Wie Jesus, das Licht der Welt, die Finsternis besiegte
„Da redete Jesus abermals zu ihnen und sprach: Ich bin das Licht der Welt. Wer mir nachfolgt, der wird nicht wandeln in der Finsternis, sondern wird das Licht des Lebens haben.“ Johannes 8,12
Wir fahren mit unserem Bibelstudium aus Johannes fort. Ich würde gerne zu Beginn auf eine Besonderheit im Evangelium hinweisen. In Kapitel 5 heilte Jesus den Gelähmten am Sabbat. Danach folgte eine Auseinandersetzung mit den Juden, weil sie ein Problem damit hatten, dass Jesus am Sabbat heilte. In Kapitel 6 vermehrte Jesus fünf Brote und zwei Fische. Es folgte Jesu gewaltige Predigt und Lehre über sich selbst. In Kapitel 7 haben wir Jesu Auftritt beim Laubhüttenfest gesehen. Wiederum folgte eine ausführliche Auseinandersetzung mit den religiösen Leitern. Wir finden in Johannesevangelium daher ein immer wiederkehrendes Muster: auf ein spezifisches Ereignis folgt eine Predigt bzw. eine Diskussion. Letzte Woche haben wir durch die Predigt von H. Reiner gehört, wie Jesus einer Ehebrecherin vergab. Jesus hatte bei diesem Ereignis die Selbstgerechtigkeit und die Mordlust der Pharisäer und Schriftgelehrten aufgedeckt. Unser heutiger Text scheint nahtlos an dieses Ereignis anzuschließen. Wieder sehen wir eine lange Predigt oder Diskussion. Übrigens, dasselbe Muster aus Ereignis und Diskussion finden wir auch in Kapitel 9.
In jedem der Diskussions- oder Predigtteile machte Jesus überwältigende Aussagen über sich selbst. In Kapitel 5 haben wir sein Wort gehört: „Wahrlich, wahrlich, ich sage euch: Wer mein Wort hört und glaubt dem, der mich gesandt hat, der hat das ewige Leben und kommt nicht in das Gericht, sondern er ist vom Tode zum Leben hindurch gedrungen.“ In Kapitel 6 predigte Jesus: „Ich bin das Brot des Lebens. Wer zu mir kommt, den wird nicht hungern; und wer an mich glaubt, den wird nimmermehr dürsten.“ In Kapitel 7 verkündigte Jesus mit lauter Stimme: „Wen da dürstet, der komme zu mir und trinke! Wer an mich glaubt, wie die Schrift sagt, von dessen Leib werden Ströme lebendigen Wasser fließen.“ Auf diese Weise offenbarte Jesus jedes Mal einen Aspekt seiner Gottheit. Im heutigen Text folgt ein nicht weniger beeindruckendes Wort. Jesus offenbart sich als das Licht der Welt.
Unser heutiger Text handelt von dem scharfen Kontrast zwischen Licht und Finsternis, Geist und Fleisch, Wissen und Ignoranz, Himmel und Erde, Reich Gottes und Welt. Raymond Brown kommentierte, dass eine Analyse unseres heutigen Textes schwieriger ist als bei jedem anderen Diskurs im ersten Teil des Johannesevangeliums. Ein sehr guter Freund und Mentor von mir bekannte, dass er diesen Text für den schwierigsten Text des Evangeliums hält. Einen solch schwierigen Text zu studieren, sollte uns demütig machen. Und wir sollten uns der Tatsache bewusst sein, dass wir nur an der Oberfläche des Textes kratzen. Vor allen Dingen sollten wir demütig sein, weil wir es hier mit nichts geringerem zu tun haben, als mit der profunden Tiefe und Unergründlichkeit der Person Jesus Christus. Einmal mehr wollen wir durch Gottes Wort die Tatsache zu Herzen nehmen, dass wir in Jesus Christus mit dem Geheimnis göttlicher Persönlichkeit konfrontiert sind.
Möge Gott uns daher Herzen der Anbetung und Ehrerbietung schenken!
Teil 1 Jesus, das Licht der Welt (12)
Betrachten wir den Vers 12. Wir lesen da: „Da redete Jesus abermals zu ihnen.“ Wieder war Jesus mit Pharisäern konfrontiert. Vermutlich war es eine neue Gruppe von Pharisäern. (Die anderen waren vermutlich noch zu beschämt von ihrer letzten Niederlage). Und Jesus begann seinen Diskurs mit einer absolut erstaunlichen Aussage: „Ich bin das Licht der Welt.“ Diese Aussage wird umso bemerkenswerter, wenn wir uns mit dem historischen Kontext vertraut machen, wenn wir uns in die Lage der Menschen damals hineinversetzen. Zeitlich befinden wir uns einen Tag nach dem Laubhüttenfest. Räumlich befinden uns in Jerusalem, im Tempel, und genauer noch am Gotteskasten, der sich am Frauenvorhof des Tempels befand. Der Frauenvorhof hieß deswegen so, weil die Frauen bis zu jenem Bereich in den Tempel kommen durften. Darüber hinaus, war es nur männlichen Juden erlaubt, einzutreten. Die meisten Historiker gehen daher davon aus, dass der Vorfall mit der Ehebrecherin dort im Frauenvorhof stattgefunden hatte.
Während des Laubhüttenfestes wurden im Tempel riesige Leuchter angezündet. Es waren vier gewaltige Leuchter. Die Mischna, eine Zusammenfassung der wichtigsten Überlieferungen des rabbinischen Judentums, berichtet, dass jede dieser vier Leuchter vier goldene Schalen hatte. Diese Schalen konnte man nur mit einer Leiter erreichen. In diesen Schalen befanden sich Dochte, die dann nachts während dem Fest angezündet wurden. Das Licht, das diese Leuchter erzeugten, war so hell, dass es fast in der ganzen Stadt gesehen werden konnte. Vielleicht war das so ähnlich wie unsere Schlossbeleuchtung. Der beleuchtete Tempelberg war eine Erinnerung an Gottes Wolken- und Feuersäule bei der Wanderung der Israeliten in der Wüste. Es war ein großes Spektakel. Diese Leuchter befanden sich gerade im Frauenvorhof. Die Menschen, die Jesus sahen, müssen beim Anblick der Leuchter an die Tempelbeleuchtung gedacht haben. Was für eine eindrucksvolle Show! Und nun Jesus stand neben diesen Leuchtern und proklamierte: „Ich bin das Licht“ und zwar nicht nur das Licht von Jerusalem oder Israel, sondern das Licht der ganzen Welt. Welcher Mensch könnte so etwas von sich sagen? Welcher „guter Lehrer“ würde sich neben die Leuchter stellen und so etwas von sich behaupten? Und so gibt es wirklich nur zwei Möglichkeiten: entweder Jesus ist der größte Schwindler der Menschheitsgeschichte oder aber er sagt die Wahrheit. Jesu Aussage ist von solch einem Tiefgang, dass wir die Bedeutung nicht voll ausschöpfen können. Aber wir sollten uns ein paar Gedanken zu ihrer Bedeutung machen. Was bedeutet es, dass Jesus das Licht der Welt ist?
Zum einen, Licht ist Gottes Charaktereigenschaft. Als Jesus bekannte: „Ich bin das Licht der Welt“, hatten die Juden sehr wohl verstanden worauf Jesus hinaus wollte. Für sie war Licht das höchste Ideal. Sie hatten eine Sehnsucht nach Licht. Licht war das, wonach sie ihr ganzes Leben lang strebten. Ihr Motto war: „Der HERR ist mein Licht und mein Heil; vor wem sollte ich mich fürchten?“ Und hier wird ganz deutlich, dass das wahre Licht vor allen anderen Dingen Gottes Charakter und Gottes Eigenschaft ist. Der Prophet Jesaja gebraucht ebenfalls das Wort Licht bei der Ankündigung des Messias. Jesaja 42,6: „zum Licht der Heiden.“ Und dann noch einmal in Jesaja 49,6: „ich habe dich auch zum Licht der Heiden gemacht, dass du seist mein Heil bis an die Enden der Erde.“ Als Jesus sagte, dass er das Licht der Welt ist, sagte er nichts anderes als: „Ich bin euer Messias.“ Als Jesus sagte, dass er das Licht der Welt ist, erhob er keinen geringeren Anspruch, als Gottes Sohn und Gott selbst zu sein.
Zweitens, wofür das Licht steht. Was symbolisiert das Licht? Licht steht einmal für das moralisch absolut Reine und für das absolut Heilige. In 1. Johannes 1,5 lesen wir: „Gott ist Licht, und in ihm ist keine Finsternis.“ In Gott ist keine Finsternis, weil er selbst frei von jeglicher Unreinheit, Unlauterkeit, Sünde, Verdorbenheit und Korruption ist. Nichts trübt seine Herrlichkeit, nichts befleckt seine Heiligkeit, nichts verunstaltet seine Schönheit, nichts kompromittiert seine Gerechtigkeit, nichts schwächt seine Stärke und nichts korrumpiert seine Güte und liebevolle Gnade.
Licht steht auch für Leben. Wenn heute die Sonne erlöschen würde, dann würde es nicht lange dauern, bis alles auf der Erde einfrieren und schließlich absterben würde. Die Sonne ist für biologisches Leben auf Erden unentbehrlich. Aber genau wie das Licht der Sonne biologisches Leben auf Erden erst möglich macht, ist Gottes Licht für unser geistliches Leben unverzichtbar. Psalm 36,10 sagt: „Denn bei dir ist die Quelle des Lebens, und in deinem Lichte sehen wir das Licht.“ Jesus selbst nannte sein Licht das Licht des Lebens. Ohne sein Licht gibt es kein geistliches Leben.
Wir könnten noch so vieles mehr sagen. Aber einen letzten Punkt, wofür Licht noch steht: Licht steht für Orientierung. Jesus sagte, dass wer im Licht wandelt, sich nicht stößt. Die Juden kannten den wundervollen Psalm 119, in welchem es heißt: „Dein Wort ist meines Fußes Leuchte und ein Licht auf meinem Weg.“ Wir brauchen Licht, um den richtigen Weg zu finden. Wir brauchen Licht, um die richtigen Entscheidungen in unserem Leben zu treffen. Wir brauchen Orientierung für unser Leben.
Drittens, nur wenn wir Jesus nachfolgen haben wir in ihm das Licht. Lesen wir noch einmal den Vers 12. „Jesus redete nun wieder zu ihnen und sprach: Ich bin das Licht der Welt; wer mir nachfolgt, der wird nicht wandeln in der Finsternis, sondern wird das Licht des Lebens haben.“ Jesu Wort ist eine praktische Anwendung geknüpft. Wir brauchen Jesu Licht. Ohne sein Licht haben wir kein wahres Leben. Ohne sein Licht haben wir keine Orientierung für unser Leben. Ohne sein Licht leben wir in der Finsternis der Sünde, Finsternis dieser Welt, Finsternis des Todes, Finsternis der Sinnlosigkeit unseres Daseins. Ein Bibellehrer erzählte mir einmal, wie er einen befreundeten Pastor besuchte, der mit Krebs im Endstadium im Sterben lag. Und dieser Pastor sagte zu ihm: „ich muss ehrlich mit dir sein. Das Sterben ist härter, als ich es mir jemals vorgestellt hätte.“ Finsternis ist eine absolut bittere Realität.
Aber der Herr Jesus lädt uns ein, raus aus dieser Finsternis zu kommen und bei ihm das wahre Licht zu finden. Und er lädt uns ein, ihm nachzufolgen. Was bedeutet es Christus nachzufolgen? Das griechische Wort für Nachfolge ist akoloutheo. Pastor John MacArthur erklärt, dass dieses Wort verwendet wurde, wenn Soldaten ihrem Feldherrn gehorsam waren. Es wurde gebraucht um die Dienerschaft und den Gehorsam eines Knechts gegenüber seinem Herrn auszudrücken. Es wurde gebraucht, wenn ein Mensch dem Rat eines Weisen befolgte. Das Wort akoloutheo wurde auch gebraucht, wenn jemand seinem Lehrer zuhörte und ihm Folge leistete.
Alles das soll auf unsere Nachfolge Christi zutreffen. Das ist die Bedingung, die Jesus an uns stellt. Er sucht keine halbherzigen Nachfolger, keine Schaulustige, keine unverbindlichen Gäste, die nur kurz mal die Nase reinstecken. Jesus sucht Menschen, die bereit sind, sich ihm mit Haut und Haaren auszuliefern. Und was wird dann die Konsequenz sein? Jesus verspricht uns: „wird nicht wandeln in der Finsternis, sondern wird das Licht des Lebens haben.“ Jesus zu folgen bedeutet, dass sein Licht uns erhellt und erleuchtet. Und fortan können wir mit ihm und durch ihn im Licht des Lebens wandeln.
Einige von uns haben dieses Jahr wichtige Entscheidungen zu treffen. Wie geht es weiter nach meinem Studium? Wo finde ich einen Arbeitsplatz? Wie finde ich den Ehepartner fürs Leben? Soll ich mit auf die Europäische Sommerkonferenz, auch wenn es einen Strich durch meine Urlaubsplanungen macht? Wir finden die Antwort auf alle diese Fragen in der Person Jesus Christus. Wenn wir ihm ganz und gar gehören, wenn wir ihm mit allem, was wir sind und mit allem, was wir haben, nachfolgen, dann leitet er uns auf den richtigen Weg. Dann werden wir automatisch die richtigen Entscheidungen treffen. Und wir werden eine Quelle des Segens und des Lichts für andere werden. Apostel Paulus schrieb in 2. Korinther 4,5.6: „Denn wir predigen nicht uns selbst, sondern Jesus Christus, dass er der Herr ist, wir aber eure Knechte um Jesu willen. Denn Gott, der sprach: Licht soll aus der Finsternis hervorleuchten, der hat einen hellen Schein in unsere Herzen gegeben, dass durch uns entstünde die Erleuchtung zur Erkenntnis der Herrlichkeit Gottes in dem Angesicht Jesu Christi.“
Teil 2 Die Glaubwürdigkeit von Jesu Ausspruch (13-20)
Wie reagierten die religiösen Leiter, als sie Jesu Wort hörten? Betrachten wir Vers 13. Die Pharisäer sagten ihm: „Du gibst Zeugnis von dir selbst; dein Zeugnis ist nicht wahr.“ Die religiösen Leiter gingen noch nicht einmal darauf ein, was Jesus ihnen gesagt hatte. Sie lehnten sein Zeugnis ab, bevor sie sich mit seinem Inhalt beschäftigt hatten. Sie blockten von vornherein ab. Wie antwortete Jesus ihnen? Jesus gab ihnen drei Gründe, weshalb sein Zeugnis vertrauenswürdig ist.
Erstens, Jesus weiß, woher er kam und wohin er ging. Lesen wir gemeinsam den Vers 14. „Jesus antwortete und sprach zu ihnen: Auch wenn ich von mir selbst zeuge, ist mein Zeugnis wahr; denn ich weiß, woher ich gekommen bin und wohin ich gehe; ihr aber wisst nicht, woher ich komme und wohin ich gehe.“ Sein erstes Argument lautet: „ich weiß alles. Ihr hingegen wisst gar nichts.“ Jesus wusste, von woher er gekommen war und wohin er zurückgehen würde. Er kannte die Herrlichkeit des Vaters, die er selbst rechtmäßig innehatte. Er kannte sein wahres Zuhause, seine Stellung im Himmel, seine Allmacht und Kraft, und er wusste, zu welcher Herrlichkeit und Pracht er wieder kommen würde, wenn seine Mission hier auf Erden beendet war. Übrigens, in diesem Wissen unterscheidet sich der Herr von allen anderen Menschen. Wir Menschen wissen nicht von uns aus, woher wir kommen und wohin wir gehen. Wir haben von uns aus keine Antworten auf die größten philosophischen Fragen unseres Lebens. Dieses Wissen ist uns nicht angeboren. Und diese Fragen sind schon gar nicht selbsterklärend. Wir brauchen einen externen Bezugspunkt, um Antwort auf diese Fragen zu finden. Und wir haben einen objektiven, unerschütterlichen, prüfbaren und absolut verlässlichen Bezugspunkt in Jesus Christus. Er ist die Antwort auf alle philosophischen Fragen unseres Lebens. Hier unterscheidet sich also der Herr Jesus von allen Menschen, denn er kannte seinen Ursprung und sein Schicksal.
Die Juden hingegen hatten überhaupt keine Ahnung über Jesus. Sie dachten, dass sie Jesus kannten. In Kapitel 7 haben sie schon ihre Ignoranz offenbart. Sie waren sich so sicher, dass Jesus aus Galiläa kommt. Hätten sie ihre Recherchen etwas besser gemacht, dann hätten sie herausgefunden, dass Jesus in Bethlehem geboren war. Und hätten sie ihre Vorbehalte vor Jesus abgelegt, dann hätten auch sie erkannt, dass er nur von Gott und wahrer Gott sein konnte. Sie waren nicht nur ignorant, was Jesus angeht. Sie waren absichtlich unwissend. Sie hatten kein Interesse daran, an ihrer Unwissenheit etwas zu ändern.
Jesu zweites Argument ist sein gerechtes Gericht. Sehen wir uns die Verse 15 und 16 an. „Ihr richtet nach dem Fleisch, ich richte niemand. Wenn ich aber richte, so ist mein Richten gerecht; denn ich bin’s nicht allein, sondern ich und der Vater, der mich gesandt hat.“ Wir haben in Kapitel 7 Jesu Aufforderung an die jüdischen Leiter gehört, nicht nach dem zu urteilen, was vor ihren Augen ist, sondern gerecht zu richten. Wir hatten damals gelernt, dass die Erkennbarkeit von Jesu Wahrheit allein von der Aufrichtigkeit und Ehrlichkeit unserer Herzenshaltung abhängt. Aber die religiösen Leiter gingen nicht auf Jesu Aufforderung ein. Sie richteten nach dem Fleisch. Ihr Urteil war parteiisch, von der Bosheit ihres Herzens getrieben, von ihrem Hass und ihren Mordplänen motiviert. Ihr Urteil konnte nicht gut sein, weil ihre Herzenshaltung nicht gut war. Ihr Gericht konnte nicht geistlich sein, weil ihre Ausgangslage ungeistlich und korrupt war.
In welchem Kontrast hingegen ist Jesu Richten. Zum einen richtete Jesus überhaupt nicht. Jesu erstes Kommen hier auf Erden war nicht zum Gericht, sondern zur Errettung. Er kam als Hirte, als ein Freund von Sündern, als ein Erbarmer und als ein Helfer. Über einen Zöllner wie Levi sagte er, dass er einen Arzt brauchte. Über einer Sünderin, die seine Füße salbte, sagte er, dass überall, wo das Evangelium gepredigt würde, von ihrer Tat berichtet werden würde. Und zu einer Ehebrecherin sprach er: „So verdamme ich dich auch nicht; geh hin und sündige hinfort nicht mehr.“ Jesus richtete nicht. Aber sein gerechtes Gericht wird offenbart werden. Jesus wird wiederkommen als Richter der Welt. Vor seinem Zorn wird die ganze Welt fliehen. Und dieses Gericht steht ganz im Einklang mit dem Vater. Wir kommen damit zum dritten Argument.
Das dritte Argument ist das Zeugnis des Vaters. Betrachten wir die Verse 17 und 18: „Auch steht in eurem Gesetz geschrieben, dass zweier Menschen Zeugnis wahr sei. Ich bin’s, der von sich selbst zeugt; und der Vater, der mich gesandt hat, zeugt auch von mir.“ Wir hatten dieses Argument schon einmal. Und wir sehen hier die Geduld und Langmut Jesu. Die Pharisäer hatten ganz offensichtlich überhaupt kein Bedürfnis, ehrlich an die Person Jesu heranzugehen. Trotzdem lehrte Jesus sie beharrlich auf eine Weise, dass sie ihn verstehen könnten, wenn sie nur wollten. Sie waren mit dem Gesetz vertraut. Und Jesus sagte ihnen: „Euer Gesetz sagt, dass zwei Zeugenaussagen von Menschen vor Gericht ausreichen. Ich gebe euch zwei Zeugen: ich bin selbst Zeuge und der Vater, der mich gesandt hat.“
Es könnte jemand hier sehr berechtigt einwenden: „Moment einmal, Jesus kann doch nicht für sich selbst zeugen. Also zählt nur das Zeugnis des Vaters.“ Ein Kommentator schlug vor, dass hier Jesus nicht einfach als Mensch da steht, sondern als Sohn Gottes. Die Worte „ich bin’s“ oder ego eimi im Griechischen stehen für die Gottheit Jesu Christi. Der Sohn Gottes legt Zeugnis ab über sein Leben auf Erden. Jesus sagte hier: „’Ich bin’ ist der eine Zeuge. Der Vater, der mich gesandt hat, ist der zweite Zeuge.“ Mit anderen Worten, Jesu inspirierten Worte, seine allmächtigen Werke und sein göttlicher Lebensstil bezeugen einmütig seine Echtheit und Authentizität. Das Zeugnis des Vaters ist ebenfalls vielfältig: die Propheten, sein Wort im Alten Testament und die Art und Weise, wie er Jesu Leben und Dienst auf Erden immer wieder bestätigte. Das Zeugnis von zwei Menschen war genug über Leben und Tod vor Gericht zu entscheiden. Und wenn die Aussage von zwei Menschen vor Gericht gültig ist, wie viel beweiskräftiger und unumstößlicher ist die Zeugenaussage von zwei Personen der dreieinigen Gottheit höchstpersönlich.
Nahmen die Juden das Zeugnis an? Betrachten wir den weiteren Verlauf des Textes. Sie fragten: „Wo ist dein Vater?“ Diese Frage war ohne Zweifel voll von Spott und Hohn. So oft hatte Jesus ihnen explizit gesagt, dass sein Vater der allmächtige Gott im Himmel war. Und so sagte Jesus ihnen: „Ihr kennt weder mich noch meinen Vater; wenn ihr mich kenntet, so kenntet ihr auch meinen Vater.“ Die Juden waren sich sicher, dass sie Gott konnten. Aber in Wirklichkeit hatten sie überhaupt keine Ahnung. Und indem sie Jesus ablehnten, sprengten sie die einzige Brücke, die zum Vater führte. Sie sägten den Ast ab, auf welchem sie selber saßen.
Und welche Autorität musste Jesus ausgestrahlt werden! Er war im Tempel und sagte frei und öffentlich, dass er Gott ist. Aber niemand konnte ihn ergreifen, niemand konnte Hand an ihn legen. Was für eine Kraft und Souveränität müssen mit ihm gewesen sein!
Jesus proklamierte, dass er das Licht der Welt ist. Drei Argumente hatte Jesus den Juden gegeben, dass seine Äußerung glaubwürdig ist: erstens, weil er wusste, von wo er kam und wohin er ging, zweitens, weil er gerecht richtete und drittens, weil das Zeugnis des Vater mit dem seinen übereinstimmte.
Teil 3 Die Finsternis der Welt (21-29)
Wir haben im vorigen Abschnitt, und nicht nur dort, die offene Feindschaft der Juden gegen Jesus gesehen. Es ist für uns wichtig zu verstehen, dass das alles nicht einfach nur eine intellektuelle Debatte war. Hier ging es nicht um Kopfwissen. Es war vielmehr ein geistlicher Kampf. Jesus hatte sie direkt aufgefordert, ihre falsche und böse Haltung zu überdenken, sich ihrer Sünde bewusst zu werden, Buße zu tun und umzukehren. Das hatten die Pharisäer abgelehnt. Was für eine Tragik! Jesus, das Licht der Welt war ihnen zum Greifen nahe. Aber die Pharisäer wollten mit dem Licht der Welt nichts zu tun haben. Sie bevorzugten es, in der Finsternis zu bleiben. Sie machten Jesus klar, dass er absolut unerwünscht war. Weil Jesus ein Gentleman ist und weil Jesus sich niemanden aufdrängt, kam er ihrer Bitte nach. Und er kündigte ihnen seinen Abschied an. Lesen wir gemeinsam den Vers 21: „Da sprach Jesus abermals zu ihnen: Ich gehe hinweg und ihr werdet mich suchen und in eurer Sünde sterben. Wo ich hingehe, da könnt ihr nicht hinkommen.“
Jesus machte hier die ganze Tragik deutlich, was es bedeutet, das Licht der Welt abzulehnen. Jesus würde durch ihre Hand sterben. Er würde zum Vater zurückkehren. Sie würden ihn suchen und nicht finden. Und jetzt kommt das Erschütterndeste: die Pharisäer und Schriftgelehrten würden in ihren Sünden sterben. Sie würden nicht dort hinkommen können, wo Jesus ist. Mit anderen Worten: sie würden in die Hölle kommen. Sie würden ewige Verdammnis erfahren. Nahmen sie Jesu Warnung ernst? Lesen wir Vers 22. „Da sprachen die Juden: Will er sich denn selbst töten, dass er sagt: Wohin ich gehe, da könnt ihr nicht hinkommen?“ Wieder verspotteten die Juden Jesus. Im Gegensatz noch zu Kapitel 7 hatten die Juden verstanden, dass Jesus von seinem Tod sprach. Aber sie nahmen das nicht ernst. Voller Hohn fragten sie nun: „Will Jesus denn Selbstmord begehen?“ Im Folgenden zeigte der Herr Jesus drei Merkmale eines Sünders, der das Licht Jesu ablehnt.
Erstens, Gebundenheit in der Welt. Lesen wir gemeinsam den Vers 23: „Und er sprach zu ihnen: Ihr seid von unten her, ich bin von oben her; ihr seid von dieser Welt, ich bin nicht von dieser Welt.“ Jesus zeigte hier den grundsätzlichen Unterschied zwischen den Juden und ihm auf. Und er wies auf die unendliche Kluft hin, auf den unüberwindbaren Graben zwischen ihnen und ihm. Was machte die Lage der Juden so schlimm? Sie hatten noch nicht einmal das Bedürfnis, diese Kluft zu überwinden. Sie waren zufrieden mit ihrem Leben hier auf der Welt. Was ist das Problem mit der Welt? Das Problem mit der Welt ist, dass sie Gott in jeder Hinsicht entgegen gesetzt ist. Die Welt ist das System, das Menschen geschaffen haben, um ohne Gott glücklich zu werden. Die Welt ist in direkter Feindschaft mit Gott. Sie ist materialistisch. Sie ist humanistisch. Sie zeichnet sich aus durch Stolz, Gier, Eifersucht, Neid, Gewalt usw. Ihre Meinungen sind falsch, ihre Ziele sind egoistisch, ihre Vergnügungen sind sündig, ihr Einfluss ist unmoralisch, ihre Politik ist korrupt, ihre Ehre ist eitel, ihre Versprechen sind leer, ihre Freude ist oberflächlich und sie selbst ist vergänglich und dem Untergang geweiht. Das Problem mit den Pharisäern war aber, dass sie sich in dieser Welt wohl fühlten. Sie liebten die Ehre bei Menschen, sie liebten ihr Leben in Selbstgerechtigkeit und Sünde, sie lebten ihr Leben in der Welt. Hier ist also das erste Merkmal.
Das zweite Merkmal ist der Unglaube. Noch einmal warnte Jesus die Pharisäer voller Ernst und voller Nachdruck. Er sagte in Vers 24: „Darum habe ich euch gesagt, dass ihr sterben werdet in euren Sünden; denn wenn ihr nicht glaubt, dass ich es bin, werdet ihr sterben in euren Sünden.“ Hier sprach Jesus ihr Kernproblem noch einmal an. Ihr Problem war, dass sie nicht glauben konnten, weil sie nicht glauben wollte. Das Problem war nicht, dass es einen Mangel an Beweisen gab. Sie hatten in jedem Fall genug Grund zu glauben. Das Problem war, dass sie die Beweislast absichtlich unterdrückten, dass sie die Evidenzen für die Sache Christi lieber beseitigten, als zu glauben. Wir sehen das im weiteren Verlauf des Gespräches. Sie fragten Jesus: „Wer bist du denn?“ Jesus antwortete ihnen: „Zuerst das, was ich euch auch sage.“ In vielfacher Weise hatte Jesus seine göttliche Identität offenbart. Sie hatten auf vielfältige Weise in Unglauben abgelehnt. Der berühmte Philosoph Russell wurde einmal gefragt, was er Gott antworten würde, wenn Gott ihn fragen würde, weshalb er nicht geglaubt habe. Russell sagte, dass Gott ihm nicht genug Beweise gegeben habe. Evangelist Ravi Zacharias fragte daher rhetorisch in einem Vortrag: „Nicht genug Beweise? Oder wegen Unterdrückung von Beweisen?“ Fakt ist, dass niemand ungläubig bleibt, der nicht gläubig werden will.
Das dritte Merkmal ist absichtliche Unwissenheit. In Vers 26 redete Jesus weiter: „Ich habe viel von euch zu reden und zu richten. Aber der mich gesandt hat, ist wahrhaftig, und was ich von ihm gehört habe, das rede ich zu der Welt.“ Und jetzt kommt es: „Sie verstanden aber nicht, dass er zu ihnen vom Vater sprach.“ Wieder reagierten die Juden mit Unverständnis. Und wiederum war ihre Unwissenheit und ihr Unverständnis selbstverschuldet.
Worin würde ihre Feindschaft gipfeln? Lesen wir gemeinsam den Vers 28: „Da sprach Jesus zu ihnen: Wenn ihr den Menschensohn erhöhen werdet, dann werdet ihr erkennen, dass ich es bin und nichts von mir selbst tue, sondern wie mich der Vater gelehrt hat, so rede ich.“ Was bedeutet es, dass die Juden Jesus erhöhen würden? Die Feindschaft der Juden würde schließlich zum Mord an den Sohn Gottes führen. Apostelgeschichte 2,23 sagt, dass Jesus wegen ihres Handelns und Tun durch die Hand der Heiden gekreuzigt wurde. Das drückte Jesus mit den Worten aus: „Wenn ihr den Menschensohn erhöhen werdet.“ Denn am Kreuz würde Jesus zwischen Himmel und Erde hängen.
Der Titel der Botschaft ist aber, dass Jesus, das Licht, die Finsternis überwindet. Und in der Tat finden wir hier das ganze Evangelium. Manch einer mag fragen: wo ist hier die gute Nachricht? Warum ist das hier eine frohe Botschaft? Hat nicht die Finsternis triumphiert? Hat nicht das Böse gewonnen, als sie Jesus töteten? Die frohe Botschaft ist, dass Jesu Tod kein tragischer Unfall ist. Die frohe Botschaft ist, dass Jesus mit der Absicht am Kreuz starb, Gott mit der Welt zu versöhnen, dass sein Sterben unsere Errettung ist und sein Blutvergießen unser Heil. Das Evangelium ist es, dass Gott inmitten dieser Bosheit, Anfeindungen und Niederträchtigkeit der Welt seinen Ratschluss und Plan erfüllen würde, dass er sein Werk der Erlösung nicht nur trotz, sondern sogar durch finstere böse Menschen erfüllen würde, und dass letztendlich auf diese Weise Jesus, das Licht der Welt, tatsächlich die Finsternis besiegt und überwunden hat.
Wir sind am Ende eines schwierigen Textes angekommen. Wir haben Jesus als das Licht des Lebens kennen gelernt. Und wir haben gesehen, wie das Licht in die Finsternis schien, aber wie die Finsternis das nicht begriff. Im letzten Abschnitt haben wir die unendliche Tragik der Menschen gesehen, die Jesus ablehnen. Und wir verstehen jetzt, warum Jesus weinen musste als er Jerusalem sah. Lukas 19,41.42 sagen: „Und als er nahe hinzukam, sah er die Stadt und weinte über sie und sprach: Wenn doch auch du erkenntest zu dieser Zeit, was zum Frieden dient! Aber nun ist’s vor deinen Augen verborgen.“ Wir haben die Selbstgerechtigkeit, die Selbstzufriedenheit, die Gebundenheit an die Welt, den Unglauben und die absichtliche Ignoranz der Juden gesehen. Sie starben in ihren Sünden. Aber es gab zum Glück auch andere Menschen. Vers 30 sagt, dass viele doch auch an ihn glaubten. Und vielleicht gibt es heute auch unter uns Menschen, die glauben wollen, die bereit sind ihre Sünden auf das Lamm zu legen, die bereit sind Jesu Licht und Wahrheit in ihre Herzen zuzulassen. Ihr mögt fragen: „Wie geht das? Was soll ich tun?“
Die Antwort ist ganz einfach: bittet den Herrn Jesus Christus mit seinem Licht in euer Leben zu kommen, nehmt an, was er für euch am Kreuz vollbracht hat, und folgt ihm mit eurem ganzen Sein nach! Johann Wolfgang von Goethe soll beim Sterben gesagt haben: „Mehr Licht!“ Das sollen seine letzten Worte gewesen sein. Ist das nicht ein zutiefst trauriger Satz? Ich würde heute vorschlagen, dass wir beim Sterben etwas anderes über die Lippen bringen sollten: Lob und Preis und Ehre für Jesus, das Licht der Welt! Sein Licht möge in das Herz eines jeden von uns scheinen!
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