Eine dreifaches Handeln Gottes
„Und der HERR erschien ihm bei den Terebinthen Mamres, während er am Eingang seines Zeltes saß, als der Tag am heißesten war. Und er erhob seine Augen und schaute, siehe, da standen drei Männer ihm gegenüber.“
(1.Mose 18,1.2a)
In dem heutigen Text erschien Gott Abraham in einer besonderen Weise. In einer Weise, die im gesamten AT einzigartig ist. Gott erschien Abraham in der Gestalt von drei Männern. Die Dreiheit der Besucher wurde häufig als Hinweis auf die Trinität Gottes gedeutet. Dies mag sein, doch im Kontext der Begebenheiten im heutigen Text will die Dreiheit der Besucher noch etwas anderes aussagen. Sie bezieht sich auf ein dreifaches Handeln Gottes, das wir in dem heutigen Text sehen können: 1. Verheißung; 2. Gericht und 3. Rettung. Wir wollen jedes dieser Punkte in jeweils einem Teil der Predigt betrachten.
Teil 1: Gottes Verheißung (V. 1 – 19)
Gott hatte Abraham großartige Verheißungen gegeben. Gott hatte für seine Verheißungen keine Gegenleistungen von Abraham erwartet. Aber es gab eine Voraussetzung für die Erfüllung dieser Verheißung. Und das war der Glaube. Ohne Glaube keine Verheißung. Daher hatte Gott immer wieder an den Zweifeln oder besser gesagt an den Glauben von Abraham gearbeitet. Das haben wir in den vorherigen Kapiteln immer wieder gesehen. Wie stand es nun mittlerweile mit dem Glauben von Abraham? Noch das vorherige Kapitel berichtet davon, dass Abraham lachte und Gott Widerrede leistete, als Gott von seinen Verheißungen sprach. Aber was tut Abraham in dem heutigen Text? Schaue in Vers 10. Abraham tut nix. Er leistet keine Widerrede mehr. Offenbar war Abraham nun so weit, Gottes Verheißung einfach im Glauben anzunehmen.
Seinen Glauben an die Verheißung Gottes sehen wir auch in den Versen 2 bis 8. Wer diesen Abschnitt in einem Stück liest, dem fällt auf, dass sich Abraham äußerst gastfreundlich verhielt. Ein Satz nach dem anderen bezeugt seine Gastfreundschaft, zum Beispiel: V. 4: Man soll ein wenig Wasser bringen, und wascht eure Füße; V. 5: so will ich einen Bissen Brot bringen, dass ihr euer Herz stärkt; danach mögt ihr weiterziehen; V. 6: Und Abraham eilte in das Zelt zu Sara und sprach: Nimm rasch drei Maß Feinmehl, knete sie und backe Brotfladen!;
V. 7: Abraham aber lief zu den Rindern und holte ein zartes und gutes Kalb und gab es dem Knecht; der eilte und bereitete es zu. Für Abrahams Gastfreundschaft mögen sicherlich auch kulturelle Gründe eine Rolle gespielt haben, wie etwa dass Gastfreundschaft für nahöstliche Kulturen typisch war. Allerdings sind die kulturellen Gründe keine ausreichende Erklärung für Abrahams Gastfreundschaft. Die Gäste höflich zu empfangen, ist eine Sache, aber sich vor den Gästen zu verneigen ist eine andere Sache. Den Gästen etwas zu essen anzubieten ist eine Sache, aber für die Gäste kurzfristig ein gutes Kalb zu schlachten ist eine andere Sache. Dass der Schreiber des Textes sieben Verse gebraucht, um die Gastfreundschaft von Abraham zu beschreiben, macht ebenfalls deutlich, dass Abrahams Gastfreundschaft nicht einfach etwas kulturell Gewöhnliches gewesen ist. Abraham verhielt sich den drei Männern so, als ob er gerade Ehrengäste empfangen würde. Abraham wusste es zwar nicht, dass es Gott bzw. Engeln waren, die ihm begegnet waren, aber Abraham schloss es nicht aus. Das sehen wir v.a. in Vers 3: Abraham verneigte sich und sagte: „Mein Herr, habe ich Gnade vor deinen Augen gefunden, so geh doch nicht vorüber an deinem Knecht!“ Diese Worte machen deutlich, dass Abraham damit rechnete, dass Gott ihm erneut begegnen würde. Aber auch wenn es nicht so wäre, so war er doch bereit, diese Fremde so zu dienen als ob es Ehrengäste wären. Abrahams Verhalten zeigt Beides: Sowohl seine Bereitschaft, Gott zu dienen, als auch Menschen zu dienen. Abraham war frei, andere zu dienen. Es war ihm regelrecht eine große Freude. Sein Verhalten zeigt seine Liebe zu Gott und zu Menschen.
Eigentlich war Abrahams Situation nicht besonders aussichtsreich gewesen. Mittlerweile waren nun schon mehr als 20 Jahre vergangen, als Gott Abraham seine Verheißung zum ersten Mal gegeben hatte. Seitdem hatte sich kaum etwas von der Verheißung erfüllt gehabt. Abraham hatte immer noch kein Kind, war mittlerweile fast schon 100 Jahre alt und lebte mit seiner Frau in einem fremden Land. In einer solchen Situation ist man eher mit sich selbst beschäftigt, beklagt sich bei Gott usw. Man ist eigentlich nicht frei, andere zu dienen. Woher kam diese Dienstbereitschaft? Offenbar aus dem Glauben an die Verheißungen. Er bewirkt Liebe und Bereitschaft, Gott und den Menschen zu dienen.
Abrahams Verhalten in dem heutigen Text zeigt, dass Gott Abrahams Zweifel wirksam behandelt hatte. Er war geistlich bereit, Gottes Verheißung in Empfang zu nehmen. Wie stand es aber mit Sara? Es ist bemerkenswert, dass Gott gleich zu Beginn des Gesprächs die Frage stellt: „Wo ist deine Frau Sara?“ (V.9). Gottes erstes Interesse war diesmal nicht Abraham, sondern Sara. Warum? Vers 12 berichtet darüber, dass Sara bei sich selbst lachte, als sie davon hörte, dass Gott Abraham versprach, dass Sara in einem Jahr ein Kind bekommen sollte. Mit den Worten: „Nun, da ich alt bin, soll ich noch Liebeslust erfahren…“ zog Sara Gottes Versprechen regelrecht ins Lächerliche. Sara lachte, weil sie Gottes Versprechen für lächerlich hielt, geradezu für einen schlechten Witz. Als Oma noch ein Kind bekommen? Hat es denn jemals eine schwangere Oma gegeben? In der Tat aus menschlicher Perspektive war Gottes Versprechen geradezu lächerlich. Aber gerade das war Saras Problem. Sie rechnete nicht mit den Möglichkeiten Gottes. Sie hatte ein Glaubensproblem. Das war ein Grund dafür, warum Gott Abraham erneut erschienen war.
Wie Gott das Glaubensproblem von Sara löste, sehen wir in den nachfolgenden Versen 13 bis 14. Sara hatte Gottes Worte in Frage gestellt? Nun stellt Gott Saras Worte und Lachen in Frage: „Warum lacht Sara und spricht: „Sollte ich wirklich noch gebären, so alt ich bin?“ Man liest über diese Frage leicht hinweg. Aber diese Frage ist wirklich krass. Warum? Ich glaube, die meisten von uns würden lachen, wenn wir an der Stelle von Sara wären. Eine schwangere Oma? Das ist doch lächerlich! Zudem hatte Sara viele Jahre an Lebenserfahrungen hinter sich. Sie hatte schon Vieles erlebt, aber eine schwangere Oma, neee! Aber anstelle zu sagen: „Ja, es ist verständlich, dass Sara lacht“, fragte Gott: „Warum lacht Sara und spricht: „Sollte ich wirklich noch gebären, so alt ich bin?“ Das Krasse an dieser Frage ist also, dass sie zu einer gewaltigen Einfalt gegenüber dem Wort Gottes herausfordert. Ungefähr dasselbe Maß an Einfalt, wie an die Jungfrauengeburt zu glauben. Die steinalte Sara sollte gegenüber dem Wort Gottes eine kindliche Einfalt einnehmen. Wie konnte Sara solch eine Einfalt gegenüber dem Wort Gottes einnehmen? Gott sagte zu ihr: „Sollte dem HERRN etwas unmöglich sein?“ Gott lenkte Saras Blick auf die Allmacht Gottes. Von der Perspektive der Allmacht Gottes her scheint eine schwangere Oma nicht mehr lächerlich zu sein. Durch den Blick auf Gottes Allmacht konnte sie gegenüber dem Wort Gottes einfältig sein. Was machte Gott dann? Im Vers 14 erfahren wir, dass Gott seine Verheißung wiederholte: „Zur bestimmten Zeit will ich wieder zu dir kommen im nächsten Jahr, und Sara wird einen Sohn haben!“ Sara hatte Gott regelrecht ausgelacht, aber Gott lässt sich nicht beirren. Er wiederholte einfach seine Verheißung. Gott weiß, was er sagt und verspricht. Nicht seine Worte, sondern ihre Worte sollte Sara hinterfragen. Nachdem Sara leugnete, gelacht zu haben, antwortete Gott: „Es ist nicht so, du hast gelacht“ (V. 15). Der Vers 15 lässt den Anschein erregen, dass die gesamte Glaubenshilfe Gottes an Sara nichts gebracht hatte. Aber in Hebr. 11,11 heißt es: „Durch Glauben erhielt auch Sara selbst die Kraft, schwanger zu werden, und sie gebar, obwohl sie über das geeignete Alter hinaus war, weil sie den für treu achtete, der es verheißen hatte.“ Gottes Glaubenshilfe an Sara hatte sich also im Nachhinein als sehr wirksam erwiesen.
Gott hatte Abraham und Sara nicht allein großartige Verheißungen gegeben. Er half ihnen auch, an diese Verheißungen zu glauben. Gottes Glaubenshilfe an Sara und Abraham zeigt, wie sehr Gott gewillt war, beide zu segnen. Gott wollte seine Verheißung an Abraham und Sara unbedingt erfüllen. Er ist ein Gott der Verheißungen. Dies zeigt sich auch in den nachfolgenden Versen 17 bis 19. Gott geht hier mit Abraham um wie mit einem Freund, genauer gesagt wie mit einem Vertrauten, vor dem man keine Geheimnisse hat. Denn Vers 19 kann man auch so übersetzen: „Denn ich habe mich mit ihm vertraut gemacht…“ Gott hatte Abraham in ein Vertrauensverhältnis gesetzt. Es ist bemerkenswert, welche Gründe Gott für dieses Vertrauensverhältnis anführt. Gott sagte nicht: „Weil Abraham dies und das für mich getan hat“. Die Gründe, die Gott nennt, sind: V.18: „Abraham soll doch gewiss zu einem großen und starken Volk werden“ und „und alle Völker der Erde sollen in ihm gesegnet werden“; V. 19: „Denn ich habe ihn ersehen“ usw. Die Gründe, die Gott hier also nennt, wurzeln in dem Bund bzw. in Gottes Verheißungen an Abraham.
Gott hatte sich im gesamten Leben von Abraham als den Gott der Verheißungen offenbart. Es war aber nun auch an der Zeit, dass Abraham auch andere Offenbarungen Gottes kennenlernt. Lasst uns diese in den nächsten Teilen der Predigt betrachten.
Teil 2: Gottes Gericht (V.16-21)
Im Vers 17 erfahren wir, dass Gott Abraham seine Absichten bzgl. Sodom und Gomorra offenbaren wollte. Wir haben bereits einen Grund kennengelernt, warum Gott Abraham seine Absichten offenbaren wollte. Vers 19 verrät uns noch einen zweiten Grund. Aus Abraham sollte ein großes und starkes Volk werden. Dieses Volk sollte darin erzogen werden, den Weg des HERRN zu bewahren und Recht und Gerechtigkeit zu üben. Abraham sollte es seinen Kindern lehren, und diese wiederum an ihre Kinder, also von einer Generation zur andren. Als ein heiliges Volk sollte Israel zum Segen für die ganze Welt werden. Wie sich Gott das vorgestellt hat, sehen wir in 5. Mose 4,6-8: So bewahrt sie nun und tut sie; denn darin besteht eure Weisheit und euer Verstand vor den Augen der Völker. Wenn sie alle diese Gebote hören, werden sie sagen: Wie ist doch dieses große Volk ein so weises und verständiges Volk! Denn wo ist ein so großes Volk, zu dem sich die Götter so nahen, wie der HERR, unser Gott, es tut, so oft wir ihn anrufen? Und wo ist ein so großes Volk, das so gerechte Satzungen und Rechtsbestimmungen hätte, wie dieses ganze Gesetz, das ich euch heute vorlege? Was hatte nun der Erziehungsauftrag an Abraham mit der Sache von Sodom und Gomorra zu tun? 1. Kor 10,11 macht eine Funktion der Geschichte deutlich: Alle diese Dinge aber, die jenen widerfuhren, sind Vorbilder, und sie wurden zur Warnung für uns aufgeschrieben, auf die das Ende der Weltzeiten gekommen ist. Aus biblischer Sicht besteht eine Funktion der Geschichte darin, sie als Warnung zu nehmen. Die nachfolgenden Generationen sollten verstehen, dass Gott zu fürchten ist. Gott gibt Verheißungen, aber er hält auch Gericht. Gott ist gütig, aber auch zu fürchten. Das Gericht über Sodom und Gomorra sollte als Ermahnung zur Gottesfurcht dienen.
In 19,24-26 erfahren wir, wie Gott dieses Gericht auch tatsächlich ausgeführt hatte: „Da ließ der HERR Schwefel und Feuer regnen auf Sodom und Gomorra, vom HERRN, vom Himmel herab, 25 und er zerstörte die Städte und die ganze Umgebung und alle Einwohner der Städte und was auf dem Erdboden gewachsen war. 26 Und [Lots] Frau schaute zurück hinter seinem Rücken; da wurde sie zu einer Salzsäule.“ Man achte auf die Worte: „ganze Umgebung“; „alle Einwohner“, „alles, was auf dem Erdboden gewachsen war“. Wie das Gericht der Sintflut war auch das Gericht über Sodom und Gomorra radikal. Es machte nicht einmal vor Lots Frau Halt, die ja eigentlich zu den Geretteten zählte. Wie beim Gericht der Sintflut hatte Gott auch beim Gericht über Sodom und Gomorra keine leeren Worte gemacht. Sei es eine Verheißung oder ein Gericht, was Gott ankündigt, das tut er auch. Abraham konnte dieses schreckliche Gericht Gottes aus der Ferne miterleben. In 19,27-28 lesen wir: Abraham aber begab sich früh am Morgen zu dem Ort, wo er vor dem HERRN gestanden hatte. Und er blickte hinab auf Sodom und Gomorra und auf das ganze Land jener Gegend und sah sich um, und siehe, ein Rauch ging auf von dem Land, wie der Rauch eines Schmelzofens. So hatte Abraham Gott bisher noch nicht erfahren. Sicherlich wusste Abraham auch von dem Gericht der Sintflut. Aber das Gericht von Sodom und Gomorra war ein Gericht, dass er selbst miterlebt hatte. Das hatte sicherlich auf ihn und auf die nachfolgenden Generationen noch einmal einen ganz besonderen Eindruck hinterlassen.
In diesem Zusammenhang ist natürlich die Frage wichtig, warum Gott solch ein schreckliches Gericht über Sodom und Gomorra ergehen ließ? Betrachten wir hierzu einige Verse aus Kapitel 19. Was die Verse 4-5 berichten ist wirklich krass. Männer aus Sodom umringten das Haus von Lot. Sie forderten Lot auf, seine beiden Gäste herauszugeben. Wozu? Einzig und allein dazu, um sie zu vergewaltigen. Allein das ist schon krass. Aber noch krasser wird´s, wenn wir die Einzelheiten betrachten. Es waren nicht nur einige Männer aus Sodom, nicht ein paar Kriminelle halt. Nein, es heißt: „Jung und Alt, das ganze Volk aus allen Enden“. Die ganze Stadt hatte sich um das Haus von Lot versammelt, einzig und allein, um seine Gäste zu vergewaltigen. Zudem heißt es: „ehe sie sich hinlegten, umringten die Männer der Stadt das Haus“. Binnen einiger Stunden hatte sich die ganze Stadt um das Haus von Lot versammelt. Die sexuelle Gier nach diesen beiden Männern war so groß, dass sie nicht einen Tag warten wollten. Als Lot sich weigerte, seine beiden Gäste herauszugeben, drangen sie auf Lot heftig ein (V.9) und wollten in sein Haus einbrechen. Nichts und niemand durfte der Befriedigung ihrer sexuellen Lust im Wege stehen. Wer es doch tat, dem wurde Gewalt angetan. Sehen wir, wie abgrundtief verdorben Sodom und Gomorra waren? Gott hatte Abraham versprochen, dass er Sodom und Gomorra nicht vernichten würde, wenn sich darin 10 „Gerechte“ befinden würden (18,32). Aber diese Gegend war so verdorben, dass sich nicht einmal 10 fromme Menschen darin befanden. In 18,20 sagt Gott über Sodom und Gomorra: „Das Klagegeschrei über Sodom und Gomorra, wahrlich, es ist groß, und ihre Sünde, wahrlich, sie ist sehr schwer.“ Das Geschrei von dem Gott hier spricht, war das Geschrei der Vergewaltigten. In Sodom und Gomorra geschah buchstäblich eine zum Himmel schreiende Ungerechtigkeit. Gottes Gericht über Sodom und Gomorra war daher ein Ausdruck von purer Gerechtigkeit.
Wie schrecklich das Gericht über Sodom und Gomorra auch war, erwies Gott doch auch inmitten des Gerichts große Gnade. Wir wollen dies im letzten Teil der Predigt betrachten.
Teil 3: Gottes Rettung (19,1-38)
Gott wollte Lot und seine Angehörigen retten. Warum eigentlich? War es Lots Verdienst gewesen, gerettet zu werden? Abgesehen davon, dass Lot den beiden Männern große Gastfreundschaft erwiesen hatte, erfahren wir in diesem Abschnitt nichts Gutes über Lot. Im Vers 7 macht Lot den Männern von Sodom das Angebot, ihnen seine beiden Töchter zur Vergewaltigung herauszugeben. In den Versen 15 und 16 erfahren wir, dass Lot zögerte, die Stadt zu verlassen. Obwohl das Gericht schon vor der Tür stand, war Lot mit seinen Leuten noch bis zum nächsten Morgen in der Stadt geblieben. Die beiden Engel mussten ihn zur Eile drängen. Aber auch dann zögerte Lot noch, die Stadt zu verlassen. Den beiden Engeln blieb keine andere Wahl, als ihn mit Gewalt aus der Stadt zu bringen. Die beiden Engel ließen Lot erst draußen vor der Stadt wieder los. Offenbar rechneten sie damit, dass Lot auch noch während der Flucht zögern könnte. In den Versen 18 bis 20 fängt Lot allen Ernstes damit an, mit den Engeln darüber zu diskutieren, wohin er fliehen solle. Die Engel hatten Lot geboten, ins Gebirge zu fliehen. Aber Lot passte das nicht. Es war ihm zu gefährlich, ins Gebirge zu fliehen. Stattdessen machte er einen Gegenvorschlag. Er hielt es für sicherer, nach Zoar, in eine nahegelegene Kleinstadt zu ziehen. Lot meinte also, er wisse es besser als Gott, wo er sicherer sei. Umso erstaunlicher ist es, wie Gott Lot antwortete. Anstelle ihn zu tadeln, begegnete er Lot äußerst gütig. Gott sagte zu Lot: „Siehe, ich habe dich auch in dieser Sache erhört, dass ich die Stadt nicht zerstöre, von der du geredet hast. Eile, rette dich dorthin; denn ich kann nichts tun, bis du hineingekommen bist!“ (V. 21b – 22a) Dass sich Gott auf Lots Gegenvorschlag einließ, heißt übrigens nicht, dass Lot Recht hatte. Im Vers 30 heißt es nämlich: Und Lot ging von Zoar hinauf und blieb mit seinen beiden Töchtern auf dem Bergland; denn er fürchtete sich, in Zoar zu bleiben; und er wohnte mit seinen Töchtern in einer Höhle. Später stellte sich also doch heraus, dass Lot im Gebirge sicherer war als in der Stadt Zoar. Je mehr wir also das Verhalten Lots betrachten, desto mehr leuchtet also Gottes Gnade auf, die Lot errettete. Wie groß Gottes Gnade an Lot gewesen ist, erkannte auch Lot selbst. Er sagte: Siehe doch, dein Knecht hat vor deinen Augen Gnade gefunden, und du hast mir große Barmherzigkeit erwiesen, dass du meine Seele am Leben erhalten hast (19,19). Der Grund, warum Gott Lot errettete, sehen wir in Vers 29. Gott hatte Lot um Abrahams willen errettet. Zwar konnten Sodom und Gomorra nicht vor dem Gericht bewahrt werden, weil sich darin nicht einmal eine kleine Gruppe von frommen Menschen befand. Aber Gott hatte Abrahams Fürbitte insofern erhört, als dass er Lot und einige seiner Angehörigen rettete.
An Abraham war eine dreifache Botschaft Gottes ergangen: Die erste war die Verheißung – sie galt für Abraham und Sara; die zweite war das Gericht – sie galt für Sodom und Gomorra und die dritte Botschaft war Gottes Bereitschaft zu vergeben und zu retten. Sie galt Lot und einigen seiner Angehörigen. Was bedeutet diese dreifache Botschaft Gottes für uns? Erstens, in Christus haben wir die Zusage Gottes aller Verheißungen Gottes. Sie wurzelt in den Bund, den Christus in seinem Blut versiegelt hat. Aufgrund dieses Bundes, sind wir wie Abraham dazu eingeladen, in einem Freundschaftsverhältnis mit Gott zu leben. Wie bei Abraham und Sara ist es Gott auch bei uns ein Anliegen, dass wir im Glauben an diese Verheißungen leben. Sie sollen im Alltag zu einer gelebten Realität werden. Hierzu erfordert es Einfalt gegenüber dem Wort Gottes. Vor allem Christen mit einem akademischen Hintergrund kann es schwerfallen, dem Wort Gottes mit Einfalt zu begegnen. Zudem stehen wir europäische Christen in der Tradition der Aufklärung. Lieber neigt man dazu, auf sein Denken und Erfahrungen zu vertrauen.
Warum ist es so wichtig, dass wir im Glauben an die Verheißungen zu leben? Ein Grund ist der, dass wir nur dadurch zum Segen für andere werden können. Nicht nur Abraham, auch uns hat Gott dazu berufen, zum Segen für andere zu werden. Dies ist vor allem deshalb wichtig, weil die Welt wie Sodom und Gomorra unter dem Gericht Gottes steht. Auch unsere Gesellschaft wird zunehmend verdorbener. Sie ist auf dem direkten Weg dahin, wie Sodom und Gomorra zu werden. Wir können das daran erkennen, dass der Ausübung sexueller Begierden kaum noch Grenzen gesetzt werden. Während voreheliche Beziehungen noch vor einigen wenigen Generationen verpönt waren, sind sie heutzutage Normalität. Es ist noch gar nicht so lange her, da kamen Homosexuelle ins Gefängnis. Heute ist es aber so, dass man sich eher fürchten muss, ins Gefängnis zu kommen, wenn man Homosexualität als Sünde nennt. Seit etwa drei Jahren ist nun auch die Homoehe in Deutschland erlaubt. Aber noch krasser ist, dass mittlerweile die Gender-Ideologie in unserer Gesellschaft immer mehr Einzug erhält. Selbst in den Bildungsplänen von Ba-Wü hat diese Ideologie ihren Platz bekommen. Lehrer müssen den Kindern diese Ideologie lehren. Man nennt das „die Freiheit von sozialen Zwängen“. Gerade diese Überzeugung wird unsere Gesellschaft immer mehr dahin bringen, zu Sodom und Gomorra zu werden.
Was sollen wir dagegen tun? Was tat Abraham? Abraham legte Fürbitte für Sodom ab (18,16-33). Lasst uns für unser Land und für unsere Stadt beten. Lasst uns auch dafür beten, dass Gott uns Möglichkeiten zeigt, wie wir als Gemeinde konkret ein Segen für diese Stadt sein können. Wir sollten nicht erst damit anfangen, Fürbitte zu leisten, wenn es nicht einmal mehr 10 „Gerechte“ in unserer Stadt gibt. Christus sagt: „Ihr seid das Salz der Erde.“ (Mt. 5,13). Der Apostel Paulus zog aus dem bevorstehenden Gericht Gottes über die Ungläubigen die richtige Schlussfolgerung. In seinem Brief an die Korinther schrieb er: „ In dem Bewusstsein, dass der Herr zu fürchten ist, suchen wir daher die Menschen zu überzeugen“ (2. Kor 5,11).
Wie wirkungsvoll unsere Fürbitte sein kann, sehen wir an der Rettung von Lot. Wie wir in dieser Geschichte sehen konnten, hatte Lot die Rettung keineswegs verdient gehabt. Es lag allein an der Fürbitte Abrahams. Auch unsere Fürbitte möchte Gott zur Rettung anderer gebrauchen. Weil wir im Namen Christi beten, können wir eine viel größere Zuversicht auf Gebetserhörung haben als Abraham. Abraham verhandelte sozusagen mit Gott bis auf 10 Gerechte. Die Zahl 10 steht für einer Gruppe. Bei weniger als 10 sprach man von Einzelnen. Abraham betete also, dass Gott die Stadt verschont, wenn auch nur die kleinste Gruppe von Gerechten in ihr wären. Aber in Christus haben wir eine viel größere Zuversicht auf Gebetserhörung. Christus ist der einzig wahre Gerechte. Er ist der eine Gerechte, um dessentwillen der ganzen Welt vergeben werden könnte. Denn er ist das Lamm Gottes, dass die Sünde von der ganzen Welt trägt (Joh 1,29). Dass wir in Christus weitaus mehr Zuversicht und weitaus kühner beten können, zeigt sich auch in den Worten Jesu über Kapernaum: „Denn wenn in Sodom die Wundertaten geschehen wären, die bei dir geschehen sind, es würde noch heutzutage stehen.“ (Mt. 11,23b). Man muss sich das einmal vorstellen: Die Leute von Sodom, die so verdorben waren, hätten Buße getan, wenn sie Christus erlebt hätten.
Von Abraham können wir auch lernen, wie wir Fürbitte leisten können. Seine Fürbitte charakterisiert zwei wichtige Punkte: Erstens Demut, zweitens Kühnheit. Die Demut zeigt sich darin, dass Abraham überhaupt nicht im Vertrauen auf seine Gerechtigkeit vor Gott erschien (vgl. Dan 9,18). Obwohl Gott ihn wie ein Freund behandelte, sagte er: „Ach siehe, ich habe es gewagt, mit dem Herrn zu reden, obwohl ich nur Staub und Asche bin!“ (1. Mo 18,27b). Seine Kühnheit zeigt sich eben darin, dass er regelrecht mit Gott verhandelte. Er konnte dies tun, weil er ein tiefes Vertrauen in Gottes Barmherzigkeit gefunden hatte. Im Vertrauen auf die eigene Gerechtigkeit können wir nicht kühn bitten. Man kann dann leicht denken: „Warum sollte mich Gott erhören. Ich bin ja nicht besser als die anderen.“ Doch im Vertrauen auf die Barmherzigkeit Gottes in Christus können wir sehr kühn bitten. Daher ist es so wichtig, dass wir den Verheißungen Gottes mit aller Einfalt Glauben schenken.
Abschließend noch eine Sache, die wir bzgl. der Fürbitte für die Welt wissen sollten. Wann immer wir für unsere Stadt Fürbitte leisten, sollten wir auch für unsere Kinder beten, die in dieser verkehrten Welt aufwachsen. Am Ende von Kapitel 19 erfahren wir, dass die Töchter von Lot auf eine schreckliche Idee gekommen waren. Dass sie mit ihrem eigenen Vater schliefen, zeigt, wie sehr die verdorbene Umgebung von Sodom und Gomorra auf die Kinder von Lot abgefärbt hatte. Unsere Kinder wachsen in einer verdorbenen Gesellschaft auf. Fünf Tage die Woche sind sie meistens mehr als 5 Stunden in der Schule, wo sie unter ungläubigen Kindern und Lehrern sind. Wie sehr die Kinder dadurch geprägt werden, sollte nicht unterschätzt werden.
Lasst uns unsere Vorrechte in Christus nutzen und im Glauben für unsere Stadt und unsere Kinder Fürbitte leisten.
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