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Hannas Gebet
„Hanna war ganz in ihrem Kummer versunken und weinte bitterlich, während sie zum HERRN flehte.“
(1. Samuel 1,10)
Wer von euch hat Vorsätze für das neue Jahr? Wer von euch glaubt, mit seinen Vorsätzen jetzt bereits gescheitert zu sein? Ich glaube, die meisten Menschen haben Vorsätze für das neue Jahr. Und bei fast allen Christen ist eines der Vorsätze, mehr zu beten. Ich gehe daher fest davon aus, dass die thematische Serie über das Gebet, mit der wir das Jahr beginnen, allen sehr willkommen ist.
Der Anfang macht dabei eine Frau namens Hanna. Von Hanna können wir drei Dinge über das Gebet lernen. Erstens, weshalb Hanna betete; zweitens, wie Hanna betete; und drittens, was durch ihr Gebet geschah. In der Hoffnung, dass diese Predigt sofort auf uns angewendet werden kann, können wir die drei Teile auch folgendermaßen ausdrücken: erstens, weshalb du beten solltest; zweitens, wie du beten solltest; und drittens, was geschieht, wenn du betest.
1. Weshalb solltest du beten
Der Text sagt, dass Hanna die Ehefrau von einem Mann namens Elkana war. Hanna war eine von zwei Ehefrauen. Ein frommer Mann, der mit mehreren Frauen gleichzeitig verheiratet war. Kurze Randnotiz: manche könnten meinen, dass wir hier einen weiteren Hinweis darauf finden, dass die Bibel polygame Ehen befürwortet. Alle diejenigen, die das denken, zeigen, dass sie die Bibel nicht wirklich gelesen haben. Es gibt in der Bibel keine einzige polygame Beziehung, die wirklich glücklich ist. Jede Vielehe, von der die Bibel etwas mehr als nur die Namen erzählt, ist immer eine Katastrophe für alle Beteiligten, für den Ehemann, die Ehefrauen und die Kinder. Das sehen wir auch in dieser Ehe. Die beiden Frauen Hanna und Peninna haben sich einander gehasst. Es herrschte ein richtig ekliger Konkurrenzkampf zwischen den beiden.
Vers 2 sagt, dass Peninna Kinder hatte, während Hanna keine Kinder hatte. Und das ist wirklich signifikant. Sich Kinder zu wünschen, aber nicht in der Lage zu sein, Kinder zu bekommen, kann für Paare auch in heutiger Zeit unglaublich bedrückend sein. Vielleicht kennt ihr das: wenn man Mitte 20 ist, kommt man in die Phase, in der alle Freunde und Bekannte anfangen zu heiraten. Und wenige Jahre später sind praktisch alle verheiratet. Wenn man Anfang 30 ist, kommt man in die Phase, in der alle Freunde anfangen, Kinder zu haben. Wenige Jahre später haben fast alle Kinder. Eine gute Freundin von Grace und von mir hatte über viele Jahre versucht, schwanger zu werden. Um sie herum haben alle Kollegen in ihrem Alter angefangen Kinder zu bekommen. Es war ein regelrechter Babyboom. Aber bei ihr klappte es nicht mit dem Kinderwunsch. Das waren wirklich harte Jahre für sie und ihren Partner und für alle Mitmenschen, die mit ihr zu tun hatten. Vor eineinhalb Jahren sind die beiden endlich Eltern geworden. Und ihr Kind ist das Kostbarste, das sie im Leben haben.
Während es in heutiger Zeit schon sehr belastend sein kann, wenn der Kinderwunsch unerfüllt bleibt, war es damals für die Frauen ein Desaster. Von Kindern hing Wohl und Wehe ab der ganzen Familie und Sippschaft ab. Das lag an drei Gründen. Mehr Kinder zu haben, bedeutete schlicht und einfach mittelfristig mehr Arbeitskräfte zu haben. Mehr Arbeitskräfte wiederum bedeutete mehr Ernte, mehr Produktion, mehr Umsatz und am Ende mehr Wohlstand. Der zweite Grund: Kinder waren außerdem die einzige einigermaßen verlässliche Altersvorsorge. Je mehr Kinder, desto höher die Rente. Und schließlich waren vor allem Söhne auch wichtig zur Verteidigung. Die Sippschaft, die mehr Söhne hatte, hatte die größere Streitmacht, so einfach war das. Aus diesen Gründen waren Kinder in der damaligen Kultur und Gesellschaft von einer essenziell wichtigen Bedeutung. Man kann die Wichtigkeit dessen kaum überbetonen. Diejenigen Frauen, die viele Kinder hatten, wurden in der Gesellschaft geehrt und geachtet. Diejenigen Frauen, die keine Kinder hatten, hatten wirklich ein Problem.
Wie äußerte sich Hannas Problem? Vers 6 sagt: „Ihre Rivalin aber kränkte und demütigte sie sehr, weil der HERR ihren Schoß verschlossen hatte.“ Als ob es nicht schlimm genug war, dass Hanna keine Kinder hatte, hatte sie eine Rivalin, die genau dieses Problem nicht hatte. Peninna, ihre Konkurrentin, hatte nichts Besseres zu tun, als sie deshalb zu kränken und zu demütigen. Das sind starke Ausdrücke. Sie verachtete Hanna, sie machte sich über Hanna lustig, die rieb ihr die Kinderlosigkeit immer wieder unter die Nase. So unnötig das war, was Peninna tat, war Peninna wiederum nichts anderes als das Echo der Gesellschaft. Was sagte die Gesellschaft über Hanna? Die Gesellschaft sagte folgendes: „So lange du keine Kinder großziehst, erfüllst du nicht deine Daseinsbedeutung. Dein Leben hat keinen Wert. Du hast keinen Wert.“
Wenn jemand über dein Leben sagt „Es macht keinen Unterschied, ob es dich gibt oder nicht. Du bist überflüssig. Niemand braucht dich.“, dann ist das heute genauso deprimierend und genauso zerstörerisch und vernichtend wie gestern. Was macht unser Leben dann lebenswert? Mit Blick auf Hanna und ihre Zeit denken sich vielleicht manche von euch: „Frauen hinterm Herd, die einfach nur Kinder großziehen sollen und sonst nichts: was für eine männerdominierte, altbackene und überholte Gesellschaft! Wie gut, dass wir das endlich hinter uns haben!“ Ja, vielleicht ist es gut, dass wir das zu einem gewissen Grad hinter uns gelassen haben. Aber niemand von uns lebt in einem Werte-Vakuum. Unsere Gesellschaft diktiert uns ebenfalls, welches Leben gut und lebenswert ist und welches nicht. Unsere Kultur sagt uns ebenfalls, dass wir etwas tun und erreichen müssen, damit unser Leben Wert hat, z.B.: „du musst dich selbst verwirklichen! Folge deinen Träumen!“ Und was wir in den meisten Hollywood-Filmen und in allen Disney-Filmen immer und immer wieder eingetrichtert bekommen: „Du musst den Traumprinzen oder die Traumprinzessin fürs Leben finden. Wenn du keine Romanze in deinem Leben hast, dann ist dein Leben nicht lebenswert.“
Tim Keller erzählte einmal von einer Frau, die dachte, dass ihr Leben nur dann Sinn hatte, wenn sie das Herz eines Mannes erobert hatte. Ihr Leben war ein völliges Desaster: Sie hatte eine Beziehung nach der anderen, sie ließ alles mit sich machen, sie wurde von Männern missbraucht, sie war nicht in der Lage in ihren Beziehungen die Notbremse zu ziehen. Später kam sie zum Glauben und wurde auch therapeutisch behandelt. Der Therapeut hörte sich ihre Lebensgeschichte an. Er meinte dann zu ihr: „Das Problem deines Lebens ist, dass du dein ganzes Leben lang einfach nur einen Mann an deiner Seite haben wolltest. Die Lösung ist, dass du anfangen musst, dein eigenes Leben zu haben: finde einen Beruf, in welchem du so richtig aufgehen kannst, mach Karriere, verdiene Geld.“ Sie sagte sich: „Moment einmal, … mein ganzes Leben hatte ich einen Götzen in meinem Leben, dem viele Frauen zum Opfer fallen, nämlich den Mann fürs Leben zu finden. Und die Lösung soll sein, einen neuen Götzen zu haben, dem viele Männer zum Opfer fallen?“ Die Frau hat den Nagel auf den Kopf getroffen.
Wir leben zwar in anderen Zeiten wie Hanna. Aber eigentlich haben wir genau das gleiche Problem wie sie. Wir kommen zur ursprünglichen Frage zurück: Warum also sollten wir beten? Hier ist die Antwort: Wir sollten beten, weil wir ein Dasein haben, das nicht selbsterklärend ist. Wir haben ein existentielles Problem. Wir haben ein Sinnproblem. Wir wollen, dass unser Leben gut ist, dass es einen Wert hat; unabhängig davon, was die Welt uns sagt, unabhängig von dem, was die Gesellschaft uns diktiert und unabhängig von dem, was wir in unserem Leben alles vermasselt und in den Sand gesetzt haben.
C.S. Lewis sagte einmal: „Ich bete, weil ich mir selbst nicht helfen kann. Ich bete, weil ich hilflos bin. Ich bete, weil die Not ständig aus mir herausfließt, Tag und Nacht.“
Das ist der Grund, weshalb wir beten sollten, jeder einzelne von uns.
2. Wie solltest du beten
Man könnte vieles zu Hannas Gebet sagen: die Tatsache, dass sie beim Gebet viel weinen musste und emotional aus tiefster Verzweiflung heraus betete. Wir könnten erwähnen, dass sie lange Zeit betete. Wir könnten darüber reden, dass sie in der Stille betete und doch ihre Lippen bewegte. Und wir könnten auf die Tatsache eingehen, dass ihr Gebet von außen verrückt aussah: Der Priester Eli dachte, dass Hanna betrunken ist. Wir könnten die Tatsache betrachten, dass Hanna ein Gelübde ablegte. Das sind alles gute und wichtige Punkte, über die wir nachdenken könnten.
Ich würde gerne nur auf zwei Punkte eingehen. Der erste Punkt ist in Vers 9 und wird gerne von den meisten überlesen. Vers 9: „Nachdem man in Silo gegessen und getrunken hatte, stand Hanna auf.“ Hanna stand auf! Das ist der erste Punkt. Natürlich musste Hanna aufstehen. Aber das Aufstehen an sich ist ja so banal, dass es nicht der Rede wert ist; es sei denn natürlich, hier wäre mehr als einfach nur „Aufstehen“ gemeint. Und das ist in der Tat der Fall. Die Hebräisch-Experten, wie beispielsweise Robert Alter, sind sich darin einig, dass das ziemlich signifikant ist. Hier ist von einer entschiedenen Aktion die Rede, von einer Person, die etwas wollte.
Betrachten wir die Umstände: Vers 3 sagt, dass wir uns in einem jährlichen Ritual befinden. Jedes Jahr zogen sie nach Silo, um zu opfern und um anzubeten. Jedes Jahr gab Elkana Hanna eine doppelte Portion: zwei Ribeye-Steaks statt einem. Jedes Jahr kränkte und demütigte Peninna sie. Jedes Jahr weinte Hanna dann und aß keines der beiden Ribeye-Steaks. Und jedes Jahr sagte ihr Mann Elkana: „Hanna, warum weinst du, und warum isst du nichts, warum ist dein Herz betrübt? Bin ich dir nicht viel mehr wert als zehn Söhne?“ Die Frage ist so gestellt, dass man auf diese Frage antwortet mit: „Doch, du bist mir mehr wert als zehn Söhne.“ Und dieses Trauerspiel wiederholte sich jedes Jahr: „The same procedure as every year, James!“ Aber nicht dieses Jahr. Dieses Jahr stand Hanna auf. Dieses Jahr sagte Hanna: „Nein. Mein Ehemann ist kein Ersatz für zehn Söhne. Er ist nicht die Lösung für die Leere meines Herzens!“ Und Hanna sagte: „Es reicht! Genug ist genug! Jetzt wird sich etwas ändern.“
Vielleicht war das vergangene Jahr für euch auch eine Art „same procedure …“ Wir sind immer noch in der Pandemie. Die alten Probleme sind immer noch die Gleichen. Und vor allem sind wir immer noch dieselben. Von Hanna lernen wir, aufzustehen. Aufstehen ist ein Aktionswort. Und es braucht Aktion für Gebet. Welche Aktionen braucht es bei dir fürs Gebet? Vielleicht ist es der Tritt in den Hintern, den man sich verpasst; der entscheidende Ruck. Vielleicht ist es konkrete die Entscheidung, nicht einfach nur einen Vorsatz zu treffen, mehr zu beten; sondern daran zu arbeiten, neue Gewohnheiten fürs Gebet zu etablieren, angefangen mit ein paar ungestörten Minuten am Tag. Vielleicht ist Aufstehen bei uns sprichwörtlich „aufstehen“ in der Frühe, um Gott zu suchen. Vielleicht braucht es einen konkreten Entschluss, sich mit anderen Brüdern und Schwestern zusammenzuraufen, um gemeinsam zu beten.
Der zweite Punkt, den man von Hannas Gebet lernen kann, ist, wofür sie betet. Vers 11: „HERR der Heerscharen, wenn du das Elend deiner Magd wirklich ansiehst, wenn du an mich denkst und deine Magd nicht vergisst und deiner Magd einen männlichen Nachkommen schenkst, dann will ich ihn für sein ganzes Leben dem HERRN überlassen; kein Schermesser soll an sein Haupt kommen.“ Hanna bittet Gott um einen Sohn. Aber hier ist das Interessante: wenn dieser Sohn geboren wird, sollte er Gott geweiht werden. Als Zeichen dessen sollte ihm das ganze Leben lang nicht die Haare geschnitten werden (weder die Haare auf dem Kopf noch der Bart). Außerdem sollte er sein ganzes Leben lang kein Alkohol trinken. Im Gesetz war vorgeschrieben, dass man sich eine Zeitlang Gott weihen konnte. Aber Hanna wollte ihren Sohn sein Leben lang Gott weihen. Man nennt das auch Nasiräer.
D.h., Hanna bittet zwar um einen Nachkommen, aber nicht für sich selbst, nicht um ihr ihre Krise gelöst zu bekommen. Sie bittet um einen Nachkommen für Gott. Jeden mütterlichen Anspruch, den sie auf ihr Kind hätte, tritt sie ab, ohne irgendetwas zurückzubehalten. J.D. Greear schreibt. „Ihr Sohn würde nicht in ihrem Zuhause aufwachsen. Er würde kein emotionaler Support für sie sein. Er wäre nicht verfügbar, sie in ihrem Alter zu versorgen. Er hätte kein Land und Erbteil, wie auch die Leviten kein Land in Israel hatten. Hanna betete für einen Sohn, aber gab jeden Nutzen ab, den ein Sohn ihr gegeben hätte.“
Das ist erstaunlich. Wir hatten vorhin gesagt, dass wir beten sollen, weil wir eine existentielle Not haben, nicht zu wissen, wer wir sind und woher unser Wert des Lebens kommt. Hanna zeigt uns, dass wenn wir beten, unser Blick sich wegbewegt von unserer Not hin zu Gott. Sie wird Gott-zentriert. Die Implikationen dessen sind gewaltig. Ein wesentlicher Punkt, den wir mitnehmen können, ist die Frage, wofür wir beten. Oder noch etwas grundlegender gefragt: Die Frage ist, was wir wollen. In Johannes 15,7 machte Jesus ein gewaltiges Versprechen: „Wenn ihr in mir bleibt und meine Worte in euch bleiben, dann bittet um alles, was ihr wollt: Ihr werdet es erhalten.“ Gott will uns alles geben, was wir wollen. Und an dieser Stelle würden wir vermutlich Rückfragen: Das muss ein Irrtum sein. Meinte Jesus nicht: „Bittet um alles, was Gott will: Ihr werdet es erhalten.“ Gott erhört alle Anliegen, die seinem Willen entsprechen und nicht unserem Willen, oder? Und die Antwort lautet: Genau. Aber der entscheidende Punkt ist, dass Gott will, dass wir es ebenfalls wollen. Dallas Willard hatte es so formuliert: Gott will, dass wir zu den Menschen werden, denen er alles geben kann, was sie wollen, weil sie so sind wie Jesus.
Wie sollen wir dann also beten? Hanna zeigt mit uns, dass es dafür Aktion braucht, weil Gebet nicht von selbst kommt. Und sie zeigt uns, dass es im Gebet um Gott geht, nicht um uns, obwohl es unsere innere Not ist, die uns zu Gott bringt.
3. Was geschieht, wenn du betest
Zwei Antworten auf diese Frage finden wir im Text. Die erste Antwort ist (wie im Zitat von C.S. Lewis schon erwähnt): Das Gebet verändert uns. Viele Menschen beten, wenn sie in Nöten sind; auch dann, wenn sie eigentlich nicht an einen Gott glauben. Wir beten in der Regel, um etwas von Gott zu bekommen. D.h., der Haupteffekt, den wir erwarten, ist, dass wir etwas von Gott empfangen; dass Gott uns aus der Patsche hilft; dass Gott uns aus der Not befreit. Gott tut das auch. In Vers 18 lesen wir: „Sie sagte: Möge deine Magd Gnade finden vor deinen Augen. Dann ging sie weg; sie aß wieder und hatte kein trauriges Gesicht mehr.“
J.D. Greear schrieb in seinem Kommentar, dass die Reihenfolge, die wir erwarten würden, folgende ist: Hanna betet; Hanna wird schwanger; Hanna freut sich. Aber diese Reihenfolge stimmt nicht mit dem überein, was wir im Text sehen: Hanna betet; Hanna freut sich; und erst später wird sie schwanger. Auf der einen Seite hatte sich nach dem Gebet nichts verändert. Sie war immer noch eine kinderlose Frau. Auf der anderen Seite hatte sich nach dem Gebet alles verändert. Sie war nicht länger von Kindern abhängig, um jemand zu sein. Sie hatte Gott erfahren, der ihr wahrer Trost ist, mehr als alle Kinder und Ehemänner der Welt. Das ist die Veränderung, die wir in Hanna sehen.
Die zweite riesige Veränderung, die geschieht, wenn wir beten, ist: wir fangen an, unseren Platz in Gottes unendlich großer Geschichte einzunehmen. Hannas Furcht war es, als ein Niemand vergessen zu werden, weil sie keine Kinder hatte. Hannas Gebet war es, einen Sohn zu bekommen, den sie Gott weihen würde. Gottes Antwort ist es, dass Hanna das genaue Gegenteil wird von einem Niemand. Hanna war eine unglückliche, kinderlose Ehefrau im Nahen Osten. Wenn jemand ihr erzählt hätte, dass eines Tages jemand ihre Geschichte aufschreiben würde, dann wäre das wahrscheinlich schon extrem unglaubwürdig gewesen. Wenn ihr dann noch jemand gesagt hätte, dass unzählige Millionen von Menschen tausende Jahre später noch ihre Geschichte lesen würden und durch ihr Gebet inspiriert werden würden, was hätte sie darauf geantwortet?
Aber Gott tut noch viel mehr als das. Der Sohn, den sie bekommt, heißt Samuel. Hanna wird die Mutter vom letzten und größten Richter des Volkes Israel. Sie war die Mutter von dem Mann, der eines Tages David zum König über Israel salben würde. D.h., durch ihr Gebet nimmt sie ihren Platz innerhalb der kosmischen Geschichte ein, die Gott schreibt. Hanna wird zu einer Heldin! Wer hätte das erwarten können? Ihr Mann Elkana dachte, dass er der Held der Familie ist, weil er zwei Frauen versorgte. Aber in Wirklichkeit hatte er eine Nebenrolle. Eli dachte, dass er der Held ist, weil er Priester war. Er spielt auch nur eine Nebenrolle. Peninna dachte, saß sie Heldin ist, weil sie Kinder hatte. In Wirklichkeit ist sie nur die Widersacherin, weil, und das ist ja ganz klar, jeder Held in jeder Geschichte einen Antagonisten braucht. Jeder Held braucht widrige Umstände, die er oder sie überwindet, um Geschichte zu schreiben.
Noch ein extrem wichtiger Punkt zur Geschichte Gottes: die Geschichte, die Gott erzählt, ist eine Geschichte der Gnade. Zweimal erwähnt unser heutiger Text, dass Gott derjenige war, der Hanna unfruchtbar gemacht hatte (Verse 5 und 6). Tatsächlich sind wir Menschen für das allermeiste Leid verantwortlich, in dem wir uns befinden. Aber hier war es Gott. Gott hatte sie kurzzeitig unfruchtbar gemacht, weil er ihr etwas viel Größeres und Besseres schenken wollte. Hannas Sieg ist nicht der Sieg der Starken, der Fähigen, der Gesunden, der Privilegierten, der Stolzen. Hannas Sieg ist der Sieg der Schwachen, der Unfähigen, der Kranken, der Ausgestoßenen, der Demütigen. Hannas Sieg ist der Sieg der Gnade Gottes. Und das ist ein sich wiederholendes Muster in Gottes Geschichte. Mehr als 1.000 Jahre später gab es eine andere junge Frau, die aus Hannas Loblied ihr eigenes Magnificat macht. Sie wird die Mutter von Jesus: der Retter, der wie kein anderer durch größte Schwachheit rettet.
Freunde, was ist die Geschichte, die Gott durch dein Leben schreiben will? Wer sind die Samuels, die unter uns geboren werden sollen? Wer sind zukünftigen Davids, die durch uns gesalbt werden sollen? Wer sind die Menschen, die sich durch uns bekehren sollen? Das weiß niemand als Gott allein. Aber eine Sache, die wir wissen dürfen, ist die: wenn wir beten, wie Hanna gebetet hat, werden wir Teil von Gottes Gnadengeschichte.
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