Predigt: 1. Mose 19,1-29

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Es geht um dein Leben!

„Während die Männer sie hinaus ins Freie führten, sagte der eine: Rette dich, es geht um dein Leben! Sieh dich nicht um und bleib im ganzen Umkreis nicht stehen! Rette dich ins Gebirge, sonst wirst du weggerafft!“

(1. Mose 19,17 [EÜ])

Vor einigen Jahren ist eine Reihe von neuen Spiderman-Verfilmungen erschienen. Ich will gar nicht näher auf die Filme eingehen. Ich fand nur die Titel der Filme sehr interessant, weil sie alle etwas mit „Zuhause“ zu tun haben. Auf deutsch: „Heimkehr“; „Weit weg von zu Hause“; und schließlich „Kein Weg nach Hause.“ Wir haben gesagt, dass wir Menschen durch die Sünde unser wahres Zuhause verloren haben. Aber im Leben von Abraham und seiner direkten Familie zeigt uns Gott einen Weg nach Hause. Allerdings gilt für die Menschen im heutigen Text, dass sie „weit weg von zu Hause“ sind und sie schließlich „keinen Weg nach Hause“ finden.
Der Text heute ist weder einfach noch jugendfrei. Es geht um das Gericht Gottes über Sodom und Gomorra. Es ist ein Gericht mit Ansage. Die Zerstörung dieser beiden Städte ist geradezu ein Sinnbild für Gottes Gericht; selbst Menschen, die sonst nicht so viel mit der Bibel am Hut haben, dürften mit den Namen dieser Städte etwas anfangen können; es ist den meisten Menschen ein Begriff, dass diese beiden Städte böse waren und mit Feuer vom Himmel zerstört wurden.
Das Gericht Gottes ist ein Thema, mit dem vermutlich die meisten Menschen unserer Zeit echte Probleme haben. Vermutlich würden die meisten unserer Mitmenschen davon ausgehen, dass das Konzept eines zornigen Gottes, der Menschen richtet altmodisch (mittelalterlich, völlig überholt), intolerant und irrelevant ist. Man kann dieses Thema praktisch nicht ernst nehmen, weil es lächerlich ist, und wenn man es doch tut, dann eckt man richtig an, weil man als fundamentalistisch und diskriminierend rüberkommt. Meine Hoffnung heute ist, dass unsere Reflektion über den Text ein wenig dazu beitragen kann, zu zeigen, dass Gottes Gericht nicht nur Sinn macht, sondern dass es auch absolut relevant für unser Leben ist: „Es geht um dein Leben!“
Folgendes wollen wir heute versuchen, etwas besser zu verstehen: erstens, was genau die Sünde von Sodom war; zweitens, wie Gottes Gericht zu verstehen ist; drittens, was Gott tut, um uns zu retten.

1. Die Sünde von Sodom
Der Text beginnt damit, dass die zwei Engel, die vorher Abraham besucht hatten, nach Sodom kamen. Lot saß am Stadttor, was eigentlich ein Platz der Ehre war. D.h., in gewisser Weise hatte es Lot zu etwas gebracht. Als Lot die Engel sieht, steht er sofort auf und verbeugt sich vor ihnen. Wie Abraham besteht er darauf, dass sie bei ihm zu Hause einkehren. In Vers 2 sagen die Engel, dass sie auf dem Platz übernachten wollen. Das war für Lot nicht akzeptabel. Vers 3: „Er bedrängte sie so sehr, dass sie bei ihm einkehrten und in sein Haus kamen.“
Als ich damals Schüler war, gab es die Möglichkeit einen Austausch mit der Stadt Baltimore zu haben. Der Lehrer, der diesen Schüleraustausch organisiert hatte, hatte eine Randbemerkung gemacht, dass es Gegenden in der Stadt gibt, in denen man wegen der hohen Kriminalität nachts nicht unbedingt unterwegs sein möchte. Wir wussten das natürlich alle. Aber wir waren eine ziemlich schlecht erzogene Klasse und haben uns alle dämlich gestellt und gefragt: „Warum?“ Seine Antwort: „Es könnte zu einer illegalen Vermögensumverteilung kommen.“ Lot hatte lang genug in Sodom gelebt hatte, um zu wissen, wie gefährlich die Stadt war. Er wusste, dass die leibliche Unversehrtheit der Besucher auf dem Spiel stand, wenn er sie nicht bei sich aufnehmen würde. So schlimm war die Stadt.
In den Versen 4.5 wird berichtet: „Sie waren noch nicht schlafen gegangen, da umstellten die Männer der Stadt das Haus, die Männer von Sodom, Jung und Alt, alles Volk von weit und breit. Sie riefen nach Lot und fragten ihn: Wo sind die Männer, die heute Nacht zu dir gekommen sind? Bring sie zu uns heraus, wir wollen mit ihnen verkehren.“ Lot versuchte die Menge zu beschwichtigen. Ich vermute, dass diese Männer stark berauscht waren. Lot will ihrer Bosheit etwas entgegensetzen. Er macht dabei einen Gegenvorschlag, der genauso niederträchtig und furchtbar ist: „Seht doch, ich habe zwei Töchter, die noch nicht mit einem Mann verkehrt haben. Ich will sie zu euch herausbringen. Dann tut mit ihnen, was euch gefällt. Nur diesen Männern tut nichts; denn deshalb sind sie ja unter den Schutz meines Daches getreten.“ Wir leben ja durchaus in einer Zeit, in der sexuell so ziemlich alles erlaubt ist, was geht. Aber selbst für unsere Verhältnisse ist das ziemlich krude. Das Wort Sodomie hat im Englischen und im Deutschen unterschiedliche Bedeutungen, aber ist zu einem Sinnbild für extrem verwerfliches sexuelles Verhalten geworden. Ist das die Sünde von Sodom? Haben wir damit das eigentliche Problem richtig erfasst?
Natürlich ist da noch mehr dahinter. Zweimal wird in der Erzählung von Sodom und Gomorra erwähnt, dass es Klagegeschrei aus der Stadt gab. In Vers 13 sagen die Engel: „Wir wollen diesen Ort vernichten; denn groß ist das Klagegeschrei, das über sie zum HERRN gedrungen ist.“ Frage: wessen Klagen und wessen Geschrei? Es ist das Geschrei der Unterdrückten; das Geschrei der Ausgebeuteten; das Geschrei derer, die Gewalt über sich ergehen lassen mussten. Wir finden in Hesekiel die vielleicht klarste Antwort auf die Frage, was die Essenz der Bosheit in Sodom war. In Hesekiel 16,49 steht: „Siehe, dies war die Schuld deiner Schwester Sodom: In Hochmut, Überfluss an Brot und in sorgloser Ruhe lebte sie mit ihren Töchtern, ohne die Hand des Elenden und Armen zu stärken.“
Ganz viele Christen denken, dass sexuell unmoralisch zu sein, eine der schlimmsten Sünden ist, die man begehen kann. Ganz viele Nichtchristen denken, dass Christen vor allem moralisch den Zeigefinger erheben, wenn es um Homosexualität geht. Die Bibel spricht an ungefähr 5-6 Stellen über das Thema Homosexualität. Das ist nicht wenig. Aber wisst ihr was? Man schätzt, dass die Bibel mehr als 2,000 Verse dafür aufwendet, um über soziale Gerechtigkeit zu sprechen. Es ist eines der ganz zentralen Themen der Bibel. Und trotzdem hört man Christen nicht annähernd so oft über dieses wichtige Thema sprechen im Vergleich mit anderen Themen. Arroganz, Habgier und die Unterdrückung der Armen war die wesentliche Sünde in Sodom.
Was bedeutet das für uns? Eine Sache hat sich seit den Tausenden von Jahren nicht verändert: Wir leben nach wie vor in einer völlig ungerechten Welt. Im aktuellen Bericht der Oxfam heißt es: Die fünf reichsten Männer der Welt haben ihr Vermögen seit 2020 von 405 Milliarden US-Dollar auf 869 Milliarden US-Dollar mehr als verdoppelt. […] Fast fünf (4,77) Milliarden Menschen, die ärmsten 60 Prozent der Menschheit, haben seit 2020 zusammen 20 Milliarden US-Dollar Vermögen verloren. […] Das weltweit reichste Prozent besitzt 43 Prozent des gesamten Finanzvermögens.“
Zurzeit macht der reichste Mensch der Welt viele Schlagzeilen, weil er extrem anschaulich verdeutlicht, dass finanzieller Reichtum auch uneingeschränkte Macht bedeutet. Während er seinen politischen Einfluss dazu verwendet, um sich unter anderem weiter auf Kosten der anderen zu bereichern, erreicht die Zahl der Obdachlosen neue Rekorde. In der Neuen Zürcher Zeitung gab es vor einigen Jahren einen Artikel über die Ungerechtigkeit der Welt. Der erste Absatz lautete: „In Syrien bombardieren Kampfflugzeuge gezielt Krankenhäuser und Hilfskonvois. IS-Schergen köpfen Menschen vor laufender Kamera. In Libyen versklaven Schlepperbanden Männer, Frauen, Kinder und schicken sie dann, wenn sie ausgepresst sind, in Gummibooten aufs Mittelmeer hinaus, wo die Hälfte ertrinkt. In Ostafrika rafft eine Hungerkatastrophe nach der anderen Millionen von Menschen dahin. Babys in aller Welt kommen mit Aids zur Welt und fristen dann ein kurzes, bitteres Leben. Hinter zahllosen Türen weltweit tobt häusliche Gewalt.” Die Akteure heute heißen heute etwas anders, aber im Prinzip ist es die gleiche Art von Leid, die Menschen zugefügt wird.
Im zweiten Herr der Ringe Film wird Rohan von einer überwältigenden Armee von Orcs angegriffen. Trotz des erbitterten Widerstandes seiner Streitkräfte fühlt sich der König von Rohan Theoden, der bisher mutig gekämpft hatte, am Ende völlig machtlos. Theoden sagt: „So viel Tod. Was können Menschen gegen solch unbarmherzigen Hass tun?“ Angesichts von so viel Ungerechtigkeit könnten wir uns die gleiche Frage stellen: So viel Leid, was können Menschen gegen solche Ungerechtigkeit tun?
Hier ist mein Punkt: Die Welt, in der wir leben, sehnt sich nach einem Richter. Die Welt, in der wir jetzt leben, erhebt jeden Tag aufs Neue ein lautes Klagegeschrei. Das Geschrei der Unterdrückten, das Geschrei der Ausgebeuteten, das Geschrei derer, denen Gewalt angetan wurde, ist unüberhörbar. Falls du der Ansicht bist, dass diese Welt auch ohne einen göttlichen Richter auskommen kann, liegt das vielleicht daran, dass du unglaublich privilegiert bist. Vielleicht liegt das daran, dass du noch nie echtes, tiefes Leid erfahren hast. Vielleicht liegt das daran, dass du in der Komfortzone dieser Welt lebst, im Gegensatz zum Großteil der Menschen, die in den Konfliktzonen dieser Welt ihr trauriges Dasein fristen. Diese Welt braucht einen Richter, der Recht schafft und Gerechtigkeit wiederherstellt. Welche Hoffnung hätte diese Welt sonst?

2. Das Gericht Gottes
In Vers 23 und folgende lesen wir: „Als die Sonne über dem Land aufgegangen und Lot in Zoar angekommen war, ließ der HERR auf Sodom und Gomorra Schwefel und Feuer regnen, vom HERRN, vom Himmel herab. Er ließ ihre Städte einstürzen mitsamt ihrem ganzen Umkreis, auch alle Einwohner der Städte und alles, was auf den Feldern wuchs.“ Sonnenaufgang war damals häufig der Zeitpunkt, an dem Recht gesprochen und das Urteil vollzogen wurde. Es war der letzte Sonnenaufgang, den diese Städte erleben sollten. Danach ließ Gott alles in Flammen aufgehen und legte die Städte komplett in Schutt und Asche.
Hier ist ein einfaches Gedankenexperiment, das zeigt, warum das ein schwieriges Thema ist. Stellen wir uns vor, dass Jesus, der Sohn Gottes heute unter uns lebt. Stellen wir uns, jemand kommt auf uns zu sagt: „Ich habe eine unglaubliche Person kennengelernt. Er ist ein Mensch aber muss gleichzeitig Gott sein. Er öffnet den Blinden die Augen, macht Taube hörend, er heilt alle Gebrechen. Er predigt davon, dass Gott der Vater der Liebe und Barmherzigkeit ist. Du musst diese Person unbedingt kennenlernen!“ Wir antworten darauf: „Wow,… das klingt wirklich zu gut, um wahr zu sein. Ist er wirklich so freundlich und so liebevoll wie du behauptest?“ Antwort: „Ja, absolut! Okay, nur das eine Mal, … da hat er ein ganzes Dorf unter Wasser gesetzt und alle Menschen ertränkt. Und ein anderes Mal hat er eine Stadt angezündet. Aber die Leute, die da umgekommen sind, sie hatten es echt verdient!“ Ende des Gedankenexperiments.
Wir haben vier Berichte über Jesus, die uns zeigen, wie Jesus wirklich war. Wir lesen in Lukasevangelium, wie Jakobus und Johannes Jesus fragten, ob sie Feuer vom Himmel herabbeten sollten (Lk 9,54). Nicht nur, dass Jesus sich nicht auf diesen Vorschlag einließ. Er tadelte seine Jünger dafür. Jesus war wirklich die ganze Liebe Gottes unter uns: Er war sanftmütig und von Herzen demütig; er war der Diener aller; Kinder liebten es, in seinen Armen zu spielen. In den ganz vereinzelten Momenten, in denen er für Radau sorgte (im Tempel!), war er immer noch völlig gewaltlos.
Dieser Jesus, wie er uns in den Evangelien begegnet, ist die beste, die größte, die klarste Offenbarung Gottes. Das ist es, was die Bibel an verschiedenen Stellen sagt. Jesus selbst sagte, dass wenn wir ihn sehen, wir den Vater sehen. Mit anderen Worten, wenn wir wirklich wissen wollen wie Gott ist, dann sollen wir auf Jesus schauen. Jesus zeigt uns, dass Gott wie der Vater der verlorenen Söhne ist, der trotz aller Verletzungen, die ihm die Söhne antun, nicht aufhört, sie zu lieben, für sie da zu sein, geduldig auf ihre Heimkehr zu warten, und ein riesiges Fest feiert, wenn sie nach Hause kommen.
Die große Frage ist dann, wie wir Gottes Gericht über Sodom und Gomorra in Einklang bringen mit der Art und Weise, wie Gott sich uns in Jesus Christus offenbart hat. Gott ist die Liebe. Wie ist sein Gericht im Kontext seiner Liebe zu verstehen? Das ist eine unglaublich schwierige Frage, auf die es keine einfachen Antworten gibt. Aber vielleicht ein paar Gedanken dazu, die uns etwas weiterhelfen können.
Vers 23 sagt, dass der HERR Schwefel und Feuer regnen ließ. Aber in Vers 13 sehen wir, dass es die Engel sind, die das Gericht ausführen. Sie sagen: „Wir wollen diesen Ort vernichten.“ Und: „Der HERR hat uns geschickt, die Stadt zu vernichten.“ D.h., Gott ist nicht derjenige, der selbst Hand anlegt an der Zerstörung. Es sind die Engel, die das Gericht ausführen. An dieser Stelle könntet ihr fragen: Was macht das für einen Unterschied? Wenn der König den Befehl gibt, die Stadt niederzubrennen, dann ist er ja immer noch voll und ganz dafür verantwortlich? Ja, schon. Und doch ist dieses Detail wichtig und zeigt wie komplex das Ganze ist.
Um das zu veranschaulichen: Das traumatischste Ereignis des Alten Testaments ist die Belagerung und Zerstörung Jerusalems durch die Babylonier. Verschiedene Texte im Alten Testament machen deutlich, dass der Fall Jerusalems durch die Babylonier Gottes Gericht über Juda ist. Und gleichzeitig dichtet der Prophet Jeremia die Klagelieder, in denen er als Augenzeuge dieses schreckliche Ereignis beklagt. Seine Klage ist göttlich inspiriert, d.h., Gott klagt mit; Gott identifiziert sich mit Jeremias Klage. Um es noch komplizierter zu machen: In Jeremia 50 und 51 kündigt der Prophet Gottes Gericht über die Babylonier an. Wofür? Weil sie Jerusalem zerstört und Gottes Tempel entweiht hatten. Aber war es nicht gerade das, wozu Gott die Babylonier gebraucht hatte?
Ein weiterer Gedanke: Derek Kidner und Bruce Waltke machen darauf aufmerksam, dass das brennende Material (Schwefel und Bitumen) in der Gegend von Sodom und Gomorra häufig anzutreffen sind. Waltke deutet an, dass es plausible natürliche Erklärungen für die Zerstörung der Städte gab: „Wissenschaftlich gesehen lassen sich das Feuer und die katastrophale Zerstörung von Sodom und Gomorra durch ein Erdbeben erklären. Hitze, Gase, Schwefel und Bitumen wären durch die bei einem heftigen Erdbeben entstandenen Risse in die Luft geschleudert worden. Die Blitze, die häufig ein Erdbeben begleiten, hätten die Gase und den Bitumen entzündet.“ Er folgert: „Es ist theologisch verfehlt, entweder die wissenschaftlichen Ursachen historischer Ereignisse aufgrund theologischer Erklärungen zu verwerfen oder umgekehrt.“
Noch ein Gedanke. Vergangene Woche gab es in der New York Times einen interessanten Artikel über einen christlichen Denker namens Aaron Renn. (Ich bin übrigens mit seiner zentralen These nicht einverstanden, aber fand einige Gedanken sehr interessant). Er beobachtete in den vergangenen Jahrzehnten in den USA, wie christlich geprägte Werte immer mehr verloren gingen. In einer Gesellschaft mit christlichen Werten führte eine außereheliche Affäre dazu, dass Gary Hart seine Ambitionen, Präsident zu werden, beerdigen konnte. In einer Gesellschaft, die christlichen Werten neutral gegenüber war, hatte Bill Clinton durch seine Affäre viel Ärger, konnte aber politisch überleben. In einer Welt, in der christliche Moralvorstellungen keine Rolle mehr spielten, gibt es für die Liberalen keinen bindenden Maßstab mehr, um Trumps Zügellosigkeiten kohärent zu kritisieren. Renn sagt: „Genau die Leute, die am meisten dafür waren, alle alten moralischen Normen und Regeln der feinen Gesellschaft, die ihnen nicht gefielen, niederzureißen, sind diejenigen, die am meisten über Donald Trump entsetzt sind. Man denkt, man bekommt ein Multi-Kulti-Paradies oder so etwas, und stattdessen bekommt man Donald Trump.“ Anders gesagt, in einer Gesellschaft, die sich von Gott abwendet, ist der Same zum Untergang bereits gesät. Die Zerstörung ist bereits im Gange.
Vielleicht lernen wir daraus folgendes über Gottes Gericht. Gottes Gericht ist weniger sein aktiver Eingriff, Menschen zu bestrafen und zu vernichten. Gottes Gericht könnte vielleicht eher bedeuten, dass er seine schützende Hand wegzieht; dass die destruktiven Kräfte, die immer vorhanden waren, freien Lauf bekommen. Wenn Menschen es wiederholt ablehnen, unter Gottes Herrschaft und Fürsorge zu leben, ist das Liebevollste, was der tun kann, sie ihrem Willen zu überlassen. Was sind die destruktiven Kräfte? Am Ende ist es die Sünde selbst – alles was sich in uns und in dieser Welt gegen den guten Willen Gottes auflehnt. Sünde hat etwas zutiefst Zerstörerisches; es ist das, was uns am Ende zugrunde richtet, als Gesellschaft und als Individuen. Gottes Gericht könnte sein, dass er uns dieser Zerstörung überlässt.

3. Wie Gott uns rettet
Wir haben gesagt, dass die Sünde von Sodom die Ungerechtigkeit schlechthin war: Unterdrückung, Ausbeutung und Gewalt an den Armen. Und wir haben gesehen, dass unsere Welt genauso ist, weshalb das Gericht Gottes die einzige Hoffnung ist. Wir haben aber auch gesehen, dass Gottes Gericht bedeuten kann, dass er den zerstörerischen Kräften der Sünde freien Lauf lässt. Die Bibel sagt, dass diese Sünde in uns allen aktiv ist. Glen Scrivener hat gesagt: „Wenn du das nächste Mal etwas Hinterlistiges, Verletzendes oder Stolzes sagst, solltest du nicht sagen: »Ich weiß nicht, was über mich gekommen ist.« Nichts ist über dich gekommen. Diese Sünden kommen aus dir heraus. Sie entspringen einer Quelle, die sehr finster, sehr tief und sehr alt ist. Du weißt es. Wir alle fühlen es. Adam erklärt es.“
Woher kommt unsere Rettung? Im Text sehen wir auf der einen Seite, wie zögerlich und unwillig Lot und seine Familie ist. Die Engel müssen ihn zur Rettung drängen. Vers 15: „Als die Morgenröte aufstieg, drängten die Engel Lot zur Eile.“ Ihr Drängen reicht irgendwann nicht aus. Vers 16: „Da er noch zögerte, fassten die Männer seine Hand, die Hand seiner Frau und die Hand seiner beiden Töchter, weil der HERR mit ihm Mitleid hatte. Sie führten ihn hinaus und ließen ihn erst draußen vor der Stadt los.“ In Vers 17 kommt noch einmal die Aufforderung: „Rette dich, es geht um dein Leben! Sieh dich nicht um und bleib im ganzen Umkreis nicht stehen! Rette dich ins Gebirge, sonst wirst du weggerafft!“ Vers 29 fasst zusammen: „Als Gott die Städte der Gegen vernichtete, gedachte Gott Abrahams und geleitete Lot mitten aus der Zerstörung heraus, während er die Städte, in denen Lot gewohnt hatte, einstürzen ließ.“ Die Rettung war ganz alleine Gottes Eingriff und sein Werk.
Wenn wir noch einmal an die zuvor erwähnte Episode in Lukas zurückdenken, als Johannes und Jakobus Feuer vom Himmel herab regnen lassen wollten, stellen wir fest, dass das Gericht über Samarien nicht unverdient gewesen wäre. Sie hatten Jesus, den Sohn Gottes, abgelehnt. Fakt ist, wir alle hätten es verdient, dass Feuer auf uns fällt und uns vernichtet. Warum hält Gott seine Hand über uns? Die Ablehnung Jesu in Samarien geschah, als er unterwegs nach Jerusalem war; in die Stadt, wo die Menschen die schlimmste Sünde begehen würden, die jemals begangen wurde; die Stadt, in der Jesus die krasseste Ablehnung erfahren würde, resultierend in seiner unschuldigen Verurteilung. Jesu Tod am Kreuz war das Gericht Gottes. Aber das Feuer fiel nicht auf die Menschen, die es verdient hätten. Das Feuer fiel auf Jesus! Jesus war das Sünd- und Schuldopfer.
Weil Jesus an unserer Stelle gerichtet wurde, gilt sein Wort: „Wer mein Wort hört und dem glaubt, der mich gesandt hat, hat das ewige Leben; er kommt nichts ins Gericht, sondern ist aus dem Tod ins Leben hinübergegangen.“ Diese Welt braucht einen Richter. Aber diese Welt braucht auch einen Retter. In Jesus Christus begegnet uns der Richter, der Retter geworden ist. Und dieser Jesus will dich an die Hand nehmen. Er sagt dir heute morgen: „Es geht um dein Leben!“