Predigt: Matthäus 21,23 – 46

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Jesus, der Eckstein

Jesus sprach zu ihnen: Habt ihr nie gelesen in der Schrift: »Der Stein, den die Bauleute verworfen haben, der ist zum Eckstein geworden. Vom Herrn ist das geschehen und ist ein Wunder vor unseren Augen«?“

(21,42)

Letzte Woche haben wir gehört, wie Jesus gemäß der Prophezeiung Gottes in Jerusalem als König eingezogen ist und dort den Tempel gereinigt hat. Durch beide Ereignisse hat Jesus sich als der verheißene Christus und Sohn Gottes offenbart. Im heutigen Text erfahren wir, wie die religiösen Leiter Jesus daraufhin herausgefordert haben und wie er ihnen half. Dazu erzählte Jesus ihnen zwei Gleichnisse, die ihre verkehrte Denkweise und Innerlichkeit ans Licht gebracht und gleichzeitig Gottes Heilswerk in der Geschichte und Gegenwart offenbart haben. Möge Gott jeden von uns mit einer klaren geistlichen Einsicht segnen!

I. Die Frage nach Jesu Vollmacht (23-27)
Betrachten wir Vers 23: „Und als er in den Tempel kam und lehrte, traten die Hohenpriester und die Ältesten des Volkes zu ihm und fragten: Aus welcher Vollmacht tust du das und wer hat dir diese Vollmacht gegeben?“ Denken wir kurz an den Hintergrund! Es war am Montag Morgen, als Jesus nach Jerusalem zurückkam und im Tempel lehrte. Am Vortag war Jesus feierlich in die Stadt eingezogen und hatte den Tempel von den Händlern und Geld­wechslern gereinigt. Dabei hatte er gesagt: „Es steht geschrieben: Mein Haus soll ein Bethaus heißen; ihr aber macht eine Räuberhöhle daraus“ (21,13). Die religiösen Leiter hatten diese Werke Jesu gesehen und seine Worte gehört, durch die er sich als der verheißene König und als der Herr des Tempels offenbart hatte. Sie hatten auch gesehen, wie Jesus danach die Blinden und Gelähmten im Tempel von ihrer Krankheit geheilt hat. Das waren unleugbare Zeugnisse seiner göttlichen Vollmacht. Außerdem hörten sie, wie die Kinder im Tempel schrien: „Hosianna dem Sohn Davids!“ (21,15). Doch anstatt Jesus als den verheißenen Christus anzuerkennen, hatten sie sich darüber entrüstet, dass er den Lobpreis der Kinder zuließ. Inzwischen hatten sie über zwölf Stunden Zeit gehabt, über alle diese Offenbarungen Jesu nachzudenken. Doch was taten sie am nächsten Morgen? Sie unterbrachen Jesus beim Lehren und stellten seine Vollmacht in Frage. Sie weigerten sich also nicht nur, Jesus in ihrem Herzen anzuerkennen, sondern stellten öffentlich Jesu Vollmacht in Frage, wobei sie ihre eigene Authorität als religiöse Leiter ausspielten.

Wie reagierte Jesus darauf? Betrachten wir die Verse 24 und 25a: „Jesus aber antwortete und sprach zu ihnen: Ich will euch auch eine Sache fragen; wenn ihr mir die sagt, will ich euch auch sagen, aus welcher Vollmacht ich das tue. Woher war die Taufe des Johannes? War sie vom Himmel oder von den Menschen?“ Jesus antwortete auf ihre Frage nicht direkt, sondern stellte eine Gegenfrage. Warum? Jesus wusste, dass sie nicht bereit waren, das Zeugnis über den Grund seiner Vollmacht anzunehmen. Durch die Frage, ob das Werk von Johannes dem Täufer von Gott war oder bloß ein menschliches Werk war, sollte offenbar werden, ob sie überhaupt bereit waren, die Wahrheit anzuerkennen und entsprechend zu denken und zu reden. Johannes hatte so authentisch gelebt und so vollmächtig gewirkt, dass selbst das Volk ihn für einen Propheten hielt. Daher konnten die religiösen Leiter ganz leicht auf Jesu Frage antworten, wenn sie überhaupt bereit waren, verantwortungsvoll die Tatsachen zu bedenken und Gottes Werke als solche anzuerkennen.

Wie reagierten sie? Es heißt: „Da bedachten sie’s bei sich selbst und sprachen: Sagen wir, sie war vom Himmel, so wird er zu uns sagen: Warum habt ihr ihm dann nicht geglaubt? Sagen wir aber, sie war von Menschen, so müssen wir uns vor dem Volk fürchten, denn sie halten alle Johannes für einen Propheten. Und sie antworteten Jesus und sprachen: Wir wissen’s nicht“ (25b-27a). Hier wird die verkehrte Denkweise der religiösen Leiter sichtbar. Sie fragten gar nicht nach dem, was wahr ist. Sie überlegten vielmehr, welche Antwort welche Konsequenzen für sie hätte. Anstatt nach der Wahrheit zu fragen und aufgrund der Fakten zu denken, spekulierten sie einfach über die Vor- und Nachteile, wenn sie dieses oder jenes sagen würden. Als sie merkten, dass sie bei jeder Antwort Schwierigkeiten hätten, ihre eigene ungläubige Position zu rechtfertigen, behaupteten sie einfach: „Wir wissen’s nicht.“ Sie hatten keinen Respekt gegenüber der Wahrheit und kein wahres Interesse daran. Sie orientierten ihr Denken nicht an den Tatsachen, sondern daran, was ihrem eigenen Interesse diente, obwohl sie eigentlich geistliche Leiter sein sollten. Als Folge davon wurden sie selbst unberechenbare Menschen, die ohne Wahrheit umherirrten.

Wie reagierte Jesus? Jesus sagte zu ihnen: „So sage ich euch auch nicht, aus welcher Vollmacht ich das tue“ (27b). Solange sie keine Bereitschaft aufbrachten, nach der Wahrheit zu denken und sie anzuerkennen, war Jesus auch nicht bereit, ihnen die Quelle seiner Vollmacht zu offenbaren. Jesus offenbart sich nur denen, die überhaupt bereit sind, Gottes Werke als Gottes Werke anzuerkennen und entsprechend der Tatsachen zu denken.
II. Das Gleichnis von den ungleichen Söhnen (28-32)
Die religiösen Leiter hatten sich durch ihre Antwort als Menschen erwiesen, die ohne Respekt vor der Wahrheit die Tatsachen von Gottes Wirken ignorierten und so dachten und redeten, wie es ihnen für ihre eigenen Interessen jeweils am besten erschien. Sie hatten es nicht verdient, die Wahrheit über Jesu Vollmacht zu erfahren. Trotzdem gab Jesus sie nicht auf. Wegen ihrer voreingenommenen Haltung konnte Jesus ihnen nicht direkt die Grundlage seiner Vollmacht nennen, da dies ihnen nichts genutzt hätte. Stattdessen erzählte Jesus ihnen zwei Gleichnisse, durch die sie sich selbst vor Gott erkennen konnten. Auf diese Weise gab Jesus ihnen die beste Hilfe, die sie in ihrer Lage erhalten können. Während das erste Gleichnis relativ kurz und leicht zu verstehen ist, ist das zweite von Inhalt und Bedeutung her umfangreicher. Betrachten wir das erste Gleichnis. Jesus sagte: „Was meint ihr aber? Es hatte ein Mann zwei Söhne und ging zu dem ersten und sprach: Mein Sohn, geh hin und arbeite heute im Weinberg. Er antwortete aber und sprach: Nein, ich will nicht. Danach reute es ihn und er ging hin. Und der Vater ging zum zweiten Sohn und sagte dasselbe. Der aber antwortete und sprach: Ja, Herr!, und ging nicht hin“ (28-30). Die beiden Söhne im Gleichnis antworten auf die Bitte des Vaters gegensätzlich, handeln dann aber gegenteilig zu ihrer Antwort. Jesus stellt selbst die entscheidende Frage: „Wer von den beiden hat des Vaters Willen getan?“ Sie antworteten: „Der erste.“ Es ist nicht schwer, zu erkennen, dass der Mann im Gleichnis für Gott steht und die zwei Söhne für zwei Gruppen von Menschen. Vor Gott ist es entscheidend, wie wir auf seine Worte letztendlich wirklich reagieren. Jesus fing an, ihnen sein Gleichnis selbst auszulegen: „Wahrlich, ich sage euch: Die Zöllner und Huren kommen eher ins Reich Gottes als ihr. Denn Johannes kam zu euch und lehrte euch den rechten Weg, und ihr glaubtet ihm nicht; aber die Zöllner und Huren glaubten ihm. Und obwohl ihr’s saht, tatet ihr dennoch nicht Buße, sodass ihr ihm dann auch geglaubt hättet“ (31b.32). Die Zöllner und Huren lebten offensichtlich nicht nach Gottes Willen. Aber als Johannes der Täufer kam und die Buße und das Kommen des Himmelreichs lehrte, glaubten sie ihm und änderten ihr Leben, wie der erste Sohn im Gleichnis, der seine negative Haltung gegenüber dem Vater änderte. Im Gegensatz dazu verhielten sich die religiösen Leiter nach außen hin mustergültig, wie der zweite Sohn, der „Ja, Herr!“ antwortete. Aber in Wirklichkeit lebten sie nicht nach dem Willen Gottes. Denn sie glaubten Johannes‘ Botschaft vom Himmelreich nicht und taten keine Buße. Und selbst als sie sahen, wie sogar die Zöllner und Huren Buße taten und ihr Leben veränderten, weigerten sie sich, Buße zu tun. Auf diese Weise führte Jesus ihnen durch sein Gleichnis ihre Realität vor Augen, dass sie nur nach außen hin fromm taten, aber in Wirklichkeit Gott gegenüber unbußfertig waren und widerstrebten, indem sie seine Offenbarung ignorierten. Sie sollten ihre verkehrte Haltung gegenüber Gott erkennen, damit sie Buße tun würden. Im Vers 32 sagte Jesus indirekt mehrfach, dass sie Buße tun und glauben sollten. Buße zu tun und Gott zu glauben, ist der Weg zur Rettung aus allen Sünden. Gott helfe uns, nicht nur mit dem Mund fromm zu reden, sondern auf Gottes Wort hin Buße zu tun und zu glauben, bis unser ganzes Leben mit seinem Willen übereinstimmt!

III. Das Gleichnis von den bösen Weingärtnern (33-46)
Jesus wusste, dass das eine Gleichnis allein nicht ausreichte, um die religiösen Leiter zur Selbst­erkennt­nis oder gar zur Buße zu führen. Deshalb erzählte er ihnen ein weiteres Gleichnis, durch das sie sich selbst vor Gott klar erkennen sollten. Das Gleichnis von den bösen Weingärtnern war nicht nur eine treffende Beschreibung der damaligen religiösen Leiter. Dieses Gleichnis ist wohl das Gleichnis mit der größten Bedeutungstiefe in der Bibel, da Jesus darin auch die Geschichte Israels und Gottes ganzes Heilswerk in kompakter Form dargestellt hat. Hören wir deshalb nochmals gut zu und lasst uns davon auch persönlich lernen!

Betrachten wir Vers 33: „Hört ein anderes Gleichnis: Es war ein Hausherr, der pflanzte einen Weinberg und zog einen Zaun darum und grub eine Kelter darin und baute einen Turm und verpachtete ihn an Weingärtner und ging außer Landes.“ Ein Hausherr legte mit großer Sorgfalt einen Weinberg an. Er stattete ihn komplett mit allem aus, was nötig war, damit er vor unerwünschten Eindringlingen geschützt wäre und man ihn gut nutzen konnte. All das tat er nicht für sich, sondern er verpachtete seinen guten Weinberg an Weingärtner und ging selbst ins Ausland. Für die Weingärtner war es ein großes Privileg, dass er ihnen seinen Weinberg verpachtete. Denn damals gab es viele Menschen, die keine feste Arbeit hatten und als Tagelöhner von der Hand in den Mund leben mussten. In dem Weinberg hatten die Weingärtner dauerhaft eine Grundlage für ihr Leben und eine sinnvolle Arbeit, die sie in Freiheit und eigener Verantwortung gestalten konnten. Wie froh müssen sie gewesen sein, als sie den Weinberg pachten und in Besitz nehmen konnten!

Aber wie ging es weiter? Als die Zeit der Weinlese kam, sandte der Herr seine Knechte zu den Wein­gärtnern, damit sie seinen Anteil an den Früchten holten. Wie reagierten aber die Wein­gärtner darauf? Vers 35 sagt: „Da nahmen die Weingärtner seine Knechte: den einen schlugen sie, den zweiten töteten sie, den dritten steinigten sie.“ Überraschender Weise lehnten die Weingärtner die Knechte, die die vereinbarte Pacht abholen wollten, entschieden ab. Sie verweigerten nicht nur, ihnen den vereinbarten Anteil zu geben, sondern schlugen und töten sogar die Knechte.

Was tat der Hausherr daraufhin? Vers 36 sagt: „Abermals sandte er andere Knechte, mehr als das erste Mal; und sie taten mit ihnen dasselbe.“ Obwohl die Weingärtner schon mehrere seiner Knechte verprügelt oder getötet hatten, gab der Hausherr nicht auf, seinen Anteil von ihnen einzufordern. Obwohl es bei dem Anteil vielleicht nur um ein paar hundert Kilogramm Trauben ging, wollte er unbedingt seinen Anteil bekommen und sandte erneut Knechte zu ihnen und dieses Mal noch mehr. Er setzte alles dafür ein, seinen Anteil zu bekommen, weil er als der Eigentümer und Herr des Weinbergs anerkannt werden wollte. Aber die Weingärtner wollten auch auf die neuen Knechte nicht hören, sondern schlugen die einen, andere töteten sie sogar.

Die Reaktion der Weingärtner ist erschreckend. Warum verhielen sie sich gegenüber dem Herrn und seinen Knechten so aggressiv? Obwohl der Herr lediglich den vereinbarten Anteil bekommen wollte, weigerten sie sich vehement dagegen, ihn ihm zu geben. Zum einen waren sie habgierig geworden. Sie hatten die anfängliche Dankbarkeit für den Weinberg längst verloren und waren begierig danach, allen Ertrag selbst zu besitzen. Aber wenn wir daran denken, dass es sich bei der Pacht nur um ein paar Hundert Kilogramm Trauben gehandelt haben mag, erkennen wir, dass es noch einen anderen Grund gegeben haben muss, dass sie die Knechte des Hausherrn verprügelten und töteten. Ihr rücksichtloses, brutales Verhalten gegenüber den Knechten zeigt, dass sie offensichtlich selbst die Herren des Weinbergs sein wollten. Sie wollten keinen Herrn über sich haben und niemandem irgendetwas geben müssen. Dieses Verlangen war so stark, dass sie sich inzwischen offenbar einbildeten, dass sie die Eigentümer des Weinbergs wären und berechtigt wären, die fremden Knechte davon zu jagen. Sie waren wie psychisch Kranke, die ihre Einbildung und die Wirklichkeit nicht mehr unter­schei­den können. Sie waren vom Verlangen, selbst Herren des Weinbergs zu sein, wie besessen.

Was bedeutet dieses Gleichnis? Der Hausherr, der den Weinberg angelegt hat, steht für Gott; die Weingärtner für die Israeliten; die Knechte des Herrn repräsentieren die Propheten, die Gott immer wieder zu seinem Volk geschickt hat, der Sohn des Herrn steht für Gottes Sohn Jesus Christus. Gott hatte den Israeliten sein Gesetz und seinen Bund gegeben und dazu das Land Kanaan, sodass sie ihr Leben in der Beziehung zu Gott in Freiheit führen konnten. Gott hatte sie insbesondere dazu berufen, ein Königreich von Priestern und ein heiliges Volk für Gott zu sein. Der Anteil, den Gott von ihnen bekommen wollte, war, dass sie Gott als Gott anerkennen sollten, was sie praktisch durch den Gehorsam gegenüber seinem Willen zeigen sollten. Aber die Israeliten vergaßen Gottes Gnade schnell. Sie vergaßen Gott selbst als den Eigen­tümer ihres Lebens und aller Gaben und verfielen in Habgier und Götzendienst. Aber Gott forderte beharrlich seinen Anteil von ihnen, indem er immer wieder Propheten zu ihnen sandte und sie dazu aufforderte, zu Gott umzukehren und ihm zu gehorchen. Aber die Israeliten wollten auf die Propheten nicht hören und schlugen sie oder töteten sie sogar. Dies zog sich durch ihre ganze Geschichte. In Lukas 13 hatte Jesus über dieses rebellische Verhalten der Israeliten geklagt, als er sagte: „Jerusalem, Jerusalem, die du tötest die Propheten und steinigst, die zu dir gesandt werden, wie oft habe ich deine Kinder versammeln wollen wie eine Henne ihre Küken unter ihre Flügel, und ihr habt nicht gewollt!“ (Lk 13,34) Doch trotz der chronisch schlechten Erfahrungen, die Gott mit ihnen machte, gab Gott es nicht auf, seinen Anteil von ihnen einzufordern, und sandte immer wieder Knechte zu ihnen, die ermahnten, umzukehren und den Herrn als Gott anzuerkennen. Gott wirkte unermüdlich für diesen Punkt, weil er unbedingt als ihr Gott anerkannt werden wollte. Gott sandte immer wieder neue Propheten wie Daniel, Jesaja und Jeremia und schließlich Johannes den Täufer. Aber die Israeliten verwarfen, schlugen und töteten sie. Jesus stellte in seinem Gleichnis ihre Geschichte so realistisch dar, dass die religiösen Leiter sie wirklich wahrnehmen sollten. Sie sollten dadurch vor allem begreifen, dass sie selbst voll in der Tradition ihrer Vorfahren standen, die Gottes Forderung und seine Knechte ablehnten, und genauso gesinnt waren und lebten.

Wie ging die Geschichte weiter, nachdem die Weingärtner alle Knechte des Herrn davon gejagt oder getötet hatten? Eigentlich hätte der Herr nun wirklich kommen und sie wegen ihrer Bosheit bestrafen können. Doch was tat er? Vers 37 sagt: „Zuletzt aber sandte er seinen Sohn zu ihnen und sagte sich: Sie werden sich vor meinem Sohn scheuen.“ Der Herr tat wirklich alles, um von ihnen doch noch seinen Anteil zu bekommen. Er scheute vor keinem Opfer zurück und sandte zuletzt sogar seinen eigenen Sohn zu ihnen. Die Sendung des Sohns war das Letzte, was er noch tun konnte, um sie doch noch dazu zu bewegen, ihm seinen Anteil zu geben. Für die Weingärtner bedeutete das Kommen des Sohns die ultimative Chance, sich mit dem Herrn zu versöhnen. Denn wenn sie den Sohn respektieren und ihm seinen Anteil geben würden, würde der Herr über alle ihre Untaten in der Vergangenheit hinwegsehen, und die Beziehung zwischen ihm und ihnen wäre wieder in Ordnung. Dass der Herr seinen Sohn „zuletzt“ sandte, bedeutet, dass sein Kommen auch die letzte Chance zur Versöhnung mit ihm war.

Doch wie reagierten die Weingärtner? Verse 38 und 39 sagen: „Als aber die Weingärtner den Sohn sahen, sprachen sie zueinander: Das ist der Erbe; kommt, lasst uns ihn töten und sein Erbgut an uns bringen! Und sie nahmen ihn und stießen ihn zum Weinberg hinaus und töteten ihn.“ Als sie den Sohn sahen, erkannten sie in ihm nicht die große Chance zur Versöhnung mit dem Herrn. Sie waren so rebellisch gegenüber dem Herrn, dass ihre Gedanken und ihre Wahrnehmung davon geprägt waren. Von ihrer Habgier und rebellischen Gesinnung verleitet, dachten sie, dass wenn sie den Sohn töteten, der Weinberg ihr Eigentum würde. In ihrer Gedankenwelt kam der Hausherr überhaupt nicht mehr vor. Ihre Innerlichkeit war böse und verkehrt. Tatsächlich stießen sie den Sohn zum Weinberg hinaus und töteten ihn. Sie waren wirklich durch und durch böse.

An dieser Stelle erreicht Jesus mit seinem Gleichnis die Gegenwart und die nahe Zukunft. Denn wie Jesus darin verkündete, sandte Gott tatsächlich trotz aller Rebellion und Ablehnung seines Volks schließlich seinen Sohn. Jesu Kommen ist die größte Chance für die Israeliten, sich mit Gott zu versöhnen. Jesu Kommen ist die ultimative Chance für alle Menschen, sich mit Gott zu versöhnen. Wer ihn annimmt, dem wird Gott alle Untaten und Sünden in der Vergangenheit vergeben und die Beziehung zu ihm in Ordnung bringen. Gleichzeitig ist Jesu Kommen die letzte Chance zur Versöhnung mit Gott. Wer ihn ablehnt, lehnt Gottes ultimatives Angebot zur Versöhnung mit ihm ab und wird keine andere Möglichkeit mehr bekommen, sich mit ihm zu versöhnen. Ab diese Stelle bekommt Jesu Gleichnis auch eine prophetische Bedeutung. Denn Jesus sagte hier den religiösen Leitern, dass sie im Begriff waren, ihn zu töten. Jesus bot ihnen die ultimative Chance, sich ihrer Bereitschaft zu dieser Sünde vor Gott bewusst zu werden und noch Buße dafür zu tun. Aber tatsächlich würden sie ihn vier Tage später zum Tod verurteilen und durch die Römer kreuzigen lassen. Gottes Sohn wurde so verworfen und am Kreuz getötet, damit jeder in ihm Vergebung und neues, ewiges Leben bekommen kann!

Doch dass sie den Sohn töten würden, würde schwere Folgen haben. Jesus sprach seine Zuhörer nun direkt an und fragte sie: „Wenn nun der Herr des Weinbergs kommen wird, was wird er mit diesen Weingärtnern tun?“ (40) Sie antworteten: „Er wird den Bösen ein böses Ende bereiten und seinen Weinberg andern Weingärtnern verpachten, die ihm die Früchte zur rechten Zeit geben“ (41). Sie hatten mitgedacht und verstanden, dass die Weingärtner durch die Tötung des Sohns die letzte Chance auf Versöhnung mit dem Herrn ausgeschlagen hatten und sich unweigerlich ihre Bestrafung zugezogen hatten. Aber sie verstanden wohl immer noch nicht klar, dass Jesus dabei von ihnen selbst redete.

Jesus sprach sie nun ganz direkt an: „Habt ihr nie gelesen in der Schrift: »Der Stein, den die Bauleute verworfen haben, der ist zum Eckstein geworden. Vom Herrn ist das geschehen und ist ein Wunder vor unsern Augen«?“ (42) Jesus erinnerte sie an eine bemerkenswerte Stelle in Psalm 118, die ihnen sicher bekannt war. Diese Verse reden von einem Stein, den die Bauleute verworfen haben, der aber von Gott zum Eckstein gemacht wurde. Durch den Verweis auf diesen Vers offenbarte sich Jesus selbst als der Stein, der von den Menschen verworfen wurde, der aber zum Eckstein wird. Hier stehen die Bauleute für die religiösen Leiter, die Gottes Reich bauen sollten. Aber als sie Jesus begegneten, verwarfen sie ihn, weil er nicht in das Schema passte, nach dem sie bauten. Jesus passte nicht in ihr Schema, weil sie in Wirklichkeit nicht nach Gottes Plan Gottes Reich bauten, sondern nach ihrem eigenen Schema ihr eigenes Werk bauen wollten, bei dem es ihnen vor allem um ihr Ansehen und ihre Macht ging. Weil Jesus ihnen für dieses Werk unbrauchbar erschien, verwarfen sie ihn, indem sie ihn ignorierten, verachteten, verleumdeten und ihn schließlich sogar töteten. Aber Gott tat das Wunder und hat Jesus von den Toten auf­erweckt und hat ihn so zum Eckstein in seinem Heilswerk gemacht. Dieses Wunder geschah vor den Augen der Jünger, die vierzig Tage lang dem auferstandenen Jesus begeg­neten und mit ihm redeten. Ecksteine waren damals große Steine, die wie eine Art Fundament das ganze Gebäude trugen. Dass Jesus der Eckstein ist, bedeutet, dass er das feste Fundament in Gottes Heilswerk ist, auf das jeder Israelit und jeder Mensch sein Leben und sein ewiges Heil fest bauen kann. Wer sein Leben auf ihn baut, wird nie zuschanden werden, sondern wird ewig bestehen und leben.

Welche Folge würde es haben, dass sie Jesus, den Eckstein, verwarfen? Jesus sagt in Vers 43: „Darum sage ich euch: Das Reich Gottes wird von euch genommen und einem Volk gegeben werden, das seine Früchte bringt.“ Dass sie Jesus verwerfen und töten würden, würde für die religiösen Leiter fatale Folge haben. Bis dahin waren sie die geistlichen Leiter des Volks und hatten den Tempel, in dem sie herrliche Gottesdienste feiern konnten. Aber Gott würde ihnen die Aufgabe, das Reich Gottes zu bauen, wegnehmen und sie anderen geben, die gerne bereit waren, ihn als Gott anzuerkennen und verehren, nämlich die Heiden, die glücklich und dankbar sein würden, dass sie Gott in Jesus finden konnten. Gott fing an, dieses Wort wahrzumachen, als er 6 Wochen später den Heiligen Geist über die Jünger ausgoss und aus allen möglichen Heiden seine Kinder machte und seine neue Gemeinde baute. Die Juden dagegen verloren alles, ihre Autorität, ihre Position, den Tempel und 70 nach Christus sogar ihre Stadt und ihr Land, als die Römer Jerusalem eroberten und den Tempel buchstäblich auseinander nahmen.

Doch die Ablehnung Jesu, des Ecksteins, hatte nicht nur für die religiösen Leiter der Juden eine schicksalsbestimmende Bedeutung, sondern hat ist für jeden Menschen entscheidend. Denn Jesus sagt im Vers 44 allgemein: „Und wer auf diesen Stein fällt, der wird zerschellen; auf wen aber er fällt, den wird er zermalmen.“ Hierdurch wird klar, dass der Eckstein Jesus für alle Menschen eine entscheidende Bedeutung hat, unabhängig davon, ob sie das glauben oder nicht wahrhaben wollen. Viele versuchen, gegenüber Jesus eine neutrale Position einzu­nehmen, und denken, dass es nicht so schlimm wäre, wenn sie nicht auf ihn bauen, sondern auf sich selbst oder etwas anderes. Aber Jesus der Eckstein ist der Stein, an dem kein Mensch vorüberkommt. Wer auf ihn baut, wird durch ihn das ewige Heil finden. Wer aber gegen ihn Position bezieht, wird an ihm zerschellen; und wer nicht auf ihn baut, weil er auf etwas anderes vertraut oder niemanden vertraut außer auf sich selbst, hat kein Fundament für seine Rettung und wird schlielßlich im Gericht von ihm getroffen und zermalmt werden. Jesus der Eckstein hat für jeden Menschen eine schicksalsbestimmende Bedeutung. Lasst uns nicht länger zögern oder versuchen, neutral zu bleiben, sondern ihm vertrauen und auf Jesus unser Leben und unser ewiges Heils bauen!

Wie reagierten die religiösen Leiter auf Jesu Lehre? Die Verse 45 und 46 sagen: „Und als die Hohenpriester und Pharisäer seine Gleichnisse hörten, erkannten sie, dass er von ihnen redete. Und sie trachteten danach, ihn zu ergreifen; aber sie fürchteten sich vor dem Volk, denn es hielt ihn für einen Propheten.“ Jesu Gleichnis zeigte Wirkung. Sie waren von sich selbst eingenommen und auf ihre vermeintliche Frömmigkeit stolz gewesen. Aber als sie Jesu Gleichnisse hörten, erkannten sie, dass er darin von ihnen redete. Sie erkannten sich also in dem zweiten Sohn wieder, der nur nach außen hin gehorsam war, aber Gottes Worten gegenüber unbußfertig war. Sie müssen sich auch in den bösen Weingärtnern erkannt haben, die dem Herrn seinen Anteil nicht geben und sogar den Sohn töten wollten. Jesus hatte das Ziel erreicht, dass sie sich selbst vor Gott erkennen konnten. Aber leider waren sie nicht bereit, auch Buße zu tun, weil sie ihre Herzen Gott und seiner Forderung schon so hart wie Stein gemacht hatten. Daher machten sie ihre Herzen noch härter und trachteten danach, Jesus gefangen zu nehmen, wovon sie aber noch wegen ihrer Angst vor der Reaktion des Volks zurückschreckten. Dadurch zeigten sie, dass sie wirklich so böse waren wie die Weingärtner in Jesu Gleichnis, und bestätigten in tragischer Weise die Lehre Jesu.

In diesem Gleichnis beschreibt Jesus durch die Weingärtner auch treffend die modernen Menschen, die keinen Gott über sich haben und niemandem unterstehen wollen. Obwohl Gott auch ihnen ihr Leben und ihre Umgebung als guten Weinberg gegeben hat und von ihnen wünscht, dass sie ihn als Gott anerkennen, wollen sie selbst Gott in ihrem Leben sein und niemandem unterstehen. Von ihrem Verlangen getrieben, in ihrem Leben tun und lassen zu können, was sie wollen, bilden viele sich sogar ein, dass es Gott gar nicht gäbe. Sie müssen sich durch Jesu Worte selbst vor Gott erkennen und zu ihm umkehren.

Gott hat auch jedem von uns das Leben und ein gewisses Maß an Gesundhiet und Fähigkeiten sowie eine Lebensumgebung als unseren Weinberg gegeben, in dem wir leben und wirken dürfen. Insbesondere hat Gott uns als königliche Priesterschaft berufen und uns die Aufgabe als Hirten und Missionare als Weinberg gegeben, in dem wir viele Früchte bringen können. Gott will auch von uns seinen Anteil an den Früchten bekommen. Gott will, dass wir ihn als Gott anerkennen und ehren. Wir können Gott als Gott ehren, indem wir alles, was wir haben, zu seiner Ehre einsetzen und in allen Bereichen unseres Lebens ihm gehorchen. Denn Gott will in unserem Leben Gott sein. Wir sind aber von dem Verlangen, unser Leben selbst zu bestimmen und alles für uns selbst zu haben, nicht frei. Wir wollen Gott dienen, aber wir stoßen immer wieder auf Punkte, wo wir Dinge selbst bestimmen wollen, anstatt Gott auch darin anzuerkennen und es von seinem Willen bestimmen zu lassen. Daher müssen wir uns prüfen, ob wir unser Leben wirklich in allen Bereichen Gott unterstellt haben ode in bestimmten Bereichen noch selbst Gott sein wollen. Möge Gott uns helfen, uns selbst zu erkennen und Buße zu tun, bis wir Gott in allen Bereichen unseres Lebens ehren und Gott in unserem Leben wirklich Gott sein kann!

Heute haben wir erfahren, wie Jesus den religiösen Leitern, die wegen ihrer Ignoranz der Tatsachen in Gottes Werk geistlich blind waren, durch zwei Gleichnisse half, sich selbst vor Gott zu erkennen, wegen ihres harten Herzens aber keine Buße taten. Möge Gott uns helfen, immer auf die Fakten von Gottes Wirken zu achten und in unseren Gedanken davon auszugehend und unser Leben konsequent daran zu orientieren und so Gott als Gott anzuerkennen! Gott helfe uns, auf Jesus, den Eckstein, unser Leben und unser ewiges Heil zu bauen! Lesen wir zum Schluss noch einmal das Leitwort: „Jesus sprach zu ihnen: Habt ihr nie gelesen in der Schrift: »Der Stein, den die Bauleute verworfen haben, der ist zum Eckstein geworden. Vom Herrn ist das geschehen und ist ein Wunder vor unseren Augen«?“ (21,42)

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