenbart sich darin, dass Jesus für alle Menschen gestorben ist. Jesus nahm nicht ein natürliches Todesverhängnis auf sich. Vielmehr wurde an seinem Tod am Kreuz das gerechte Todesurteil Gottes über uns Schuldige ausgesprochen, ja tatsächlich vollzogen (vgl. ebd: 132f). Deswegen sagt Paulus: so sind sie alle gestorben. Denn was einer in seinem Amt für andere mit Vollmacht tut, das gilt dann für diese andern, als hätten sie es selbst getan. Wenn z.B. ein Klassensprecher „sich für die Klasse entschuldigt, dann haben sich damit alle entschuldigt. Wenn der Präsident eines Staates für sein Land Frieden schließt, dann ist der Krieg für alle Bürger seines Landes beendet (vgl. ebd.). Wenn daher Jesus für uns starb, so sind wir alle gestorben. Wir sind durch Jesu Tod am Kreuz selber alle Hingerichtete und zum Todverurteilte. Aber gerade darin leuchtet die Liebe Jesu zu uns auf. Mit Jesu Tod am Kreuz sind wir bereits für alle unsere Schuld gestorben. Deswegen dürfen wir leben.

Ist aber mit der Errettung aus dem Gericht Gottes schon das eigentliche Ziel der Liebe Jesu zu uns erreicht? Betrachten wir Vers 15: Und er ist darum für alle gestorben, damit, die da leben, hinfort nicht sich selbst leben, sondern dem, der für sie gestorben und auferstanden ist.

Da wir unser Leben einzig und allein dem Sterben Jesu verdanken, gehören wir nicht mehr uns selbst, sondern nur noch dem Herrn Jesus. Wie sollte es denn auch anders sein? Als bereits Gestorbene können wir uns nicht mehr selbst behaupten und nicht mehr Ansprüche stellen oder angebliche Rechte geltend machen. Das ist für Gestorbene vorbei. Indem wir uns selber gestorben sind, sind wir erst in der Lage für Jesus zu leben. Die Errettung aus dem Gericht Gottes ist also nicht das endgültige Ziel der Liebe Gottes, sondern dieses neue, vom Selbst freie und an Jesus hingegebene Leben.

Wenn wir Jesu Sterben für uns nur so verstehen, dass es uns aus der Hölle errettet hat, dann werden wir unweigerlich auch nach unserer Errettung ein eigensüchtiges Leben führen. Deswegen ist es wichtig zu verstehen, dass wir mit Jesu Tod selber gestorben sind und dass der Inhalt, ja sogar das Wesen des neuen Lebens Jesus selbst ist. Wir leben nicht mehr uns, sondern dem Herrn Jesus.

Teil II: Die neue Sichtweise über die Menschen

Das Evangelium ändert auch unsere Sichtweise über die Menschen. Inwiefern? Betrachten wir Vers 16: Darum kennen wir von nun an niemanden mehr nach dem Fleisch; und auch wenn wir Christus gekannt haben nach dem Fleisch, so kennen wir ihn doch jetzt so nicht mehr. Die Liebe Jesu zu uns macht unseren fleischlichen Sichtweise über die Menschen ein Ende. Mit „fleischlich“ meint Paulus unsere natürliche Wesensart, nämlich ein Denken, Leben und Trachten aus dem Ich und für das Ich. Nach dieser ichhaften Art betrachten wir ganz instinktiv unsere Mitmenschen. Sie sind uns sympathisch oder unsympathisch, imponieren uns oder sie sind uns verächtlich, sind für unsere Interessen wichtig oder unwichtig, sie erfreuen oder ärgern uns (vgl. (DE BOOR 1972: 134).

Paulus fügt hinzu: und auch wenn wir Christus gekannt haben nach dem Fleisch, so kennen wir ihn doch jetzt so nicht mehr. Bevor die Liebe Christi unsere Sichtweise über die Menschen verändert hat, hat sie zunächst unsere Sichtweise über Christus verändert. Für Paulus z.B. war Jesus früher ein Gesetzesbrecher und Gotteslästerer und Irrlehrer. Er betrachtete ihn fleischlich. Als er aber zum Glauben kam, erkannte er ihn als den Sohn Gottes. Und ähnlich ist es auch bei uns gewesen. Bevor wir gläubig waren, war Jesus vielleicht allenfalls ein „guter Mensch“ für uns. Aber als wir gläubig wurden, sahen wir Jesus mit ganz anderen Augen. Er wurde zu unserem persönlichen Heiland.

Bisher hat Paulus negativ formuliert, was seine neue Sichtweise über die Menschen ausmacht. Nicht mehr nach dem Fleisch sieht er sie. Wie sieht er sie dann sonst? Lesen wir gemeinsam Vers 17: Darum: Ist jemand in Christus, so ist er eine neue Kreatur; das Alte ist vergangen, siehe, Neues ist geworden. Für die neue Sichtweise stellt sich nicht mehr die Frage, ob dieser oder jener mir sympathisch ist oder nicht, sondern ob jener oder dieser in Christusist oder nicht. Diese Frage ist im wahrsten Sinne des Wortes existenziell: Wenn jemand nicht in Christus ist, dann ist sein Dasein noch das alte, todverfallene. Wie moralisch und sittlich er auch sein mag, er ist tot und unerlöst. Ist aber jemand in Christus, so ist er ein neuer Mensch. Wie sündhaft er auch noch sein mag, er ist ein neuer Mensch. Dieser neue Mensch zeigt sich darin, dass er Gott liebt und dass er die Sünde hasst.

Und diese Sichtweise können wir sicherlich alle aus unseren eigenen Erfahrungen bestätigen. Wenn wir Menschen neu kennenlernen und wir die ersten Worte miteinander gewechselt haben, stellt sich da nicht uns doch auch bald die Frage, ob dieser Mensch gläubig ist oder nicht, oder genauer gesagt, ob dieser Mensch wiedergeboren ist oder nicht? Diese Frage entspringt unserer neuen Sichtweise, die uns Christus geschenkt hat. Wir dürfen Ihm dafür dankbar sein.

Diese neue Sichtweise hilft uns auch, damit aufzuhören, Menschen fleischlich zu verehren oder sie zu fürchten oder sie zu verachten. Wenn ich Menschen danach beurteile, ob sie in Christus sind oder nicht, dann imponiert mich z.B. ein ungläubiger Fernsehstar nicht mehr. Wenn ich Menschen danach beurteile, ob sie in Christus sind oder nicht, dann kann ich auch einen Bruder sehr wertschätzen, der krank und arbeitslos ist. Wenn ich Menschen danach beurteile, ob sie in Christus sind oder nicht, dann fürchte ich mich auch nicht mehr davor, einen Ungläubigen auf seinen Glauben anzusprechen usw.

Übrigens gilt diese neue Sichtweise auch uns selbst. Betrachten wir noch einmal Vers 17: Darum: Ist jemand in Christus, so ist er eine neue Kreatur; das Alte ist vergangen, siehe, Neues ist geworden. Dieses sagt Wort uns, sofern wir wiedergeboren sind (ansonsten natürlich nicht), dass wir ein neuer Mensch sind. Paulus sagt nicht: den Glaubenden wird das alte Wesen mehr und mehr vergehen und eine neue Art des Lebens wird allmählich hervortreten (vgl. DE BOOR 1972: 137)Paulus bezeugt vielmehr eine vorhandene Wirklichkeit“ (ebd.). Paulus spricht hier von Feststellungen, die er in Kolosser 3 so formuliert: „ihr seid gestorben“ und „Seid ihr nun mit Christus auferstanden“ (vgl. ebd.). In Jesu Tod ist unser alter Mensch gestorben, in Jesu Auferstehung ist in uns ein neuer Mensch erschaffen worden. Glaubst du eigentlich der Tatsache, dass Gott in dir einen neuen Menschen geschaffen hat? Glaubst du, dass dein alter Mensch schon längst mit Jesus gekreuzigt worden ist? Ich muss glauben, dass mein altes Ich mit seinen Komplexen, seiner Sinnlichkeit, seiner Ichbezogenheit, seinem Stolz, seiner Menschenfurcht, ja mit all dem, was ihn ausmacht, an Kreuz genagelt hat. Stattdessen hat Gott mir eine neue Identität gegeben, sodass ich in der Lage bin, geistlich zu leben. Ich muss nicht mehr nach der Lebensweise meines alten Ichs leben.

Wir sollen das Alte, das wir noch mächtig in uns spüren, als gestorben halten und die Identität des neuen Menschen in uns ausleben. So sagt Paulus in Röm. 6: So auch ihr, haltet dafür, dass ihr der Sünde gestorben seid und lebt Gott in Christus Jesus.

Teil III: Die Gnade der Versöhnung Gottes mit uns (V. 5.18 – 6.2)

Aus den bisherigen Betrachtungen macht Paulus nun eine zusammenfassende Aussage. Betrachten wir Vers 18: Aber das alles von Gott, der uns mit sich selber versöhnt hat durch Christus und uns das Amt gegeben, das die Versöhnung predigt. All das, unser neues Leben, unsere neue Sichtweise und unser neuer Mensch, kommt nicht von uns, sondern von Gott. Es gründet auf die Versöhnung Gottes mit uns durch Christus. Seit dem Sündenfall verfolgt Gott das eine Ziel, nämlich uns mit Ihm zu versöhnen. Die Sünde brachte die Trennung und Feindschaft von Gott. Aber nicht nur Feindschaft mit Gott, sondern auch Feindschaft unter uns. Schon in der zweiten Generation gab es Mord. Und so setzte sich die Geschichte der Menschheit fort. Die Menschheitsgeschichte ist von Kriegen und Zerstörungen gekennzeichnet. Sowie die Ursache für diese Misere die Feindschaft mit Gott aufgrund der Sünde ist, so ist der Ausweg aus dieser Misere die Versöhnung mit Gott durch Christus. Denn die Versöhnung mit Gott macht uns zu neuen Menschen, die ein Leben in Liebe für Jesus und die Menschen führen können.

Wie hat Gott dieses großartige Werk der Versöhnung getan? Betrachten wir Vers 19: Denn Gott war in Christus und versöhnte die Welt mit sich selber und rechnete ihnen ihre Sünden nicht zu und hat unter uns aufgerichtet das Wort von der Versöhnung. Nicht Menschen, sondern Gott selbst ergriff die Initiative zur Versöhnung. Dass Paulus sagt: „Gott war in Christus“ macht deutlich, dass Gott höchstpersönlich zu uns verlorenen Menschen herab kam und uns mit sich versöhnte. In allen Religionen ist es ja so, dass Menschen durch bestimmte Leistungen und Opfer versuchen, sich mit Gott zu versöhnen. Sie versuchen, von sich aus eine Annäherung zu Gott zu finden. Aber hier ist es genau umgekehrt. Gott ergriff die Initiative und kam zu uns herab, um uns mit sich zu versöhnen. Warum das? Ganz einfach: Der Mensch ist gar nicht in der Lage, sich mit Gott zu versöhnen. Es gibt kein menschliches Heilmittel für die Sünde.

Die Versöhnung kam und musste von Gott kommen. In seiner Liebe fand Gott im Blut seines geliebten Sohnes das kostbare Mittel zur Versöhnung mit uns. Jesu Blut konnte einzig und allein unsere Sünde wahrhaftig abwaschen, sodass wir mit Gott versöhnt sein können. Wenn Paulus sagt, dass Gott uns die Sünde nicht zugerechnet hat, dann bedeutet das nicht, dass Gott einfach gesagt hat: „Schwamm drüber!“ Nein, es kostete Ihm das teure Blut seines Sohnes. Anders gesagt: Sein Zorn über die Sünde musste Seinen Sohn treffen, damit Gott uns die Sünde nicht mehr zurechnen muss.

Paulus sagt: „Gott war in Christus und versöhnte die Welt mit sich selber“. Wir können dem versöhnenden Gott nirgends anders begegnen als in Jesus. Wer Gott außerhalb von Jesus, dem Gekreuzigten, sucht, trifft, nur auf den unentrinnbaren Zorn Gottes. Versöhnung des Sünders mit dem heiligen Gott gibt es einzig in Jesus (vgl. ebd.: 141).

Bemerkenswert ist auch, dass Paulus sagt, dass Gott die Welt mit sich versöhnte. Ausgerechnet der Welt, die für alle Gottlosigkeit, Hass, Unrecht, Lüge und Ichsucht steht, gilt Gottes Versöhnungsangebot. Dies gibt uns die Gewissheit, dass sich Gott bei der Versöhnung mit uns nicht getäuscht hat.

Wichtig sind auch die Worte „mit sich selber“. Die Versöhnung kommt von Gott und müdet wieder in Gott. Die Versöhnung bleibt also nicht damit stehen, dass uns unsere Übertretungen nicht mehr angerechnet werden. Sie erzielt vielmehr eine neue Gemeinschaft mit Gott. Der eigentliche Vorzug der Versöhnung ist nicht ein reines Gewissen, sondern dass wir Gott wieder haben.

Es ist wichtig, dass wir die Versöhnung Gottes nicht nur oberflächlich, sondern in ihrer tieferen Bedeutung verstehen und sie dann im Herzen annehmen. Dies macht uns zu Menschen mit Freude und Frieden im Herzen. Aber nicht allein das. Betrachten wir Vers 20:So sind wir nun Botschafter an Christi statt, denn Gott ermahnt durch uns; so bitten wir nun an Christi statt: Lasst euch versöhnen mit Gott! Wenn wir die Versöhnung mit Gott verstanden und angenommen haben, dann möchte Gott uns selber als Botschafter der Versöhnung gebrauchen. Denn Gott möchte gerade durch solche, die die Versöhnung im Herzen angenommen haben, zu den verlorenen Menschen sprechen und sie ermahnen. Wir sollen diese wunderbare Wahrheit der Versöhnung nicht einfach nur für uns behalten, sondern sie weitersagen. Dabei ist das Wort „weitersagen“ noch viel zu schwach. Paulus sagte nicht einfach nur die Versöhnung mit Gott weiter, sondern er bat die Menschen mit aller Dringlichkeit darum: „Lasst euch versöhnen mit Gott!“

Was drängte Paulus dazu, die Menschen darum zu bitten, sich mit Gott versöhnen zu lassen? Betrachten wir Vers 21: Denn er hat den, der von keiner Sünde wusste, für uns zur Sünde gemacht, damit wir in ihm die Gerechtigkeit würden, die vor Gott gilt. Was Paulus in diesem Vers sagt, ist gewaltig. Paulus sagt, dass Jesus von keiner Sünde wusste. Das bedeutet, dass Jesus mit der Sünde gar nichts zu tun hatte, überhaupt keine innere Berührung mit ihr hatte (vgl. DE BOOR 1972: 145). Warum? Weil Jesus die Sünde über alles hasste bzw. den Vater über alles liebte. Aber ausgerechnet diesen Jesus machte Gott zur Sünde, und zwar um unsertwillen. Aber der HERR warf unser aller Sünde auf ihn, heißt es in Jesaja 53. „Gott behandelte Jesus, den einzig Reinen, wie die Sünde selbst“ (ebd.). Warum? Damit wir in ihm die Gerechtigkeit würden. Es fand sozusagen ein radikaler Tausch statt: Jesus wurde unsere Sünde und wir wurden Seine Gerechtigkeit. Gott sieht auf Golgatha an Jesus nur noch Sünden; Gott sieht an uns nur noch Jesu Gerechtigkeit (vgl. ebd. 147).Im Übrigen sagt Paulus nicht: „damit wir die Gerechtigkeit in ihm haben“, sondern: „damit wir die Gerechtigkeit in ihm würden.“ Die Gerechtigkeit ist nicht nur eine Gabe, die uns zuteil wird, nicht nur ein Kleid, das wir anziehen dürfen, nein, wir werden selber die „Gerechtigkeit Gottes“. Diese Gerechtigkeit Gottes bestimmt unser ganzes Sein. Diese Gerechtigkeit ist nach Epheser 6 unser Panzer. Alle Anklagen des Feindes, des Verklägers, zergehen davor in Nichts. Aufgrund dieser Gerechtigkeit kann es an unserem Bestehen vor dem heiligen Gott kein Zweifel mehr geben (vgl. ebd.: 146).

Diese Gerechtigkeit ist die wunderbare Frucht der Versöhnung mit Gott. Weil Paulus erkannte, dass er durch die Versöhnung mit Gott gerecht geworden war, erkannte er die Notwendigkeit und Dringlichkeit, andere darum zu bitten, sich mit Gott versöhnen zu lassen. Wenn wir die Größe des Geschenkes, das uns durch die Versöhnung mit Gott zuteil wird, erfassen, dann werden wir auch diese Dringlichkeit verspüren, andere Menschen darum zu bitten, doch das einzigartige Versöhnungsangebot Gottes anzunehmen.

Wir haben gesehen, dass wir aus dem Evangelium eine unglaublich große Gnade schöpfen können. Wie sollen wir mit dieser teuren und großen Gnade umgehen? Lesen wir gemeinsam die Verse 6.1-2: Als Mitarbeiter aber ermahnen wir euch, dass ihr die Gnade Gottes nicht vergeblich empfangt. Denn er spricht (Jes. 49,8): „Ich habe dich zur Zeit der Gnade erhört und habe dir am Tage des Heils geholfen.“ Siehe, jetzt ist die Zeit der Gnade, siehe, jetzt ist der Tag des Heils! Wir sollen diese Gnade des Evangeliums nicht ungebraucht lassen, sondern aus ihr leben. Dies umso mehr, wenn wir daran denken, dass jetzt die Zeit der Gnade ist. Wir können nichts aufschieben. Wir können nicht selber die Zeit aussuchen, in der wir von Gottes Gnade Gebrauch machen wollen. Gott hat sein „Jetzt“ jetzt gesetzt (vgl. ebd.: 149). Möge Gott uns daher helfen, die Zeit der Gnade auszukaufen, ein Leben aus der Gnade des Evangeliums zu leben.

Lesen wir zum Schluss noch einmal das Leitwort: Aber das alles von Gott, der uns mit sich selber versöhnt hat durch Christus und uns das Amt gegeben, das die Versöhnung predigt (V.18).

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Quelle der Zitate: DE BOOR (1972): Der zweite Brief des Paulus an die Korinther. Erklärt von Werner de Boor.

In: Wuppertaler Studienbibel, S. 127-149. SCM R. Brockhaus

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