Predigt: 1. Johannes 4,11 – 21

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Liebt euch untereinander

„Furcht ist nicht in der Liebe, sondern die vollkommene Liebe treibt die Furcht aus. Denn die Furcht rechnet mit Strafe; wer sich aber fürchtet, der ist nicht vollkommen in der Liebe.“ (4,18)

Im ersten Abschnitt von Kapitel 4 hat Johannes die Gläubigen gewarnt, dass sie nicht jedem Geist glauben sollten, weil in den Gemeinden nicht nur der Heilige Geist am Wirken war, sondern durch die Irrlehrer auch der Geist des Antichrist. Er ermutigte sie, dass sie keinen Angst zu haben brauchten, weil der Heilige Geist in ihnen stärker war als die bösen Geister. Dann ermutigte er sie ab Vers 7 erneut dazu, sich untereinander zu lieben, weil die Liebe von Gott ist. Dabei verkündigte er neu die Liebe Gottes, indem er schrieb: „Darin besteht die Liebe: nicht dass wir Gott geliebt haben, sondern dass er uns geliebt hat und gesandt seinen Sohn zur Versöhnung für unsere Sünden“ (10). Gott hat uns so sehr geliebt; und seine Liebe anzunehmen und mit Gott versöhnt zu werden, ist für jeden Menschen das All-entscheidende. Aber es ist nicht das Ende. Im heutigen Text ermutigt Johannes die Empfänger und uns dazu, wegen Gottes Liebe auch uns untereinander zu lieben. Dabei wiederholt er nicht einfach nur diese Ermahnung, sondern sagt uns, welche wichtigen Auswirkungen das für uns und unser Leben hat. Möge Gott uns heute helfen zu erkennen, warum es so wichtig ist, dass wir uns uns untereinander lieben.

Betrachten wir den Vers 11: „Ihr Lieben, hat uns Gott so geliebt, so sollen wir uns auch untereinander lieben.“ Weil Gott uns so geliebt hat, sollen wir uns auch untereinander lieben. Wir sollen die Liebe, die wir von Gott empfangen haben, nicht nur für uns behalten, sondern seine Liebe an andere weitergeben. „Uns untereinander“ heißt, dass wir zuerst die Glaubensgeschwister lieben sollen, aber nicht sie allein. Das ist nicht ein Option für uns Christen, sondern es ist ein sollen, Gottes Wille für uns. Gott ist wie ein Vater, der seinem Sohn ein großes Geschenk gemacht hat, das er sich schon lange gewünscht hat. Der Vater freut sich, wenn der Sohn aus Freude und Dankbarkeit mit seinen Geschwistern liebevoll umgeht. Wenn der Sohn dagegen das Geschenk annimmt, aber mit seinen Geschwistern lieblos, gleichgültig oder gehässig umgeht, ist der Vater traurig. Weil Gott uns so sehr geliebt hat, dass er uns seinen einzigen Sohn gab, sollen wir unsere Geschwister im Glauben lieben. Das ist eigentlich selbstverständlich, und es macht Gott froh. Außerdem hat es auch wichtige Auswirkungen für uns selbst.

Welche Auswirkungen sind das? Vers 12 sagt: „Niemand hat Gott jemals gesehen. Wenn wir uns untereinander lieben, so bleibt Gott in uns, und seine Liebe ist in uns vollkommen.“ Gott ist für uns eigentlich unsichtbar. Manchmal kann es für uns schwer sein, dem unsichtbaren Gott zu vertrauen und mit seiner Gegenwart ständig zu rechnen. Aber wenn wir Gottes Liebe nicht nur annehmen, sondern uns auch untereinander lieben, bleibt Gott in uns, sodass wir seine Gegenwart täglich spürbar erfahren können.

Der Vers nennt noch eine weitere Folge, wenn wir uns untereinander lieben, nämlich dass seine Liebe in uns vollkommen ist. Was heißt das? Wir sind völlig bedürftig nach Gottes Liebe und dürfen sie einfach annehmen, ohne Vorbedingung oder Gegenleistung. Aber wenn wir Gottes Liebe nur für uns selbst genießen wollen, können wir seinen Liebe nie vollkommen erfahren. Wir können die Größe seiner Liebe und ihre tiefe Bedeutung erst dann vollkommen begreifen, wenn wir mit seiner Liebe die Geschwister lieben und auch durch eine liebevolle Beziehung zu ihnen seine Liebe erfahren. Wir können Gottes Liebe erst dann vollkommen erfahren, wenn wir seine Liebe bis dahin annehmen, dass sie von uns zu den anderen strömen kann. Wenn wir die Liebe, die wir von Gott empfangen, zu den anderen fließen lassen, kann seine Liebe immer neu in uns hineinströmen, und unsere Liebesbeziehung zu ihm bleibt frisch und lebendig. Wenn wir so in der Liebesbeziehung zu Gott und zu den Geschwistern leben, wird außerdem seine Liebe in uns auch in dem Sinn vollkommen, dass sie uns uns zu liebevollen Menschen nach Jesu Bild macht.

Woran können wir erkennen, dass Gott dann wirklich in uns ist, und wir uns das nicht etwa nur einbilden? Dass wir wirklich in Gott bleiben und er in uns, können wir daran erkennen, dass Gott mit seinem Heiligen Geist in uns wirkt. Vers 13 sagt: „Daran erkennen wir, dass wir in ihm bleiben und er in uns, dass er uns von seinem Geist gegeben hat.“ Wenn wir Gottes Liebe annehmen und darin bleiben und die anderen lieben, bleibt Gottes Geist bleibt in uns und wirkt in uns. Dabei geht es nicht einfach um Gefühle. Der Heilige Geist ist eine Person, die gezielt und mit sanfter, aber starker Kraft in uns wirkt, und zwar auf vielerlei Weise. Der Heilige Geist führt und begleitet uns, und er tröstet uns wie ein sehr guter Freund. Wenn er in uns bleibt, schützt er uns in allen Gefahren. Er erinnert uns dazu täglich an Jesu Worte, oft genau im richtigen Moment, und hilft uns, sie zu verstehen. Wenn wir betend auf ihn hören, hilft er uns, durch das Wort die geistliche Wirklichkeit immer mehr zu erkennen, und leitet uns in alle Wahrheit. Dabei öffnet er uns auch die Augen für unsere Sünde und hilft uns, die Gerechtigkeit, die allein durch Jesu Blut am Kreuz kommt, neu und tiefer anzunehmen. So führt er uns und verändert uns immer mehr zum Bild Jesu. Daran dass der Heilige Geist in uns wirkt, erkennen wir, dass wir tatsächlich in Gott bleiben und er in uns. Und er bleibt in uns, wenn wir die anderen lieben.

An dieser Stelle fügt Johannes nochmal sein eigenes, persönliches Zeugnis an: „Und wir haben gesehen und bezeugen, dass der Vater den Sohn gesandt hat als Heiland der Welt“ (14). Mit „wir“ meint Johannes hier sich und die anderen Jüngern, die Jesus über drei Jahre lang gesehen und erlebt hatten. Johannes hatte Jesus vom Beginn seiner Wirksamkeit bis hin zum Kreuz und weitere vierzig Tage nach seiner Auferstehung gesehen. Aufgrund all dessen, was er gesehen hatte, bezeugte er, dass Gott in Jesus seinen Sohn in die Welt gesandt hat als Heiland der Welt.

Er ermutigt die Empfänger dazu, auch Jesus zu bekennen: „Wer nun bekennt, dass Jesus Gottes Sohn ist, in dem bleibt Gott und er in Gott.“ Wenn wir Jesus erkannt haben, sollen wir ihn als Gottes Sohn bekennen, im Gebet, aber auch vor anderen Menschen. Wenn wir Jesus bekennen, freut sich Gott über uns, und er bleibt in uns und wir in ihm. Vorhin haben wir gelernt, dass wir in Gott bleiben, wenn wir uns untereinander lieben und so in der Liebe bleiben. Hier erfahren wir, dass Gott in uns bleibt, wenn wir Jesus bekennen und dadurch in der Wahrheit bleiben. Gott bleibt also in uns und wir in ihm, wenn wir in der Wahrheit und in seiner Liebe bleiben.

Und Gott selbst ist die Liebe. Vers 16 sagt: „Und wir haben erkannt und geglaubt die Liebe, die Gott zu uns hat: Gott ist Liebe; und wer in der Liebe bleibt, der bleibt in Gott und Gott in ihm.“ Gottes Liebe, aus der er uns seinen einzigen Sohn gab und ihn am Kreuz dahingab, ist unermesslich groß. Wir können nur erahnen, wie groß und tief und wie glühend Gottes Liebe zu uns ist! Liebe ist nicht nur irgendeine von vielen Eigenschaften Gottes, sondern Gott ist Liebe. Wir sollen wirklich seine Liebe annehmen und uns davon erfüllen lassen, bis sie zu den anderen strömt. Dann bleibt Gott in uns und wir in ihm.

Welche weitere Bedeutung hat das? Der Vers 17 sagt: „Darin ist die Liebe bei uns vollendet, auf dass wir die Freiheit haben, zu reden am Tag des Gerichts; denn wie er ist, so sind auch wir in dieser Welt.“ Gott will, dass wir seine Liebe nicht nur irgendwie annehmen und andere irgendwie lieben. Sein Ziel ist, dass die Liebe bei uns vollendet wird. Gott will, dass wir in unserem Glaubensleben die Größe und Tiefe seiner Liebe begreifen und daraus leben und sie an andere weitergeben lernen, sodass wir am Tag des Gerichts die Freiheit haben, vor ihm zu reden im Vertrauen auf seine Liebe. Wir sollen im Hinblick auf diesen Tag danach streben, seine Liebe mehr zu erkennen und in der Liebe zu ihm und zu den Geschwistern zu wachsen. Dann, an jenem Tag, wird offenbar werden, wie bedeutsam und kostbar die Liebesbeziehung zu Jesus und zu den Geschwistern war.

Die Liebe hat noch eine weitere Eigenschaft. Betrachten wir den Vers 18: „Furcht ist nicht in der Liebe, sondern die vollkommene Liebe treibt die Furcht aus. Denn die Furcht rechnet mit Strafe; wer sich aber fürchtet, der ist nicht vollkommen in der Liebe.“ Wenn wir in der Liebesbeziehung zu Jesus vollkommen werden, treibt die Liebe alle Furcht aus uns aus. Wir Menschen haben im Leben in dieser vergänglichen und verkehrten Welt vor so vielen Dingen Furcht und Angst. Es gibt so viele Arten von Ängsten und Phobien; Furcht vor dem Verlust von geliebte Menschen und Freunden oder vor dem Verlust ihrer Anerkennung und Liebe; Furcht davor, zu versagen, Furcht, die materielle Lebensgrundlage zu verlieren, Furcht vor Armut, Krankheit, Unfällen; Furcht vor der Zukunft, Furcht vor dem Tod. Es gibt so viele Bücher darüber, wie man mit Ängsten fertig werden kann. So viele Menschen benötigen psychologische Hilfe, dabei ist eines der häufigen Probleme Furcht und Angst. Auch als Christen sind wir nicht frei von Furcht. Im Gegenteil: weil wir von Gottes Heiligkeit wissen und unsere Sündhaftigkeit kennen, können wir uns vor Gott fürchten, ob er uns nicht doch bestrafen würde. Aber wenn wir die Liebe Gottes vollkommen annehmen und sie auch an unsere Nächsten weitergeben, treibt die Liebe alle Arten von Furcht aus. Auch wenn wir wissen, dass wir von uns aus vor Gott gar nicht bestehen können, vertreibt die Liebe Gottes in unseren Herzen und Seelen alle Furcht davor, ihm zu begegnen, wenn die Liebe in uns vollkommen ist. Das sollen wir jeder erleben. Bis dahin dürfen wir Gottes Liebe weiter annehmen und sie an andere weitergeben.

Deshalb sagt Johannes direkt weiter: „Lasst uns lieben, denn er hat uns zuerst geliebt.“ Johannes wird nicht müde, uns zur Liebe zu den Geschwistern zu ermutigen, die die beste und einzige richtige Antwort auf Gottes Liebe zu uns ist. Einander zu lieben, ist das Leben der Christen. Wenn dagegen jemand seinen Bruder nicht liebt und sich darauf beruft, dass er ja immerhin Gott liebe und dass das ja am wichtigsten sei, lügt er und betrügt sich selbst. „Denn wer seinen Bruder nicht liebt, den er sieht, der kann nicht Gott lieben, den er nicht sieht. Und dies Gebot haben wir von ihm, dass, wer Gott liebt, dass der auch seinen Bruder liebe.“ Zum Schluss erinnert uns Johannes noch daran, dass die Liebe Jesu Gebot ist. Dass wir einander lieben, ist Gott so wichtig, dass er es uns im Alten wie im Neuen Testament geboten hat. Wir sollen es entsprechend wichtig nehmen, dass wir egal, in welcher Situation wir uns befinden, unsere Brüder und Schwestern im Glauben lieben, und nicht zulassen, dass wir es aus Trägheit oder weil wir sehr mit unseren Alltagsdingen oder mit Problemen beschäftigt sind, versäumen. Das brauchen wir nicht aus unserer eigenen Kraft tun oder uns künstlich motivieren. Den Grund dafür hat Gott selbst geschaffen, indem er uns so sehr geliebt hat. Deshalb können wir immer unsere Geschwister lieben und für sie beten, sie verstehen, mit ihnen Gemeinschaft haben und ihnen dienen, wenn wir daran denken, dass Gott uns zuerst geliebt hat. Möge Gott uns dadurch reichlich segnen, dass wir uns untereinander lieben.

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