Predigt: 1.Mose 27,1 – 46

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Der Kampf und den Segen und das Geschenk

„Da entsetzte sich Isaak über die Maßen sehr und sprach: Wer? Wo ist denn der Jäger, der mir gebracht hat, und ich habe von allem gegessen, ehe du kamst, und habe ihn gesegnet? Er wird auch gesegnet bleiben.“

1.Mose 27,33

Wir haben heute wieder eine faszinierende Geschichte, die auf faszinierende Art und Weise erzählt wird. Der Hebräisch-Experte, der mich durch Genesis begleitet ist Robert Alter. Und Alter zeigt, dass der heutige Text eigentlich aus sieben Dialogen besteht: Isaak spricht mit seinem Lieblingssohn Esau; Rebekka spricht mit ihrem Lieblingssohn Jakob; dann Isaak und Jakob; dann wieder Isaak mit Esau, Rebekka mit Jakob, Rebekka mit Isaak und Isaak mit Jakob. Bei diesen sieben Dialogen ist sehr interessant, wer mit wem redet; und es ist aber auch sehr interessant zu sehen, wer nicht miteinander redet: Jakob redet nicht mit Esau, Rebekka redet nicht mit Esau. Isaak redet nur deshalb mit Jakob, weil er dachte, dass Jakob Esau ist. Und danach redete er weiter mit Jakob, weil Jakob ihn bereits erfolgreich übers Ohr gehauen hatte und deshalb irgendwie alles zu spät war.
Warum geht es dann in der Geschichte? Aber wir haben nicht nur sieben Dialoge. Das Wort Segen wird sieben Mal im Text erwähnt. Und das ist bestimmt kein Zufall. Es geht um den Segen. Wir wollen über drei Fragen zum Segen nachdenken. Zum einen, was sich hinter dem Segen verbirgt; als zweites, welche Kosten wir auf uns nehmen, um den Segen zu erlangen; drittens, wie wir den Segen bekommen können.

Erstens, was sich hinter dem Segen verbirgt
Isaak war blind geworden und dachte, dass er bald sterben würde. In Wirklichkeit hatte er noch einige Jahrzehnte Lebenszeit vor sich. Er gab seinem Sohn Esau den Auftrag, ein Tier zu jagen: „Bereite mir dann ein leckeres Mahl, wie ich es gern mag, und bring es mir! Dann will ich essen, damit meine Lebenskraft dich segne, bevor ich sterbe.“ Die meisten von uns haben eine ungefähre Ahnung, was Segen ist. Was immer der Segen ist, wir wissen, dass es etwas Positives und etwas Schönes ist. Segen ist etwas Gutes; es ist mit Reichtum verbunden. Wir wissen, dass es etwas ist, für das man durchaus die ein oder andere Anstrengung in Kauf nehmen kann.
Der heutige Text zeigt uns aber noch etwas konkreter, was dieser Segen ist. In den Versen 27-28 sehen wir, dass der Segen einen materiellen Bonus hatte (Einheitsübersetzung): „Isaak roch den Duft seiner Gewänder, er segnete ihn und sagte: Siehe, mein Sohn duftet wie das Feld, das der HERR gesegnet hat. Gott gebe dir vom Tau des Himmels, vom Fett der Erde, viel Korn und Most.“ Aber das war nicht alles. Es hatte einen geschichtlichen Aspekt für die Zukunft. Vers 29 sagt: „Völker sollen dir dienen, Nationen sich vor dir niederwerfen. Sei Herr über deine Brüder. Die Söhne deiner Mutter sollen dir huldigen. Verflicht, wer dich verflucht. Gesegnet, wer dich segnet.“
Und noch etwas fällt uns an dem Segen auf. Esau kommt wenig später und will den Segen seines Vaters. Wir als westliche Leser könnten an dieser Stelle denken, dass es doch ganz einfach sein müsste. Isaak könnte hier sagen: „Ich wurde auf schamvolle Weise betrogen. Hiermit nehme ich den fälschlich erteilten Segen zurück.“ Aber genau das ist es, was hier nicht geschieht. Isaak ist entsetzt, als er merkt, wen er versehentlich gesegnet hat. Wenn es jemand geben würde, der mit sofortiger Wirkung seine Taten und Worte rückgängig gemacht hätte sofern dies möglich gewesen wäre, Isaak wäre vermutlich dieser Mann gewesen. Aber er tut es nicht, weil er es nicht kann. Stattdessen sagt er: „Wer? Wo ist denn der Jäger, der mir gebracht hat, und ich habe von allem gegessen, ehe du kamst, und hab ihn gesegnet? Er wird auch gesegnet bleiben.“ D.h., der Segen, den Jakob sich hier unter den Nagel gerissen hat, hat etwas Unwiderrufliches an sich. Er ist fortan der Gesegnete. Niemand, noch nicht einmal sein Vater, kann ihm das wieder streitig machen.
Noch ein Punkt, auf den uns unser Text aufmerksam macht: in Vers 36 sagt Esau: „Er hat mich jetzt schon zweimal betrogen: Mein Erstgeburtsrecht hat er mir genommen, jetzt nimmt er mir auch noch den Segen.“ Für Esau waren der Segen und das Recht des Erstgeborenen zwei Paar Schuhe. Der Autor vom Hebräerbrief schrieb folgendes: „dass keiner unzüchtig ist oder gottlos wie Esau, der für eine einzige Mahlzeit sein Erstgeburtsrecht verkaufte! Ihr wisst auch, dass er verworfen wurde, als er später den Segen erben wollte; denn er fand keinen Raum zur Umkehr, obgleich er unter Tränen danach suchte.“ Für den Schreiber von Hebräerbrief waren das Erstgeburtsrecht und der Segen ein und dasselbe; oder anders gesagt, beide gehörten untrennbar zusammen. Das Eine ging nicht ohne das andere. Bruce Waltke fasst in seinem Kommentar zusammen: „Beide beziehen sich auf die Erbrechte des Erstgeborenen – das Geburtsrecht, auf Eigentum; der Segen, auf göttliche Macht, Wohlstand und Herrschaft. Zusammen machen sie den Erben zum primären Träger des Familienerbes, sowohl wirtschaftlich, sozial und religiös.“ Das ist es was Jakob wollte und was Esau verachtet hatte. Der Segen bietet Sicherheit, Bedeutung, Identität und ist unwiderruflich.
Bevor wir fortfahren, möchte ich gerne an dieser Stelle festhalten, dass wir alle, jeder einzelne von uns, auf der Suche nach Segen sind. Vielleicht verwenden wir nicht dieses Wort. Aber es ist genau das, wonach wir suchen. Der Segen verleiht eine Sicherheit in unsicheren Zeiten. In Zeiten einer globalen Pandemie und den damit verbundenen Wirtschaftskrisen ist das etwas, was wir uns mehr denn je wünschen. Der Segen verleiht Bedeutung: Jakob ist als Träger des Segens in die Geschichte eingegangen; er ist einer der drei Patriarchen, der in einem Atemzug mit seinen großen Vätern Abraham und Isaak genannt wird. Wir werden zwar nicht die Berühmtheit erlangen wie Jakob es tat. Und doch wollen wir Bedeutung. Wir wollen, dass unser Leben einen Sinn hat; dass es einen Unterschied macht. Wir alle wollen besonders sein. Der Segen verleiht Identität. Für Jakob bedeutete es, der rechtmäßige Erbe zu sein. Wir alle sehnen uns nach wahrer Identität. Wir sind besessen danach, eine adäquate Antwort auf die Frage zu finden: „wer bin ich eigentlich?“ Und die damit verbundenen Fragen: „Was ist mein einzigartiger Platz in der Familie, in der Gesellschaft in der Geschichte? Was ist es, was mich ausmacht?“ Wir alle wollen jemand sein.
Wir alle sind auf der Suche nach etwas, was unwiderruflich ist. Hier ist ein Beispiel: der erfolgreichste deutsche Basketballer aller Zeiten ist ohne Zweifel Dirk Nowitzki. Er spielte mehr als 20 Jahre in den USA in der besten Basketball-Liga der Welt. Er hatte viele individuelle Erfolge. Aber lange Zeit war er nicht in der Lage, eine Meisterschaft zu gewinnen. Die Meisterschaft ist der ultimative Beweis, dass man im Sport alles erreicht hat. Daran war er immer wieder gescheitert. Viele dachten, dass er ein Unvollendeter bleiben wird: ein guter Basketballer, dem aber der letzte Biss fehlt, um zu den Größten des Sports zu gehören. Aber dann kam das Jahr 2011. Nowitzki spielte mit einem Team von Underdogs und Oldtimern gegen die jungen, talentierten und favorisierten Miami Heat, die drei Superstars in ihren Reihen hatten. Im Finale spielte Nowitzki mit einer gerissenen Sehne im linken Mittelfinger und mit einem Infekt. Als er endlich den ersten und einzigen Meistertitel gewinnt, sagt er selbst: „Das kann mir niemand mehr wegnehmen. Das ist wirklich das Beste daran.“ Das waren seine Worte.
Der Segen tut noch etwas. Es ist eine Validierung für uns selbst. Stellen wir uns einen Studenten vor, der gut in Chemie ist. Alle Kommilitonen können das bestätigen. Das fühlt sich sicherlich gut an. Aber es macht einen riesigen Unterschied, ob das ein paar Mitstudenten von hunderten von Studenten im Jahrgang sagen, oder ob das der große, landesweit bekannte Professor sagt, nach einer mündlichen Prüfung. (Es gab ein Prüfungsprotokoll von einer Chemieprüfung. Der Professor hatte eine spezielle und besonders schwierige Frage, mit der er die Studenten auseinandergenommen hatte. Ein Student hatte sich auf diese Frage besonders gut vorbereitet. Die Prüfung kam, und auf dem Höhepunkt der Prüfung fragte er Professor seine Frage. Der Student gab seine gut vorbereitete Antwort. Der Professor war erstaunt. Er drehte sich zum Beisitzer und sagte: „er wusste es tatsächlich…“ Der Student berichtete im Protokoll: „von diesem Moment an konnte ich in der Prüfung sagen, was ich wollte. Die Prüfung war praktisch schon gelaufen. Die Note stand bereits fest.“)
Natürlich lieben wir es Komplimente zu bekommen. Wir lieben es gelobt zu werden. Aber es gibt Lob, das wir viel mehr schätzen als das Lob von anderen: es ist das Lob von den Menschen, die wir anhimmeln und zu denen wir heraufschauen. Es ist das Lob von Menschen, die wir als echte Autoritäten und Experten auf einem Gebiet schätzen. Wir schätzen das Lob von den Menschen, die wir selbst loben. Wer sind diese Leute? Es können unsere Lehrer und Professoren sein. Sehr oft sind es Menschen vom anderen Geschlecht, zu denen wir uns hingezogen fühlen. Und sehr, sehr oft sind es unsere Eltern. Wir wollen, dass unsere Eltern stolz auf uns sind.
Für Jakob war es definitiv sein Vater. Jakob hatte definitiv „Daddy Issues“, einen Vaterkomplex. Zeit seines Lebens stand er im Schatten seines älteren Bruders. Esau war körperlich stärker, ein richtiger Mann, ein Athlet. Esau war der mit dem Waschbrettbauch und dem V-Rücken, er hatte im Schwimmen das Goldabzeichen, bevor er Bezirksmeister im Fußball wurde und im Sport-Abitur seine 15 Punkte holte. Isaak war stolz auf seinen starken, durchtrainierten Sohn, dessen Schrank voller Pokale war. Jakob war abgehängt. Seine einzige Bronzemedaille konnte seinem Vater nicht einmal ein müdes Lächeln abgewinnen. Als Jakob aber den Segen einheimste, da stand er ganz im Zentrum der Aufmerksamkeit seines Vaters. In diesem kurzen Moment war er es, der das ganze Wohlwollen, die ganze Akzeptanz und Annahme und den Respekt seines Vaters bekam. Es war die Validierung, die er sich immer gewünscht hätte.
Und das ist es, was wir wollen. Wir wollen validiert werden. Wir wollen, dass die Menschen, zu denen wir aufblicken, uns Anerkennung geben und uns sagen: „Du bist angenommen. Du bist geliebt. Du bist etwas ganz Besonderes.“ Wir alle wollen den Segen. Keine Frage.

Zweitens, welche Kosten wir auf uns nehmen, um den Segen zu erlangen
Was taten Rebekka und Jakob genau? Sie mussten schneller sein als Esau. Also wurden schnell zwei Tiere aus der Herde geschlachtet und gekocht. Rebekka sagte: „Bring es deinem Vater! Dann wird er essen, damit er dich vor seinem Tod segnet.“ Jakobs Einwand ist, dass er und Esau sehr verschieden sind, angefangen mit ihrer Körperbehaarung. D.h., als Rebekka Jakob vorschlägt, wie sie zusammen den blinden Isaak hinters Licht führen und betrügen können, ist Jakobs Reaktion: „Ich habe keine Probleme damit, Papa anzulügen. Aber was ist, wenn er mich dabei erwischt?“ Jakob hatte keine Skrupel und Hemmungen zu betrügen. Er hatte nur etwas Furcht vor den Konsequenzen, wenn der Schwindel auffliegen würde.
Jakob bekommt die Felle von den Ziegen umgebunden. Er lügt seinen Vater mehrmals an: „Ich bin Esau, dein erstgeborener Sohn; ich habe getan, wie du mir gesagt hast.“ „Der HERR, dein Gott, bescherte mir’s.“ Auf die Frage von Isaak „Bist du mein Sohn Esau?“ die Lüge: „Ja, ich bin’s.“ Und auf dem Höhepunkt der Begegnung will Isaak ein Kuss von seinem Sohn. Es ist für Isaak die letzte Gelegenheit, zu prüfen, ob er wirklich mit Esau spricht. Er riecht die Kleider. Sie riechen nach Feld und Natur.
Wie kam Jakob also an seinen Segen? Er erschlich sich den Segen, indem er sich als seinen Bruder ausgab: er hatte sich verkleidet, er musste versuchen so zu tun, so zu sprechen und so zu riechen wie sein älterer Bruder. Er war also nicht er selbst. Er verstellte sich.
Tim Keller sagte, dass das auch die Art und Weise ist, wie wir versuchen, an den Segen zu kommen: wir verstellen uns ebenfalls. Als ich im Gymnasium war, war ich auf einigen Partys. Ich trank wie die anderen, ich tanzte wie die anderen, oder zumindest versuchte ich es. Und wisst ihr was? Ich hatte es gehasst wie die Pest. Ich hasste die Musik, ich fand dadurch keine neuen oder besseren Freunde, ich hatte einfach nur eine hundsmiserable Zeit. Ich hatte mich verstellt, um zu versuchen, dazu zu gehören. Frage an euch: wie authentisch seid ihr? Wer von euch hat sich schon mal verstellt, einfach nur, um von den anderen akzeptiert zu werden?
Und vielleicht verstellen sich manche von uns auf religiöse Art und Weise. Wir tun so, als ob in unserem Glaubensleben alles in Ordnung ist, obwohl wir wissen, dass es eigentlich nicht wirklich in Ordnung ist. Wir tun so, als ob es in unseren Familien rund läuft, obwohl unsere Familien dysfunktional sind. Wir tun so, als ob wir nur kleine Problemchen hier und da haben, obwohl wir eigentlich wissen, wie wenig wir unsere wahren Probleme unter Kontrolle haben. Oder wer von euch hatte schon einmal solche Gedanken wie: „ich weiß, dass ich ein paar Schwächen und Macken habe. Aber sooo schlimm bin ich ja auch wieder nicht. Im Vergleich mit den anderen bin ich doch ganz okay.“ Und das ist auch eine Art, sich zu verkleiden, so zu tun als ob. Und wir betrügen uns dabei selbst.
Was ist die Konsequenz dessen, wenn wir uns etwas Segen erhaschen, indem wir uns verstellen? Was war die Konsequenz bei Jakob? Die Folgen waren viel Leid und viel Schmerz. Jakob hinterließ ein Trümmerfeld. Seine Beziehung mit Esau war endgültig zerbrochen, so dass er umziehen musste. Wir können uns nur vorstellen, wie die Beziehung zu seinem Vater ausgesehen haben musste. Und Jakob verließ seine Mutter: den Elternteil, mit dem er sich am besten verstanden hatte. Beide würden sich nicht mehr wiedersehen können. Jakob erfuhr das, was C.S. Lewis im Buch Perelandra beschrieben hatte: „Aber nehmen wir an, du kämpfst dich zum Guten durch und stellst fest, dass auch das schrecklich ist? Was wäre, wenn sich das Essen selbst als gerade das herausstellt, was man nicht essen kann, und das Zuhause als der Ort, an dem man nicht leben kann, und dein Trost die Person, die dir Unbehagen bereitet? Dann ist in der Tat keine Rettung mehr möglich: die letzte Karte ist ausgespielt worden.“
Jakob hatte den Segen irgendwie. Und doch konnte er nicht wirklich glücklich sein. Es musste für ihn zutiefst unbefriedigend sein. Und vielleicht ist das auch unsere Erfahrung? Was ist dann die Lösung?

Drittens, wie wir den Segen doch bekommen können
Im heutigen Text sind vier Personen beteiligt. Keiner von den vier Personen hinterlässt eine gute Figur. Derek Kidner schreibt in seinem wunderbaren Kommentar: „Esau hatte sein Anrecht auf den Segen des Erstgeborenen weggehandelt. … Isaak, ob er von dem Verkauf wusste oder nicht, kannte doch die Prophezeiung Gottes bei der Geburt; trotzdem war Isaak entschlossen, Gottes Macht zu nutzen, um das zu vereiteln. Das ist die Perspektive der Zauberei und nicht der Religion. Esau brach seinen Eid, indem er mit diesem Plan übereinstimmte. Rebekka und Jakob hatten das rechte Anliegen, aber gingen weder auf Gott noch auf Menschen zu, machten keine Gesten des Glaubens oder der Liebe und ernteten die entsprechende Frucht des Hasses.“
Ein Punkt, den wir wirklich verstehen und verinnerlichen müssen: wir lesen diese Geschichten nicht, um moralische Schlüsse für unser Leben zu ziehen, wie z.B. „sei ein Mann des Glaubens wie Jakob.“ Nein! Das, was wir aus der Geschichte mitnehmen sollen, ist die gnädige Wirksamkeit Gottes trotz widrigster Umstände. Gott hat Jakob gesegnet, nicht weil Jakob ein Betrüger war, sondern trotz der Tatsache. Wir sehen, dass Gott die Familie von Isaak gebraucht hat, obwohl die Familie ein einziges Desaster war. Wir sehen, dass Gott sich von seinen guten Plänen nicht abbringen ließ, obwohl alle vier Protagonisten alles taten, um sich gegenseitig zu sabotieren. Und diese Geschichte weist auf etwas hin. Sie weist uns auf die Schlüsselperson hin, durch welche am Ende des Tages alle Menschen gesegnet werden können, wenn sie es wollen.
Jesus ist der einzige Sohn Gottes, der geliebte Sohn, der wahre Erstgeborene. Wir haben versucht, unseren Segen dadurch einzuheimsen, indem wir uns als jemand anderes ausgegeben haben. Das Wunder ist, dass Jesus sich ebenfalls verkleidet. Jesus wurde so wie wir. Jesus gab sich als uns aus: schwach und arm und krank, in der Gestalt eines Sklaven. Nicht nur das, Jesus gab seinen Platz beim Vater auf: sein Privileg, sein Ansehen beim Vater, das Wohlwollen, die Gunst des Vaters und seinen Segen. Er gab es alles auf, um so zu werden wie wir. Der Höhepunkt der Ablehnung, der Gipfel des Hasses ist der Tod des geliebten Sohnes am Kreuz. Jesus wurde vom Vater verschmäht, damit wir, die wir beim Vater angenommen sind: wir, die wir unwürdig, sündig, lieblos, unbeholfen und gefallen sind. Mit anderen Worten: der Segen, den wir immer haben wollten, er gehört uns. Gott schenkt uns den Segen in Jesus Christus durch das, was Jesus für uns vollbracht hat. Der Segen Gottes ist seine Gnade. Der Segen ist sein Geschenk, um das wir uns nicht verdient gemacht haben.
Was ist die Anwendung dann? Wir sind eine Gemeinde, in der es an Einheit fehlt, was unsere gemeinsame Identität ist und unsere Vision und Mission. Was ich mir wünsche ist, dass wir im kommenden Jahr einiges an Aufbauarbeit gemeinsam bewerkstelligen können; dass wir wieder anfangen können, ein Bewusstsein dafür zu haben, dass wir eine unglaublich starke Identität haben. Das, was uns miteinander verbindet ist viel größer und stärker als das, was uns voneinander unterscheidet und trennt. Uns verbindet, dass wir den Segen Gottes haben; uns verbindet, dass wir allesamt von Gott geliebt sind; uns verbindet, dass Gott seinen Sohn verstoßen hat, damit wir die Rolle seines geliebten Sohnes einnehmen können.
Und verbindet, dass wir gemeinsam berufen sind, den Kampf des Glaubens zu führen. Aber hier ist absolut Entscheidende: wir kämpfen nicht wie Jakob und Esau. Wir kämpfen nicht, um den Segen zu erlangen. Wir kämpfen nicht, um Gott gefällig zu werden, damit er uns segnet. Diesen Kampf hat Jesus für uns gekämpft. Jesus hat bereits für uns gewonnen, als er unsere Sünde ins Grab genommen hat und am dritten Tage auferstand. Unser Kampf ist ein anderer. Unser Ringen besteht darin: mit all unseren intellektuellen Fähigkeiten zu verstehen, mit all unseren Sinnen zu erkennen, mit unserem ganzen Leben zu erfahren, wie sehr wir geliebt sind und wie sehr wir gesegnet sind. Wir kämpfen, uns neu von der Liebe Gottes überwältigen zu lassen, aufs Neue zu hören, wie Gott zu uns spricht: „Du bist mein geliebter Sohn; du bist meine geliebte Tochter. Ich liebe dich über alles. Der Himmel steht dir offen. Du bist unendlich reich gesegnet.“
Mein Wunsch ist, dass wir das als Individuen und als Gemeinschaft neu erfahren. Wir werden kein Segen für die anderen sein können ohne das.

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