Erforscht euch selbst
„Erforscht euch selbst, ob ihr im Glauben steht; prüft euch selbst! Oder erkennt ihr euch selbst nicht, dass Jesus Christus in euch ist? Wenn nicht, dann wärt ihr ja untüchtig.“
(13,5)
Wir sind am Ende unseres Bibelstudiums angekommen und schließen den 2. Korintherbrief ab. Ich weiß nicht, wie es euch geht aber bei mir löst dieser Brief gemischte Gefühle aus. Er ist der vielleicht persönlichste Brief, der uns von Paulus überliefert ist. Und er ist so voller Schmerzen und Erniedrigungen. Aber zugleich strahlt er das herrliche Evangelium Jesu Christi aus.
Heute haben wir abschließend die Gelegenheit, zu erfahren, wie Paulus der Gemeinde in Korinth geholfen hat, sich selbst zu erkennen, um Buße zu tun und aus Glauben zu leben.
Erstens – Verteidigung (V11-13.16-19)
In den Versen 11 und 12 muss sich Paulus als Apostel verteidigen. Er war nicht weniger als die Überapostel. Er war ein richtiger, ein echter Apostel, keine Kopie, sondern ein Original! Und diese Tatsache war offensichtlich, er schreibt: „Denn es sind ja die Zeichen eines Apostels unter euch geschehen in aller Geduld, mit Zeichen und mit Wundern und mit Taten.“ Sie hatten es vor Ort, mit eigenen Augen gesehen! Trotzdem musste sich Paulus verteidigen und dabei zum Narren machen, um das Offensichtliche zu bezeugen.
Weswegen musste sich Paulus zusätzlich verteidigen? Betrachten wir Vers 13 und die Verse 16-19, so sehen wir, dass Paulus sich verteidigen musste, weil er bei seinem zweiten Besuch niemandem zur Last gefallen war! Es ist so absurd, wie es klingt! >Eine hinterhältige Taktik< warfen ihm seine Kontrahenten vor. Er verschont euch, um euch hinterlistig zu gewinnen, mögen die falschen Apostel der Gemeinde eingeredet haben. Paulus entschuldigte sich sarkastisch für das „Unrecht“, ihnen nicht zur Last gefallen zu sein.
Schließlich musste er sich wegen Titus und den anderen Bruder verteidigen, die er vorausgeschickt hatte. Doch auch hinter dieser Aktion steckte nichts Böswilliges!
Immer und immer wieder musste Paulus sich und seine Mitarbeiter verteidigen, wie ein Strafverteidiger vor Gericht. Paulus war sich dessen bewusst! Vers 19: „Schon lange werdet ihr denken, dass wir uns vor euch verteidigen.“ War das ok oder nicht ok? „Wir reden jedoch in Christus vor Gott!“ Es war ok so! Er und seine Mitarbeiter sagten die Wahrheit! Taten es aber nicht mit dem Ziel, besser dazustehen, sondern: „Aber das alles geschieht, meine Lieben, zu eurer Erbauung.“ Paulus verteidigte sich, um sie zu erbauen. Wie passt das zusammen? Nun, er war ein echter Apostel Christi, das gab es beim besten Willen nicht überall! Von ihm konnten sie das Evangelium Christi erfahren und durch dieses Evangelium erbaut werden, erfreut werden, lebendig werden! Das war keine Selbstverständlichkeit! Wir würden uns heute darum reißen, das Evangelium durch einen waschechten Apostel Christi verkündigt zu bekommen. Was wäre das für ein Segen! Durch Paulus‘ Unterstützung konnte Christus in ihrer Mittel lebendig sein. Sie sollten endlich erkennen, dass Paulus an ihrem geistlichen Wohl interessiert war.
Paulus wollte die Gemeinde nicht nur erbauen, indem er sich verteidigte; das wäre zu wenig. Was tat er noch? Wir kommen zum nächsten Teil.
Zweitens – Der dritte Besuch (14.15.20-21; 13,1-2a)
Vers 14: „Siehe, ich bin jetzt bereit, zum dritten Mal zu euch zu kommen und will euch nicht zur Last fallen; denn ich suche nicht das Eure, sondern euch. Denn es sollen nicht die Kinder den Eltern Schätze sammeln, sondern die Eltern den Kindern.“ Paulus, der sich selbst als ihr Vater identifizierte und sie als seine geliebten Kinder, wollte ein Segen sein für die Gemeinde. Dazu war ihm kein Aufwand zu groß! Er war bereit, sie ein drittes Mal zu besuchen.
Eine mehrwöchige Reise ist in unserer modernen und technologisch fortgeschrittenen Zeit anstrengend genug. Bahnhof, Flughafen, Flug, Flughafen, Taxi, Hotel. Und das ist erst die Hinreise. Die anstrengende Arbeit wartet und die Rückreise. Danach ist man platt! (Ein Kollege von mir hat eine Dienstreise nach Hong Kong unternommen und war danach eine Woche krank!) Wie anstrengend muss es erst recht für Paulus gewesen sein, nach Korinth zu reisen und dort seine Mission zu verrichten! Und Paulus wusste ganz genau, dass es keine angenehme Reise sein würde! Verse 20 und 21: „Denn ich fürchte, wenn ich komme, finde ich euch nicht, wie ich will und ihr findet mich auch nicht, wie ihr wollt, sondern es gibt Hader, Neid, Zorn, Zank, üble Nachrede, Verleumdung, Aufgeblasenheit, Unordnung. Ich fürchte, wenn ich abermals komme, wird mein Gott mich demütigen bei euch und ich muss Leid tragen über viele, die zuvor gesündigt und nicht Buße getan haben für die Unreinheit und Unzucht und Ausschweifung, die sie getrieben haben.“ Paulus würde auf Lieblosigkeit treffen, auf streitsüchtige Korinther, auf geistliche Unordnung in der Gemeinde, auf heftigen Ehebruch. Sein dritter Besuch würde ein Knochenjob sein! Viele hätten einen großen Bogen um diese Gemeinde gemacht. Aber Paulus nennt die Sünde der Gemeinde beim Namen! Und er war bereit, trotz der auf ihn wartenden Demütigung, dorthin zu reisen, um aufzuräumen und ein Segen zu sein. Er war bereit, bis ans Äußerste zu gehen. Lesen wir Vers 15: „Ich aber will gern hingeben und hingegeben werden für eure Seelen. Wenn ich euch mehr liebe, soll ich darum weniger geliebt werden?“ Paulus war gerne bereit hinzugeben und hingegeben zu werden, für ihre Seelen! Welchem großen Vorbild mag er wohl nachgeeifert haben, als unseren Herrn Jesus Christus, der von Gott hingegeben wurde und sich auch bereitwillig hingegeben hat, bis ans Kreuz. Wofür? Für unsere Seelen! Und dass es Paulus wirklich ernst meinte und bereit war, sein Leben hinzugeben und sogar mehr als das, bezeugen Textstellen wie Röm 9,1-5. Liebte man Paulus dafür? Nein. Dankte man ihm? Genauso wenig wie unserem Herrn, zur Zeit seiner Passion.
Wir gehen über zu Kapitel 13. Paulus hatte wirklich vor, ein drittes Mal zu ihnen kommen, auch wenn es laut Kapitel 1 angezweifelt wurde. Wie würde Paulus bei seinem dritten Besuch auftreten? Und wie sollten sich die Korinther vorbereiten? Wir kommen zum nächsten Teil.
Drittens – Prüft euch selbst (13,2a-10)
Paulus bezeugt in Vers 2b: „denen, die zuvor gesündigt haben und den andern allen: Wenn ich noch einmal komme, dann will ich nicht schonen.“ Das ist eine ordentliche Drohung! Vers 3: „Ihr verlangt ja einen Beweis dafür, dass Christus in mir redet, der euch gegenüber nicht schwach ist, sondern ist mächtig unter euch.“ Sie verlangten einen Beweis für die Kraft Christi in Paulus; schon bald würden sie ihn bekommen und erleben, wie mächtig Christus in Paulus reden konnte. Wer klug war tat schnell Buße. Sie hatten nämlich gedacht, Paulus wäre stark von Ferne aber schwach vor Ort. Wieso würde Paulus auch vor Ort stark sein? Lesen wir Vers 4: „Denn wenn er auch gekreuzigt worden ist in Schwachheit, so lebt er doch in der Kraft Gottes. Und wenn wir auch schwach sind in ihm, so werden wir uns doch mit ihm lebendig erweisen an euch in der Kraft Gottes.“
Christus starb in Schwachheit. Am Kreuz, verlassen von Menschen und verlassen von Gott, durchlebte er maximale Schwachheit. Doch am dritten Tag erfuhr er die lebendige Kraft Gottes. Paulus hatte das Wesen Jesu Christi verstanden. Jesus allein vereinbart in seiner Person die unvereinbaren Gegensätze: Schwachheit und Kraft, Lamm und Löwe, Tod und Auferstehung.
Paulus war schwach. Aber dieser Christus würde sich in Paulus als lebendig erweisen, in der Kraft Gottes. Mit dieser lebendigen Kraft Gottes würde Paulus mächtig unter den Korinthern wirken und niemanden schonen, der gesündigt hatte.
Übrigens ist in diesem Vers die gute Nachricht enthalten. Wir sind schwach in ihm, d.h. von Christus angenommen und nicht verstoßen, doch er erfüllt uns mit der lebendigen Kraft Gottes, so dass wir nicht aus eigener Kraft leben müssen, sondern aus Gottes Kraft, die eine lebendige Kraft ist.
Paulus bereitete die Korinther vor, umzukehren und Buße zu tun, indem er ihre Sünden aufzählte und mit seinem dritten Besuch drohte. Welche große Hilfe gab er ihnen vorab noch? Lesen wir den relevanten Appell, der nicht nur für die Korinther von Bedeutung ist, sondern für jeden Christen. Vers 5a: „Erforscht euch selbst, ob ihr im Glauben steht; prüft euch selbst!.“
In einer Kochshow hatte einer der berühmtesten Köche der Welt einen Gastauftritt (Thomas Bühner, ein 3 Sternekoch) und gab einem Durchschnittskoch eine Stunde lang hilfreiche Tipps und begleitete ihn beim Vorbereiten eines gehobenen Gerichtes. Was glaubt ihr, war sein wichtigster Tipp? Er sagte, das wichtigste beim Kochen ist das Probieren! Und zwar das ständige Probieren! Denn oft sieht das angerichtete Essen gut aus, schmeckt allerdings furchtbar, weil nicht abgeschmeckt wurde und das macht alles zunichte.
Die Korinther sollten nicht untätig warten, bis Paulus erscheinen würde. Sie sollten sich selbst erforschen und prüfen, um herauszufinden, ob ihr Leben immer noch auf dem Glauben gegründet war. Sie sollten erkennen, dass sie vom Kurs abgekommen waren. Sie waren Jünger Jesu, führten aber ein von Sünde geprägtes Leben, hatten aber kein Problembewusstsein. Anstatt den Balken in ihrem Auge such behandelt, suchten sie den Splitter im Auge von Apostel Paulus.
Wir sehen, wie notwendig es ist, dass auch wir uns regelmäßig selbst prüfen. Natürlich können wir uns am besten durch das Wort Gottes prüfen. Es genügt aber nicht, sich viel Wissen über das Evangelium anzueignen. Wir sollen das Wort Gottes zielstrebig und intensiv studieren und tiefe Erkenntnisse gewinnen. Doch während wir das tun, müssen wir das Erkannte immer wieder auf uns selbst anwenden. Sonst wächst unser Kopf (nicht wörtlich) aber unser Herz bleibt unberührt. Und gerade im Herzen entscheiden wir, wen oder was wir anbeten! Mir geht es z.B. oft so, dass ich unheimlich viel Zeit und Leidenschaft in das Bibelforschen stecken kann. Ich vergleiche Bibelübersetzungen und lese Kommentare etc. Ich tue es meistens mit Begeisterung. Wenn ich mich aber am Ende des Tages frage, was ich dadurch für mein persönliches Leben gelernt und umgesetzt habe, merke ich, dass es 2 unterschiedliche Paar Schuhe sind! Was ich mir im Kopf aneigne, steht auf einem Blatt Papier, was in meinem Herzen ankommt, steht auf einem ganz anderen Blatt. So lerne ich durch Paulus Worte im Vers 5, dass ich mich immer wieder selbst prüfen und erforschen muss, um herauszufinden, ob ich auch nach den großartigen Erkenntnissen lebe, die ich durch das Bibelstudium erkannt habe. Sonst ist die Gefahr zu groß, dass Sünde in mir regiert und nicht König Jesus. So sind auch wir angehalten, Paulus Worte sehr ernst zu nehmen und uns regelmäßig zu prüfen. Stehe ich im Glauben? Ist mein Leben immer noch gegründet auf den Glauben an Christus und sein Evangelium oder bin ich im Laufe der Zeit schleichend davon abgedriftet? Führe ich ein Leben, das Gott gefällt oder ein Leben, das mir gefällt?
Was denkt ihr, werden wir herausfinden, wenn wir uns selbst prüfen? Stoßen wir auf Erfreuliches oder auf Unerfreuliches? Auf einem Musikkonzert ging der Künstler offen auf seine langjährige Drogensucht ein. Er sagte, dass er sich jahrelang nicht im Spiegel betrachten konnte, aus Scham vor sich selbst! Dann stelle er seinem Publikum die Frage: Wie geht es euch, wenn ihr euch im Spiegel betrachtet? Scherzhaft nahm er die Antwort vorweg: Ihr denkt bestimmt, >Wow, was für ein Anblick!<
Was finden wir, wenn wir uns mit biblischem Maßstab prüfen und erforschen? Wenn wir ehrlich sind, sehen wir wenig Erfreuliches. Wir sehen Mangel an Glauben. Wir sehen selbstverherrlichende Neigungen, Lieblosigkeit. Wir sehen Sünde, Sünde, Sünde. Was würde Paulus zu uns sagen? Paulus würde dasselbe zu uns sagen, wie zu den Korinthern. Und es überrascht, was er sagt. Vers 5b: „Oder erkennt ihr euch selbst nicht, dass Jesus Christus in euch ist? Wenn nicht, dann wärt ihr ja untüchtig.“ Das Überraschende ist, liebe Geschwister, dass Christus trotzdem in uns ist. Sonst wären wir verloren! Fällt es Christus leicht, in uns zu bleiben? Fühlt er sich in uns wohl? Führen wir ein angemessenes Glaubensleben, an dem er sich erfreut, sind wir so gesinnt, wie es seiner Gemeinschaft entspricht? Wie oft trifft ein Nein zu? Zu oft! Trotzdem sind wir nicht verlassen. Das ist Gnade. Christus hat den Preis unserer Sünde bezahlt. Diese Gnade Christi verkündigt uns das Evangelium. Und diese Gnade, die uns die frohe Botschaft verkündigt, sollte unsere Herzen bewegen, Christus mehr zu lieben und Christus mehr zu verherrlichen, der sich über uns erbarmt; sie sollte uns dazu bewegen, Christus anzubeten, statt uns selbst anzubeten. Das ist Umkehr! Das ist der Weg der Buße. Lassen wir zu, dass Christus in uns lebendig ist und lebendig wirkt. Möge er in uns Selbsterkenntnis und Umkehr bewirken.
In den Versen 5-8 kommen mehrfach die Worte tüchtig/untüchtig und Variationen davon vor. Andere Bibelübersetzungen verwenden bewährt/nicht bewährt.
Was Paulus klar machen möchte ist, dass Christus in all denen ist, die bewährt sind. Und Paulus hofft natürlich, dass die Korinther endlich erkennen, dass Paulus und seine Mitarbeiter nicht unbewährt waren! Allerdings war es ihm laut Vers 7 viel wichtiger, dass die Korinther sich als Bewährte erwiesen. Er selbst war bereit, als Unbewährt zu gelten, Hauptsache sie mieden das Böse und entscheiden sich für das Gute. Vers 9: „Wir freuen uns ja, wenn wir schwach sind und ihr mächtig seid. Um dies beten wir auch, um eure Vollkommenheit.“
Wie schön wäre es, wenn die Korinther sich effektiv prüfen und Konsequenzen daraus ziehen könnten. Wenn sie das Böse meiden und das Gute suchen würden! Dann würde der dritte Besuch von Paulus auch viel angenehmer werden. Vers 10: „Deshalb schreibe ich auch dies aus der Ferne, damit ich nicht, wenn ich anwesend bin, Strenge gebrauchen muss nach der Vollmacht, die mir der Herr gegeben hat, zu erbauen, nicht zu zerstören.“
Das Wohl der Korinther lag Paulus am Herzen. Seine Liebe zu ihnen kommt auch durch seinen Abschiedsgruß zum Ausdruck. Verse 11-13: „Zuletzt, liebe Brüder, freut euch, lasst euch zurechtbringen, lasst euch mahnen, habt einerlei Sinn, haltet Frieden! So wird der Gott der Liebe und des Friedens mit euch sein. Grüßt euch untereinander mit dem heiligen Kuss. Es grüßen euch alle Heiligen. Die Gnade unseres Herrn Jesus Christus und die Liebe Gottes und die Gemeinschaft des Heiligen Geistes sei mit euch allen!“
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