Predigt: 1. Mose 8,1 – 11,26 (Teil 1: Kap. 8-9)

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Gottes Gnade an allen Lebewesen

Da gedachte Gott an Noah und an alles wilde Getier und an alles Vieh, das mit ihm in der Arche war; und Gott ließ Wind auf Erden kommen, und die Wasser fielen

(1.Mose 8,1)

Letzte Woche hat sich unsere Gemeinde mit dem Gericht der Sintflut beschäftigt. Es ist sehr bemerkenswert, wie die Bibel dieses Gericht beschreibt.

1. Mo 6,7: Ich will die Menschen, die ich geschaffen habe, vertilgen von der Erde, vom Menschen an bis hin zum Vieh und bis zum Gewürm und bis zu den Vögeln unter dem Himmel
1. Mo 6,13: Das Ende allen Fleisches ist bei mir beschlossen, denn die Erde ist voller Frevel von ihnen; und siehe, ich will sie verderben mit der Erde.
1. Mo 6,17: Denn siehe, ich will eine Sintflut kommen lassen auf Erden, zu verderben alles Fleisch, darin Odem des Lebens ist, unter dem Himmel. Alles, was auf Erden ist, soll untergehen.
1. Mo 7,4: Denn von heute an in sieben Tagen will ich regnen lassen auf Erden vierzig Tage und vierzig Nächte und vertilgen von dem Erdboden alles Lebendige, das ich gemacht habe.
1. Mo 7,16: Und der HERR schloss hinter ihm zu. (Das bedeutet so viel wie: „Jetzt ist Schluss“)
1. Mo 7,21-23: Da ging alles Fleisch unter, das sich auf Erden regte, an Vögeln, an Vieh, an wildem Getier und an allem, was da wimmelte auf Erden, und alle Menschen. Alles, was Odem des Lebens hatte auf dem Trockenen, das starb. So vertilgte er alles, was auf dem Erdboden war, vom Menschen an bis hin zum Vieh und zum Gewürm und zu den Vögeln unter dem Himmel. Sie wurden von der Erde vertilgt.

Wer beim Lesen von 1. Mo 6 + 7 Gänsehaut bekommt, hat diese beiden Kapitel ziemlich gut verstanden. Denn sämtliche Verse machen die Schärfe des Gerichts Gottes deutlich. Sie zeigen, wie radikal Gottes Gericht ist. Eltern und Lehrer ziehen oft die Strafe nicht durch, die sie den Kindern angekündigt haben. Bei Gott aber war es anders. In Kapitel 6 kündigte Gott ein radikales Gericht an, bei dem wohl viele sagen: „Die ganze Menschheit vernichten, das kannst du doch nicht machen?“, aber in Kapitel 7 sehen wir, wie Gott dieses Gericht auch tatsächlich durchzieht. Die Vorstellung von einem lieben Gott, der alles durchgehen lässt, wird in diesen beiden Kapiteln völlig auseinandergenommen. Sie geben einen erschütternden Eindruck davon, wie gefährlich Gott sein kann. Und wer meint: „Ja, das ist doch AT.“, der sei auf diese zwei Verse aus dem NT verwiesen: a) Hebr. 10,29: denn unser Gott ist ein verzehrendes Feuer; b) Hebr. 10,31: Schrecklich ist es, in die Hände des lebendigen Gottes zu fallen. Das, was in Kapitel 6 und 7 beschrieben wird, hat jeder Einzelne von uns aufgrund seiner Sünde verdient. Das ist unsere eigentliche Lage vor Gott. Und warum ist das so wichtig, dass wir das verstehen? Erst wenn wir das verstehen, begreifen wir, wie gewaltig die Gnade Gottes ist, von der der heutige Text in 1. Mo 8 + 9 spricht. Vor dem Hintergrund des schrecklichen Gerichts Gottes leuchtet diese Gnade in besonderer Weise auf. Sie war alles andere als selbstverständlich. Wir wollen uns heute mit dieser Gnade anhand von drei Fragen auseinandersetzen:

Wie rettete Gott Noah?
Wie reagierte Noah auf die Rettung?
Wie segnete Gott Noah?

Teil 1: Gott rettet Noah (V. 1 – 14)

Das Kapitel 7 endete mit erschreckenden Worten des Gerichts. Doch der heutige Text leitet einen Wendepunkt ein. Er beginnt mit den Worten: „Da gedachte Gott an…“. Das sind nicht Worte des Gerichts, sondern der Gnade. Doch was bedeuten die Worte: „Gott gedachte an“ genau? Kann Gott etwa was vergessen? Dass Gott an jemandem gedachte, kommt auch an anderen Stellen der Bibel vor. Zum Beispiel heißt es über Rachel: Gott gedachte aber an Rahel und erhörte sie und machte sie fruchtbar (1.Mo 30,22). Wenn es also heißt: „Gott gedachte an…“, dann bedeutet das: Gott erbarmt sich über jemanden und leitet nun seine Rettung ein. Und so war es auch bei Noah: Inmitten des Gerichts, erbarmte sich Gott über Noah und griff nun rettend ein. Schon in 1. Mo 6,8 hieß es: Noah aber fand Gnade in den Augen des HERRN. Gott erbarmte sich aber nicht nur über Noah und seine Familie. Im Vers 1 heißt es weiter, dass sich Gott auch über alle Tiere, die mit ihm in der Arche waren, erbarmte. In den späteren Versen 12, 15 und 16 (Kapitel 9) wird für die Tiere einfach der Ausdruck: „lebendiges Wesen“ gebraucht. Gott erbarmte sich also nicht nur über den Menschen, sondern über jede Art von Lebewesen. Einst hatte Gott zu Noah gesagt: „Das Ende allen Fleisches ist bei mir beschlossen“. Doch inmitten dieses Gerichts erwies Gott soviel Gnade, dass jede Art von Lebewesen weiter fortbestehen durfte.

In den darauffolgenden Versen sehen wir, dass Gott die Errettung Schritt für Schritt eingeleitet hatte. Gott gab Noah sieben Anzeichen der Errettung. Von dem ersten Anzeichen erfahren wir am Ende von Vers 1 (Kapitel 8). Gott ließ einen Wind über die Erde fahren, um das Wasser auszutrocknen. Im Hebräischen steht für „Wind“ und „Geist“ ein- und dasselbe Wort. Dieser Wind ist eine Anspielung auf den Geist Gottes. Denn diese Situation erinnert an den Beginn der Schöpfungsgeschichte, wo Gottes Geist über die Wassermassen schwebte. Es ist fast so, als ob sich diese Situation wiederholt: Gottes Geist, durch den einst die Welt erschaffen wurde, war sozusagen wieder am Werk. Gottes Geist erweist sich auch nach der Sintflut als der „Ursprung und Quelle allen Lebens“. 1

Das zweite Anzeichen der Rettung war, dass der Zufluss der Wassermassen stoppte, von sowohl oben als auch von unten. Das führte zu einem weiteren Abzug der Wassermassen. Das dritte Anzeichen ist das Aufsetzen der Arche, wovon Vers 4 berichtet. Inzwischen waren die Wassermassen soweit gesunken, dass die Arche sich auf dem Gebirge Ararat absetzen konnte. Das vierte Anzeichen war das Sichtbarwerden der Spitzen von den anderen Bergen. Laut Vers 5 dauerte es etwa 2 ½ Monate, bis das Wasser so weiter abgesunken war, dass nun auch andere Berge zu sehen waren.

Die letzten drei Anzeichen wurden von Noah selbst initiiert. Hiervon berichten die Verse 6 bis 14. Das fünfte Anzeichen war das Ausbleiben des Raben. Es hatte sicherlich seinen Grund, dass Noah zuerst einen Raben und nicht eine Taube losgeschickt hatte. Anders als Tauben haben Raben keine Beziehung zum Menschen. Sie gehören zu den Wildtieren. So kam der Rabe auch dann nicht zurück, als er auf dem Wasser keinen Ruheplatz gefunden hatte. Da sich Raben auch von Fleisch ernähren, konnte er sich vom Aas und Leichen ernähren. An dem Ausbleiben des Raben konnte Noah also erkennen, dass das Wasser zumindest soweit zurückgegangen war, dass der Rabe es nicht nötig hatte, zurückzukehren. Insofern war das Ausbleiben des Raben ein gutes Zeichen. So weit so gut. Aber war das Wasser auch soweit zurückgegangen, dass die Erdoberfläche wieder zu sehen war? Das wollte Noah offenbar als Nächstes herausfinden. Um das herauszufinden, war eine Taube geeigneter als ein Rabe. Denn eine Taube würde nur dann ausbleiben, wenn sie auf der Erde einen Ruheort finden würde. Und so war es auch. Die Taube kehrte zurück. Nach sieben Tagen schickte Noah die Taube noch einmal los. Beim zweiten Ausfliegen kehrte die Taube zwar auch wieder zurück, brachte aber etwas mit, ein frisches Olivenblatt. Das frische Olivenblatt zeugte von neuen Pflanzen. Die Erde war sozusagen aus ihrem Wassergrab erstanden. Die Taube mit dem frischen Olivenblatt war das sechste Anzeichen der Rettung. Das letzte und siebte Anzeichen der Rettung war das Ausbleiben der Taube. Das war ein eindeutiges Zeichen dafür, dass sich das Wasser auf der Erdoberfläche vertrocknet war.

Als das siebte und letzte Anzeichen geschah, öffnete Noah das Dach der Arche. Was dann Noah zu sehen bekam, war einerseits zu erwarten und andererseits aber doch alles andere als selbstverständlich. Am Ende von Vers 13 heißt es: und siehe, die Fläche des Erdbodens war trocken. Und siehe – mit diesen Worten drückt der Verfasser Bewunderung aus. Noch vor Kurzem war es undenkbar gewesen, dass die Erde jemals wieder trocken sein würde. Doch nun tatsächlich eine trockene Erde vor Augen zu haben, war ein reiner Anblick der Gnade Gottes. Gott hatte seine Versprechen an Noah gehalten. Er erwies sich als treu und zuverlässig.

Bemerkenswert ist, dass Noah nicht sogleich die Arche verließ. Durch einen Vergleich der Zeitangaben zwischen Vers 13 und Vers 14 wird deutlich, dass Noah tatsächlich noch fast zwei Monate in der Arche blieb. Erst als Noah in den Versen 15 – 17 den Befehl von Gott bekam, verließ Noah die Arche. Die neue Erde wurde also nicht aus menschlicher Eigenmächtigkeit heraus in Beschlag genommen, sondern es war Gott, der die Erde wieder freigab, und zwar aus seiner souveränen Gnade heraus. In seinem Wort an Noah erwähnt Gott jede einzelne Gruppe der Erretteten, sowohl beim Menschen als auch beim Tier. Gott erwies explizit jedem Lebewesen Gnade.

Wie reagierte Noah auf die Gnade der Errettung? Lasst uns das im zweiten Teil der Predigt betrachten.

Teil 2: Noahs Opfer (V. 20)

Was tat Noah, als er aus der Arche ging? Im Vers 20 erfahren wir, dass Noah Gott einen Altar baute und darauf Opfer darbrachte. Es waren nicht irgendwelche Tiere, sondern reine Tiere und zwar von jeder Art. Noah opferte Gott also das Wertvollste und Kostbarste. Weiter heißt es, dass er diese Tiere als Brandopfer darbrachte. Solche Brandopfer waren immer Ganzopfer. Das heißt Noah verbrannte diese Tiere vollständig. In seinem Opfer brachte Noah Gott Anbetung und Hingabe entgegen. Warum verhielt sich Noah so? Einfach gesagt, Noah war dankbar. Noah war dankbar für die Gnade der Errettung. Warum? Noah hatte die Radikalität und die Schärfe des Gerichts Gottes erfahren. Gott hatte nahezu restlos die ganze Menschheit ausgerottet. Dass Gott überhaupt irgendein Lebewesen übrigließ, war alles andere als selbstverständlich. Der Grund, warum Noah und seine Familie verschont wurden, war Gnade. Denn sonst würde es ja nicht heißen: Noah aber fand Gnade in den Augen des HERRN (1. Mo 6,8). Noah war sich dessen bewusst. Aus diesem Grund opferte er von jedem reinen Tier ein Exemplar. Dadurch brachte er seinen Dank für jedes erhaltene Leben zum Ausdruck. Noah hatte verstanden, was Gottes Gnade ist: total unverdient und alles andere als selbstverständlich. Seinen tiefen Respekt gegenüber Gott brachte Noah auch schon dadurch zum Ausdruck, dass er fast zwei Monate in der Arche blieb, obwohl das Wasser schon längst verschwunden war.

Wie war das Opfer von Noah in Gottes Augen? Im Vers 21 erfahren wir, dass das Opfer für Gott einen lieblichen Geruch hatte. „Lieblicher Geruch“ ist ein bildhafter Ausdruck dafür, dass das Opfer von Noah für Gott sehr angenehm war. Und warum war es für Gott sehr angenehm? In Psalm 50,23 heißt es: Wer Dank opfert, der preiset mich…. Was das Opfer für Gott so lieblich machte, war der Beweggrund, aus dem das Opfer geschah. Es geschah aus tiefster Dankbarkeit gegenüber Gottes Gnade. Solche Opfer preisen Gott bzw. verherrlichen Gott. Dass Opfer nicht gleich Opfer sind, haben wir ja schon in der Geschichte von Kain gesehen. Opfer können auch aus anderen Motiven wie Pflichtgefühl, Angst, schlechtes Gewissen, Religiosität usw. geschehen. In der Geschichte von Israel wurden auch Opfer aus falschen Motiven dargebracht. Gott widerten diese Opfer an, dass er einst sagte: Ich hasse, ich verachte eure Feste und mag eure Festversammlungen nicht riechen! 22 Wenn ihr mir auch euer Brandopfer und Speisopfer darbringt, so habe ich doch kein Wohlgefallen daran. Gott mag nur solche Opfer riechen, die aus Dankbarkeit gegenüber seiner Gnade der Errettung geschehen.

Als Noah Gott das liebliche Opfer darbrachte, segnete Gott Noah reichlich. Was diesen Segen im Einzelnen ausmachte, wollen wir im dritten Teil der Predigt betrachten.

Teil 3: Gott segnet Noah (V. 8,21-9,17)

Betrachten wir Vers 21. Infolge des Opfers von Noah nahm sich Gott etwas vor. Solange die Erde bestehen sollte, wollte Gott keine globale Vernichtung mehr schicken. Mit der Sintflut hatte Gott Naturgesetze auf den Kopf gestellt. Doch im Vers 23 versprach Gott, dass die Perioden innerhalb eines Jahres und eines Tages solange bestehen bleiben, bis es die Erde gibt. Gott versprach hier also, die Schöpfungsordnungen nicht noch einmal grundsätzlich zu verändern. Die Schöpfungsordnungen braucht der Mensch zum Leben. Sowohl der Wechsel von Winter und Sommer als auch der Wechsel von Tag und Nacht sind Faktoren, die das Leben des Menschen begünstigen und erhalten. Zum Beispiel bestimmt der Wechsel von Winter und Sommer die Zeiten von Saat und Ernte.

Nach der Sintflut leitete Gott eine neue Epoche ein. Im Römerbrief bezeichnet Paulus diese Zeit als die Zeit der Geduld Gottes (Röm 3,26). Es ist eine Zeit, in der Gott Sünden ungerichtet lässt. Das Problem der Sünde konnte durch die Sintflut nicht gelöst werden. Vor der Flut hieß es: „Jeder Gedanke des Herzens war nur böse den ganzen Tag“ (1. Mo 6,5). Und nach der Flut stellte Gott fest: „das menschliche Herz ist böse von Jugend auf.“ (1. Mo 8,21). Das Schöne ist aber, dass Gott bald danach – mit der Berufung von Abraham- die Erlösungsgeschichte beginnt. Während er über das sündhafte Treiben der Völker hinwegsah, wählte sich Gott ein Volk aus, aus dem der Erlöser schließlich kommen sollte.

Infolge des Opfers fing Gott an Noah und die mit ihm Überlebenden zu segnen. Wie sehr Gott sie segnete sehen wir auch in Kapitel 9. Im Vers 1 erfahren wir, dass Gott seinen Schöpfungssegen erneut ausspricht. Mit dem Segen der Fruchtbarkeit und Vermehrung hat sich das Leben der Menschen über Generationen hinweg bis heute fortgesetzt und sich auf der ganzen Welt ausgebreitet. Kaum ein Fleck von der Welt ist unberührt. Anstatt die Erde erneut zu vernichten, segnete Gott die Menschen mit dem Erhalt des Lebens.

In den Versen 2 bis 6 gab Gott Regeln für das Leben des Menschen auf der neuen Erde. Die Menschen durften nun auch Fleisch essen, allerdings ohne Blut, weil das Blut das Leben repräsentiert. Gott verbot es strikt, Menschen zu töten. Gott verordnete die Todesstrafe für jedes Tier und für jeden Menschen, der einen anderen Menschen ermordet hat. Wie ernst es Gott damit meint, zeigt sich darin, dass er die Einforderung der Todesstrafe im Vers 6 wiederholt. Diese Regeln, die Gott hier gibt, haben mit dem Segen der Fruchtbarkeit eins gemeinsam: Beide bejahen und schützen das Leben, insbesondere das Leben des Menschen. Im Anschluss an diese Regeln, im Vers 7, spricht Gott den Segen der Fruchtbarkeit und Vermehrung erneut aus. Das zeigt, dass die Regeln in dem Segen eingebettet sind. Sie sind ein Teil des Segens, das das Leben des Menschen erhalten will und bejaht.

In den darauffolgenden Versen 8 bis 17 setzt Gott mit dem Segnen fort. Gott schloss einen Bund. Dabei wird ausdrücklich betont, dass dieser Bund allen Menschen, ja sogar allen Tieren gilt. Einfach gesagt, galt dieser Bund allem Leben auf dieser Erde. Dass Gott mit der gefallenen Schöpfung einen Bund schloss, war alles andere als selbstverständlich. Noch vor Kurzem, bei der Sintflut, war Gott der Schöpfung gegenüber als Vernichter aufgetreten. Nach der Sintflut hatte ja die Boshaftigkeit des Menschen nicht aufgehört. Daher wäre es zu erwarten gewesen, dass Gott der Schöpfung gegenüber auch weiterhin als Vernichter auftritt. Doch mit dem Bund machte Gott eins ganz klar: Nicht mehr als Vernichter wollte Er zur Schöpfung stehen, sondern als Verbündeter, also als einer, der ihr wohlgesonnen ist. Und eben das, war vor dem Hintergrund der Sintflut, alles andere als selbstverständlich. Es war geradezu revolutionär.

Die Herrlichkeit dieses Bundes leuchtet umso mehr auf, wenn wir daran denken, dass dieser Bund ein bedingungsloser Bund gewesen ist. Es war nicht so wie im mosaischen, wo die Erfüllung der Verheißungen davon abhing, ob man das Gesetz einhält oder nicht. In diesem Bund verpflichtete sich Gott ohne jegliche Bedingungen an die Lebewesen dazu, die Erde als Ganzes zu erhalten, solange es sie geben soll. Erst am Ende der Zeit, wo Gott einen neuen Himmel und Erde schaffen wird, wird Gott die Erde vernichten. Aber auch dann wird das nicht durch Wasser geschehen, sondern durch Feuer. Davon berichtet 2. Petr 3. „Trotz der Katastrophen, die täglich auf allen Erdteilen über Menschen hereinbrechen, stehen Mensch und Tier unter dem Segen und der Verheißung Gottes. Keine Katastrophe und keine Massenvernichtung kann diesen Segen aufheben“2.

Die Verse 12 und 13 berichten davon, dass Gott den Regenbogen zum Zeichen des Bundes setzte. Ein Regenbogen kann ja erst dann entstehen, wenn der schlimmste Regen vorbei ist und der Himmel allmählich wieder von der Sonne beherrscht wird. Auf diese Weise kündigt das Erscheinen des Regenbogens immer wieder aufs Neue an, dass sich die Sintflut nicht noch einmal wiederholen wird. Der Regenbogen macht Gottes Verheißung des Bundes anschaubar. Aber nicht allein das. Der Regenbogen war mehr als nur ein Symbol. Im Vers 16 versichert Gott, dass Er jedes Mal, wenn der Regenbogen erscheint, den Regenbogen ansehen möchte. Das Ansehen des Regenbogens wird Gott daran denken lassen, was er in seinem Bund versprochen hat. Dem ersten Eindruck nach hört sich das so an, als ob der Regenbogen eine Art Erinnerungshilfe für Gott ist. Aber so ist das nicht gemeint. Gott braucht keine Erinnerungshilfe. Gott sagte das nicht um seinetwillen, sondern um unsertwillen: Jedes Mal, wenn der Regenbogen am Himmel erscheint, darf der Mensch wissen: „Der Regenbogen bleibt von Gott nicht unbeachtet. Gott schaut ihn gerade an. Gerade jetzt denkt Gott an sein Versprechen, die Erde nicht durch eine Sintflut auszulöschen.“ Das gibt dem Menschen eine Gewissheit, dass Gott sein Versprechen mit Sicherheit einhalten wird. Der Regenbogen dient somit auch als Unterpfand des Friedensbundes Gottes mit der Menschheit3. Da Gott sein Versprechen des Bundes bis heute eingehalten hat, ist der Regenbogen auch ein Zeichen der Bewahrung und Treue Gottes und damit auch ein Zeichen des Trostes.

Infolge des Opfers von Noah strömte der Kreatur ein großer Segen zu. Dieses Opfer ist ein Bild für das Opfer Christi. Christus ist das Opfer, das für Gott einen lieblichen Geruch hatte. Kein anderes Opfer hatte für Gott einen solchen lieblichen Geruch wie das Opfer Jesu Christi. Das Problem der Sünde konnte durch die Sintflut nicht gelöst werden. Christus ist aber das liebliche Opfer, dass das Sündenproblem lösen konnte. Er ist das Lamm Gottes, das hinwegnimmt die Sünde der Welt (Joh 1,29). Das Opfer der reinen Tiere stehen für ihn. Er ist der Reine, der für die Unreinen geopfert wurde. Christus ist das Brandopfer, das sich für Gott voll und ganz hingab. Christus ist das Opfer, das der Schöpfung einen großen Segen erbrachte. Die sieben Zeichen der Rettung, die Noah erfuhr, sind ein Bild für die vollständige Rettung, die Gläubige in Christus haben. Der Bund mit Noah ist ein Vorschatten auf den Neuen Bund. Dank dieses Bundes begegnet Gott den Gläubigen nicht mehr als Vernichter und Richter, sondern als Geber des Lebens. Dank dieses Bundes stehen Gläubige nicht mehr in Feindschaft mit Gott, sondern haben Frieden mit Gott. In diesem Bund versichert Gott den Gläubigen nicht nur die Bewahrung vor einer erneuten Sintflut, sondern vor dem zukünftigen ewigen Gericht Gottes. Es verheißt nicht nur den Erhalt des Lebens auf dieser Welt, sondern das Ewige Leben. Der Neue Bund ist ebenfalls nicht an Bedingungen der Gläubigen gebunden, sondern in dem Blut Christi begründet.

Wie reagieren wir auf diese Gnade? Wer die Gnade Gottes im Herzen verstanden hat, reagiert auf die Gnade Gottes wie Noah: Man bekommt dann einfach den Wunsch, Gott Opfer zu bringen. Dieser Wunsch kommt aus der Dankbarkeit gegenüber Gottes Gnade. In Psalm 50,14 heißt es: „Opfere Gott Dank“ und ein paar Verse weiter heißt es: Wer Dank opfert, der preiset mich da ist der Weg, dass ich ihm zeige das Heil Gottes4 (V.23). Was sind die Opfer des Dankes in deinem und meinem Leben? Gibt es in deinem und meinem Leben Opfer des Dankes? Wenn die Opfer des Dankes in unserem Leben ausbleiben, müssen wir uns fragen, ob wir die Gnade Gottes noch richtig verstehen. Folgende Fragen können helfen, um das festzustellen:

1. Was ist die Gnade Gottes in meinen Augen? Ist sie etwas, was mich noch in Erstaunen versetzt, oder etwas Selbstverständliches geworden? Das radikale Gericht der Sintflut lehrt uns, dass Gottes Gnade alles andere als selbstverständlich ist.

2. Wie bitte ich Gott? Auch an der Art und Weise, wie man Gott um etwas bittet, kann man erkennen, wie sehr man Gottes Gnade verstanden hat. Manche stellen an Gott Ansprüche, als ob Gott einem das geben müsse, worum sie bitten. Wer aber so bittet, hat nicht verstanden oder vergessen, was Gnade ist. Das radikale Gericht der Sintflut lehrt uns: Das Einzige, was wir verdient haben, ist das Gericht Gottes. Alles darüber hinaus ist Gnade. In Klgl 3,22 heißt es: Die Güte des HERRN ist’s, dass wir nicht gar aus sind. Wir haben überhaupt kein Recht, Gott irgendwelche Ansprüche zu stellen5. Wer Gott gegenüber mürrisch auftritt, weil die Lebensumstände nicht so sind, wie er sich das vorstellt, hat noch nicht verstanden oder vergessen, was Gnade ist. So einer ist unfähig, jemals Opfer des Dankes zu bringen.

3. Was ist mir mehr bewusst: Das, was Gott für mich getan hat, oder das, was ich für Gott getan habe? Wer seine Taten mehr sieht als dass, was Gott für ihn getan hat, hat keinen Wunsch, Gott zu danken. Vielmehr sieht er Gott schuldig darin, ihn zu belohnen.

Ich möchte mit dem Beispiel eines Mannes abschließen, der die Gnade Gottes in seinem Leben im Herzen tief verstanden hatte. Es ist das Beispiel des Missionars David Livingstone:

Im Jahre 1840 ging David Livingstone im Dienste der Londoner Missionsgesellschaft nach Afrika. In Afrika hatten er und seine Familie ein karges und gefährliches Leben gehabt. Seine Familie hatte manchmal nichts anderes zu essen außer Heuschrecken, Raupen und Fröschen. Einmal wurde Livingstone von einem Löwen angegriffen und sein linker Arm wurde zerschmettert und ist nie richtig geheilt. Seine Frau hatte in Afrika ihre Gesundheit ruiniert, und sie musste deshalb das Land verlassen. Seine Frau starb – getrennt von ihrem Mann – in Armut, als sie nur 42 Jahre alt war. Auch einen Sohn hatte Livingstone in Afrika verloren. Livingstone wurde immer wieder von Hitze, Krankheit, vergifteten Wunden, Hunger, Durst und feindlichen Angriffen geplagt. Er war der erste – und vielleicht einzige Europäer – der Afrika zu Fuß durchquerte, vom atlantischen bis zum indischen Ozean. Er hat Sklavenhandel bekämpft und hat dabei eine Niederlage nach der anderen erlitten.

Einmal wurde Livingstone gefragt, wie viel Opfer sein Leben als Missionar in Afrika gekostet hatte. Livingstone reagierte, als ob er die Frage nicht verstanden hatte. Er erwiderte: „Opfer? Ich habe in meinem ganzen Leben kein Opfer gebracht.“ Und er erläuterte, wie er das meinte: „Kann man von Opfer sprechen, wenn wir so viel von Gott geschenkt bekommen haben, das wir nie vergelten könnten? (…) Dinge wie Angst, Krankheit, Leiden, Gefahr und ein unbequemes Leben sind wie nichts im Vergleich zu der Herrlichkeit, die später an uns und durch uns offenbart wird. Ich habe nie ein Opfer gebracht. Das einzige Opfer, von dem man sprechen sollte, ist das große Opfer dessen, der den himmlischen Thron seines Vaters verlassen hatte, um sich für uns hinzugeben.“

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1 BRÄUMER, H.: Das erste Buch Mose. Erklärt von Hansjörg Bräumer, S. 178. SCM R. Brockhaus.

2 ebd., S. 193.

3 ebd., S. 192

4 Dieser Vers macht deutlich, dass für mürrische und unzufriedene Menschen Dank die beste Hilfe ist. Gerade dadurch werden sie das „Heil Gottes sehen“ – dies in zweierlei Hinsichten:

   1. Dankbarkeit öffnet ihre Augen dafür, dass sie Gottes gütiges Handeln in ihrem Leben erkennen;

   2. Dankbarkeit bewirkt, dass der Mensch demütig vor Gott tritt. Gerade solchen Menschen kann Gott Gnade geben, dem Hochmütigen aber widersteht Gott (Jak 1,5; Mk. 7,27-29).

5 Bitte nicht falsch verstehen: Man darf und soll zwar Gott kühn bitten. Dies soll aber aus dem Vertrauen an seine Güte geschehen, nicht aufgrund der Beanspruchung eines vermeintlichen Rechts vor Gott)

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