Samuel, Samuel!
„Da kam der Herr und trat herzu und rief wie vorher: Samuel, Samuel!
Und Samuel sprach: Rede, denn dein Knecht hört.”
(1.Sam 3,10)
Am letzten Sonntag haben wir gehört, wie Gott sich über das Elend von Hanna erbarmte und ihr Gebet erhörte, sodass sie Samuel zur Welt bringen konnte. Hanna erfüllte ihr Gelübde und brachte Samuel in jungem Alter zur Stiftshütte, damit er dort als ein Diener Gottes erzogen würde. Im heutigen Text erfahren wir, wie Samuel sich weiter entwickelte, wie die Zeit von Samuel war und wie Gott Samuel schließlich als seinen Knecht berief und kostbar gebrauchte. Möge Gott uns helfen, die Bedeutung eines jungen Menschen vor Gott zu erkennen! Möge Gott jeden von uns durch sein Wort persönlich ansprechen!
Teil 1: Die Bosheit der Söhne Elis (2,12-36)
Unser heutiger Text beginnt mit einer detaillierten Schilderung der Bosheit der beiden Söhne Elis, die an der Stiftshütte als Priester fungierten. Vers 12 sagt: „Aber die Söhne Elis waren ruchlose Männer; die fragten nichts nach dem Herrn“. Obwohl sie ein geistliches Amt bekleideten, fragten Elis Söhne nicht nach Gott und interessierten sich nicht für seinen Willen. Als Priester hatten sie die wichtige Aufgabe, die Opfer der Menschen in der vorgeschriebenen Weise vor Gott darzubringen. Weil die Darbringung der Opfer im Alten Bund die entscheidende Rolle für die Beziehung zwischen Gott und den Menschen spielte, hatte Gott im Gesetz sehr genau geregelt, auf welche Weise die unterschiedlichen Opfer dargebracht werden mussten und welche Teile den Priestern als Anteil zustanden. Aber Elis Söhne ignorierten Gottes Anweisungen und nahmen sich von den Opfern, was sie wollten. Sie stellten ihre Lust nach einem bestimmten Mittagessen über Gottes heiliges Gebot. Wenn jemand dagegen Einspruch erhob und darum bat, dass sein Opfer vorschriftsmäßig dargebracht werden sollte, ließen sie ihre Diener sogar Gewalt androhen. Auf diese Weise missbrauchten sie in krasser Weise ihr Amt als Priester. Vor allem verachteten sie direkt den lebendigen Gott, dem die Opfer gehörten und der im Gesetz klar gesagt hatte, in welcher Weise sie diese darzubringen hatten. Vers 17 sagt zusammenfassend: „So war die Sünde der Männer sehr groß vor dem Herrn; denn sie verachteten das Opfer des Herrn.“
Was sagt unser Text dagegen über den jungen Samuel? Im Vers 18 heißt es: „Samuel aber war ein Diener vor dem Herrn, und der Knabe war umgürtet mit einem leinenen Priesterschurz.“ Die Beschreibung Samuels steht in einem krassen Kontrast zur Beschreibung von Elis Söhnen. Obwohl Samuel noch sehr jung war, war er ein Diener vor dem Herrn. Wohl am wichtigsten ist dabei der Ausdruck „vor dem Herrn“. Samuel war nicht nur ein Diener Gottes – das waren Eli und seine Söhne formal gesehen auch –, sondern Samuel war „ein Diener vor dem Herrn“. In Vers 21b heißt es: „Aber der Knabe Samuel wuchs auf bei dem Herrn.“ Und Vers 26 sagt auch: „Aber der Knabe Samuel nahm immer mehr zu an Alter und Gunst bei dem HERRN und bei den Menschen.“ Samuel lebte von klein auf vor Gott. Er hatte Ehrfurcht vor Gott. Er hatte täglich Gemeinschaft mit Gott und lebte vor Gottes Augen.
Konnte Samuel so leben, weil in seinem Leben alles leicht und wunschgemäß war? Vers 19 berichtet, dass Samuel seine Mutter Hanna nur einmal im Jahr sehen konnte, wenn sie nämlich zum jährlichen Opfer nach Silo kam. Dann bekam er von ihr als Geschenk ein selbst gemachtes Kleidungsstück. Danach musste Samuel wieder ein Jahr lang von seiner Mutter und von seinem Vater getrennt leben. Samuel hätte leicht die anderen Kinder beneiden können, die nicht an der Stiftshütte leben sollten, sondern ein ganz normales Leben bei ihren Eltern führen. Aber wir erfahren nichts davon, dass Samuel auf andere neidisch war. Er liebte Gott und bemühte sich täglich darum, Gott zu gefallen.
Ebenso hat auch Hanna ihr Gelübde, dass sie Gott ihren Sohn sein Leben lang geben würde, nicht bereut. Ihr Wohnort Rama lag so nah bei Silo, dass sie in ein paar Stunden dorthin laufen konnte. Daher hätte Hanna ihren Sohn eigentlich leicht jede Woche oder wenigstens jeden Monat besuchen können. Aber Hanna ging wie früher nur einmal im Jahr nach Silo, um das jährliche Opfer darzubringen. Dies zeigt, dass sie ihr Gelübde vor Gott sehr ernst nahm und es ohne Kompromisse halten wollte. Als sie Gott auf diese Weise ehrte, segnete Gott sie damit, dass er sie fruchtbar machte, sodass sie außer Samuel noch drei weitere Söhne und zwei Töchter bekam (20.21). Als Hanna Gott ehrte, schenkte Gott ihr seine Anerkennung und großen Segen.
Wie ermahnte Eli seine beiden Söhne, als er von ihren Sünden erfuhr? Die Verse 22-25 sagen: „Eli aber war sehr alt geworden. Wenn er nun alles erfuhr, was seine Söhne ganz Israel antaten und dass sie bei den Frauen schliefen, die vor der Tür der Stiftshütte dienten, sprach er zu ihnen: Warum tut ihr solche bösen Dinge, von denen ich höre im ganzen Volk? Nicht doch, meine Söhne! Das ist kein gutes Gerücht, von dem ich reden höre in des HERRN Volk. Wenn jemand gegen einen Menschen sündigt, so kann es Gott entscheiden. Wenn aber jemand gegen den HERRN sündigt, wer soll es dann für ihn entscheiden? Aber sie gehorchten der Stimme ihres Vaters nicht; denn der HERR war willens, sie zu töten.“ Als Eli von den schweren Sünden seine Söhne erfuhr, tadelte er sie nur behutsam und schwach. Elis Tadel klingt so, als ob es sich nur um ein leichtes Vergehen handeln würde. Aber tatsächlich verachteten sie durch ihr Verhalten Gott in krasse Weise, und zwar nicht ab und zu aus Versehen, sondern täglich und absichtlich. Daher standen die Ermahnung Elis und ihre Sünde nicht annähernd im richtigen Verhältnis. In Anbetracht ihrer schweren Sünde gegen Gott hätte Eli mit allen zur Verfügung stehenden Mitteln reagieren sollen, um sie aus der Sünde herauszuholen und vor den drohenden Folgen zu bewahren. Er hätte ihnen zum Beispiel den Priesterdienst untersagen und sie zu Hause rauswerfen können, damit sie aufwachen und Buße tun würden. Aber das tat Eli nicht.
Warum tadelte Eli seine Söhne nicht in angemessener Weise? Zum einen erachtete Eli ihre Sünde offenbar für nicht so schlimm. In seinen Worten spricht er mehrfach davon, was die Leute über sie sagten. Es war ihm offenbar wichtiger, was die Menschen über ihn und seine Familie dachten, als was Gott über sie dachte. Es ging ihm mehr um das Ansehen seiner Person und Familie als um die Ehre Gottes.
Zum anderen verschonte Eli seine Söhne vor Tadel und harter Behandlung wohl aus falsch verstandener Liebe. Er liebte seine Söhne in einer Weise, dass er ihnen nicht wehtun und sie auf keinen Fall verletzen wollte. Er wollte wohl auch die Anerkennung und Liebe seiner Söhne nicht verlieren. So eine Liebe ist keine wahre Liebe. Durch seine Liebe trug er letztlich dazu bei, dass sie unbeirrt weiter sündigten und sich unweigerlich Gottes Gericht zuzogen.
Wir sollen unsere Kinder nicht so lieben wie Eli, der sie in der Sünde gewähren ließ und sie dadurch ins Unheil laufen ließ. Sprüche 23,13 und 14 lauten: „Lass nicht ab, den Knaben zu züchtigen; denn wenn du ihn mit der Rute schlägst, so wird er sein Leben behalten; du schlägst ihn mit der Rute, aber du errettest ihn vom Tode.“ Unsere Liebe soll wahrhaftig sein und dem Vorbild der Liebe Gottes entsprechen. Die Stelle in Hebräer 12,6 sagt: „Denn wen der Herr lieb hat, den züchtigt er, und er schlägt jeden Sohn, den er annimmt.“ Gottes Liebe ist eine erziehende Liebe, die uns nicht unbeirrt sündigen lässt, sondern die aktiv auf unsere Buße und Veränderung hin wirkt, um uns von der Sünde und dem Tod zu erretten. Wir sollen Gottes Liebe stets annehmen und auch mit wahrer Liebe lieben lernen.
Wie reagierte Gott, als Elis Söhne unbeirrt immer weiter sündigten und Eli sie nicht davon abhielt? In den Versen 27-36 wird berichtet, wie Gott durch einen Mann Gottes Eli tadelte und das Gericht über sein Haus ankündigte. Gott erinnerte Eli zunächst daran, was für ein großes Privileg er und seine Familie damit bekommen hatten, dass sie seine Priester sein durften. Danach sagte Gott: „Warum tretet ihr denn mit Füßen meine Schlachtopfer und Speisopfer, die ich für meine Wohnung geboten habe? Und du ehrst deine Söhne mehr als mich, dass ihr euch mästet von dem Besten aller Opfer meines Volkes Israel.“ Gott tadelte nicht nur Elis Söhne, sondern auch Eli selbst. Gott warf Eli vor, dass er wusste, dass seine Söhne Gottes Opfer und damit ihn selbst verachteten, dass er aber nicht entschieden dagegen vorging. Gott tadelte ihn, weil er seine Söhne mehr ehrte als Gott. Hier wird ganz deutlich, dass Elis „Liebe“ zu seinen Söhnen keine rechte Liebe war. Wenn Eli echte Liebe gehabt hätte, hätte er alles getan, um seine Söhne zur Buße zu bringen und vor dem drohenden Gericht zu bewahren. Hier erkennen wir, dass wir unsere Kinder und unsere Nächsten überhaupt nur richtig lieben können, wenn wir Gott lieben. Wenn wir Gott lieben, können wir alles, was sie vor Gott gut machen vom Herzen loben und sie so zum Guten ermutigen. Andererseits haben wir, wenn wir Gott lieben, heiligen Zorn auf die Sünde und werden bei fortgesetzter Sünde alles tun, um ihnen zu helfen, dass sie davon umkehren können, auch wenn uns das selbst weh tut und wir unsere Beziehung vorübergehend belasten.
Genau das tat Eli aber nicht, weil er seine Söhne in Wirklichkeit mehr ehrte als Gott. Einen Menschen mehr zu ehren als Gott, bedeutet dass man die gesamte Schöpfungsordnung auf den Kopf stellt, es ist Götzendienst, auch wenn es um die eigenen Kinder geht. Welches Gericht zog er sich und seiner Familie dadurch zu? Betrachten wir die Verse 30-36. Gott wollte Elis Haus richten, sodass fast alle Nachkommen früh sterben würden. Fast keiner seiner Nachkommen sollte alt werden. Als Zeichen dafür, dass diese Ankündigung wahr war, würden die beiden Söhne Elis an einem Tag sterben. Nach welchem Prinzip würde Gott Elis Familie bestrafen? Gott sagt im Vers 30: „Wer mich ehrt, den will ich auch ehren; wer aber mich verachtet, der soll wieder verachtet werden.“ Gott sieht auf unser Herz, auf unser Motiv. Wer Gott ehrt, den wird Gott auch ehren. Wer dagegen Gott verachtet, der wird auch verachtet werden. Nach diesem Prinzip hat Gott Hanna geehrt und gesegnet, die Gott dadurch ehrte, dass sie ihr Gelübde hielt, und hat ihr fünf weitere Kinder gegeben. Nach dem gleichen Prinzip hat Gott die Familie von Eli behandelt, die Gott durch ihre Einstellung und ihr Verhalten allesamt nicht.
Nachdem der Mann Gottes Eli Gottes Gericht über sein Haus detailliert angekündigt und begründet hatte, könnten wir erwarten, dass Eli zumindest jetzt betroffen sein und seine Söhne entschlossen ermahnen würde. Aber Eli unternahm trotz Gottes starker Warnung nichts dafür, um seine Söhne von ihrer Sünde abzubringen, jedenfalls nichts, was für die Bibel erwähnenswert wäre. Das ist bezeichnend für das geistliche Leben von Eli. Eli war von Gott als Hoherpriester eingesetzt und dadurch mit dem wichtigsten geistlichen Amt betraut worden. Eli kannte die Schrift und er empfing sogar von Gott eine Offenbarung, die ganz persönlich an ihn gerichtet war. Aber Eli reagierte nicht auf Gottes Wort. Weil er auf Gottes Worte nicht reagierte, konnte Gott ihm und seiner Familie nicht helfen. Noch weniger konnte Gott ihn dafür gebrauchen, um seinem Volk zu helfen, das dringend geistliche Erneuerung und dafür Gottes Worte brauchte. Was tat Gott dann in dieser verzweifelten Lage? Lasst uns das im zweiten Teil betrachten!
Teil 2: Gott beruft Samuel (3,1-21)
Nachdem die letzten zwei Abschnitte von Kap. 2 hauptsächlich von der Sünde von Eli und seinen Söhnen gehandelt haben, handelt Kap. 3 von der Berufung Samuels. Wie war die geistliche Lage der damaligen Zeit? Vers 1 sagt: „Und zu der Zeit, als der Knabe Samuel dem Herrn diente unter Eli, war des Herrn Wort selten und es gab kaum noch Offenbarung.“ Es war eine Zeit, in der Gottes Wort selten war. Woran lag das? Es lag nicht daran, dass Gott etwa keinen Wunsch mehr gehabt hätte, die Menschen anzusprechen, sondern vielmehr daran, wie die Menschen damals eingestellt waren und leben wollten.
Erinnern wir uns kurz daran, was wir im Buch Richter über die Lebensweise der Menschen in jener Zeit erfahren haben. In Richter Kap. 17 haben wir von einem Mann namens Micha erfahren, der sich ein Götzenbild gemacht und es in seinem Haus aufgestellt hat. Dann fand er einen Leviten und einigte sich auf ein bestimmtes Gehalt, für welches der fortan sein Priester sein sollte. Diese Schilderung ist ein Beispiel dafür, wie die Menschen sich vom wahren Gott abwandten und selber bestimmten, wer für sie Gott sein sollte und auf welche Weise sie ihrem „Gott“ dienen wollten. Es war also eine Zeit des völligen geistlichen Verfalls. In Kap. 19 haben wir gelesen, wie ein Mann seine junge Nebenfrau, die von ihm weggelaufen war, zurückholen wollte. Als sie auf dem Heimweg in einer Stadt in Benjamin übernachten wollten, wurde er von den Männern der Stadt gezwungen, seine Frau herauszugeben, und seine Frau wurde von ihnen in jener Nacht so brutal missbraucht, dass sie auf der Schwelle des Hauses starb. Diese Zeit war also auch von schwerem moralischem Verfall gekennzeichnet. Zusammenfassend sagt Richter 21,25: „Zu der Zeit war kein König in Israel; jeder tat, was ihn recht dünkte.“ Es war eine chaotische Zeit, in der die Menschen keinen richtigen Maßstab mehr für ihr Leben hatten und jeder machte, was er wollte.
In so einer Zeit brauchen die Menschen dringend Gottes Wort, das allein ihren Blick auf Gott lenken und ihnen geistliche Orientierung und Maßstab für ihr Leben geben kann. Doch wen könnte Gott dafür gebrauchen? Über den Hohenpriester Eli sagt Vers 2: „Und es begab sich zur selben Zeit, dass Eli lag an seinem Ort, und seine Augen hatten angefangen, schwach zu werden, sodass er nicht mehr sehen konnte.“ Dass Eli allmählich blind wurde, beschreibt nicht nur seinen körperlichen Verfall, sondern anschaulich auch seine geistliche Blindheit und Hilflosigkeit. Damit war derjenige, der eigentlich dafür in Frage kam, für eine Erneuerung des Volkes mitzuwirken, selbst hilflos und für Gottes Werk nicht zu gebrauchen. Die Lage von Gottes Volk sah daher wirklich hoffnungslos aus.
Aber bei Gott gibt es selbst in der dunkelsten Zeit Hoffnung! Im Vers 3 erfahren wir erstaunlicherweise: „Die Lampe Gottes war noch nicht verloschen. Und Samuel hatte sich gelegt im Heiligtum des Herrn, wo die Lade Gottes war.“ Inmitten der dunklen Zeit gab es doch noch Hoffnung, weil die Lampe Gottes noch nicht verloschen war. Vordergründig bezieht sich dieses Wort auf den Leuchter, der in der Stiftshütte stand und der nach wie vor brannte. Aber unmittelbar im nächsten Satz wird unser Blick auf Samuel gelenkt, der Tag und Nacht im Heiligtum des Herrn lebte, wo die Lade Gottes mit dem Wort Gottes war. Gott hatte noch Hoffnung für sein Volk, weil es einen jungen Menschen gab, der vor Gott lebte und Gottes Wort hoch achtete.
Wie berief Gott Samuel in jener Nacht? Betrachten wir die Vers 4 und 5: „Und der Herr rief Samuel. Er aber antwortete: Siehe, hier bin ich! und lief zu Eli und sprach: Siehe, hier bin ich! Du hast mich gerufen. Er aber sprach: Ich habe nicht gerufen; geh wieder hin und lege dich schlafen. Und er ging hin und legte sich schlafen.“ Gott rief Samuel in jener Nacht mit seinem Namen. Gott rief Samuel ein zweites und ein drittes Mal „Samuel!“, aber jedes Mal lief Samuel zu Eli, weil er meinte, dass der ihn gerufen habe. Samuel war jederzeit bereit, zu reagieren, wenn er gerufen wurde. Aber er hatte Gottes Wort noch nicht persönlich empfangen und konnte Gottes Stimme nicht erkennen. Beim dritten Mal schließlich erkannte Eli, dass Gott Samuel rief, und sagte zu ihm: „Geh wieder hin und lege dich schlafen; und wenn du gerufen wirst, so sprich: Rede, Herr, denn dein Knecht hört“ (9). Samuel ging hin und legte sich wieder an seinen Ort. Was passierte daraufhin? Vers 10 berichtet: „Da kam der Herr und trat herzu und rief wie vorher: Samuel, Samuel! Und Samuel sprach: Rede, denn dein Knecht hört.“
Warum berief Gott Samuel? Gott suchte inständig einen Menschen, den er gebrauchen konnte, um sein Volk zu erreichen, das sich ohne Gottes Wort von ihm immer weiter entfernte. Gott suchte einen Menschen, der bereit war, auf Gottes Worte zu reagieren und sie treu weiterzugeben. Gott suchte jemanden, der wie ein Sprachrohr seine Botschaft an das ganze Volk weiterleiten würde. Mit so einem inständig suchenden Herzen rief Gott wiederholt: „Samuel, Samuel!“
Samuel war bei seiner Berufung noch jung, vielleicht zwölf, dreizehn oder vierzehn Jahre alt. Warum berief Gott gerade Samuel, obwohl er noch so jung war? Samuels Verhalten bei der Berufung zeigt, dass er ein Mensch war, der bereit war, auf den Ruf zu reagieren. Selbst als er noch dachte, dass ihn nur sein Lehrer Eli rufen würde, sagte er jedes Mal sofort: „Hier bin ich!“ und stand mitten in der Nacht auf und kam dienstbereit zu ihm. Als er begriff, dass Gott selbst ihn rief, reagierte er bereitwillig, indem er sagte: „Rede, denn dein Knecht hört.“ Gott berief Samuel also darum, weil er ein Mensch war, der auf Gottes Wort reagierte. In diesem Punkt war Samuel ganz anders als Eli. Eli hatte zwar umfangreiche Kenntnisse und Erfahrungen, aber er reagierte nicht auf Gottes Wort, selbst als es ganz persönlich an ihn gerichtet war. Samuel war noch sehr jung und unerfahren im Umgang mit den Menschen und auch im Dienst für Gott. Samuel konnte noch nicht einmal die Stimme Gottes von der Stimme eines Menschen unterscheiden. Doch trotzdem berief Gott Samuel, weil Gott wusste, dass Samuel auf Gottes Wort reagierte.
Wir leben in einer Zeit, die der Zeit von Samuel sehr ähnlich ist. Die meisten Menschen haben sich von Gott abgewandt und fragen nicht mehr nach ihm. Sie wollen die überlieferten geistlichen und moralischen Werte nicht anerkennen, sondern wollen selbst bestimmen, was sie glauben und wie sie leben wollen. Eine Folge davon ist der immer weiter voranschreitende Verfall der Moral, der sich im Bewusstsein und im Verhalten der Menschen ausdrückt und dem unsere Gesetze immer weiter angepasst werden. Zum Beispiel soll ein neues Gesetz das Erbrecht so ändern, dass die gleichgeschlechtliche Lebensgemeinschaft der „klassischen“ Ehe weitgehend gleichgestellt wird. Wegen der Wirtschaftskrise haben die meisten jungen Menschen hauptsächlich das Anliegen, durch eine geeignete Berufswahl irgendwie eine materielle Sicherheit in ihrem Leben herzustellen. Andere, die die Sinnlosigkeit so eines Lebens nicht ertragen können, suchen einen anderen Weg und viele fliehen in Alkohol und Drogen und nicht wenige begehen Selbstmord. Es ist wirklich eine dunkle Zeit. Wir sollen Gottes Herz verstehen, mit dem Gott unsere Zeit sieht. Es tut Gott weh, wenn er sieht, wie die Menschen in dieser Zeit unter der Sünde leiden. Gott sucht die Menschen, die bereit sind, Gottes Wort zu hören und darauf zu reagieren. Gott sucht Menschen, die bereit sind, sich von Gott berufen zu lassen und als sein Sprachrohr zu wirken. Gott sucht die Menschen, die, wenn Gott sie ruft, wie Samuel sagen: „Rede, denn dein Knecht hört!“
Wenn wir auf uns selbst schauen, können wir uns selbst leicht für ungeeignet für Gottes Werk halten. Die Jugendlichen unter uns und manche jungen Mitarbeitern denken vielleicht, dass sie zu jung sind, um von Gott für sein Heilswerk gebraucht zu werden. Andere können denken, dass sie noch zu unerfahren sind als Bibellehrer oder zu ungeschickt im Umgang mit den deutschen Studenten. Manche denken, dass ihr Deutsch noch nicht gut genug sei oder dass es ihnen an anderen Eigenschaften fehlen würde, um von Gott gebraucht zu werden. Doch unabhängig davon, wie große Mängel wir haben mögen, lehrt uns die Tatsache, dass Gott den Knaben Samuel berief, dass Gott uns berufen und für sein Werk gebrauchen kann und will, wenn wir bereit sind, auf sein Wort zu reagieren. Lasst uns bereit sein, Gottes Berufung zu empfangen! Lasst uns von Samuel, wenn Gott uns ruft, nicht irgendwelche Einwände vorzubringen, sondern zu sagen: „Rede, denn dein Knecht hört!“
Welche Botschaft gab Gott dem Samuel in jener Nacht? Betrachten wir die Verse 11-14. Die Botschaft, die Gott Samuel als erste anvertraute, war keine leichte Botschaft. Gott kündigte an, dass er das Gericht, das er gegen Elis Haus vorausgesagt hatte, vollständig kommen lassen würde. Gott nannte Samuel auch den Grund dafür, nämlich dass Eli gewusst hatte, wie schändlich sich seine Söhne verhielten, und ihnen nicht gewehrt hatte. Diese Sünde, die über Jahre hinweg bewusst begangen worden war, konnte weder mit Schlachtopfern noch mit Speisopfern gesühnt werden.
Wie reagierte Samuel, nachdem er diese Botschaft von Gott gehört hatte? Er stand am Morgen auf und begann wie sonst seinen Dienst, indem er die Türen am Haus aufmachte. Aber er fürchtete sich davor, Eli zu sagen, was ihm offenbart worden war; denn er war noch jung und Eli war der Hohepriester und sein persönlicher Hirte. Aber als Eli ihn aufforderte, ihm alles zu sagen, was ihm Gott gesagt hatte, heißt es: „Da sagte ihm Samuel alles und verschwieg ihm nichts“ (18a). Hier zeigt sich eine wichtige Qualität von Samuel als Gottes Knecht. Obwohl es ihm sehr schwer gefallen sein muss, sagte Samuel Eli alles, was ihm Gott gesagt hatte. Es ist nicht schwer, Gottes Wort unverfälscht weiterzusagen, wenn es sich um Gottes Segensverheißung handelt. Aber wenn wir mit anderen Gottes Aufforderung zum Gehorsam oder seine Warnung vor dem Gericht studieren, können wir leicht versucht sein, Gottes Wort irgendwie abzumildern, weil wir uns vor einer negativen Reaktion fürchten. Hier können wir von dem jungen Samuel lernen. Samuel fürchtete Gott mehr als die Menschen. Daher verkündigte er Gottes Wort treu, ohne etwas wegzulassen oder es irgendwie abzumildern, auch wenn die Botschaft unangenehm war. Dies lässt uns den Grund erkennen, warum Gott gerade Samuel berufen hat.
Was passierte, als Samuel auf diese Weise auf Gottes Worte reagierte? Vers 19 sagt: „Samuel aber wuchs heran, und der HERR war mit ihm und ließ keines von allen seinen Worten zur Erde fallen.“ Während Samuel weiter heranwuchs, war Gott ständig mit ihm. Dass Gott mit ihm war, zeigte sich vor allem darin, dass Gott alle Worte, die er Samuel gab, auch eintreten ließ. Welche Folge hatte es, als Gott auf diese Weise sichtbar mit dem jungen Samuel war? Vers 20 sagt, dass ganz Israel von Dan im Norden bis Beerscheba im Süden erkannte, dass Samuel damit betraut war, Prophet des Herrn zu sein (20). Obwohl Samuel kein öffentliches Amt bekleidete und keine Werbung machte, erkannten alle im ganzen Land Samuel als einen Propheten.
In welchem Maße konnte Gott den jungen Samuel gebrauchen? Vers 21 sagt dazu: „Und der HERR erschien weiter zu Silo, denn der HERR offenbarte sich Samuel zu Silo durch sein Wort. Und Samuels Wort erging an ganz Israel.“ Gott konnte durch Samuel, der treu Gottes Wort hörte und weitergab, das ganze Volk erreichen! Denn Gott offenbarte sich Samuel kontinuierlich durch sein Wort in Silo, und Samuels Wort erging an ganz Israel. Auf diese Weise konnte Gott in der dunklen Zeit durch Samuel, obwohl er noch so jung war, das ganze Volk ansprechen und sie zur Umkehr auffordern. So konnte Gott durch einen Jugendlichen, Samuel, eine geistliche Erneuerung und Wiederherstellung des Volks einleiten.
Lasst uns zum Schluss überlegen: Wer ist der Gott von Samuel? Gott, der den jungen Samuel berief, ist ein Gott der Hoffnung. Inmitten der dunklen Zeit berief Gott Samuel, weil er die Hoffnung für sein Volk nicht aufgegeben hatte, sondern durch einen jungen Menschen ihnen Gottes Worte geben und sie so zur Umkehr zu Gott leiten wollte. Gott sieht auch unser Land in unserer Zeit trotz geistlichem und moralischem Verfall mit Hoffnung. Gott hat Hoffnung, solange es junge Menschen gibt, die wie Samuel auf sein Wort hören und reagieren. Gott sucht diejenigen, die wie Samuel bereit sind, Gottes Ruf zu hören und zu sagen: „Rede, dein Knecht hört!“ Dann will Gott uns dazu gebrauchen, durch sein Wort zu allen Menschen in Heidelberg und in Deutschland zu bringen. Möge Gott uns allen und insbesondere den Jugendlichen helfen, wie Samuel vor Gott zu leben und bereit zu sein, seine Berufung persönlich zu empfangen! Möge Gott jedem von uns helfen, wenn Gott ruft, zu sagen: „Rede, denn dein Knecht hört!“ Möge Gott uns dadurch wie Samuel in unserer Zeit gebrauchen!
Keine Antworten