Predigt: 2. Korinther 11,16 – 33

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Paulus rühmte sich seiner Schwachheit

Wenn ich mich denn rühmen soll, will ich mich meiner Schwachheit rühmen.“

(30)

Im heutigen Text tut Apostel Paulus etwas höchst Ungewöhnliches, etwas, das ihm selbst eigentlich zuwider ist und das er selbst mehrfach als „töricht“ bezeichnet: er rühmt sich selbst. Das klingt umso erstaunlicher, wenn wir daran denken, dass er am Ende von Kap. 11 geschrieben hatte: „Wer sich rühmt, der rühme sich des Herrn“ (11,17). Aber Paulus sieht sich nun dazu genötigt, sich selbst zu rühmen, weil die falschen Apostel durch ihr vieles Rühmen die Korinther geblendet und in ihren Bann gezogen hatten. Und noch erstaunlicher als die Tatsache, dass Paulus sich rühmte, ist, wessen er sich rühmte; denn Paulus zählt nicht etwa seine großartigen geistlichen Erfolge auf, sondern fasst kurz zusammen, wie er Gott unter verschiedenen Leiden in Schwachheit gedient hat. Am Ende des Textes sagt er: „Wenn ich mich denn rühmen soll, will ich mich meiner Schwachheit rühmen“ (30). Was bedeutet das? Lasst uns dieses Rühmen von Paulus gut verstehen und erkennen, wieso er dadurch doch Gott ehren und den Korinthern helfen konnte!

Wie leitet Paulus diesen besonderen Abschnitt ein? Betrachten wir den Text. Vers 16 sagt: „Ich sage abermals: Niemand halte mich für töricht; wenn aber doch, so nehmt mich an als einen Törichten, damit auch ich mich ein wenig rühme.“ Paulus bat die Korinther um Verständnis, wenn er ihnen töricht verkäme, wenn er sich nun ein wenig rühmen würde. Er war sich bewusst, dass er dabei nicht dem Herrn gemäß, sondern wie in Torheit redete. Denn er wusste, dass nur Gott zu rühmen ist, und dass alles, was uns an uns lobenswert erscheint, wir nur durch Gottes Gnade von ihm bekommen haben.

Warum wollte Paulus sich dann doch selbst rühmen? Vers 18 sagt: „Da viele sich rühmen nach dem Fleisch, will ich mich auch rühmen.“ Paulus wollte sich wegen den vielen rühmen, die in der Korinther Gemeinde sich selbst nach dem Fleisch rühmten. Dabei spielt er auf die neuen Lehrer an, die nach seinem Weggang in die Gemeinde gekommen waren, die er in Vers 13 „falsche Apostel“ und „betrügerische Arbeiter“ genannt hat. Sie rühmten sich viel ihrer menschlichen Herkunft, ihrer Fähigkeiten und ihrer Qualifikation. Wollte Paulus sich nun rühmen, um sein eigenes Ansehen in der Gemeinde aufzubessern? Ging es ihm am Ende doch um sich selbst? Betrachten wir die Verse 19-21: „Denn ihr ertragt gerne die Narren, ihr die ihr klug seid! Ihr ertrag es, wenn euch jemand knechtet, wenn euch jemand ausnützt, wenn euch jemand gefangen nimmt, wenn euch jemand erniedrigt, wenn euch jemand ins Gesicht schlägt. Zu meiner Schande muss ich sagen, dazu waren wir zu schwach!“ Paulus wusste, dass die falschen Lehrer auf die Korinther einen schlechten Einfluss ausübten. Sie dienten nicht den Menschen in der Gemeinde, sondern nahmen sie gefangen und ließen sich von ihnen dienen, nutzten sie für ihre eigene Ziele aus und erniedrigten sie, anstatt als sie als Gottes Kinder mit Respekt und Liebe zu behandeln. Und wenn sie sich nach ihrem Maßstab nicht richtig verhielten, schlugen sie ihnen sogar ins Gesicht. So etwas hätte Paulus nie zu tun gewagt. Warum ließen die Korinther Gläubigen das mit sich machen? Die falschen Lehrer hatten sie dadurch, dass sie sich oft ihrer eigenen Qualitäten rühmten, allzu sehr von sich beeindruckt. Die Korinther ließen sich blenden von ihren menschlichen Eigenschaften, ihrer jüdischen Abstammung, ihrem rhetorischen Geschick und ihren Empfehlungsschreiben, sodass sie gar nicht merkten, dass sie von ihnen erniedringt und ausgenutzt wurden. Paulus muss es im Herzen wehgetan haben, wenn er daran dachte, dass seine geliebten Kinder in Korinth von den falschen Lehrern so ausgenutzt und misshandelt wurden. Nun wird uns klar, warum er sich genötigt sah, sich selbst auch zu rühmen, obwohl das eigentlich ungeistlich ist. Durch den Vergleich mit Paulus‘ Beispiel sollten sie in die Lage kommen, die falschen Lehrer in einem andern Licht zu sehen, Paulus wollte sie sozusagen „entzaubern“ und dadurch den Korinthern helfen, aus ihrer fatalen Abhängigkeit von ihnen herauszukommen.

Wie begann Paulus damit? Er sagt in den Versen 21b und 22: „Wo einer kühn ist – ich rede in Torheit -, da bin ich auch kühn. Sie sind Hebräer – ich auch! Sie sind Israeliten – ich auch! Sie sind Abrahams Kinder – ich auch!“ Paulus fasste Mut und ging zuerst auf das Thema der Abstammung ein. Die falschen Apostel betonten offenbar bei den Korinthern, die zum größten Teil Heiden gewesen waren, dass sie Hebräer waren, Israeliten, die von Abraham abstammten und somit zu Gottes Volk des Alten Testaments gehörten. Daraus leiteten sie eine besondere Autorität ab. Paulus‘ Antwort auf ihre Prahlerei war: „Ich auch!“

Nun geht Paulus auf ihr noch stärkeres Argument ein als ihre Abstammung. Im Vers 23a zitiert er ihre Behauptung, dass sie „Diener Christi“ seien. In den Versen 13-15 hatte Paulus schon klar gemacht, dass sie in Wirklichkeit falsche Apostel und betrügerische Arbeiter waren und sich nur als Apostel Christi verstellten. Aber weil die Korinther so in ihren Bann geraten waren, geht Paulus auf ihre Behauptung, Diener Christi zu sein, ein – und stellt für sie zum Vergleich sein eigenes Leben daneben und sagt: „… ich rede töricht: ich bin’s weit mehr!“

Wie sah Paulus‘ Leben als Diener Christi aus? Betrachten wir die Verse 23-27 (lesen lassen): Sie sind Diener Christi – ich rede töricht: ich bin’s weit mehr! Ich habe mehr gearbeitet, ich bin öfter gefangen gewesen, ich habe mehr Schläge erlitten, ich bin oft in Todesnöten gewesen. Von den Juden habe ich fünfmal erhalten vierzig Geißelhiebe weniger einen; ich bin dreimal mit Stöcken geschlagen, einmal gesteinigt worden; dreimal habe ich Schiffbruch erlitten, einen Tag und eine Nacht trieb ich auf dem tiefen Meer. Ich bin oft gereist, ich bin in Gefahr gewesen durch Flüsse, in Gefahr unter Räubern, in Gefahr unter Juden, in Gefahr unter Heiden, in Gefahr in Städten, in Gefahr in Wüsten, in Gefahr auf dem Meer, in Gefahr unter falschen Brüdern; in Mühe und Arbeit, in viel Wachen, in Hunger und Durst, in viel Fasten, in Frost und Blöße.“ Hier hat Paulus sein Leben als Diener Christi skizzenhaft beschrieben. Dabei hat er nicht seine Fähigkeiten oder seine großen geistlichen Erfolge aufgezählt, sondern kurz beschrieben, wie er unter vielen Mühen, Entbehrungen und Leiden für Jesus und sein Evangelium gelebt hat. Es ist die einzige Stelle, in der wir so viel über Paulus‘ Leiden während seinem Dienst für Jesus erfahren. Lukas berichtet uns in der Apostelgeschichte etwa nur von einer Geißelung von Paulus, aber hier erfahren wir, dass er fünfmal von den Juden 39 Geißelhiebe erhalten hat. Wie wir wissen, konnte schon ein einziger Geißelhieb einen Mann schwerstem Maß verletzen, solche Geißelungen konnten durchaus tödlich verlaufen. Aber Paulus hat bei seinem Dienst für Jesus und sein Evangelium fünfmal diese unvorstellbare Tortur erlebt. Außerdem wurde er auch von Heiden mit Stöcken geschlagen, was ihm eigentlich als römischen Staatsbürger nicht angetan werden durfte, aber darauf wurde keine Rücksicht genommen. In Lystra wurde Paulus gesteinigt (Apg 14,19); dreimal erlitt Paulus Schiffbruch. Außer den harten Verfolgungen geriet Paulus oft aus anderen Gründen in Lebensgefahr, zum Beispiel wenn er Flüsse oder Wüsten durchqueren musste oder von Räubern bedroht wurde. Darüber hinaus litt er oft unter Hunger und Durst, in Frost und Blöße, obwohl er so oft wie möglich arbeitete, um Geld zu verdienen. Er lebte auch mit viel Wachen und Fasten entbehrungsreich.

Welche Leiden ertrug Paulus noch außer diesen physischen Leiden? Betrachten wir die Verse 28 und 29: und außer all dem noch das, was täglich auf mich einstürmt, und die Sorge für alle Gemeinden. Wer ist schwach, und ich werde nicht schwach? Wer wird zu Fall gebracht, und ich brenne nicht?“ Außer den Bedrängnissen von außen stürmte auf ihn täglich vieles ein, das ihn innerlich bedrängte – viele Probleme, die beim Dienst für das Evangelium gelöst und überwunden werden mussten, und viele Nachrichten, von denen er hörte. Paulus hatte keine Macht und Einfluss in der Welt und keine große Gemeinde, die ihn ständig unterstützte. Paulus hatte selbst viele Gemeinden gegründet und hatte sehr viele Bibelschüler, die er in seinem Herzen trug – bestimmt mehrere hundert in seinen Gemeinden, die er kannte. Er betete täglich für sie und ihr geistliches Leben. Wenn sie im Glauben lebten und wuchsen, hatte er bestimmt große Freude. Aber wenn sie schwach wurden, wurde er auch schwach und innerlich bedrängt. Wenn jemand zu Fall gebracht wurde und vom Weg des Glaubens abkam, war er nicht nur etwas betrübt, sondern brannte innerlich. Dieser Ausdruck erinnert an das Brennen, das David beschreibt, als er unter seiner eigenen Sünde litt, bevor er sie vor Gott bekannte. So intensiv litt Paulus mit, wenn einer seiner Bibelschüler vom Glaubensweg abkam und geistlich umherirrte. Darin zeigt sich seine intensive Liebe zu ihnen und seine herzliche Anteilnahme, mit der er dem Evangeliumswerk und damit den Menschen diente.

Wenn wir Paulus Bericht lesen, können wir uns fragen: Wie konnte er so leben? Was motivierte ihn dazu und woher hatte er die Kraft, so hingebungsvoll sich für Jesus einzusetzen und all die Entbehrungen auf sich zu nehmen? Auf den ersten Blick könnte man denken, dass Paulus eine Art Superman gewesen sein muss, der alles überwinden und alles tun kann. Er sieht aus wie ein Super-Heroe, dem nichts zu schwer ist und dem kein Leiden wirklich etwas ausmacht. Aber wenn wir diesen Abschnitt sorgfältig lesen, wird uns klar, dass Paulus die Leiden sehr wohhl viel ausmachten, ihm nachgingen und ihm innerlich zusetzten. Geißelung, Steinigung, Todesgefahren und auch die Sorge um die von ihm gegründeten Gemeinden belasteten ihn, machten ihn manchmal schwach und hilflos.

Wie anders war Paulus‘ Leben als das der falschen Lehrer! Die falschen Lehrer haben die Korinther ausgenutzt, haben sie gefangengenommen und geknechtet und wollten sie irgendwie unter Kontrolle bringen, um Macht ausüben in der Gemeinde. Für sie waren die Menschen ein Mittel, um ihr Ansehen und sogar ihren materiellen Gewinn zu fördern. Aber Paulus liebte sie wirklich. Er war wie ein Vater, der brannte, wenn die Kinder in Not geraten, und gab alles, um sie zu retten. Er lebte wirklich für sie, er lebte wirklich ganz für Jesus.

Was sagt Paulus selbst dazu? Betrachten wir den Vers 30: „Wenn ich mich denn rühmen soll, will ich mich meiner Schwachheit rühmen.“ Hier macht Paulus klar, dass er selbst nicht stark war und sein hingebungsvolles Leben durch seine eigene Kraft und Fähigkeit möglich waren. Paulus wollte auf keinen Fall durch die Beschreibung seines hingebungsvollen Lebens für Jesus die Ehre und den Ruhm für sich selbst in Anspruch nehmen, der eigentlich Jesus gebührt. Er betont, dass er selbst schwach ist; er rühmt sich vielmehr seiner Schwachheit. Er ruft sogar Gott, den Vater des Herrn Jesus, als Zeugen dafür an, dass es stimmt! Er sagt im Vers 31: „Gott, der Vater, des Herrn Jesus, der gelobt sei in Ewigkeit, weiß, dass ich nicht lüge.“ Dann fügt er als letztes Beispiel seine unrühmliche Flucht aus Damaskus an. Als er vom Statthalter des Königs verfolgt wurde, wurde er schließlich wie ein Gepäckstück durchs Fenster die Mauer hinabgelassen und floh vor den Verfolgern. Paulus stellte sich nicht als einen Helden dar, sondern rühmte sich seiner eigenen Schwachheit. Er konnte sich seiner Schwachheit rühmen, weil er die Gnade Jesu kannte, die ihn annahm, wie er war. Er wollte sich gern seiner Schwachheit rühmen, weil er die Kraft Jesu erlebte, die stark war, die ihn selbst von einem entschiedenen Gegner Jesu zu einem entschiedenen Diener Christi verändert hatte und die jeden Umstand und das Herz jedes Menschen verändern kann. Paulus wollte sich gern seiner Schwachheit rühmen, weil er wollte, dass Jesus und die Kraft seiner Gnade gerühmt werden. Dadurch dass Paulus beschreibt, wie er in Leiden und Schwachheit Jesus gedient hat, zeigt er, dass sein Leben großeo Ähnlichkeit mit dem Leben Jesu Christi hat, der in Niedrigkeit und Schwachheit kam und unter größten Leiden die Erlösung von uns Menschen vollbracht hat. So hat Paulus‘ Leben Gott geehrt und auf die Kraft seiner Gnade hingewiesen. Daher führte Paulus‘ Rühmen seiner Schwachheit zu einem Rühmen und Verherrlichung der Gnade Jesu Christi und seiner Kraft, die ihn zu diesem Leben motivierte und befähigte und die jeden Christen zu so einem hingegebenen Leben motivieren und befähigen kann.

Wir neigen dazu, uns auf uns selbst zu verlassen und aus unserer Kraft zu leben. Wenn wir aus einer ichbestimmten Motivation und aus unserer eigenen Kraft heraus Gott dienen, können wir die Grenze unserer eigenen Motivation und Kraft nicht überwinden. Wenn wir aber die Gnade Jesu wie Paulus von ganzem Herzen annehmen und uns ganz auf ihn verlassen und uns ganz für ihn hingeben, können wir seine Kraft jeden Tag erfahren und hingegeben und mächtig für ihn leben. Möge Gott uns helfen, angesichts der Gnade Jesu und seiner Kraft uns unsere Schwachheit zuzugeben und ganz im Vertrauen auf die Kraft der Gnade Jesu entschieden und hingebungsvoll für ihn zu leben und seine Gnade und Kraft jeden Tag reichlich zu erleben! Lesen wir nochmals das Leitwort: „Wenn ich mich denn rühmen soll, will ich mich meiner Schwachheit rühmen.“

 

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