Predigt: Apostolisches Glaubensbekenntnis 08 (Johannes 14,15 – 26)

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Der Heilige Geist

„Jesus antwortete und sprach zu ihm: Wer mich liebt, der wird mein Wort halten; und mein Vater wird ihn lieben, und wir werden zu ihm kommen und Wohnung bei ihm nehmen.“

Johannes 14,23

Wir befinden uns mitten im Studium des apostolischen Bekenntnisses. Dieses Studium ist eine Zusammenfassung von dem, was wir als Gemeinde glauben und weshalb wir daran glauben. Das Ziel dieses Studiums ist es, die Essenz von dem, was die Bibel lehrt, kennen zu lernen. In diesen wichtigsten Lehren der Bibel wollen wir als Gemeinde untereinander aber auch mit anderen Gemeinden Einheit haben. Obwohl nichts von dem, was wir hier betrachtet haben, wirklich neu ist, hoffe ich,
Das apostolische Glaubensbekenntnis hat drei Abschnitte. Der erste Abschnitt handelte von Gott, dem Vater. Der zweite Abschnitt handelte von Jesus. Das war der längste Abschnitt. Wir haben das in fünf Predigten behandelt. Heute fangen wir mit dem dritten Abschnitt an. J.I. Packer, einer der einflussreichsten Theologen unsere Zeit, hat das folgendermaßen zusammengefasst: „Der erste Abschnitt handelte von dem Werk der Schöpfung durch den Vater. Der zweite Abschnitt handelte vom Werk der Errettung durch den Sohn. Der dritte Abschnitt handelt von der neuen Schöpfung durch den Heiligen Geist, in welcher wir in und durch Christus erneuert werden. Wir lernen hier über die Gemeinde (eine neue Gemeinschaft), Vergebung (eine neue Beziehung), Auferstehung (eine neue Existenz) und das ewige Leben (eine neue Erfüllung). Aber zunächst bezeugen wir unseren Glauben an den Geist selbst.“
Das Thema der heutigen Predigt ist der Heilige Geist. Und es ist kein einfaches Thema. Zum einen scheint es ein Thema zu sein, über das sich Christen gerade in heutiger Zeit ganz gerne streiten. Unter den evangelikalen Christen scheint es zwei Extreme zu geben. Auf der einen Seite sind diejenigen, für die der Heilige Geist praktisch die wichtigste Person in der Trinität ist. „Wenn eine Gemeinde keine Manifestationen von den Gaben des Geistes hat, wie Zungenrede, Prophetie, Heilungen, dann kann mit der Gemeinde etwas nicht stimmen.“ Das andere Extrem ist, die Existenz des Heiligen Geistes komplett zu vernachlässigen. Die Wirksamkeit und Existenz des Geistes zu verleugnen, würde natürlich bedeuten, dass man kein Christ im biblischen Sinne sein kann. Aber es scheint sehr viele Christen zu geben, die das zwar nicht theoretisch aber doch in der Praxis tun. Das andere Extrem sind Christen, für die der Heilige Geist so fremd ist, dass es für sie kaum einen Unterschied machen würde, wenn er da wäre oder nicht. Über viele evangelikale Christen wurde gesagt: „Ihr glaubt an die Dreieinigkeit bestehend aus Vater, Sohn, und der Heiligen Schrift.“ Dieser Vorwurf ist nicht unbegründet. Beide Extreme, den Heiligen Geist zu sehr zu betonen oder komplett außer Acht zu lassen, sind nicht biblisch.
Fakt ist, der Heilige Geist ist ein Geheimnis. Wenn wir einen ganz, ganz groben und ganz stark vereinfachten Blick auf die Bibel werfen, dann sehen wir im AT vor allem die Offenbarung von Gott, dem Vater: der Gott Abrahams, Isaaks und Jakobs; der Gott, der die Hebräer aus Ägypten herausholte; der Gott Israels. Im NT sehen wir vor allem die Offenbarung von Jesus: Jesus, der Sohn Gottes; der Christus, der Retter und Erlöser, der Bräutigam der Gemeinde. Die Texte in der Bibel, die sich mit dem Heiligen Geist befassen, sind zwar nicht wenige. Aber allein von der Quantität her ist es kein Vergleich zu dem, was die Bibel über den Vater und den Sohn sagt. Noch ein Punkt: in der gesamten Bibel finden wir kein einziges Beispiel, wie Menschen zum Heiligen Geist beten. Unter den drei Personen der Dreieinigkeit scheint der Heilige Geist der Stille zu sein; derjenige, der sich bedeckter hält als die anderen zwei Personen; derjenige, der es anscheinend vorzieht, mehr im Hintergrund zu bleiben und zu wirken.
Unser Text aus Johannes, bestätigt diesen Eindruck. Wir wollen uns heute hauptsächlich Johannes 14,15-26 anschauen. Drei Fragen wollen wir uns heute stellen. Was sagt uns der Text darüber, wer der Heilige Geist ist? Was erfahren wir über diejenigen, die den Heilige Geist haben? Und welches Anliegen verfolgt der Heilige Geist?

Erstens, wer ist der Heilige Geist
Betrachten wir den Text. Mindestens drei Tatsachen werden darüber gelehrt, wer der Heilige Geist ist.
Zum einen, der Heilige Geist ist der Tröster. Vers 16: „Und ich will den Vater bitten und er wird euch einen anderen Tröster geben, dass er bei euch sei in Ewigkeit.“ Das griechische Wort, das Luther mit „Tröster“ übersetzt hat, ist parakletos. Es ist eines dieser griechischen Wörter, die wir uns als Christen ruhig merken dürfen. Die Schlachter-, Elberfelder- und Basisbibel übersetzen das mit „Beistand“. Andere Übersetzungen schreiben „Helfer“ oder „Fürsprecher“ oder „Ratgeber“. Dasselbe Wort kann auf ziemlich viele verschiedene Arten übersetzt werden. Das wiederum ist ein starker Hinweis darauf, dass die Bedeutung von parakletos zu komplex, zu vielschichtig und zu reichhaltig ist, als dass es mit einem einzigen deutschen Wort adäquat übersetzt werden könnte.
Wenn wir an Tröster denken, dann denken wir vielleicht an ein weinendes Kind, das sich den Kopf angestoßen hat. Wir nehmen das Kind auf den Arm und sagen: „Alles wird gut. Oh, guck mal ein Flugzeug!“ Und schon sind alle Schmerzen vergessen. Oder Teenager denken an jemanden, bei dem sie sich ausheulen können, wenn sie Liebeskummer haben. Wir denken bei Trost an eine warme Tasse Tee, einen Glückkeks und eine Schmusedecke. Das ist nicht die Bedeutung von diesem Wort. Zu Luthers Zeiten wurde Trost nicht so sehr im Kontext von Traurigkeit verstanden. Trost wurde im Kontext von Entmutigung verstanden. Der Heilige Geist ist also jemand, der ermutigt, wenn wir niedergeschlagen sind. Er ist jemand, der uns aufbaut und aufrichtet, wenn wir am Boden liegen. Er ist jemand, der uns stärkt, wenn wir schwach und hilflos sind.
Aber es bedeutet noch mehr. Das Wort parakletos wurde vor allem im Kontext des Gerichts gebraucht. Wortwörtlich übersetzt bedeutet es der „Herbeigerufene“. Das Präfix „para“ bedeutet „zur Seite“ oder „dabei“. Der Paraklet ist jemand, der uns an die Seite gestellt wurde. Er ist jemand, der in den schwierigsten Momenten unseres Lebens bei uns und mit uns ist. Er steht an unserer Seite. Das Wenn wir uns einen Gerichtssaal vorstellen, (wir kennen das ja aus Filmen), dann fällt auf, dass die Angeklagte so gut wie gar nichts sagen. Eigentlich sitzen die einfach nur auf der Anklagebank rum und warten den Ausgang ab. Alles Reden überlassen sie komplett ihrem Anwalt. Und das ist natürlich auch gut so. Wenn der Anwalt brillant ist und gut aussieht, dann sehen die Angeklagten gut aus. Wenn der Anwalt ein Trottel ist, dann sehen die Angeklagten wie Trottel aus. Im Gerichtssaal ist der Anwalt der einzige Freund der Angeklagten. Ihr Schicksal hängt ganz davon ab, wie gut der Anwalt seine Sache macht.
Es gibt noch einen Punkt, den es hier zu erwähnen gibt. Schauen wir uns noch einmal den Vers 16 an. Jesus sagte hier: „Und ich will den Vater bitten und er wird euch einen anderen Tröster geben…“ Jesus sagte hier, dass der Heilige Geist, der „andere“ Fürsprecher ist. Wenn dem so ist, dann bedeutet es ja nichts anderes, als dass wir mit dem Heiligen Geist einen weiteren, einen zusätzlichen Helfer an die Seite gestellt bekommen. Der erste Fürsprecher ist Jesus selbst. Jesus ist unser erster Beistand, unser Helfer, unser Anwalt, unser Ermutiger. Der Heilige Geist führt diese Aufgabe bis zum Ende aus nach Jesu Weggang.
Vielleicht fragen sich einige von euch, was die Relevanz von dem für uns ist. Vielleicht denken manche: „Alles schön und gut. Aber ich brauche nicht wirklich einen Anwalt. Ich sitze ja nicht auf der Anklagebank.“ Ob wir uns dessen bewusst sind oder nicht, wir sitzen alle auf der Anklagebank. Ich meine damit nicht nur Gottes finales Gericht, sondern in unserem alltäglichen Leben. Wer von euch hat Folgendes erlebt: Ihr befindet euch mitten im Alltag, es sei auf der Arbeit oder beim Einkaufen oder auf der Straße. Ihr seid in Gedanken versunken. Und ganz plötzlich, wie aus dem Nichts, seht ihr in euren Gedanken eure größte Sünde, wie einen Film in Hochauflösung. Ihr seht die Momente eures größten Versagens und Niederlagen. Zum unpassendsten Moment seht ihr Szenen aus eurem Leben für die ihr euch am meisten schämt. Es gibt so vieles in meinem Leben, wofür ich mich zutiefst schäme. Warum werden wir damit konfrontiert?
Oder ein anderes Beispiel: warum ist uns die Anerkennung von anderen Menschen so unglaublich wichtig? Warum lassen wir uns so stark von der Frage leiten: „was werden die anderen von mir denken, wenn ich das tue?“ An die Missionare unter uns, wieso ist manchen von euch so wichtig, dass ihr von den anderen in der Gemeinde respektiert werdet? Und das Gefühl, von den anderen nicht genug respektiert zu werden, nicht ernst genommen zu werden, verletzt euch zutiefst und/oder macht euch ärgerlich? Warum fällt es vielen von uns so schwer, mit Kritik von anderen umzugehen, auch dann noch, wenn die Kritik eigentlich gut gemeint ist und konstruktiv ist? Wisst ihr was das alles ist? Selbstrechtfertigung. Es ist fehlendes Vertrauen in unseren Fürsprecher. Anstatt den Heiligen Geist walten zu lassen, versuchen wir uns selbst zu rechtfertigen. Aber das zeigt umso mehr, wir alle brauchen den Fürsprecher in unserem Leben. Jede Sekunde unseres Lebens sind wir auf ihn angewiesen. Wie genau verteidigt der Heilige Geist uns?
Der nächste Punkt, den Jesus hier lehrt, ist in Vers 17: „den Geist der Wahrheit.“ Der Heilige Geist ist der Geist der Wahrheit. Jesus gibt uns im weiteren Verlauf des Textes einige Hinweise, wie das zu verstehen ist. In Vers 26 sagt Jesus: „Aber der Tröster, der Heilige Geist, den mein Vater senden wird in meinem Namen, der wird euch alles lehren und euch an alles erinnern, was ich euch gesagt habe.“ In Kapitel 16 lehrt Jesus über den Geist, dass er der Welt die Augen öffnet im Bezug auf Sünde, Gerechtigkeit und Gericht. Der Heilige Geist ist der Geist der Wahrheit, weil er ein Verkündiger der Wahrheit ist. Er lehrt die Wahrheit und leitet in der Wahrheit.
Was bedeutet es dann, wenn der Beistand des Heiligen Geistes darin besteht, dass er die Wahrheit spricht? Die Wahrheit ist, dass ihr als auch ich, schreckliche, gefallene Sünder sind. Die Wahrheit ist, dass ich vor dem Schöpfer der Welt nackt und elend bin und dass ich die längste Zeit meines Lebens versucht habe, vor ihm wegzulaufen. Der Heilige Geist spricht aber auch folgende Wahrheit: alles, was ich mir habe zuschulden kommen lassen, hat Jesus für mich am Kreuz getragen. Jesus hat das Leben gelebt, das ich hätte leben müssen. Jesus ist den Tod gestorben, den ich verdient hätte zu sterben. Er hat meine unzählig vielen Sünden alle ausradiert und gelöscht. Er hat mir vergeben. Meine Identität, mein Wert, meine Würde hängen nicht länger davon ab, was ich getan habe. Mein Wert hängt nicht davon ab, was andere Menschen über mich denken. Meine Identität kommt durch das, was Jesus für mich vollbracht hat. Ich bin ein Kind Gottes für den Jesus nichts weniger gegeben hat als sein Leben. Diese Wahrheit verkündigt der Heilige Geist. An diese Wahrheit erinnert der Heilige Geist. Wenn immer wir uns aufraffen und zum Kreuz kommen, wenn immer wir neu für uns annehmen und in Anspruch nehmen, was Jesus für uns getan hat, können wir uns 100%ig sicher sein: der heilige Geist ist gerade voll dabei in uns zu wirken und uns zu verteidigen.
Dritter Punkt, es leitet sich aus diesem und vielen anderen Texten ab, dass der Heilige Geist eine Person ist und keine anonyme Kraft. Jesus lehrte, dass der Heilige Geist unser Ratgeber, Anwalt, Fürsprecher und Tröster ist. Solche Funktionen können nur von einer Person ausgeübt werden. Als wir uns mit der Person Jesus beschäftigt haben, haben wir ganz kurz die Kontroversen gestreift, die mit einer Göttlichkeit zu tun haben. Die Urkirche musste Jahrhunderte mit falschen Lehrern ringen, die entweder die Gottheit oder die Menschheit Jesu anzweifelten. Die Bekenntnisse der frühen Gemeinde zu Beginn des 4. Jahrhunderts sind das Resultat dieser Auseinandersetzungen. Beim Heiligen Geist hat es noch etwas länger gedauert. Die frühe Gemeinde hat ein Problem nach dem anderen gelöst. Im Bekenntnis von Nizäa-Konstantinopel aus dem Ende des 4. Jahrhunderts heißt es: „Wir glauben an den Heiligen Geist, der Herr ist und lebendig macht, der aus dem Vater und dem Sohn hervorgeht, der mit dem Vater und dem Sohn angebetet und verherrlicht wird, der gesprochen hat durch die Propheten.“
Der Heilige Geist ist eine Person, die dritte Person der Gottheit.

Zweitens, wer empfängt den Heiligen Geist?
Jesus beantwortet die negativ und positiv. Zum einen sagt Jesus, wer den Geist nicht empfangen kann. Sehen wir uns Vers 17 an: „den Geist der Wahrheit, den die Welt nicht empfangen kann, denn sie sieht ihn nicht und kennt ihn nicht.“ Die Welt umfasst alle die Menschen, die mit dem erklärten Ziel leben, ohne Gott glücklich sein zu wollen. Jesus sagt, dass sie nicht an das Unsichtbare glauben. Und dann drückt Jesus das positiv aus: „Ihr kennt ihn, denn er bleibt bei euch und wird in euch sein.“ Die Jünger kannten den Heiligen Geist. Mehr noch, sie hatten bereits den Heiligen Geist! Das Wort „bleiben“ (und „in euch sein“ in frühen Urtexthandschriften) steht im Präsens.
Es stellt sich natürlich die Frage, inwiefern sich Jesu Jünger von der Welt unterscheiden? Und der Unterschied ist ein Thema, der sich wie ein roter Faden durch den ganzen Text hindurchzieht. Vers 15: „Liebt ihr mich, so werdet ihr meine Gebote halten.“ Vers 21: „Wer meine Gebote hat und hält sie, der ist’s der mich liebt. Wer mich aber liebt, der wird von meinem Vater geliebt werden, und ich werde ihn lieben und mich ihm offenbaren.“ Es folgt die Nachfrage von Judas, was es zu bedeuten hat, dass Jesus sich den Jünger aber nicht der Welt zeigt. Wie so oft antwortet Jesus nicht so direkt auf seine Frage. Stattdessen wiederholt er in Vers 24, was er vorher schon gesagt hatte: „Wer mich liebt, der wird mein Wort halten; und mein Vater wird ihn lieben, und wir werden zu ihm kommen und Wohnung bei ihm nehmen. Wer aber mich nicht liebt, der hält meine Worte nicht.“ Für den Fall, dass es noch nicht offensichtlich ist, es geht um Liebe zu Jesus und um Gehorsam seinem Wort gegenüber.
Zwei Punkte gibt es hierbei zu beachten. Zum einen, der Zusammenhang zwischen Liebe und Gehorsam. Viermal erwähnt Jesus den Zusammenhang, angefangen mit Vers 15: „Liebt ihr mich, so werdet ihr meine Gebote halten.“ Was lehren diese Verse darüber wie Liebe und Gehorsam zusammenhängen? Liebe und Gehorsam sind nicht dasselbe! Jesus zu lieben und seine Worte zu halten und dem zu folgen sind nicht dasselbe! Jesus sagte: „Liebt ihr mich, so werdet ihr (als Resultat dessen) meine Gebote halten.“ Liebe ist das, was vorher da sein muss, damit Gott-gefälliger Gehorsam daraus folgen kann. Liebe ist das, was sich tief in unseren Herzen abspielt, bevor es sich in praktischen Taten und Worten äußert. Liebe ist die Wurzel, Gehorsam ist die Frucht. Liebe sollte die Motivation von allem sein, was wir tun. Wir können gute Werke aus völlig falschen Motiven tun. Das ist nicht, was Jesus meinte mit sein Wort halten.
Zum anderen, Gehorsam ist nicht die Bedingung, die Jesus hier stellt, um den Heiligen Geist empfangen zu können. Viele machen den Fehler, dass sie Vers 15 als Bedingung von Vers 16 lesen: „Wenn wir Jesus lieben und seine Gebote halten, dann werden wir den Heiligen Geist empfangen.“ Diese Lesart ist nicht korrekt. D.A. Carson kommentierte Vers 16 folgendermaßen: „Die Liebe der Jünger zu Jesus sollte nicht als der Preis angesehen werden, den die Jünger bezahlen mussten um die Gabe (des Geistes) zu empfangen, genauso wenig wie ihr Gehorsam als der Preis angesehen werden sollte. Jesus beschrieb hier eine Zusammenstellung von grundlegenden Beziehungen nicht eine Zusammenstellung von anzüglichen Bedingungen.“ Was D.A. Carson sagte, ist, dass Jesus hier nicht Bedingungen nennt, die zusammen gehören. Jesus beschrieb hier eine Wechselwirkung, die zusammengehört. Auf der einen Seite haben wir Gehorsam. Auf der anderen Seite habe wir das Empfangen des Heiligen Geistes. Was Jesus sagt ist folgendes: „Die Person, die mich liebt und aufgrund der Liebe meine Gebote hält, ist ein- und dieselbe Person, in welcher der Heilige Geist wohnt.“
Was bedeutet es dann also, Jesus zu lieben? John Piper sagte, dass wir Jesus nicht so lieben können, wie Gott uns liebt. Gott liebt uns, obwohl wir nicht so sind wie wir hätten sein sollen. Gott liebt uns trotz unserer Sünden und Rebellion gegen ihn. Aber Jesus ist absolut vollkommen. Piper schrieb weiter: „Liebe zu ihm ist eine Antwort auf Schönheit, Größe und Herrlichkeit. … Und das bedeutet, dass Liebe zu Jesus angenehm ist. Es bedeutet ihn zu begehren, weil er unendlich begehrenswert ist. Es bedeutet, ihn zu schätzen, weil er unendlich wertvoll ist. Es bedeutet, sich an ihm zu erfreuen, weil er unendlich erfüllend ist. Es bedeutet in ihm zufrieden zu sein, weil er unendlich zufriedenstellend ist. Es ist die Reaktion einer erweckten und wiedergeborenen Seele auf alles, das wahrhaftig, gut und wunderbar ist, verkörpert in Jesus Christus.“ Ist das die Beschreibung von dem, was in unserem Herzen vor sich geht? Lieben wir Jesus so?
Piper beantwortet damit auch gleich die Frage, wie wir Jesus lieben können. Diejenigen Menschen, die Jesus lieben, sind von neuem geboren und erweckt durch seinen Heiligen Geist. Wir kommen damit zur dritten Frage.

Drittens, was ist das Anliegen des Heiligen Geistes?
Wir haben gesehen, dass der Heilige Geist unser Anwalt ist. Wir haben gesehen, dass der Heilige Geist in den Menschen wohnt, die Jesus lieben und seine Gebote halten; wobei Liebe zu Jesus und erfüllt sein mit dem Heiligen Geist eine Wechselwirkung sind. Was ist das Kernanliegen des Heiligen Geistes?
Zwei Anliegen sehen wir. Zum einen ist das Hauptanliegen des Heiligen Geistes, Jesus zu verherrlichen. Wir sehen das explizit in Johannes 16,13-14: „Wenn aber jener, der Geist der Wahrheit, kommen wird, wird er euch in alle Wahrheit leiten. Denn er wird nicht aus sich selber reden; sondern was er hören wird, das wird er reden, und was zukünftig ist, wird er euch verkündigen. Er wird mich verherrlichen; denn von dem Meinen wird er’s nehmen und euch verkündigen.“ Zu Beginn der Predigt habe ich erwähnt, dass der Heilige Geist sich nicht in den Mittelpunkt drängt. Die Texte aus Johannes 14 und 16 gehören zu den wichtigeren Texten über den Heiligen Geist. Aber selbst in diesen beiden Texten ist relativ gesehen nicht so viel von ihm die Rede. Stattdessen lesen wir, dass er nicht aus sich selbst redet. Der Heilige Geist lenkt alle Aufmerksamkeit auf Jesus. Sein Ziel ist es, Jesus zu verherrlichen.
Das erklärt auch, weshalb der Heilige Geist für uns weit weniger sichtbar ist, als die anderen beiden Personen der Trinität. Der Grund weshalb wir den Heiligen Geist nicht unbedingt wahrnehmen ist der, dass er in uns ist. Wir schauen nicht so sehr direkt auf den Heiligen Geist. Stattdessen sehen wir durch seine Hilfe. Wenn wir eine nachts eine Taschenlampe benutzen, dann schauen wir auch nicht direkt ins Licht. Das ist nicht der Sinn der Taschenlampe. Stattdessen sehen wir alles andere durch das Licht. Der Heilige Geist ist dieses Licht. Was erkennen wir in seinem Licht? Was genau strahlt er an? Wir sehen die unendliche Schönheit Jesu Christi. Wir erkennen was für einen herrlichen und wunderbaren Heiland wir haben. Wir erfahren die Kraft des Evangeliums.
Das andere Anliegen des Heiligen Geistes ist es, uns das wahre Leben zu bringen. Vers 19: „Es ist noch eine kleine Zeit, dann wird mich die Welt nicht mehr sehen. Ihr aber sollt mich sehen, denn ich lebe und ihr sollt auch leben.“ Im Griechischen gibt es zwei Wörter, die mit Leben übersetzt werden können. Das eine ist bios. Es bezieht sich auf das biologische Leben, wie Wachstum, Reizbarkeit, Bewegung, Reproduzierbarkeit, Stoffwechsel usw. Das Wort Biologie leitet sich davon ab. Das andere Wort ist zoe. Und zoe wird vor allem im Zusammenhang mit dem ewigen Leben in Gott verwendet. Das ist das Wort, das Jesus verwendet, als er sagt: „ich lebe und ihr sollt auch leben.“ Spurgeon sagte über George Whitefield: „Er lebte. Andere Menschen scheinen nur halb am Leben zu sein. Aber Whitefield war ganz Leben, Feuer, Flügel, Kraft. Mein Vorbild, wenn ich so etwas in Untertänigkeit meinem Herrn gegenüber haben darf, ist George Whitefield. Aber mit ungleichen Schritten muss ich in seinen glorreichen Spuren folgen.“ Genau das ist die Bedeutung von Leben. Es geht um die Qualität des Lebens.
Wie können wir solches Leben haben? Wir finden die Antwort im Text. Vers 20: „An jenem Tage werdet ihr erkennen, dass ich in meinem Vater bin und ihr in mir und ich in euch.“ Es geht darum, zu erkennen, wer Gott ist, indem Jesus in uns lebt. Und Vers 23: „Wer mich liebt, der wird mein Wort halten; und mein Vater wird ihn lieben, und wir werden zu ihm kommen und Wohnung bei ihm nehmen.“ Wir sind hier bei der Essenz von dem angelangt, wovon das ganze christliche Leben handelt. Gott und Jesus wollen in uns wohnen. Sie erwerben unser Herz als ihre Eigentumswohnung. Sie wohnen in uns durch den Heiligen Geist. Das Wort, was Jesus für Wohnung verwendet, kommt im ganzen NT nur zweimal vor. Die andere Stelle, in der dieses Wort vorkommt ist in 14,2: „In meines Vaters Hause sind viele Wohnungen. Wenn es nicht so wäre, hätte ich dann zu euch gesagt: ich gehe hin, euch die Stätte zu bereiten?“ Die Wohnungen beziehen sich hier auf den Himmel. John Piper paraphrasierte Vers 23 deshalb folgendermaßen: Jesus will, dass wir den Himmel auf Erden haben. Genau das ist das Anliegen des Heiligen Geistes.
C.S. Lewis schrieb: „in unserem natürlichen Zustand sind wir keine Kinder Gottes, nur sozusagen Statuen. Wir haben kein zoe oder geistliches Leben; nur bios oder biologisches Leben, das immer mehr abnimmt und stirbt. Das ganze Angebot des Christentums ist folgendes: wenn wir Gott gewähren lassen, dann können wir teilhaben im Leben Christi. Wenn wir uns darauf einlassen, dann nehmen wir teil an einem Leben, … das immer existierte und immer existieren wird. Christus ist der Sohn Gottes. Wenn wir in diesem Leben teilhaben, dann werden wir ebenfalls Söhne Gottes sein. Wir werden den Vater lieben wie er es tut und der Heilige Geist tritt in uns auf. … Jeder Christ wird zu einem kleinen Christus. Das ganze Ziel vom Christsein ist nichts anderes.“
Was bedeutet es für uns? Die Gabe des Heiligen Geistes ist mehr als alles, was wir uns hätten wünschen oder erträumen können. Jeder von uns wünscht sich gute Gaben. Wir wollen Gottes Segen. Wir wollen seine Freude und seinen Frieden. Gott schenkt uns in dem Heiligen Geist unendlich viel mehr. Anstelle von Trost, gibt er uns den Tröster. Anstelle von Segen, lässt Gott denjenigen, der uns segnet, in uns wohnen. Anstelle von Geld gibt uns Gott die ganze Bank.
Aber gleichzeitig sehen wir hier auch, wie Gottes Gaben mit ihm selbst zusammenhängen. Um noch einmal C.S. Lewis zu zitieren: „Wenn du dich aufwärmen willst, dann musst in der Nähe des Feuers stehen. Wenn du nass werden willst, dann muss man ins Wasser. Wenn du Freude, Kraft, Frieden und ewiges Leben haben willst, dann musst du in die Nähe oder sogar hinein in das Wesen, das alles das hat. Diese Dinge sind keine Belohnung, die Gott einfach Menschen aushändigen könnte. Sie sind eine Quelle der Energie und Herrlichkeit, die dem Zentrum der Realität entspringen. Wenn du in der Nähe dessen bist, dann wird dich der Sprühregen nass machen. Wenn nicht, dann wirst du trocken bleiben. Wenn ein Mensch mit Gott verbunden ist, wie könnte er dann nicht für immer leben? Wenn ein Mensch von Gott getrennt ist, wie könnte es anders sein, als dass er verwelkt und stirbt?“ Gott kann uns keine wahre Freude, Frieden und wahres Leben unabhängig von sich selbst oder losgelöst von sich selbst geben. Der Grund dafür ist, dass es diese Dinge nicht gibt. Die gute Nachricht ist, dass wir Freude, Frieden und Leben durch den Heiligen Geist in uns haben dürfen.
Zwei Anwendungen: erstens, jeden Tag unseres Lebens sollten wir Gott für das unendliche Privileg danken, dass der Heilige in uns ist. Zweitens, jeden Tag unseres Lebens sollten wir beten, dass Gott uns hilft unter den Führung und Herrschaft seines Geistes zu leben.

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