Frauen und die Gemeinde Jesu
„Lasst aber alles ehrbar und ordentlich zugehen“
(1. Korinther 14,40)
Jemand hatte mal gesagt, dass Predigen ab und zu folgendem Bild ähnelt: man schmeißt einen großen Stein in ein Gebüsch voller Schlangen; anschließend hat man als Prediger die Aufgabe, alle Schlangen unschädlich zu machen, bevor sie die Zuhörer beißen können. Wenn man diese Analogie auf die heutige Predigt anwendet, ist die Frage, was die dickste und größte Schlange im Text ist. Ich würde argumentieren, dass es die Verse 34 und 35 sind. Diese Verse handeln von Paulus‘ Anweisungen für die Frauen in der Gemeinde. Und wie wir uns alle vorstellen können, ist das ein schwieriges und sehr kontroverses Thema. Je nachdem mit wem man diese Diskussionen führt, kann es ein emotional ziemlich geladenes Thema sein.
In meinen mehr als 30 Jahre in dieser Gemeinde kann ich mich an keine Predigt erinnern, in der wir dieses Thema etwas systematischer und tiefer aufgegriffen haben. Weil dem so ist, wollen wir uns heute ausschließlich mit diesen problematischen Bibelversen beschäftigen. Die Predigt heute wird nicht alle Fragen dazu beantworten können. Beileibe nicht! Aber es kann vielleicht der Anfang einer hoffentlich respektvollen Diskussion sein; eine Diskussion bei der wir uns nicht mit Vereinfachungen, Klischees, etc. zufriedengeben, sondern in der wir versuchen biblisch nuanciert, reflektiert an die Sache herangehen. Auch wenn ihr mit meinen Schlussfolgerungen nicht ganz einverstanden sein solltet, hoffe ich, dass ihr zumindest meiner Argumentation gut folgen könnt.
Drei Punkte möchte ich gerne heute vermitteln: erstens, was Paulus‘ Worte über die Frauen ziemlich wahrscheinlich nicht bedeuten; zweitens, was diese Verse bedeuten könnten; drittens, was diese Worte uns bedeuten sollten.
Erstens, was diese Verse ziemlich wahrscheinlich nicht bedeuten
Verse 33b bis 35 sagen: „Wie in allen Gemeinden der Heiligen sollen die Frauen schweigen in den Gemeindeversammlungen; denn es ist ihnen nicht gestattet zu reden, sondern sie sollen sich unterordnen, wie auch das Gesetz sagt. Wollen sie aber etwas lernen, so sollen sie daheim ihre Männer fragen. Es steht einer Frau schlecht an, in der Gemeindeversammlung zu reden.“ Was scheint Paulus hier zu sagen? Frauen sollen in Versammlungen der Gemeinde schweigen und nicht reden; sie sollen sich unterordnen; wenn sie etwas lernen wollen, sollen sie ihre Männer zu Hause fragen. Und Paulus schließt den Gedanken ab mit den Worten, dass es eine Schande ist, wenn Frauen in der Gemeindeversammlung reden. Ist es das, was Paulus als eine allgemeingültige Regel formuliert? Vers 33b scheint darauf hinzudeuten, dass das, was Paulus an dieser Stelle sagt, nicht nur für die Korinther Christen gilt, sondern für alle Gemeinden. Und wenn dem so ist, warum sollte es nicht für unsere Gemeinde gelten?
In vielen christlichen Kreisen werden diese Verse als Beleg dafür genommen, dass Frauen, in der Versammlung der Gemeinde zu schweigen haben. Zum Beispiel schreibt Friedemann Werkshage: „… Apostel Paulus gibt die Anweisung, dass eine Frau nicht lehren, noch über den Mann herrschen, sondern still sein soll. Diese Anweisung bezieht sich nicht nur auf die Gemeindestunden, wo sie ehedem schweigen soll, sondern hat einen allgemeinen Charakter. … Wenn nun eine Frau vor anderen (vor allem in Gegenwart von Männern) die Bibel auslegen und erklären würde, widerspräche dies eindeutig dem Willen Gottes.“ Ist es das, was Paulus meinte? Persönlich bin ich mir ziemlich sicher, dass es nicht das ist, was Paulus meinte. Das hat mindestens drei Gründe.
Der erste Grund ist, weil es im direkten Widerspruch zu dem steht, was Paulus im gleichen Brief schreibt. In Vers 31 schreibt Paulus: „Ihr könnt alle prophetisch reden, doch einer nach dem andern, damit alle lernen und alle ermahnt werden.“ Das Wort „alle“ scheint wirklich „alle“ zu meinen, Männer als auch Frauen. D.h., man müsste diesen Vers 31 entsprechend nicht wörtlich nehmen, wenn man Verse 34 und 35 aus dem Kontext genommen wörtlich nimmt. Der expliziteste Widerspruch befindet sich aber in Kapitel 11,5. In diesem Vers gibt Paulus explizite Anweisungen, was Frauen tun sollen, wenn sie prophetisch reden. Der Kontext von Vers 5 macht deutlich, dass es dabei nicht im familiären Kreis geht, sondern über das Verhalten im Gottesdienst. Dieser scheinbare Widerspruch ist so groß und so stark, dass sich viele christliche Denker den Kopf zerbrochen haben, wie man das unter einen Hut bringen soll. Viele sind zu dem Schluss gekommen, dass sich diese Widersprüche nicht vereinen lassen.
Viele Ausleger eher aus der modernen Zeit gehen davon aus, dass die Verse 34 und 35 nicht von Paulus stammen, sondern später hinzugefügt wurden. Es gibt Manuskripte, die diese Verse nach Vers 40 stellen. Das Problem ist allerdings, dass es späte Manuskripte sind. In allen wichtigen frühen Manuskripten sind die Worte von 1. Korinther 14 so widergegeben, wie wir es heute lesen. D.h., es gibt keine wirklich guten Hinweise und Indizien dafür, dass es sich um einen späteren Nachschub handelt. Aber allein die Tatsache, dass solche Konstrukte entwickelt werden, zeigt, wie problematisch der scheinbare Widerspruch ist.
Der zweite Grund ist, weil es im direkten Widerspruch zu dem steht, was in der frühen christlichen Gemeinde praktiziert wurde. Wir können nicht alle Textstellen erwähnen, deshalb nur einige Beispiele. Priska und Aquila hatten Apollos zu sich aufgenommen und ihm die Bibel gelehrt. Sehr wahrscheinlich war das im Kontext ihrer Hausgemeinde. D.h., dass in der frühen Gemeinde Frauen andere Männer gelehrt haben. In Römer 16,3 erwähnt Paulus dieses Ehepaar. Interessanterweise erwähnt er Priska an erster Stelle und nennt sie seine Mitarbeiter in Christus Jesus. Allein die Tatsache, dass Paulus Priska an erster Stelle erwähnt, ist extrem außergewöhnlich.
Römer 16 ist eine kleine Fundgrube an Besonderheiten. Und wenn man da genauer hinschaut, finden wir einige interessante Erwähnungen. Paulus erwähnt eine Schwester namens Phöbe. Phöbe war eine Diakonin aus der Gemeinde von Kenchreä, d.h., sie hatte eine leitende Aufgabe innerhalb dieser Gemeinde. Das Wort „ich empfehle euch“ ist interessant. Es ist ein starker Hinweis darauf, dass Phöbe der Überbringer vom Römerbrief war. Welche Aufgabe hatten die Überbringer des Briefes? Ihre Aufgabe war es, den Brief in der Gemeinde vorzulesen. Beim Lesen des Briefes ist davon auszugehen, dass die Zuhörer Fragen hatten: „Was genau hat Paulus an dieser Stelle gemeint?“ Ihre Aufgabe war es dann, ihnen diesen Brief genauer zu erklären. Sie war diejenige, die mit Paulus längstem und ausführlichstem und systematischstem Brief vertraut war. Mit anderen Worten, der erste Bibellehrer vom Römerbrief war sehr wahrscheinlich eine Lehrerin.
In Römer 16,7 schreibt Paulus, dass die römischen Geschwister Grüße weiterreichen sollten an Andronikus und Junia. Wir wissen nichts über diese Personen mit Ausnahme dessen, was in Paulus‘ Brief steht: „Grüßt den Andronikus und die Junia, meine Stammverwandten und Mitgefangenen, die berühmt sind unter den Aposteln und vor mir in Christus gewesen sind.“ Junia war eine Frau und zählte zu den Aposteln. Nicht nur, dass sie ein Apostel war: sie war eine Berühmtheit unter den Aposteln. Der Gedanke, dass eine Frau ein Apostel war, hat im Lauf der späteren Kirchengeschichte für so viel Irritation gesorgt, dass spätere Manuskripte ihren Namen in „Junias“ abgeändert haben, also in einen Männernamen. Was immer Apostel auch bedeuten mag, es war ein offizielles Amt innerhalb der frühen Gemeinde mit leitenden Funktionen.
Wir könnten noch viele weitere Beispiele anführen. Ein Kommentator hat treffend geschrieben: „Wie können Frauen wie Evodia und Syntiche, Priska und Maria, Junia und Tryphaena und Tryphosa als Mitarbeiterinnen in der Gemeinde ihren Dienst ausüben, wenn sie in den Gemeinden nicht reden dürfen? Wie kann Phöbe ihre Rolle als Diakonin ausüben, wenn es ihr nicht erlaubt ist, in der Versammlung zu sprechen? Wie kann von einer Frau wie Nympha, die einflussreich genug ist, eine Hausgemeinde zu beherbergen, verlangt werden, in ihrem eigenen Zuhause zu schweigen?“
Der dritte Grund, ist vielleicht nicht so stark wie die Gründe 1 und 2, aber nichtsdestotrotz wichtig. Unter der Annahme, dass die sprichwörtliche Auslegung die Richtige ist, weshalb sollten Frauen in der Gemeinde schweigen und nicht reden? Weshalb sollten ausgerechnet Frauen als Lehrer, Prophetinnen oder Leiterinnen ungeeigneter sein? In welcher Hinsicht sind Frauen weniger befähigt, weniger qualifiziert, weniger geeignet? Weil Frauen emotionaler sind? Weil Frauen zu Irrlehren neigen? Weil Frauen weniger intelligent sind? Definitiv nicht! Mein Eindruck ist, dass in der Mehrzahl der Fälle Frauen wesentlich bessere Entscheidungen treffen als Männer. Wenn bei der letzten Präsidentschaftswahl nur die Frauen gewählt hätten und nicht die Männer, dann wäre jetzt Hillary Clinton Präsidentin, die USA würden in der jetzigen Coronavirus-Krise deutlich besser dastehen als sie es im Moment tun; und die Welt wäre ein etwas besserer Ort für alle.
Um zusammenzufassen, in der frühen Gemeinde waren Frauen in verschiedenen leitenden Diensten tätig, sowohl als Diakone, als Propheten, als Ausleger, als Apostel. Und aufgrund dessen können wir sagen, dass eine verallgemeinernde Lesart von Paulus‘ Worten, dass die Frauen in der Gemeinde schweigen sollen, mit ziemlich großer Sicherheit daneben ist, weil diese Lesart mit vielen anderen Bibelstellen im Widerspruch steht und daher am Ende des Tages nicht biblisch ist.
Zweitens, was diese Verse bedeuten könnten
Grundsätzlich sind diese Verse nicht einfach zu verstehen. Es ist ohne Zweifel eine schwierige Textstelle. Und weil dem so ist, scheint es fast so viele Auslegungen dazu zu geben wie es Theologen gibt. Jede dieser Auslegungen hat ihre Stärken und Schwächen. Ich gebe die Auslegung weiter, die ich für am plausibelsten halte.
Sehen wir uns die beiden Verse noch einmal: „Wie in allen Gemeinden der Heiligen sollen die Frauen schweigen in den Gemeindeversammlungen; denn es ist ihnen nicht gestattet zu reden, sondern sie sollen sich unterordnen, wie auch das Gesetz sagt. Wollen sie aber etwas lernen, so sollen sie daheim ihre Männer fragen. Es steht einer Frau schlecht an, in der Gemeindeversammlung zu reden.“ Wir finden ein paar wichtige Hinweise, wenn wir uns den Urtext anschauen.
Das Wort, das in Vers 34 für „Frauen“ verwendet wird, ist hai gynaikes. Und das kann sowohl Frauen bedeuten als auch Ehefrauen. Paulus verwendet dieses Wort in Kapiteln 7 und 11 im ersten Korintherbrief und meint damit ganz klar Ehefrauen. Falls das die richtige Lesart ist, würde Vers 35 Sinn machen: die Ehefrauen können zu Hause ihre Männer fragen, wenn sie etwas lernen wollen. Wenn sich das nicht auf Ehefrauen beziehen würde, wäre eine berechtigte Frage, was mit den nicht verheirateten Frauen ist, z.B. mit den Alleinstehenden und Witwen? Wenn sich das auf die Ehefrauen bezieht, dann macht auch die Aussage in Vers 34 mehr Sinn, dass sich die Frauen unterordnen sollen. Diese Unterordnung bedeutet nicht, dass alle Frauen allen Männern untergeordnet sind. Absolut nicht! Aber im Kontext der Ehe, soll sich die Ehefrau ihrem Ehemann unterordnen, und der Ehemann soll die Frau lieben wie Christus die Gemeinde geliebt hat (also mit anderen Worten für seine Frau sterben). D.h., das Schweigen der Frau wäre ein Zeichen ihrer Unterordnung gegenüber dem Ehemann.
Einen weiteren Hinweis finden wir in dem Wort „es steht einer Frau schlecht an…“ Andere Übersetzungen sind etwas direkter. Die NGÜ z.B. schreibt: „Denn es ist nicht ehrenhaft für eine Frau…“ Die Elberfelder Bibel schreibt: „es ist schändlich für eine Frau…“ Frage ist: was genau ist denn so unehrenhaft und schändlich? In der damaligen Gesellschaft war es unehrenhaft für eine Frau, durch ihr Verhalten ihren Ehemann schlecht dastehen zu lassen. Die Rede der Frauen, worauf Paulus also anspielte war ein Verhalten von Frauen, mit dem sie ihre Männer beschämten, sie in peinliche Situationen hineinbrachten, z.B. indem sie ihren Männern öffentlich widersprachen. Um welche Situationen handelte es sich demnach? Der Kontext ist hier absolut wichtig. Kapitel 14 handelt nicht von allgemeinen Verhaltensregeln für Männer und Frauen in der Gemeinde. Das Kapitel handelt von praktischen Anweisungen für die Zungenrede und das prophetische Reden. Paulus schreibt, dass die Propheten einer nach dem anderen weissagen sollten. Nach der prophetischen Rede sollten die anderen urteilen. In diesem Kontext sagt Paulus, dass die Ehefrau besser schweigen sollte, um ihren Ehemann nicht in Verruf zu bringen.
Was genau haben die Ehefrauen in dieser Situation geredet, was sie besser nicht hätten sagen sollen? Vers 35 sagt: „Wenn sie aber etwas lernen wollen, so sollen sie daheim ihre eigenen Männer fragen…“ Paulus schreibt hier nicht: „wenn ihr Frauen etwas zur Versammlung beitragen wollt, sagt es euren Ehemännern zu Hause.“ Sondern er sagt, dass die Frauen, die etwas lernen wollen, ihre Männer im Privaten fragen sollten. Die Ehefrauen hatten nicht geredet, um andere zu lehren; sie hatten vermutlich Fragen gestellt und durch ihre Fragen eventuell auch Kritik geäußert und ihre Ehemänner in Verlegenheit gebracht. Das Schweigen, wozu Paulus die Ehefrauen auffordert, ist kein permanentes Schweigen in der Gemeinde. Es ist ein temporäres „sich auf die Zunge beißen“; ein vorübergehendes sich Zusammenreißen, um nicht andere zu blamieren.
D.h., um das Ganze zusammenzufassen: diese Worte von Paulus waren vermutlich an die Ehefrauen gerichtet, welche die sozialen Konventionen und Ordnungen außer Acht gelassen hatten, und während dem Gottesdienst beim Interpretieren der prophetischen Reden, ihre Ehemänner öffentlich befragt hatten und diese dadurch bloßgestellt hatten. Das ist es, was diese Frauen besser unterlassen sollten.
Drittens, was diese Verse für uns bedeuten sollten
Als Paulus seinen Brief an die Korinther schrieb, lebten die meisten Frauen in Gesellschaften, in welchen sie systematisch unterdrückt wurden. Wer eine kurze aber informative Zusammenfassung dessen lesen möchte, dem empfehle ich ein Kapitel aus Rodney Stark’s Buch „Der Triumph des Christentums“. Zwischen Römern, Griechen und Juden gab es zwar starke Unterschiede, wie Frauen behandelt wurden. Aber insgesamt hatten Frauen nicht viel zu melden. Viele von uns hatten in den letzten zwei Monaten viel Zeit in häuslicher Quarantäne gelebt. Für viele Frauen in der Antike war häusliche Quanrantäne der Alltag.
Ein rabbinisches Gebet, das vielleicht auch Paulus bekannt war, lautet: „Gelobt seist du, o Herr unser Gott, König des Universums, der du mich nicht als Sklaven oder als Heide oder als Frau erschaffen hast…“ Jüdische Männer dankten Gott dafür, dass er sie nicht als Sklaven, als Heiden oder als Frauen erschaffen hatte. In unseren Ohren klingt dieses Gebet diskriminierend und beleidigend. Aber dieses Gebet war nicht herablassend gemeint. Es war ein echtes Dankgebet, mitunter weil Frauen einem viel härteren Leben ausgesetzt waren als Männer.
Aber dann kam Jesus und seine Gruppe von Nachfolgern. Jesus behandelte Frauen nicht wie Menschen zweiter Klasse. Er begegnete ihnen mit der gleichen Achtung und Würde und Respekt wie Männern. Juden hatten gedankt, dass sie keine Sklaven, Heiden oder Frauen sind. Paulus hingegen hatte im Galaterbrief folgendes: „Hier ist nicht Jude noch Grieche, hier ist nicht Sklave noch Freier, hier ist nicht Mann noch Frau; denn ihr seid allesamt einer in Christus Jesus.“ Kein Rabbi wäre auf die Idee gekommen, Frauen als Jünger zu haben. Jesus aber hatte Jüngerinnen, und sie waren die treuesten Nachfolger: sie waren die letzten Menschen als Jesus starb und die ersten Menschen am Grab. In fast allen Gesellschaften damals wurde es als überflüssig angesehen, Frauen zu bilden. Um 90 nach Christus sagte Rabbi Eliezer, dass es besser wäre, eine Torah zu verbrennen, als sie einer Frau zu lehren. Nicht so Jesus und die frühen Christen. Jesus ermutigte Maria, die Schwester von Marta, zu lernen; Paulus ermutigte die Frauen, zu lernen.
Frauen wurden in der Regel sehr früh verheiratet, eigentlich noch bevor sie Frauen waren, als junge Teenager, häufig noch bevor sie in die Phase der Pubertät eingetreten waren. Bei den Römern war es üblich, dass junge Mädchen, aus heutiger Sicht Kinder, mit viel älteren Männern verheiratet wurden. Frauen hatten kein Mitspracherecht bei der Wahl des Ehemanns. Eine Studie konnte zeigen, dass christliche Frauen deutlich später heirateten zu einem Zeitpunkt, als sie sowohl physisch als auch geistig reifer waren. Und viele Frauen hatten Einfluss auf die Wahl ihres Ehepartners.
Sowohl bei den Juden als auch bei Griechen und Römern konnten Frauen sich in der Regel nicht scheiden lassen. (Bei den Hellenen konnten Frauen nur durch einen männlichen Verwandten die Scheidung einreichen, und selbst dann konnte ihr Vater oder Bruder ein Veto einlegen). Männer hingegen konnten sich jederzeit aus trivialsten Gründen von ihren Frauen scheiden lassen. Frauen wurden als Eigentum ihrer Männer angesehen, mit dem die Männer so ziemlich alles tun und lassen konnten, was sie wollten. Aber für die Christen galt das Gebot Jesu, dass Menschen nicht das scheiden sollen, was Gott zusammengefügt hat. Christliche Ehen waren wesentlich stabiler. Und nicht nur das, Paulus schrieb in 1. Korinther 7,4: „Die Frau verfügt nicht über ihren Leib, sondern der Mann.“ Mit dieser Aussage wären alle Männer damals einverstanden gewesen. Aber er schrieb weiter: „Ebenso verfügt der Mann nicht über seinen Leib, sondern die Frau.“ Die Tatsache, dass der Mann zur Frau gehörte wie umgekehrt und dass die Ehefrau die gleichen Rechte hatte wie ihr Ehemann, war absolut unerhört.
Wir könnten die Liste noch weiter fortsetzen. Aber was ich abschließend sagen will, ist, dass die frühe Gemeinde nichts weniger war als eine Revolution für die Frauen. Frauen liebten die Gemeinde Jesu. Frauen blühten in der frühen Gemeinde regelrecht auf.
Die Frage war, was dieser Text für uns bedeuten sollte. Wir leben zu einer Zeit und in einem Land, in dem es deutlich mehr Gerechtigkeit gibt für Frauen als in der Antike. Zum Glück ist dem so und Gott sei Dank! Aber Fakt ist, dass Frauen selbst im progressiven Deutschland immer noch benachteiligt sind. Frauen werden häufig für die gleichen Tätigkeiten und Berufe schlechter bezahlt als ihre männlichen Kollegen. Frauen sind ungleich viel häufiger Opfer von sexueller Gewalt. In Beziehungen sind Frauen ungleich viel häufiger Opfer von häuslicher Gewalt. Wenn wir unseren Blick über unseren Tellerrand erheben, dann sehen wir, dass es in den allermeisten Ländern der Welt noch viel schlimmer um die Rechte der Frauen bestellt ist.
Der Text heute ist für uns eine Erinnerung, dass allen damaligen Konventionen zum Trotz in der ersten Gemeinde Männer und Frauen gleichberechtigt waren; dass die erste Gemeinde sich mit besonderer Gnade, mit besonderer Fürsorge, mit besonderer Liebe um die Ausgestoßenen und die Benachteiligten der damaligen Gesellschaft gekümmert hatten. Es liegt an uns, diese Mission fortzusetzen. Es liegt an uns, eine Gemeinde Jesu zu sein, die Gottes Gerechtigkeit predigt und lebt. Gottes Gerechtigkeit ist, dass Er für unsere Sünde gestorben ist und uns elenden Menschen vergibt. Gottes Gerechtigkeit ist, dass Er sich über uns erbarmt hat. Christen leben Gottes Gerechtigkeit, indem sie die Benachteiligten, die Elenden der heutigen Zeit mit besonderer Liebe annehmen und ihnen dienen. Frage: Wollen wir eine solche Gemeinde sein?
https://www.diakonie.de/wissen-kompakt/frauenhaeuser-und-frauenberatungsstellen
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